Exzesse der Macht oder Grillen im Park

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Bereits seit einigen Jahren dürfen wir (nicht nur) in Hamburg Exzessen der Macht beiwohnen. Die Herrschenden gehen mit ihren Kritiker_innen und anderen zu bekämpfenden Randständigen hart ins Gericht.

Das zeigt sich im engen Zusammenspiel der „getrennten“ Gewalten. Die Politik räumt der Polizei immer größere Spielräume ein. Diese schöpft sie nicht nur voll aus, sondern lässt sich im Zweifelsfall überhaupt nicht durch Gesetze bremsen. Denn gerade in Hamburg kann sich die Polizei sicher sein, dass niemand ihre Kompetenzen überprüft. Und falls dann doch einmal Gerichte nach Jahren nicht gesetzeskonformes Verhalten feststellen, ändert dies rein gar nichts. Nicht für die weitere Praxis und erst recht nicht als Konsequenzen für die persönlich verantwortlichen Beamtinnen (sofern man Beförderungen außer acht lässt).

Exzesse der Macht

oder

Grillen im Park

Getroffen hat es Einige – gemeint sind wird Alle!

Bereits seit einigen Jahren dürfen wir (nicht nur) in Hamburg Exzessen der Macht beiwohnen. Die Herrschenden gehen mit ihren Kritiker_innen und anderen zu bekämpfenden Randständigen hart ins Gericht.

Das zeigt sich im engen Zusammenspiel der „getrennten“ Gewalten. Die Politik räumt der Polizei immer größere Spielräume ein. Diese schöpft sie nicht nur voll aus, sondern lässt sich im Zweifelsfall überhaupt nicht durch Gesetze bremsen. Denn gerade in Hamburg kann sich die Polizei sicher sein, dass niemand ihre Kompetenzen überprüft. Und falls dann doch einmal Gerichte nach Jahren nicht gesetzeskonformes Verhalten feststellen, ändert dies rein gar nichts. Nicht für die weitere Praxis und erst recht nicht als Konsequenzen für die persönlich verantwortlichen Beamtinnen (sofern man Beförderungen außer acht lässt).

Zum Beleg dieser Entwicklung sei auf folgenden vergangene Ereignisse verwiesen. Die Zerschlagung der Demo für den Erhalt der Flora, der Esso-Häuser und für die Lampedusa Gruppe in Hamburg am 21. Dezember 2013, der Einsatz der diversen verdeckten Ermittler_innen, der Angriff auf die 'Welcome to Hell'-Demonstration oder die Camps oder unzählige verletzte Menschen auf Hamburgs Straßen beim G20 Gipfel 2017. Das Ende dieses Lieds: Olaf „Hafengeburtstag“ Scholz rief die „unabhängige“ Justiz dazu auf, mit aller Härte gegen Straftäter_innen vorzugehen. Und so kam es.

Erinnert sei an den geplatzten Prozess gegen unseren Genossen Fabio mit seinen „schädlichen Neigungen“. Fast 5 Monate musste dieser für die Teilname an einer nicht genehmen Demonstration in Untersuchungshaft sitzen. Vorwurf: Teilname an dieser Demonstration. Individuelle Vorwürfe: keine. Kollektiv wird dem gesamten Aufzug – neben einer beschädigten Bushaltestelle – das Werfen von vierzehn Gegenständen in Richtung der angreifenden Polizei angekreidet. Im Geiste dieser Logik handelt es sich auch nicht mehr um eine Demonstration sondern um eine gesamtschuldnerisch auftretende Verabredung von Gewalttäter_innen. Und das denkt die „unabhängige“ Justiz konsequent zu Ende.

Diese Phantasie des Rechtsstaats geht uns alle an. In den nächsten Wochen sollen circa 100 Leute vor Gericht gebracht werden, denen man vorwirft im Juli 2017 mitgegangen zu sein. Ein kompletter Demozug wurde am frühen Morgen erst zusammengeschlagen und jetzt sollen alle, die ergriffen wurden, noch ein zweites mal vor Gericht die Fresse poliert bekommen.

Der Staat agiert maßlos. Angesichts des Kontrollverlusts über den aus den Fugen geratenen Gipfels, dessen Veranstaltung im Herzen Hamburgs an sich schon eine überhebliche Anmaßung war, wird mit großer Hybris gegen alle vorgegangen, die man kriminalisieren kann. Mit dem Mittel der Öffentlichkeitsfahndung, sonst vorgesehen für Kapitalverbrechen, wurden kaugummi-entwendende Teenager über die Medien gejagt und bloßgestellt.

Hunderte Bilder wurden in für öffentliche Fahndung nach „schwersten Straftäter_innen“ veröffentlicht. Im Allgemeinen stellte sich heraus: den Betroffenen wurde neben dem vermeintlichen Werfen von Gegenständen oder der Beteiligung an diversen Räumungschlussverkäufen ohne Bezahlung, die schlichte Teilnahme an einigen exemplarisch herausgegriffenen Demonstrationen vorgeworfen. Schwerste Straftaten sind offensichtlich eine Frage der Perspektive.

Und Perspektiven ändern sich. So auch die Sicht des bürgerlichen Rechtsstaates auf sich selbst. Anstatt für tatsächlichen Schaden interessiert sich dieser zunehmend für potentielle Straftäter_innen, Gefährder_innen und gefährliche Orte (Gefahrengebiete). So wurde erst die Vermummung auf Demonstrationen zur Straftat erklärt, nun wird Menschen schon das Mitführen von zur Vermummung geeigneten Materialien zum Nachteil ausgelegt. Der neueste Schrei sind Wechselklamotten.

Eine weitere Eskalationsstufe zeigte sich Anfang Juli mit der Festnahme dreier Genoss_innen in einem Hamburger Park.

Das Mitführen von Feuerzeugen und brennbarer Flüssigkeit, frei verkäufliche Gegenstände, die ohne Einschränkung in den Verkehr gebracht werden können, reichten für die Anordnung von Untersuchungshaft, weil ihnen jetzt wohl auchschädliche Neigungen nachgesagt werden.

Aufgrund der offensichtlichen Observation der drei Gefährt_innen von der Parkbank durch den politische Staatsschutz, gerieten sie am 8. Juli in eine „zufällige“ Polizeikontrolle.

Was wird ihnen vorgeworfen?

Die Phantasie der Staatsanwaltschaft, was sie nicht vielleicht hätten machen können und vorgehabt haben mit diesen Dingen, brockte den Gefährt_innen die Festnahme und die Durchsuchung mehrerer mit ihnen in Verbindung gebrachter Wohnungen in der selben Nacht ein.

Zwei sitzen immer noch in Untersuchungshaft und ihre Post wird ihnen von der Knastzensur nur schleppend zugestellt. (Schreibt ihnen trotzdem!).

Ohne die von staatlicher Stelle unterstellten schädlichen Neigungen wären sie sicherlich nicht dort gelandet. Kern der Vorwürfe ist somit wohl eher ihre offene Opposition zu dieser Gesellschaft, ihr Kampf für eine andere, freiere Welt. So rechtfertigt der Staat sowohl seinen Überwachungsaufwand als auch das angezielte Strafmaß der „unabhängigen“ Justiz.

Stellen wir uns gemeinsam den Kontrollphantasien dieses Staates entgegen!

Der G20 in Hamburg, das „Festival der Demokratie“, war ein gutes Beispiel für die Prioritäten der Herrschenden: Die Mächtigen schützen und alle Formen unangepassten Opposition mit Verachtung und Gewalt begegnen.

So werden wir alle, die wir für die Freiheit und das Leben aufbegehren, zu Zielen dieses repressiven Staates. Ein Staat, der an vielen Fronten Materialschlachten gegen marginalisierte Teile dieser Gesellschaft führt.

Wir lassen uns nicht von diesem Terror brechen.

Für einen solidarischen Umgang mit den von Repression Betroffenen!

Gemeint sind wir Alle und nur gemeinsam können wir diese Aggression zurückweisen!

Solidarität mit den 3 Gefährt_innen von der Parkbank und allen G20-Gefangenen!

Wir haben Alle schädliche Neigungen.

Plenum der Roten Flora

Juli 2019

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