Antifa News Nordostberlin: AfD in Pankow (Ende 2018)

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++ Neues Kurznachrichtenformat ++ Neuer Bezirksvorstand gewählt ++ Neues AfD-Abgeordnetenbüro in Rosenthal ++ Was machen eigentlich die Rechtausleger der AfD Pankow? ++ Rauswürfe und Austritte: Andreas Holder als NPD-Aktivist? ++ AfD-Weihnachtsfeier empfindlich gestört ++ Weihnachtsüberraschung für Späti-Betreiber*innen ++ AfD-Büro angestrahlt ++ Kein Raum der AfD!

Neues Kurznachrichtenformat

Das Jahr 2018 war ereignisreich. Oft so ereignisreich, dass wir zum Teil kaum hinterher gekommen sind die Aktivitäten der Rechten, als auch unsere Aktionen entsprechend für die Öffentlichkeit aufzubereiten. Ein Grund dafür ist auch, dass manche Nachrichten und Informationen sich nicht wirklich für einen ausführlichen Beitrag eignen. Teilweise lassen sich manche Informationen über die lokale Rechte später noch einmal wieder verwenden und in einen größeren Zusammenhang einbinden. So zum Beispiel bei unserer Recherche zur AfD-nahen Gaststätte »Nudelholz«, für die wir auf unser Archivmaterial zurückgeifen konnten. Wer hätte schon wissen können, dass wir bisher unveröffentlichte Infos aus dem Jahr 2010/11 sechs Jahre später noch verwenden würden. Manche Informationen haben aber auch einfach ihre Zeit, sind später nicht mehr von Belang oder aber für die Leser*innen schwer nachzuvollziehen, wenn keine bestehenden Berichte existieren, auf die wir verweisen können. Darum haben wir uns überlegt Aktivitäten der lokalen Rechten in unserem Infoformat »Antifa News Nordostberlin« zusammenzufassen. Hier veröffentlichen wir gesammelte Kurznotizen zu rechten Aktivitäten, als auch dem Widerstand dagegen. Damit machen wir es uns leichter, da wir kürzere Texte schreiben können und euch machen wir es einfacher, weil ihr dadurch schneller an die Infos gelangt.

Die Bezeichnung »Kurznotiz« ist für diesen ersten Teil der der »Antifa News Nordostberlin«-Reihe allerdings der falsche Begriff. Auf Grund der Fülle an Informationen ist diese Ausgabe von »Antifa News Nordostberlin« etwas länger ausgefallen. Konzentriert haben wir uns vor allem auf die Aktivitäten der Pankower AfD zum Ende des Jahres 2018. Artikel aus der ersten Jahreshälfte, über das AfD-fest am 1. Mai in Pankow finden sich hier: und hier: 2. Bilder und Berichte zur Fahrdademo gegen das AfD-Büro am 12. Mai wurden bereits hier: 1 veröffentlicht. Bestimmten Aktivitäten Seitens der Pankower AfD, als auch der lokalen Naziszene, die aus unserer Sicht eigene Themenkomplexe darstellen, werden wir 2019 noch mal gesondert aufbereiten.

Wenn wir uns mit den Visagen und Aktivitäten der Faschos beschäftigen und diese öffentlich zugänglich machen, dann tun wir dies nicht um Unterhaltung für den alternativen Stammtisch zu produzieren. Es geht uns darum, dass andere Menschen mit diesen Informationen etwas sinnvolles anstellen, Spaltungslinien in der Partei vertieft und die Rassist*innen in ihrem Tun gehindert werden. Wir wünschen euch also viel Spaß beim Lesen unser ersten Ausgabe von »Antifa News Nordostberlin«.

 
Neuer Bezirksvorstand gewählt

Neuer Vorstand der AfD Pankow: (v.l.n.r) Jan Streeck, Ronald Gläser, Friedrich Hilse, Christian Buchholz, Verena Hartmann, Herbert Mohr, Michael Adam (Oktotber 2018)

Am 14.Oktober wurde der Vorstand der AfD Pankow wiedergewählt. Einzig der für seine völkische Einstellung bekannte Rainer Tetsch (ehem. Beisitzer) wurde nicht wiedergewählt. Beisitzerin ist jetzt die neu zugezogene Verena Hartmann. Hartmann sitzt für die AfD im Bundestag. Sie wurde über die Landesliste Sachsen gewählt und ist seit dem Sommer Mitglied der AfD Pankow. Die Maklerin und Unternehmensberaterin wird wegen einer früheren kurzen Beschäftigung bei der Polizei als Sicherheitsexpertin dargestellt. Unrühmliche Bekanntheit erlangte sie bundesweit im März 2018 als sie durch eine kleine Anfrage an die Bundesregierung Geflüchteten per se unterstellte »Inzucht« zu betreiben und demzufolge mehr Menschen mit Behinderung zu gebären. Der Bezirksparteitag fand im Bürgerbüro in Blankenburg statt.

Somit sieht der aktuelle Vorstand der AfD Pankow wie folgt aus:

Dr. Michael Adam (Sprecher)
Friedrich Hilse (stellv. Sprecher)
Herbert Mohr (stellv. Sprecher)
Christian Buchholz (Schatzmeister)
Jan Streeck (Beisitzer)
Ronald Gläser (Beisitzer)
Verena Hartmann (Beisitzerin)

Neues AfD-Abgeordnetenbüro in Rosenthal

Anfang November eröffnete Götz Frömming ein Wahlkreisbüro in der Kirchstraße 15 in 13158 Berlin-Rosenthal. Im ersten Stock eines schmucklosen Containerbaus möchte Frömming mit den Bürger*innen in Kontakt kommen. Dazu mussten Frömming und seine Mitarbeiter*innen lange suchen. AfD-Büros sind nicht sehr beliebt bei Vermieter*innen. An der nördlichen Grenze Berlins, zwischen großen Kleingartenanlagen, ist sein Team fündig geworden. Der ehemalige Lehrer Götz frömming ist im Prenzalauer Berg wohnhaft. Seit 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages und dort Obmann der AfD im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.

Adam zieht Europawahl-Kandidatur zurück

Bei der Europawahlversammlung am 18. November 2018 in Magdeburg ist auf den Sprecher der AfD Pankow und Vorsitzenden der »Christen in der AfD« (ChristafD), Michael Adam, ist eine persönliche Attacke erfolgt. Der Jurist Adam zog seine Kanditatur für den Listenplatz 8 der Europaliste in der Stichwahl zurück. Der Grund ist noch unbekannt. Adam ist Mitglied der Anwaltskanzlei SCHOOR & POPPE INTERVOKAT (Unter den Linden 10, 10117 Berlin).

Was machen eigentlich die Rechtausleger der AfD Pankow?

Im sogenannten »Stuttgarter Aufruf« (Oktober 2018) positionieren sich AfD-Mitglieder gegen den Ausschluss von Mitgliedern, welche sich offen neonazistisch äußern. Begründet wird dies mit einer angeblichen »Meinungsfreiheit« gegen sogenannte »Denk- und Sprechverbote«. Als Erstunterzeichner traten der Pankower BVV-Abgeordnete Stefan Kretschmer, das ehemalige Vorstandmitglied Rainer Tetsch sowie Andrea Siewert in Erscheinung. Kretschmer bekundete bereits 2015 auf Facebook seine Sympathie mit Björn Höckes parteiinternen Zusammenschluss »Der Flügel«. Andrea Grigor Siewert (Schatzmeister [2014-2015] und stellv. Sprecher [2015-2016] der AfD-Pankow) ergriff schon frühzeitig Position für Höcke, in dem er im März 2015 dessen »Erfurter Resolution« unterzeichnete. Nachdem Siewert 2016 bundesweit Bekanntheit erlangte, weil er mit seiner Firma »Bürofa« über die Bürokostenpauschale den Bundestag abzockt hatte, wurde es ruhig um ihn. Kaum noch trat er im Zusammenhang mit der Pankower AfD noch in Erscheinung. Zuletzt wurde er mit seiner Frau Iris Siewert (Mitarbeiterin der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus [Assistenz der Geschäftsführung]) beim »Wartenburger Fest« am 14. April 2018 (1, 2) gesehen. An der Saalveranstaltung des »Berliner Flügels« nahmen, wenig überraschend, auch Tetsch und Kretschmer teil.

Ein weiterer Unterzeichner des »Stuttgarter Aufrufs« ist der gescheiterte Stadtratskanditat der AfD Pankow, Nicolas Seifert. Dies ist keine Überraschung, da Seifert klare völkische Positionen vertritt. So konzipierte er die sogennante »Aufklärungskampagne Einheimische Minderheitswerdung (AKEMW)« – ein bereits im Sommer 2017 ausgearbeiteteter parteiinterner Kampagnenvorschlag, mit mehreren Texten und Plakatmotiven. Die von Seifert hier gebrauchten Begriffe wie »Umvolkung« und »Bevölkerungsaustausch« sind eng an das »Volkstod«- Konzept angelehnt. Mit Volkstod bezeichnen Neonazis eine Umdeutung des demografischen Wandels, demnach die »Deutschen« aussterben würden. Als Lösung führt Seifert das rechte Dogma der »Remigration« ins Feld, was nichts anderes ist, als die Zwangsumsiedlung aller »nichtdeutschen« Menschen in ihre Herkunftsländer bzw. die ihrer Familien.

Mit Hilfe von Andreas Wild, Marius Radtke und weiteren AfD-Deligierten wurde beim Bundesparteitag in Hannover (Dezmeber 2017) ein Antrag eingereicht, der den Bundesvorstand aufforderte das Thema »Einheimische Minderheitswerdung« bundesweit, als auch im Europawahlkampf aufzugreifen. Zum Bundeparteitag in Augsburg (Juni/Juli 2018) versuchten sie es erneut und forderten 15% aller Werbematerialien für Seiferts Kampagne aufzubringen. Vor dem Parteitag setzte Wild mit einer Kundgebung in Steglitz (18.06.2018) Seiferts Kampagne im Kleinformat um. Er ließ Flyer und Plakate drucken und bespielte damit letztenendes 20 Sympathisant*innen. Seiferts Kampagne ist genau so tot, wie seine privaten Socialmedia-Kanäle, die er für diese Mega-Kampagne angelegt hat. (1, 2). Wenn schon so gut wie niemand auf Seiferts Kampagne anspringt, dann wenigstens ihm selbst. Mit seiner Partnerin Sarah-Emanuela Leins (Mitarbeiterin bei Marc Vallendar, Beisitzerin im Landesvorstandes, stellv. Vorsitzende der JA Berlin, Frauenverbindung Lysistra) gelang es Seifert durch die Zeugung von deutschem Nachwuchs ein starkes Zeichen gegen den demografischen Wandel zu setzen und dem »Volkstod« nur knapp von der Schippe zu springen.

Rauswürfe und Austritte: Andreas Holder als NPD-Aktivist?

»Anfang Juli 2018 kam es in Pankow zu einer neuerlichen Abspaltung zweier AfDler von ihrer Fraktion – Andreas Holder wurde ausgeschlossen, Frank Meier trat freiwillig aus. Von ursprünglich acht sind noch fünf übrig. Der Hintergrund der jüngsten Abspaltung wird offiziell von der AfD nicht kommentiert, hinter vorgehaltener Hand heißt es aber, der Fraktionsvorsitzende Stephan Wirtensohn und Holder seien sich „spinnefeind“.« heißt es laut Tagespiegel. Damit umfasst die Fraktionsstärke der AfD nun fünf Mitglieder. Zusammen mit Tobias Thieme , der bereits im Juni 2017 ausgeschlossenen wurde, sitzen nun drei Fraktionslose AfD’ler in der Pankower BVV.
Zu Holder sind nun neue Fakten bekannt geworden. In einem Artikel der Ende November auf Indymedia erschien sind die Abonent*innen der NPD-Zeitschrift »Hier & Jetzt« von Ende 2013 veröffentlicht worden. Darunter findet sich auch Andreas Holder, der bereits 2013 in seiner heutigen Wohnung im Helm-Holz-Kiez wohnte. War dies der Grund für den Auschluss aus der AfD-Fraktion? War Andreas Holder Aktivist der Neonazipartei NPD? Und ist er dies weiterhin, nur als Mitglied der AfD?

AfD-Weihnachtsfeier empfindlich gestört

Für den 30. November 2018 hatte sich die AfD Pankow im »Landhaus Pankow« in der Mühlenstraße eingemietet. Die Partei hatte die Tische nicht auf einem Privatnamen reserviert und klar kommuniziert, dass sie sich als AfD im Landhaus versammeln wollen. Der Bewirtung war klar wen sie sich da ins Haus holt. In der zweiten Novemberwoche wurden Flyer rund um das Lokal gesteckekt. Kurz darauf kam heraus, dass die AfD Pankow auf den 7. Dezember ausweichen würde.

Letzten Endes setzten die Betreiber des Landhauses die AfD vor die Tür, vermutlich um einen weiteren Imageschaden zu vermeiden. In Pankow lebt der Laden schließlich auch vom Durchschnitt der Bewohner*innen, die zum Großteil keinen Bock auf die AfD und ihre Postionen haben. In Blankenburg fand am Abend des 7. Dezember eine Demonstration mit rund 70 Teilnehmer*innen statt, die zum örtlichen Bürgerbüro der Partei (Alt- Blankenburg 12A, 13129 Berlin) führte. Dies nutzte die Partei als Ausweichort für ihre Feier. Neben lokalem Parteipersonal waren auch hohe Funktionäre anwesend – so z.B. der Brandenburger AfD-funktionär Andreas Kalbitz. Dieser ist aktiv bei Höckes »Flügel« und hat eine lange Vita in der extremen Rechten, welche auch eine Mitgliedschaft in der »Heimattreuen Deutschen Jugend« (HDJ) beinhaltet. Zu der Ebenfalls anwesenden Beatrix von Storch muß hingegen nicht mehr viel gesagt werden. Die Demo in Blankenburg sorgte für eine Eingitterung der rechten Weihnachtsfeier und verhagelte deren Gästen gehörig die Stimmung. Dank der Intervention gegen die AfD-Weihnachtsfeier gab es im Bezirk seit langem mal wieder sichtbaren Protest, der es vermochte den Spielraum der Neofaschist*innen einzuschränken. Getragen wurde die Aktion von der Kampagne »Kein Raum der AfD!«, die auch an diesem Abend durch viele Einzelpersonen und Gruppen aus anderen Bezirken solidarisch unterstützt wurde. Die verhinderte Feier im Landhaus Pankow war eine von drei abgesagten Weihnachtsfeiern der rechten Partei in diesem Dezember, die auf das Konto der Kampagne gingen.

Infos: Anwohner*innen-Flyer | Aufruf – Pankow | Aufruf Blankenburg| Demobericht | Demobilder

Weihnachtsüberraschung für Späti-Betreiber*innen

Der ansonsten in der BVV Pankow eher für Zurückhaltung bekannte AfD- Stadtrat Daniel Krüger hatte am Sonntag den 16. Dezember ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk für Gewerbetreibende und Anwohner*innen parat. Krüger ließ Mitarbeiter des Ordnungsamtes im Rahmen einer Schwerpunktkontrolle insgesamt 16 Spätis überprüfen und verhängte teure Bußgelder gegen 12 davon. Laut Berliner Ladenöffnungsgesetz hätten diese sonntags eigentlich nicht geöffnet haben dürfen. Dumm nur dass die Betreiber*innen auf die Einnahmen des Sonntagsgeschäfts existenziell angewiesen sind – Law and Order Mann Krüger kümmert das Schicksal der Einzelhändler*innen nicht: »Als Stadtrat muss ich dafür sorgen, dass Gesetze eingehalten werden.«.


AfD-Büro angestrahlt

Im Rahmen des Kunst- und Politprojektes »AfDentskalender« projizierten Künstler*innen an das Blankenburger AfD-Büro die antifaschistische Kampagnenlosung »Wir sind mehr«. In einem Video zur Aktion bestrahlen sie verschiedene, von der AfD genutzte, Objekte. Als Quelle diente hier wohl die Karte mit AfD-Läden der »Kein Raum der AfD!«-Kampagne.

Kein Raum der AfD!

Immer wenn die AfD daran gehindert wird in einem stinknormalen Wirtshaus oder einer Eckkneipe ihre Veranstaltungen oder sozialen Zusammenkünfte abzuhalten, nimmt ihr dies ein Stück weit die Möglichkeit sich weiterhin als ganz normale Partei darzustellen. Diese Normalität erlangen die Faschist*innen nur dann, wenn sie sich ungestört in nichtrechten Bereichen des Alltags festsetzen können und so an Akzeptanz erlangen. Dieser Kampf gegen die Normalisierung der AfD ist allerdings keine bloße Frage von Demopolitik, sondern muss in erster Linie im eigenen Alltag ausgefochten werden.

Auf ein kämpferisches Jahr 2019!
Antifaschismus in die Offensive!

North East Antifa (NEA) | Januar 2018
www.antifa-nordost.org

Eine Version des Artikels mit allen Bilder und allen Bildunterschriften findet ihr unter: http://antifa-nordost.org/8135/

Das AfD-Büro in Blankenburg wurde Ende Dezember vo einem Künstler*innenkollektiv mit antifaschistischen Parolen angestrahlt.

 

 

 

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