#LinzWirdZuAthena - Kurzer Bericht zur zweiten Verhandlung
Montag, 06. 03. - Wie schon bei der Verhandlung letzten Donnerstag geht es um schwere gemeinschaftliche Gewalt und schwere Körperverletzung. Der Angeklagte wird zu 7 Monaten scharf und 14 Monaten auf Bewährung verurteilt.
Wie schon bei der ersten Verhandlung findet vor dem Saal eine Taschenkontrolle statt, zusätzlich zu der am Haupteingang des Gerichts. Ausweise werden kontrolliert, Handys abgenommen.
Vor Beginn der Verhandlung um kurz nach 9 fordert die Richterin die anwesende Presse auf, keine Namen und Fotos der anwesenden Angestellten der Justiz zu veröffentlichen.
Die Daten des Angeklagten werden aufgenommen und die Schöff:innen vereidigt.
Die Staatsanwältin trägt ihre Vorwürfe vor. Der Angeklagte habe Steine ausgeteilt und andere dazu aufgefordert, diese auf die Cops zu werfen. Sie hebt die Gefährlichkeit der Böller hervor, die an jenem Abend verwendet wurden: Diese seien keine "Schweizer Kracher" gewesen, sondern hätten eine sehr viel höhere Sprengkraft.
Der Verteidiger stimmt zu, "dass das Ganze ein heller Wahnsinn war". Sein Mandant habe Böller und Steine geworfen, sei aber nicht "führend" an der Aktion beteiligt gewesen. Er habe die Aktion nicht vorbereitet, sondern "klassisches Mitläuferverhalten" gezeigt.
Der Anwalt weist darauf hin, dass sein Mandant während der U-Haft einen Ausbildungsplatz gefunden habe. "Er hat eine Perspektive, er hat einen Plan", meint er dazu.
Der Angeklagte bekennt sich teilweise schuldig, er schließt sich bei seiner Vernehmung seinem Anwalt an. Dass er Böller und Steine geworfen habe tue ihm Leid, sowas komme nicht wieder vor.
Ein Video wird gezeigt. Der Angeklagte identifiziert sich selbst in dem Video. Die Richterin hält ihm vor, sein Gesichtsausdruck in dem Video wirke "bestätigt".
Im Beweisverfahren werden zwei Zeugen gehört (hier Z1 und Z2). Z1 sagt aus, er habe keine Steine vom Angeklagten bekommen.
Z2 meint, Z1 habe ihm gesagt, der Angeklagte habe ihm Steine gegeben.
Beide wurden schon einmal als Beschuldigte bzw. Verdächtige vernommen.
Am Ende des Beweisverfahrens sprechen noch zwei Sozialarbeiter:innen über die "sozialen Ressourcen" und Berufsaussichten des Angeklagten.
Die Staatsanwältin sieht die Anklage als bestätigt. Sie meint, in dem Video könne man erkennen, wie der Angeklagte einer anderen Person zunickt und diese damit auffordert, auch Gegenstände zu werfen. Die "Genugtuung" seines Gesichtsausdrucks spreche gegen ein "Mitläufertum".
In seinem Schlussplädoyer spricht sich der Verteidiger für eine bedingte Haftstrafe bzw. die Verlängerung einer laufenden Probezeit aus. Das sei erzieherisch sinnvoller.
Nach etwa einstündiger Unterbrechung wird das Urteil verkündet: Schuldig im Sinne der Anklage. Die "führende Teilnahme" an den Ereignissen vom 31. 10. lasse sich aus dem Gesichtsausdruck des Angeklagten ableiten. Der "massive soziale Störwert" der Aktion sei erschwerend für das Urteil.
Verteidigung und Staatsanwaltschaft verzichten auf Rechtsmittel. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Die erste Verhandlung letzten Donnerstag war geprägt von den nationalistischen bis rassistischen Darstellungen des Richters und des Staatsanwaltes. Sie stellten die Ereignisse vom 31. 10. als einen Konflikt zwischen Kulturen bzw. Nationen dar, einen Angriff auf die österreichische Gesellschaft.
Diese Interpretation spielte in der zweiten Verhandlung keine Rolle. Abseits der konkreten Tatvorwürfe ging es eher um die bisherige Arbeitslosigkeit und die Zukunftspläne des Angeklagten.
Er selbst meinte, er habe während der U-Haft über sein Leben nachgedacht und wolle in Zukunft arbeiten, um Geld für seine Familie zu verdienen. Der Verteidiger argumentierte mit der in Aussicht stehenden Lehrstelle für ein mildes Urteil.
Und auch die Richterin war interessiert an dem Thema und stellte immer wieder Fragen dazu. So endete die Verhandlung auch mit ihrer Aufforderung an den Angeklagten, die Zeit in Haft zu nutzen und seine Familie zu unterstützen.
Generell wirkte die Richterin darauf bedacht, dem Angeklagten die moralische Falschheit seiner Taten bewusst zu machen. Damit hat sie einen der Hauptzwecke des Strafrechts (und insbesondere des Jugendstrafrechts, nach dem diese Verhandlung geführt wurde) verfolgt: Menschen wieder in die Gesellschaft und ihren Verwertungszwang zu integrieren.