Neonazitreffen mitten in Wien, antifaschistischer Protest in Ungarn
[Nachtrag zum 7. Oktober 2023]
Am 7. Oktober fand in Wien ein neonazistischer Kongress statt, der zuvor für Sopron (Ungarn) angekündigt war. Der Kongress fand in Wien ohne antifaschistische, geschweige denn behördliche Intervention statt.
Gemeinsam mit weiteren Antifaschist*innen aus Ungarn und Österreich haben wir uns zeitgleich an einer antifaschistischen Demonstration in Sopron beteiligt. Die international angereisten Neonazis feierten ihr Kellertreffen als Erfolg und freuten sich „die Antifa“ nach Ungarn gelockt zu haben (siehe: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-10/rechtsextremisten-neonazis-wien-treffen). Es ist tatsächlich skandalös, dass ein solches Neonazitreffen mitten in Wien ungestört stattfinden kann. Dennoch liegen die Faschos falsch, wenn sie denken sie hätten den großen Wurf gelandet, weil Antifas in Ungarn statt in Wien auf der Straße waren.
Jeder antifaschistische Protest in Ungarn ist ein Erfolg!
Auch wenn der Kongress nun im Bierlokal „Centimeter“ am Währinger Gürtel 1 in Wien stattgefunden hat, war es dennoch wichtig antifaschistischen Protest auf die Straßen Ungarns zu tragen und die Antifaschist*innen vor Ort zu unterstützen. Allein die große Anzahl an Neonazis, welche den Protest in Sopron im Visier hatten und permanent versuchten zu provozieren oder (erfolglose) Angriffe starteten, zeigt, dass es ihnen ein Dorn im Auge war, dass wir in der Stadt waren.
Zwar war die Mobilisierung erschreckend gering (1), dennoch sollte diese Demonstration nicht als erfolgloser Protest angesehen werden. Viele Journalist*innen waren vor Ort, um über den antifaschistischen Protest gegen den neonazistischen Kongress zu berichten. In Redebeiträgen auf ungarisch und in deutscher Übersetzung konnte zudem problematisiert werden, dass Neonazis aus Österreich und Deutschland zunehmend Ungarn als Vernetzungsort nutzen. Etliche ungarische Zeitschriften hatten im Nachgang Artikel veröffentlicht. Neben der antifaschistischen Demonstration, organisiert von der European Left und der ungarischen Arbeiter*innenpartei, gab es auch eine bürgerliche Protestkundgebung am Shoa-Mahnmal. Von dieser schlossen sich sogar einige Politiker*innen der antifaschistischen Demonstration an, die als letztes Ziel die Immobilie der Faschos hatte.
Mit einem „Free all Antifascists“ Transparent war außerdem eine öffentlich sichtbare Solidaritätsbekundung mit den seit dem „Tag der Ehre“ inhaftierten Antifaschist*innen in Ungarn zu sehen, was nicht alle Tage passiert. Allein das kann und sollte als Erfolg angesehen werden.
Der Protest hat wieder einmal die Wichtigkeit von antifaschistischem Protest, gerade außerhalb Wiens gezeigt. Auch wegen der geographischen Nähe von Ungarn oder der Slowakei zu Wien, betrachten wir es als wichtig, die Menschen vor Ort zu supporten, die mit, wie in Ungarn, autoritären Regierungen und gewaltbereiten Neonazis konfrontiert sind. Denn auch Neonazis aus Österreich sind oft in Ungarn oder der Slowakei. Sei es Walter Gerhard Piranty mit seinem Wehrdorf Szöce oder die Neonazis von „Unsterblich“, die regelmäßig ihre Neonazi-Friends bei Slovan Bratislava besuchen. Die neonazistische Bedrohung der sich Linke und marginalisierte Personen hier gegenübersehen verdeutlicht die Notwendigkeit antifaschistischer Praxis, mit allen notwendigen Mitteln. Unser besonderer Dank gilt allen mutigen Antifaschist*innen aus Sopron und Ungarn, mit denen wir am 7. Oktober auf der Straße waren.
Es ist wichtig Protest gegen neonazistische Strukturen zu zeigen und entschlossenen, wenn notwendig militanten, Antifaschismus zu verteidigen. Das hat sowohl die Demo in Sopron als auch eine Woche später unsere „Nazis raus aus dem Zweiten“ Demo gezeigt. Lassen wir ihnen keine Ruhe!
Free all Antifascists!
Centimeter: Wo Nazis sich wohlfühlen.
Die 4 Centimeter-Lokale dienten in der Vergangenheit schon öfters den neofaschistischen „Identitären“ als beliebter Treffpunkt. Betreiber der Lokale ist Heinz Pollischansky, der auch Inhaber der Stiegl Ambulanz (Am Campus des Alten AKH, 1090 Wien) und Falco’s Restaurant (Schwarzenbergplatz 3, 1010 Wien) ist. Weiters gehört auch noch das Vino Wien (Lichtenfelsgasse 3, 1010 Wien) zur Centimeter-Familie.
Die Stiegl Ambulanz war bereits in der Vergangenheit beliebter Treffpunkt für die Neonazis rund um Gottfried Küssel. So war Küssel am 10.07.2016 bei einem Haftausgang, seiner 2013 wegen der neonazistischen Homepage „alpen-donau.info“ verhängten Haftstrafe von neun Jahren (bzw. nach OGH-Urteil waren es 7 Jahre und 9 Monate), beim Public Viewing zur Fußball-EM in diesem Lokal. Mit ihm am Tisch saßen unter anderem Thomas Kalcher-Cibulka und Paul Blang. Auch weitere Neonazis, unter anderem von „Unsterblich“, konnten in besagtem Jahr in der Stiegl Ambulanz beim Public Viewing gesichtet werden: Wolfgang Lechner, Felix Budin, Christian Marinics, Alexander Christian, Bernhard Kirsch, Andreas Ranits und Thomas Kalcher-Cibulka & Paul Blang gleich mehrmals. (siehe: https://recherchewien.nordost.mobi/2016/07/uni-campus-als-neonazis-treffpunkt/).
Die Stiegl-Ambulanz am Uni-Campus ist dabei nur ein weiteres Beispiel für das Nichtstun der Uni Wien bei rassistischen und neonazistischen Umtrieben. Bereits 2011 berichtete der STANDARD von wüstem antiziganistischen Rassismus der Betreiber*innen. (siehe: https://www.derstandard.at/story/1303950412386/arme-muessen-draussen-bleiben-das-sind-alles-zigeuner).
(1) Sopron ist eine Stunde von Wien entfernt. Warum fahren hier nicht so viele Antifaschist*innen hin, wie zu Antifa-Demos in Steyregg oder Eisenstadt? Nur, weil da eine Grenze ist und die Faschos ungarische Parolen brüllen, während sie angreifen, kann doch nicht der Grund dafür sein.