Vergangenheit zerstören heißt die Zukunft zerstören!
Solidarische, herzliche und lebendige Grüße zur Aktionswoche von „Friday for Future“ im September 2019 auch aus der Welt der Gefängnisse.
Die Verwurzelung ist das wichtigste Bedürfnis des Menschen. Sein ganzes Leben braucht der Mensch Wurzel, ob moralisch, intellektuell, spirituell oder eingebunden in familiäre und freundschaftliche Beziehungen. Aber nicht erst seit gestern leben wir in einer Phase der Entwurzelung. Menschen in prekären Lebenslagen, also auch in den Gefängnissen, können ein ganz eigenes Lied davon singen was Entwurzelung bedeutet.
Die ökologische Bewegung weist mit dem Fokus auf unsere Lebenswelt und Natur unüberhörbar auf die Entwicklung hin. Sie fordert lautstark Wurzeln ein! Damit einher geht auch ein stückweit die Liebe zu Vergangenheit, aber nicht im reaktionären Sinne wie es die Rechten propagieren, sondern im Wissen darum, dass zerstörte Vergangenheit nie wieder zurückkommen wird. Die Wälder, die heute im Amazonas brennen, sie sind Gegenwart und Vergangenheit zugleich. Denn all die Bäume, sie sind in hunderten von Jahren gen Himmel gewachsen. Heute verbrennen sie binnen Stunden, Tagen. Im wahrsten Wortsinne verbrennt hier unser aller Vergangenheit. Mit der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen verhält es sich nicht anders. Wir zerstören heute in verbrecherischen Akten die Vergangenheit. Damit aber auch zwangsläufig auch die Zukunft. Denn die Zukunft, sie bringt uns nichts! Sie gibt uns nichts! Wir sind es, wir alle, die um die Zukunft aufzubauen ihr alles geben müssen, was wir besitzen. Wir müssen ihr unsere Leben geben!
Das wird aber nicht zu verwirklichen sein in bloßem reformistischen Eifer. Der Verabschiedung von ein paar Resolutionen. Oder in einigen schärferen Schadstoffgrenzwerten. Wir spüren mittlerweile in unserem bequemen mitteleuropäischen Alltag, was auf dem Spiel steht, wenn wir so weiter leben wie bisher. In anderen Regionen der Welt müssen das, was so langsam in unser Bewusstsein sickert, die Menschen schon seit vielen Jahren erleben und es stürzt sie ins Elend. Wir tun dabei das Unsrige, um sie noch tiefer ins Elend zu stürzen und dort zu halten.
Auch aus den Gefängnissen dieser Erde der Ruf schallt nach einer lebenswerten Zukunft, im ganz Kleinen, nach menschenwürdigen Behandlung vor Ort in den Zellen und Käfigen, aber vor allem einem Leben in Freiheit und verwurzelt in lebendigen Beziehungen die wachsen und gedeihen.
All das aber wird letztlich ohne eine grundlegende Überwindung der bestehenden wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen nicht zu bewirken sein. Unser Ja! zum Leben, unser Ja! zu unserer Zukunft bedeuten zugleich ein Nein! Zum Kapitalismus, ein Nein! zur Ausbeutung von Natur und Mensch.
Kämpferische und solidarische Grüße!
Thomas Meyer-Falk, z. Zt. Justizvollzugsanstalt (SV),
Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg
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