28. März - Tag der Entscheidungen in JVA Freiburg
Am 28.3.2019 bekam erst Shorty die Mitteilung, dass ein Gericht eine Disziplinarmaßnahme vorläufig außer Vollzug gesetzt habe und mir selbst wurde mündlich eröffnet, dass die Sicherungsmaßnahme (täglich eine Stunde Spaziergang im käfigartigen Hof der Strafhaft) aufgehoben sei.
Shortys Disziplinarverfahren
Die Anstalt beschuldigt Shorty, einen knapp 40-jährigen jungen Mann, der seit Iangem an ADHS Ieidet und dem die Anstalt das entsprechende Medikament entzogen hatte (über seinen zwischenzeitlichen Erfolg vor dem Oberlandesgericht berichtete ich kürzlich), nachdem ein Monteur den PVC-Boden vor der Zelle von Shorty bearbeitet hatte, ein Stückchen davon gestohlen zu haben.
Bei einer Anhörung durch den zuständigen Gefängnisjuristen Dr. K kam Shorty dann ins erzählen und erklärte was er denn alles geplant hätte: er habe bis zu weitere 10 m² des Bodens zusammensammeln wollen. Ein kleines Stückchen hatte er in den Untersuchungsbereich verkaufen wollen um dafür ein ,,Rauch-Pice“ zu erhalten.
Hieraus schlussfolgerte der Jurist der Justizvollzugsanstalt haarscharf, dass Shorty einen Diebstahl begangen habe, da er ,,in Zueignungsabsicht“ gehandelt habe. Ferner habe der Diebstahl der ,,Vorbereitung eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz“ gedient. Damit habe Shorty sich Besitz an verbotenen Gegenständen verschaffen und konsumieren wollen. Schließlich hätte er sogar mit anderen Gefangenen verbotene Geschäfte tätigen wollen. Folglich habe er massiv gegen seine Pflichten verstoßen und Dr. K ordnete an, dass Shorty einen Monat Iang schon um 17:30 Uhr in seiner Zelle eingeschlossen werde, statt erst um 22 Uhr.
Das Landgericht Freiburg (AZ. 13 StVK 200/19) ordnete mit Beschluss vom 26.3.2019 die vorläufige Ausservollzugssetzung der Vollstreckung der Disziplinarmaßnahme an, da Shortys Recht auf Schutz vor möglichen Rechtsbeeinträchtigungen gewichtiger sei, so Richter Dr. H., als das Interesse der Anstalt am Sofortvollzug.
Kein Einzelhof mehr für Thomas Meyer-Falk
Am 20. Mai 2019 wurde wegen der ,,Kuchentransportaffäre“ verfügt, dass ich vorläufig aus Sicherheitsgründen nur alleine in den Hof dürfe und dies auch nur im käfigartigen Iso-Trakt-Hof der Strafhaftabteilung. Und so spazierte ich jeden Tag, gut bewacht von zwei Uniformierten von der SV-Anstalt in den Käfighof, drehte dort meine Runden, um dann wieder zurück eskortiert zu werden. Am 28.3.2019 wurde mir von Herrn Obersekretär R. mündlich eröffnet, dass die Maßnahme ab sofort aufgehoben sei. Warum und wieso - das wurde nicht mitgeteilt.
Ende gut- alles gut!?
Es ist schon faszinierend wie die Justizvollzugsanstalt agiert. Shorty hatte ersichtlich auf seine Art sarkastisch die Vorwürfe kommentiert - und die Anstalt strickt daraus den Mythos, er habe mit Drogen handeln und sie konsumieren wollen. Wo sarkastische Äußerungen dann dazu herhalten müssen, um eine Disziplinarmaßnahme zumindest teilweise zu stützen scheint das Augenmaß verloren zu gehen. Aber Shorty trägt‘s mit Fassung, auch wenn er, dies nur nebenbei, sein Medikament gegen das ADHS nach wie vor nicht erhält, obwohl der Entzug des Medikaments am 25.2.2019 aufgehoben wurde. Auch wenn die Justizvollzugsanstalt vom OLG zusätzlich zur Neubescheidung verpflichtet wurde, mutet es schon eigenwillig an, wenn gar nicht reagiert wird.
Mir selbst hat der Isotrakt-Hof sogar Spaß gemacht, ich habe die Anstalt auch mal aus dieser Perspektive kennenlernen dürfen. Allerdings mutete der Anlass (Kuchentransport-Affäre) eher skurril an.
Beide Vorgänge haben zwar nichts miteinander zu tun, aber sie dokumentieren die von mir an anderer Stelle näher beschriebenen nekrophilen Strukturen und Lebensbedingungen denen die Menschen hinter Gittern ausgesetzt sind. Nicht nur hier in Freiburg, die Fälle könnten genauso in Bayern, Berlin oder Hamburg spielen oder sonst wo in einem Gefängnis auf dieser Welt. Die Menschen die hier arbeiten, sie sind von besonderer Art.
Thomas Meyer-Falk, z.Zt. Justizvollzugsanstalt (SV), Hermann-Herder-Str. 8, 79104 Freiburg