[B] Barbecue und Barrikaden

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Was für ein ereignisreiches Wochenende - 26.05.2019 - Besetzungen aller Orten - Friedenau, Kreuzberg, Rummelsburg. Darunter endlich auch mal wieder eine, die nicht geräumt wurde.

Gruß und Kraft dem Wagenplatz DieselA in der Rummelsburger Bucht.

Diese Besetzung ist vielleicht ein Grund, warum weniger Leute unserer Einladung zum subersiven Barbecue im Görlitzer Park gefolgt sind. Es war ein Experiment, um uns gemeinsam in Aktion besser kennenzulernen.

An jenem Sonntag versuchten wir uns den Görli wieder anzueignen. Grillen, rumhängen, plauschen und Barrikadenbau gegen das alltägliche Patrouillieren der Bullen und als Alternative zum Urnengang.

Mit dem Versuch wollten wir den Bullen diesen Tag und die Folgenden erschweren: Eine Barrikade auf der Autoeinfahrt neben dem Fußballfeld. Grillen, um sich mit weiteren Parknutzer_innen auszutauschen. Uns versammeln, um den Görli wieder anzueignen.

Der Görli, einst Brachfläche eines zerstörten ehemaligen Güterbahnhofs mit einer stillgelegten Unterführung, wurde er in den 80ern als Ort für spontane Konzerte, illegale Feuershows und für Versammlungen genutzt.

In den 90ern folgte eine Umwidmung der Brache in einen öffentlich zugänglichen, sauber geputzten Park. Seit den 2010ern ist der Park nicht mehr sauber und ordentlich genug für die, durch Gentrifizierung ausgetauschte, Anwohner_innenschaft. Eine Offensive gegen altansässige Parknutzer_innen und gewohnte Nutzungen begann.

Die Definition „ungewollte Parknutzer_innen“ richtet sich in erster Linie gegen jene, die sich aufgrund fehlender Möglichkeiten legal Geld zum Überleben ranzuschaffen, entscheiden über den Drogenhandel wenigstens etwas Knete zusammen zu kriegen. „Ungewollte Nutzer_innen“ sind auch all die Leute, die den Park als Plenumswiese und Startort (spontaner) Demos nutzten, wie beispielsweise die Carlo Giuliani Demo im Sommer 2011, die sich abends vom Görli aus beginnend in die Straßen Kreuzbergs ergoss und von den Bullen über Stunden nicht unter Kontrolle zu bringen war.

Diese unkontrollierbaren Faktoren mussten im Zuge der Stadtaufwertung, ergo steigende Mieten, ergo kaufkräftigeres Publikum, ergo mehr ,mehr, mehr Kapital, beseitigt und entfernt werden.

Nicht nur, dass viele Pflanzen und Büsche entfernt, ja getötet wurden, um Sichtachsen durch den Park zu setzen, so wurden auch sämtliche Wege asphaltiert, um den Bullen eine schnelle Durchfahrt zu gewährleisten. Parkläufer in grünen Westen fahren durch den Görli, um alle Auffälligkeiten gleich an die Bullen weiter zu geben und in dem Park nichts mehr außerhalb der vordefinierten Ordnung geschehen zu lassen. Ebenso wurden in den letzten fünf Jahren auch noch die Personalkontrollen durch Bullen auf eine nahezu tägliche Frequenz hochgeschraubt.

Das von den Anwohner_innen so definierte „Drogenproblem“ hat sich nicht verringert, vielmehr erleben wir, dass die Probleme sich verschärft haben. In unserem Alltag müssen wir die Präsenz von Bullen ertragen. Dazu spüren wir unsere eigene Ohnmacht, ihren täglichen Kontrollen nichts entgegenbringen zu können, uns vereinzelt fühlend an sommerlichen Nachmittagen im Park nur zu beobachten, aber nicht agieren zu können.

 

Mit nur einer Aktion ist es sowieso nicht getan, dennoch hatten und haben wir die Perspektive mit diesem Sonntag einen Auftakt gemacht zu haben, um den Görli wieder zu unserem werden zu lassen, ohne bestimmte oder unbestimmte Menschen von der Nutzung des Parks auszuschließen. Neben dem Barrikadenbau beschrifteten wir den asphaltierten Weg: „ACAB“ , „Meuterei bleibt“ und „Don‘t vote – Fight the System“. Dies stieß auf reges Interesse weiterer Parkbesucher_innen, die schauend und plauschend stehen blieben. Zum Schluss hingen sogar einige Transpis am Weg. Zwischendurch packte ein Parknutzer noch mit an und half Baumaterial hin und her zu schaffen.

Uns geht es vor allem um einen Austausch, um sich gegenseitig im Kampf um Freiheit, was unter vielem anderem bedeutet frei von Geldsorgen und Kontrollorganen zu sein, zu unterstützen und zu bestärken.

Leider haben wir geglaubt, die betonierte Barrikade sei schwer genug, um sie nicht einfach mir-nichts-dir-nichts aus dem Weg zu räumen. Keine Stunde später haben Bullen und Feuerwehr alles weggefegt. Nur die leuchtend weißen Buchstaben erzählen noch von dem, was war.

 

Warum treffen wir uns im Görli?

 

Wir plädieren nicht dafür, den Mietspiegel zu reformieren. Wir appellieren weder an die gutgläubigen Bau- und Stadtentwicklungs-Marionetten, noch an den Verzicht von Immobilien-Schnöseln der CG-Gruppe, Taekker oder Akelius. Wieso sollte es ein Privileg sein, Wohnraum zu finden und ohne Zukunftsängste zu nutzen? Rot-Rot-Grün oder eine verlogene Europawahl werden an der Logik von Profitmaximierung nix ändern! Wir sitzen lieber hier zusammen, als zu den Urnen zu laufen. Wenn es schon im Kleinen, hier die Bezirkspolitik, nicht klappt, dann erst Recht nicht im Großen. Warum sollen wir eine Partei legitimieren über uns zu regieren? Lieber diskutieren wir ohne parlamentarischen Rahmen unsere Perspektive – Selbst-Organisierung statt staatliche Gesetzgebung!

Wir wollen, dass Menschen sich trauen die Entwicklung der Verdrängungspolitik aktiv zu bekämpfen. Wir kämpfen für die Vernetzung untereinander, gegen individualisiertes Wohnen und für die Freiheit darüber entscheiden zu können, wie wir leben wollen.

Für uns sind Räume wie die Meuterei, das Syndikat, die Potse, die Liebig 34 oder Rigaer 94 Beispiele autonomer Strukturen oder Infrastruktur.

 

Der Görli liegt in der Mitte dieser Orte und ist seit Jahren ein umkämpfter Raum von Sicherheits- und Parkwächtern, Tourist_innen, Bullen, Besucher_innen, Politiker_innen und Drogenverkäufer_innen.

Wir haben uns hier getroffen, um darüber ins Gespräch zu kommen, wie jene Räume eingezäunt , überwacht und kontrolliert werden; darüber wie allgemein eine Stadtpolitik zu beobachten ist, die Menschen wie uns, die sich nicht anpassen wollen, zu verdrängen droht.

Wir sind für eine Selbst-Organisierung des Parks, aber gleichzeitig gegen eine Stadt der Reichen und die Interessen wohlhabender Anwohner_innen. Diese meinen den Park sauber und gepflegt kontrollierbar machen zu können. Alle Leute, die den Park nutzen, sollen Zugang haben und nicht jene, die die Ruhe rund um ihre Altbau-Lofts einfordern. Im letzten Jahr gab es viele Angriffe um den Park herum, auf den Google-Campus, die Alte Post, die Factory und Besetzungen in den Straßen drumherum. Der Park selbst wurde als Kampffeld vernachlässigt. Dabei zeigt sich hier, wie Verdrängung, Rassismus und Privilegien zusammen hängen.

 

Let‘s Reclaim Our Living Spaces!

 

Lassen wir uns nicht vertreiben! Nicht von Gehwegen, aus Parks, Kneipen oder Häusern!

 

LiebigPotseMeuteRigaerSyndikatDrugstoreGroßbeerenBleiben!

 

 

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