JVA Freiburg und die Kuchentransport-Affäre
JVA Freiburg und die Kuchentransport-Affäre
Am 21.März 2019 hat mir der Vollzugsleiter der Freiburger Sicherungsverwahrung, der Sozialoberinspektor G. mündlich eröffnet, dass ich bis auf weiteres Hofgang in einem Sonderhofbereich der Strafhaft machen müsse.
Die Vorgeschichte
Gut 15 Jahre ist es her, da saß ich in Bruchsaal in Isohaft und ein albanischer Mitgefangener der sah wie ich weggebunkert war ließ mir einen Weihnachtsstollen über die Stationsbeamten zukommen. Irgendwann trafen wir uns in Freiburg in der Sicherungsverwahrung wieder. Am 20.März feierte er Abschied, denn am Folgetag sollte er in die JVA Hamburg verlegt werden. Da man hier in der SV-Anstalt nicht einfach so jederzeit in den Hof gehen kann (obwohl das Gesetz eigentlich seit 2013 die freie ungehinderte Zugangsmöglichkeit vorsieht), ließ er mir zum Abschied in einem Stoffbeutel ein Stück Kuchen in den Hof hinunter, wo ich gerade die Sonne genoss.
Frau Dr. S. greift ein und durch
Plötzlich öffnete sich im 2.Stock ein Fenster und eine Hand greift durch die Gitterstäbe, dann die Stimme: „Was ist das hier?“. Frau Dr. S. , die therapeutische Leiterin der Einrichtung, hatte die Schnur mit der Tasche gesehen und schaut in den Beutel. Ich sagte ihr, das sei Kuchen für mich; sie ließ den Beutel los und so konnte ich im Hof den Kuchen in Empfang nehmen.
Allerdings, das erfuhr ich am nächsten Tag, setzte sie sich alsbald an den Computer und tippte eine „Disziplinarmeldung“, in welchem sie den Vorgang schilderte. Schon am Spätnachmittag kam der zuständige (uniformierte) Bereichsdienstleiter W. zu mir an die Zelle und meinte, ich dürfe ab sofort nicht mehr in den Hof der Sicherungsverwahrung, bis der „Vorfall“ geklärt sei.
Sozialoberinspektor G. wird tätig
Am 21.März kam es dann zu einem Gespräch mit Herr G.; er las mir die „Disziplinarmeldung“ von Frau Dr. S. vor und meinte, das Pendeln werde als ein schwerwiegender Eingriff in die Anstaltsordnung bewertet. Bis das alles abschließend geklärt sei, dürfe ich den SV-Hof nicht mehr betreten, sondern müsse in einem käfigartigen Hof der Strafhaft, unter Bewachung eines Vollzugsbeamten, meine Runden drehen. Da der andere Verwahrte nach Hamburg verlegt wurde, bleibt abzuwarten wie lange dieser Klärungsprozess dauert.
Bewertung
Ich bin ja nicht zimperlich im Austeilen, d.h. ich gelte aus Sicht der Justiz als „beschwerdefreudig“ und nun meint der Sozialarbeiter G. er habe einen Ansatzpunkt gefunden um auch mal repressiv tätig zu werden. Rechtlich handelt sich bei der Sicherungsmaßnahme zwar um eine Präventivmaßnahme, aber defacto wirkt sie repressiv, denn anstatt nun bei schönstem Sonnenschein im SV-Hof zu sitzen muss ich auf der Station bleiben und bekomme nur eine Stunde Spaziergang in dem doch recht schattigen und kahlen Käfighof zugestanden. Aber auch das ist mal eine Erfahrung die man machen muss. Inhaltlich ist die Maßnahme widersprüchlich, denn hätte der Verwahrte gewartet bis zur regulären Hofzugangszeit und hätte mir dann den Kuchen persönlich in den Hof getragen, wäre das kein Problem gewesen.
Die Heiterkeit bei Mitverwahrten ist groß, denn keiner versteht was das nun soll. Aber auch ein Vollzugsleiter braucht wahrscheinlich gelegentlich seine kleinen Erfolgserlebnisse die ihm dann schöne Träume verschaffen. Was meinte Foucault ('Überwachen und Strafen') eben genau über SozialarbeiterInnen im Gefängnis ?! Es seien die kleinen Funktionäre der moralischen Orthopädie. Wo der Scharfrichter als Anatom des Leidens aus der Geschichte heraus getreten sei, sei an dessen Stelle der Techniker getreten, der nicht mehr auf den Leib direkt los gehe, sondern auf die Seele der Gefangenen.
Thomas Meyer-Falk, z.Zt. Justizvollzugsanstalt (SV),
Hermann-Herder-Str.8, 79104 Freiburg
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