Aktuelle Situation von Geflüchteten in Bosnien-Herzegowina

Die Effekte der immer weiter währenden Versuche der EU, ihre Außengrenzen zu schließen, sind momentan in Bosnien-Herzegowina deutlich zu spüren. Da das Nachbarland Kroatien nach jahrelangen Verhandlungen erst im Juli 2013 der EU beitrat, versuchen kroatische offizielle Behörden ihrer scheinbaren Verantwortung nachzugehen, ihre Außengrenzen zu sichern. Um sich damit in der EU zu profilieren, setzt die kroatische Grenzpolizei teilweise menschenrechtsverletzende Maßnahmen ein.

So berichten viele Geflüchtete, dass sie an der bosnisch-kroatischen Grenze massive Polizeigewalt erleben. Ihnen werden essentielle Güter wie Dokumente, Zelte, Schlafsäcke und Mobiltelefone abgenommen und zerstört. Eingesetzt wird auch physische Gewalt und Tränengas. Viele Geflüchtete versuchen den gefährlichen Weg trotzdem, da dies mittlerweile einer der wenigen Wege ist, nach West-Europa zu gelangen. Viele der Menschen stammen aus dem Iran, Irak, Kurdistan, Syrien, Pakistan und Afghanistan. Unter ihnen sind auch viele Familien mit kleinen Kindern, die teilweise schon mehrfach versucht haben, von Serbien aus über Bosnien-Herzegowina und Kroatien nach Slovenien und darüber Richtung Deutschland zu gelangen.

Bosnien-Herzegowina als sogenanntes „Transitland“ ist seit Anfang dieses Jahres Teil der Fluchtroute, da die serbisch-ungarische und die serbisch-kroatische Grenze hermetisch abgeriegelt wurden. Laut einem aktuellen Report kamen 5.057 Geflüchtete alleine im Oktober in Bosnien-Herzegowina an. Ballungszentren sind sowohl Sarajevo als auch Valika Kladusa und Bihać, ein kleiner Ort an der bosnisch-kroatischen Grenze. Dort wurde ein provisorisches Camp eröffnet, das momentan Platz für etwa 440 Menschen bietet. Untergebracht sind dort jedoch etwa 1000 Menschen. In ganz Bosnien-Herzegowina sind 2.064 Betten verfügbar. Die Rechnung ist schnell gemacht - über die Hälfte der ankommenden Menschen ist ohne Schlafmöglichkeit. Die benötigten Infrastrukturen kommen nur langsam in Gang und die offiziellen Versorgungsmöglichkeiten sind schon lange an der Grenze ihrer Kapazitäten. Viele Menschen sind auf private, regierungsunabhängige Initiativen angewiesen. So gibt es beispielsweise ein Kollektiv, dass täglich in Sarajevo kocht und Essen austeilt. UNHCR und IOM sind vor Ort, jedoch kann auch mit ihnen keine ausreichende Versorgung gewährleistet werden. So müssen viele Menschen auf der Straße schlafen und sich sonst irgendwie über Wasser halten. Auch der bürokratische Prozess wird durch intransparente Informationen und ständig wechselnde Orte und Zuständigkeiten verlangsamt. Die Temperaturen fallen immer weiter, diese Woche werden nachts Minusgrade erwartet. Bestehende Squats und Unterbringungen sind nicht winterfest und es gibt nicht genügend Schlafsäcke und Decken. Viele Freiwillige versuchen, durch Mobilisierung von Spenden den Bedarf zu decken.

Zusätzlich zu all diesen Strapazen sind die Menschen damit konfrontiert, dass ihre Versuche, „on game“ (d.h. die „illegale“ Überquerung der kroatischen Grenze durch die Berge) zu gehen, oft fehlschlagen. Dazu müssen sie mehrere Tage laufen, ohne regelmäßigen Zugang zu Wasser, Essen und Strom. Selbst wenn die Überquerung der kroatischen Grenze gelingt, werden sie oft in Kroatien von der dortigen Polizei aufgegriffen und unter Einsatz von Gewalt und ohne jegliche Chance auf einen legalen Asylprozess wieder nach Bosnien zurückgeschickt. Gerade für Kinder ist dieser Prozess oft extrem traumatisch. Gleichzeitig stellen diese Push-Backs einen direkten Verstoß gegen europäisches Recht dar. Auch die generellen Chancen, Asyl zu beantragen, sind sowohl in Slovenien als auch in Kroatien und Bosnien sehr gering. So wurden beispielsweise in Bosnien dieses Jahr nur 7 Prozent der gestellten Asylanträge bewilligt. Auch die Möglichkeiten, sich frei zu bewegen, werden von bosnischen und kroatischen Behörden immer weiter eingeschränkt. So wurden Züge nach Bihać direkt wieder nach Sarajevo zurückgeschickt und Straßensperren eingerichtet, bei denen Busse nach Geflüchteten und Menschen ohne Papiere durchsucht wurden. Auch die Polizeipräsenz und die Straßenkontrollen in Sarajevo nehmen immer weiter zu.

Die Misere der Menschen wird durch die weiter währenden Grenzschließungen immer weiter von der Festung Europa ausgelagert. Die Probleme bestehen weiterhin, nur sind sie durch das fehlen medialer Aufmerksamkeit nicht mehr ganz so sichtbar wie zuvor. Hilfe wird jetzt benötigt, nicht nur für die Menschen, die in Bosnien-Herzegowina feststecken, sondern auch für viele, die es gar nicht erst dorthin schaffen.

Zeigt euch solidarisch, the time to act is now!

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