Erstes Kommunique aus den verrauchten Tanzlokalen der westeuropäischen Innenstädte

Agent Double-O-Soul

„Alles Vorwärts! Und mit Waffen und Herzen, Wort und Feder, Dolch und Pistole, Ironie und Fluchen, Diebstahl, Vergiftung und Brandstiftung, lasst uns [...] den Krieg eröffnen gegen die Gesellschaft!“

Die dickbäuchigen und schlappen SpiesserInnen geniessen ihr opulentes Nichtstun, deshalb ist geniessen sündhaft. Wenn das Kind der Finsternis ans Licht kommt, sieht es genauso wenig, wie zuvor im Dunklen. Die Freude lässt es erblinden. Sie bringt es um. Also erklärt dieses Kind die Freude zur Halluzination und verdammt sie. Von Links bis Rechts ist es dasselbe Nichts, das Champion-Posen einnimmt oder Unschuldsmienen aufsetzt, sind es die gleichen Gondelköpfe, die ihre Reden gemäß den neuesten Funden der Werbeabteilung austauschen. Sechzig Jahre Befriedung, Stilllegung historischer Umwälzungen, sechzig Jahre demokratischer Anästhesie und Verwaltung der Ereignisse haben in uns eine bestimmte schroffe Wahrnehmung der Wirklichkeit, den Partisanen-Sinn für den laufenden Krieg geschwächt. Aber das größte illusionistische Spektakel der Welt verzaubert uns nicht mehr. Bis heute wird die gedankenschwere Unbeweglichkeit, die Ekstase und der Schlaf gepriesen. Wir wollen preisen die angriffslustige Bewegung, die fiebrige Schlaflosigkeit, den Laufschritt, den Salto mortale, die Ohrfeige und den Faustschlag. Wir wollen die Liebe zur Gefahr besingen, die Vertrautheit mit Energie und Verwegenheit. Unser Hass gegen die Verräter, die sich die Güte der Herrschenden durch stetiges Weiterlaufen im Hamsterrad zu sichern versuchen, ist die Blume, die zwischen den Ritzen der Pflastersteine einer Straße inmitten einer Stadt erblüht, von der nur noch rauchende Ruinen übrig geblieben sind. Warum sollten wir zurückblicken, wenn wir die geheimnisvollen Tore des Unmöglichen aufbrechen wollen? Zeit und Raum sind gestern gestorben. Wir leben bereits im Absoluten, denn wir haben schon die ewige, allgegenwärtige Geschwindigkeit erschaffen. Schönheit gibt es nur noch im Kampf. Setzen wir uns doch einen Augenblick auf die Ruinen unserer Geschichte als Verfolgte und denken nach. Die Welt gehört uns nicht, solange sie Herrschende hat und diese so dumm sind, sie sich so zu wünschen wie sie ist. Wir haben die Pest im Haus, wir müssen ihre Ursache zerstören und wenn es mit Feuer und Eisen geschehen muß, wir dürfen nicht zögern. Es handelt sich um das Heil der Menschheit. Aleppo, Donezk, Thessaloniki, Köln am Rhein: Diese ersten Freudenfeuer sind die Taufe einer Ära voller Versprechungen. Nur indem wir die Bedeutungen der Freude und der entsprechenden Bedeutungen des Todes als Elemente zweier gegensätzlicher Welten, die sich gegenseitig bekämpfen, verdeutlichen, können wir einige Elemente der Aktionen der Freude vermitteln. Allerdings müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass wir nicht alle vermitteln können. Wer anfängt, die Erfahrung der Freude zu machen, wenn auch in Bereichen, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem Angriff auf das Kapital stehen, ist eher bereit, die Bedeutungen des Angriffs aufzunehmen, wenigstens eher bereit, als diejenigen, die in einer veralterten Vision der Auseinandersetzung gefangen sind, einer Vision, die auf der quantitativen Illusion beruht. Jene, die einmal den Geschmack der Revolte gekostet haben, wissen, dass die Schönheit des Lebens nicht in der Anhäufung von Macht und Waren liegt, sondern im Grad der eigenen Ununterworfenheit. In den Momenten mit erhobenen Köpfen, in denen wir uns von niemandem sagen lassen, was wir zu tun haben und was nicht, in denen wir uns gegenseitig helfen, das zu bekämpfen, was uns unterdrückt und einschränkt. Wir sind sicher, dass aus unserem Kampf hier und jetzt, die Gemeinschaften der Freude hervorgehen werden. Und zum ersten Mal wird das Leben über den Tod triumphieren. Das Kommando Babypuder ist eine Komplizenschaft umherschweifender Gefährten, Haschrebellen, Rotzlöffeln mit reichen Eltern, Zechprellern und Ladendieben. Wir fahren schwarz, klauen grünes Pesto im Bioladen, verschicken Briefbomben an die Knechte der Knastgesellschaft und gehen bei Rot über die Ampel. Und weil es nichts gibt, das unsere Herzen mehr erwärmt, als die befreiende und zerstörende Revolte, als der Kampf für die Subversion des Bestehenden, werden wir am 28. Februar im Rahmen des dann stattfindenden Soulnighters Babypuder auf den Boden des großen Raumes im Kafe Marat verteilen. Die Verschwörung der Zellen des Feuers endet jedoch nie. Es ist die innere Flamme die in uns brennt, es ist der Phönix, der wieder und wieder aus der Asche geboren wird. Es ist das Feuer der Verweigerung und des Nihilismus, das ruft: „Ich kann nicht aufhören, ich kann nicht ausbrennen, niemand kann mich löschen…“

Kommando Babypuder
München, der 24. Februar 2015

Bilder: 
webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen