„Happy Federball“ am Landgericht Flensburg

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Ist das 10€ wert oder dürfen wir das mitnehmen?

 

13 Jahre ist es her, dass die Polizei in Hessen durch diverse spektakuläre Manöver auf sich aufmerksam machte. Geburtstage sollen ja bekanntlich gefeiert werden und so statteten wir dem Flensburger Amts- und Landgericht und der Polizei zu diesem Jubiläum einen Besuch ab und spielten dort Federball, um an die denkwürdigen Ereignisse zu erinnern.

 

 

 

Aber worum geht es eigentlich?

 

 

 

Im Mai 2006 spielten mehrere Personen in Gießen vor dem Gerichtsgebäude Federball. Im Anschluss fuhren sie mit dem Rad noch die Container von Lebensmittelmärkten ab, um weggeschmissenes Essen zu sammeln.

 

Auf ihrer Rückfahrt wurden sie dann filmreif von der hessischen Polizei gestoppt, indem der Fahrer eines Polizeiautos aus dem fahrenden Wagen auf einen der Radfahrer sprang woraufhin das nun alleine fahrende Auto frontal mit einem zweiten Polizeiauto zusammenstieß. Alles Essen und die Fahrräder wurden beschlagnahmt. Sodann wurde einer der Menschen für vier Tage eingesperrt mit der Begründung, er sei verdächtig, soeben Sachbeschädigungen begangen zu haben und möglicherweise weitere Straftaten begehen zu wollen. Das Absurde an der ganzen Geschichte: Sowohl ein mobiles Einsatzkommando als auch die normalen Polizeikräfte hatten das Federballspiel am Gericht beobachtet und wussten daher ganz genau, dass der Vorwurf nicht stimmte. Eingesperrt wurde der Betroffene dennoch. Eine Menge Indizien (wie manipulierte Ermittlungsakten) sprechen dafür, dass der damalige hessische Innenminister Volker Bouffier, ohnehin bekannt als Law-and-order-Fan, seine Finger im Spiel hatte. Erinnern kann der sich nach eigener Aussage aber - wen wundert‘s - an nichts.

 

 

 

Warum wärmen wir das auf? Und warum in Flensburg?

 

 

Dass Polizei und Gerichte Hand in Hand gegen Kritiker_innen vorgehen und dabei auch nicht davor zurückschrecken, sich Sachen frei auszudenken, ist kein Einzelfall. Andere Fälle mögen weniger spektakulär sein, aber die Grundlogik bleibt: Unbequeme Menschen werden mittels ausgedachter Vorwürfe verfolgt und die Protokolle darüber bei Bedarf gefälscht. So geschehen eben beispielsweise auch jüngst in Flensburg.

 

 

 

  • Es wurden gezielt gerichtliche Hauptverhandlungsprotokolle gefälscht, um es den Angeklagten schwerer zu machen, Revisionen zu gewinnen, da gravierende Formfehler schlicht wegdefiniert wurden.

  • Die Polizei hat sich in mehreren Fällen die Vorwürfe frei ausgedacht, so beispielsweise Beleidigungen, die nie gefallen sind.

  • Die Versammlungsbehörde macht sich zum Erfüllungsgehilfen, indem sie demonstrativ das Gespräch mit Demonstrierenden verweigert und sich auf den Standpunkt stellt, dass die Gültigkeit von Verfassungsgerichtsurteilen für Flensburg im Einzelfall geprüft werden müsse.

  • Eine autoritäre Richterin hat massenweise Ordnungshaft verhängt und Menschen noch nicht einmal das Recht eingeräumt, sich zu den ihnen gemachten Vorwürfen zu äußern, sondern sie im Gegenteil wenn die Betroffenen es wagten den Mund aufzumachen, jeweils für 24 Stunden länger einsperren lassen.

  • Die Polizei hat Menschen mit containertem (also aus Mülltonnen geholtem) Essen aufgehalten und es ihnen weggenommen mit dem Vorwand, es hätte als Fundsache (!!) abgegeben werden müssen und verfolgt eine der Personen jetzt wegen Unterschlagung. Andere Menschen, die ebenfalls containern waren, wurden vermeintlich verdachtsunabhängig einer Fahrzeug-/Drogenkontrolle unterzogen.

 

 

 

 

Nächtliches Federballspiel

 

 

Wir haben uns also entschieden, dass auch die Flensburger Judikative und Exekutive einen Besuch verdient haben und haben zum 13. Gießener Federballjubiläum in zwei Teams sowohl beim Gericht als auch an der Polizeiwache containerte Geschenke vorbeigebracht und Federball gespielt. Während bedauerlicherweise am Gericht keine zweite Mannschaft mitspielen wollte, so kam es doch netterweise an der Polizeiwache zu einer nächtlichen Begegnung. Gleich fünf herbeigeeilte Uniformierte untersuchten aufmerksam sowohl den Kreidespruch „Ist das 10€ wert oder dürfen wir das mitnehmen?“, als auch die Container-Geschenke. Mitspielen wollten sie aber nicht. Naja, vielleicht ja nächstes Mal...

 

 

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