[HM] - Neonazis in der Stadthalle Hameln

Themen: 
Regionen: 

Am 16. und 17. Dezember 2023 findet in der Rattenfängerhalle in Hameln eine Tattooconvention statt. Vermieter der Räumlichkeiten ist die Stadt Hameln. Diese Veranstaltung gehört – laut Internetseite des Veranstalters – zu einer Reihe von insgesamt 16 Conventions, die im Jahr 2023 und 2024 in verschiedenen Städten stattfinden.

Wie aus einer Liste der Teilnehmenden Tattoostudios hervorgeht, nimmt auch ein Tattoostudio an der Veranstaltung in Hameln teil, welches eindeutig der Neonaziszene zuzuordnen ist.

Am 16. und 17. Dezember 2023 findet in der Rattenfängerhalle in Hameln eine Tattooconvention statt. Vermieter der Räumlichkeiten ist die Stadt Hameln. Diese Veranstaltung gehört – laut Internetseite des Veranstalters – zu einer Reihe von insgesamt 16 Conventions, die im Jahr 2023 und 2024 in verschiedenen Städten stattfinden.

Wie aus einer Liste der Teilnehmenden Tattoostudios hervorgeht, nimmt auch ein Tattoostudio an der Veranstaltung in Hameln teil, welches eindeutig der Neonaziszene zuzuordnen ist. Es handelt sich hierbei um das Tattoostudio „Rocket 73" aus Lauenau. Dieses Studio fällt seit Jahren durch Kontakte und Aktivitäten in dieser Szene auf. Betrieben wird das Studio von dem Paar Alexa Sperlich (früher Bothe) und Mario Sperlich.

Alexa Sperlich war früher unter dem Namen Alexa Bothe Mitglied der seit 2011 verbotenen neonazistischen Organisation „Hilfsgemeinschaft Nationaler Gefangener" (HNG). Ihr Name findet sich u.a. in der von der HNG herausgegebenen Vereinszeitung. Die HNG war ein Verein der nicht zuletzt verurteilte Rechtsterroristen in Gefängnissen betreut und unterstützt hat. In dieser Zeit war sie außerdem die Ehefrau von Sascha Bothe, einem gewaltbereiten Neonazi, der u.a. aktives Mitglied der im Jahre 2000 verbotenen Organisation „Blood and Honour" (B&H) war. Die beiden Organisationen HNG und B&H wiesen dabei personelle Überschneidungen auf bzw. wurde in Kreisen von B&H um Unterstützung für die HNG geworben. Als Teil einer Gruppe von Neonazis aus Hannover besuchte Alexa Sperlich 1999 eine Neonazidemonstration in Lüneburg. In dieser Gruppe befand sich ebenfalls der verurteilte NSU-Unterstützer Holger Gerlach, welcher 2011 in Lauenau festgenommen wurde.

Auch mit Mario Sperlich besuchte Alexa Sperlich in der Vergangenheit Neonaziveranstaltungen. 2010 organisierte die Neonazigruppe „Honour and Pride" (H&P), welche als eine von mehreren Nachfolgeorganisation von B&H eingeordnet werden kann, mindestens ein Rechtsrockkonzert in Nienhagen. Unter den Fotos der anreisenden Neonazis zu dem besagten Konzert befinden sich auch Bilder von dem Pärchen.

Zusätzlich gab es auf der Internetseite von „Rocket 73" einen Link zu der Neonazimarke „Sport Frei". Diese Marke wird wiederum von dem Bremer Neonazikader Hendrik Ostendorf betrieben. Außerdem befanden sich auf der besagten Internetseite Bilder eines Mitarbeiters des Studios, welcher in der Vergangenheit Mitglied der verbotenen Neonaziorganisation „Besseres Hannover" war und darüber hinaus ebenfalls zum Bekanntenkreis von Holger Gerlach gehörte.

Neben „Rocket 73" gibt es mindestens ein weiteres Tattoostudio auf der Convention in Hameln, welches über Kontakte in die organisierte Neonaziszene verfügt. Das Studio „Ink Therapy" aus Wolfenbüttel, wird von Tibor Nagy betrieben. Nagy arbeitete vor seiner Selbstständigkeit längere Zeit im „Last Resort" Tattoostudio in Hildesheim. Dieses ist seit Jahren als Neonaziladen bekannt, da der Inhaber Johannes Knoch, einer der führenden Köpfe im bereits oben erwähnten Bundesweiten „Blood and Honour" Netzwerk war. Zuletzt sorgte Knoch für Schlagzeilen, weil er gemeinsam mit Militärangehörigen das Neonazinetzwerk „Nordbund" gründete, in dem auch der Betreiber eines Hamelner Tattoostudios mitmischt.

Neben den Ausstellern lohnt es sich auch ein Blick auf die Veranstalter und Sponsoren der Tattooconvention in Hameln zu werfen. Im Impressum der Convention ist Thorsten Krekeler als Verantwortlicher angegeben. Krekeler machte sich in der 1980er und 1990er Jahren unter dem Namen „Cräcker" einen Namen in der Neonaziszene. 1989 organisierte er ein Rechtsrockkonzert im Kreis Höxter, bei dem u.a. die Band „Skrewdriver" spielte. Der Sänger der englischen Band gilt als Gründer des militanten „Blood and Honour" Netzwerks. In dieser Zeit spielte Krekeler selbst in der Rechtsrockband „Märtyrer" und gab die Neonazizeitung „Kampftrinker" heraus. Sowohl in den Texten seiner ehemaligen Band als auch in der Zeitung wimmelt es von Gewaltphantasien bis hin zu Mordaufrufen. Krekeler versucht sich heute unpolitisch zu geben und behauptet einen Reflexionsprozess gemacht zu haben. Dennoch versuchte er 2018 ein Konzert mit mehreren rechten Bands in Alsfeld zu organisieren.

Unter den Sponsoren der Hamelner Tattooconvention befindet sich die Bekleidungsmarke „Oldschool Bastards". Die Marke wird von Björn Hedrich betrieben. Hedrich wiederum war früher Teil der neonazistischen Organisation „Kameradschaft Kirtorf". Zusätzlich betrieb er mehrere Versandhandel. Der von Hedrich betriebene Laden „Footballfanworld Hessen" galt über Jahre als einer der wichtigsten bundesweiten Neonaziversände.

In der Region westlich von Hannover hat sich längst eine gefestigte Neonaziszene und ein dazugehöriges Firmen- und Vereinsnetzwerk gebildet. Diese Strukturen können recht unbehelligt agieren, auch weil die Zivilgesellschaft nicht richtig hinschaut und die Akteure und deren Unternehmen teilweise von der Presse hofiert werden. In einem Artikel im Vorfeld zur Tattooconvention in Hameln wurde Mario Sperlich, von dem oben beschriebenen Tattoostudio „Rocket 73", von Reportern unkritisch interviewt und porträtiert. Erst Anfang Dezember diesen Jahres berichtete die Lokalpresse über eine Spendenaktion für das Kinderhospiz „Löwenherz", an dem mehrere Geschäfte aus der Deisterregion teilgenommen haben. Unter den Geschäften befand sich auch das „La Onda Ink" Tattoostudio aus Springe. Dieses Tattoostudio fand bereits mehrfach in der Öffentlichkeit Beachtung, da der Betreiber Marcel Ulrich in seiner Vergangenheit dem „Blood and Honour" Netzwerk zugerechnet wurde, später sich als Mitglied des „Hells Angels MC" präsentierte und bis in die Gegenwart eine jahrzehntelange Freundschaft zu dem Neonazi Johannes Knoch pflegt.

Abschließend muss gesagt werden, dass mit diesem Schreiben nicht alle Tattoostudios, welche an der Tattooconvention in Hameln teilnehmen, unter den Generalverdacht gestellt werden sollten, Neonazis zu sein.

Doch gerade in der Region Hameln sollte sich die Presse die Mühe machen, zu schauen, über wen sie berichtet, selbst wenn es über eine Spende an ein Kinderhospiz geht. Denn leider ist es kein Einzelfall, dass Personen aus Milieu- und Neonazistrukturen sich wohl wissend solch einer Öffentlichkeit bedienen, um von ihrer eigentlichen gewalttätigen Gesinnung abzulenken – der Wolf im Schafspelz.

Foto von Alexa und Mario Sperlich beim Neonazikonzert in Nienhagen
https://www.flickr.com/photos/dokurechts/9697647145/in/album-72157635428...

Infos zu Rocket 73 und anderen Tattooläden in der Region
https://netzwerkvonkameraden.noblogs.org/files/2021/11/Netzwerk-von-Kame...

webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Public Domain (cc0): Weiternutzung ohne Einschränkung. Gemeinfrei im Sinne der Public Domain