[Kolumbien] In Erinnerung – Kommandant Raúl Reyes

In Erinnerung an den am 1. März 2008 von der kolumbianischen Armee getöteten Kommandanten Luis Édgar Devia Silva, alias Raúl Reyes, veröffentlichen wir das Kommuniqué der FARC-EP zu seinem Tod, das vom Sekretariat des Zentralen Generalstabs einen Tag nach seinem Tod, am 2. März 2008, veröffentlicht wurde.

Raúl Reyes wurde am 30. September 1948 in La Plata, Provinz Huila, geboren. Er organisierte sich frühzeitig in der Kommunistischen Jugend (JUCO) und wurde später Mitglied und Abgeordneter der Kommunistischen Partei in Kolumbien. Er hatte die Möglichkeit, den Osten Europas mit seinen sozialistischen Ländern kennenzulernen. Er ging zur aufständischen Bewegung der FARC-EP und wurde Kommandant des Südblocks der FARC-EP und Mitglied des Sekretariats des Zentralen Generalstabs, dem höchsten Gremium.

Innerhalb der FARC-EP war er Teil der Internationalen Kommission, die für die internationale Arbeit der Guerilla zuständig war. Erste Bestrebungen gab es schon frühzeitig unter Manuel Marulanda, dem Oberkommandierenden der FARC-EP, internationale Beziehungen aufzubauen. Erste Versuche scheiterten unter dem Guerillero Guaraca. Doch in den 1970er Jahren gab es Kontakte zu den zentralamerikanischen Guerillakämpfern in El Salvador und Nicaragua, dann auch zu den progressiven Regierungen.

Auf der Achten Konferenz der FARC-EP im Jahr 1993 wurde dann eine neue Strategie zur Schaffung eines Vertretungsorgans für die Welt vorgeschlagen, das dem Zentralen Generalstab unterstellt wurde. Damit entstand die Internationale Kommission, der verschiedene Mitglieder der Guerilla angehörten und die von Raúl Reyes geleitet wurde. Unter seine Ägide gab es bei den Friedensverhandlungen von Caguán eine Europareise von Delegierten aus der FARC-EP und weitereichende Kontakte in verschiedene Länder.

Kommandant Raúl Reyes starb als Revolutionär und Internationalist am 1. März 2008 in Santa Rosa de Yanamaru in Ecuador. Dort, wie es das Kommuniqué beschreibt, war er in Verhandlungen zu einem humanitären Austausch involviert und hatte internationale Gäste vor Ort.  Sein Leben und Wirken bleibt unvergessen!

Anbei das übersetzte Kommuiqué aus dem Jahr 2008 sowie zwei eigene Anmerkungen in eckigen Klammern:


Kommuniqué

1. Wir informieren das kolumbianische Volk und die internationale Öffentlichkeit über den Tod des Kommandanten Raúl Reyes, eines integralen und beispielhaften Revolutionärs, der sich sein ganzes Leben für die Sache der Ausgebeuteten, für die nationale Befreiung und für das Vaterland, von dem Bolívar träumte, eingesetzt hat. Wir ehren ihn und die anderen 15 gefallenen Guerillakämpfer an seiner Seite.

2. Der Kommandant fiel, während er seine Mission ausführte, über Präsident Chávez ein Interview mit Präsident Sarkozy zu führen, um Lösungen für die Situation von Ingrid Betancur und für das Ziel des humanitären Austauschs [1] zu finden.

3. Die Leichtfertigkeit des Angriffs, die Perversion und der lügnerische Zynismus von Álvaro Uribe, um die Umstände des Todes des Kommandanten Raúl zu verzerren, belasten nicht nur die Beziehungen dieser Regierung zu den Schwesterrepubliken gefährlich, sondern haben auch die Möglichkeiten des Humanitären Austausches ernsthaft beeinträchtigt und den politischen Ausweg aus dem Konflikt mit diesem paramilitärischen und Pro-Yankee-Regime zunichte gemacht.

4. Den Präsidenten Hugo Chávez, Nicolás Sarkozy, Rafael Correa, Daniel Ortega, Cristina Fernández, Evo Morales und allen friedliebenden Regierungen, den Familien der Gefangenen und der großen Mehrheit, die den humanitären Austausch unterstützt, ermutigen wir, weiter für die freie Zone [2] von Florida und Pradera zu kämpfen.

5. Die Sache des Friedens, die auf der sozialen Gerechtigkeit gründet, für die der Kommandant Raúl Reyes sein Leben opferte, schwebt weiterhin auf den höchsten Bergen Kolumbiens, auf der Bolivarischen Plattform, dem Strategischen Plan der FARC und auf dem unerschütterlichen Kampfwillen der Guerillakämpfer und des Volkes im ganzen Land. Wir werden Raúl immer mit tiefer Zuneigung in Erinnerung rufen und seine revolutionäre Entschlossenheit, Beharrlichkeit, Standhaftigkeit und Effizienz hervorheben, um der internationalen Gemeinschaft die Realität der FARC als revolutionäre Armee bekannt zu machen und seine Entschlossenheit, die bolivarische Strategie der kontinentalen Einheit voranzubringen.

6. Wir teilen mit, dass der Kommandant Joaquín Gómez ab diesem Datum als vollwertiges Mitglied des Sekretariats des Zentralen Generalstabs eintritt.

Ewiger Ruhm und Ehre für Kommandant Raúl Reyes.

Für das Neue Kolumbien, das Vaterland und den Sozialismus: Kein Schritt zurück!

Sekretariat des Zentralen Generalstabs der FARC-EP

Berge von Kolumbien 2. März 2008

[1] Im August 2007 ernannte der damalige rechtsgerichtete Präsident Uribe die Senatorin der Liberalen Partei und Oppositionelle der Regierung Piedad Córdoba zur Vermittlerin eines potenziellen humanitären Abkommens für Gefangene der FARC-EP in den kolumbianischen Gefängnissen und Gefangenen in den Händen der FARC-EP. Auch der venezolanische Präsident Hugo Chávez beteiligte sich an der Vermittlung. Gegenstand eines möglichen Austauschs waren u. a. Íngrid Betancourt, drei US-Bürger, verschiedene Gefangene der FARC-EP sowie alias Simón Trinidad und alias Sonia, zwei Kommandierende der FARC-EP, die an die USA ausgeliefert wurden. Durch die Tötung des Kommandanten Raúl Reyes wurde der humanitäre Austausch maßgeblich gestört.

[2] Während der ersten Amtszeit von Präsident Uribe gab es keine Kontakte zwischen der FARC-EP und der Regierung, um über Frieden zu sprechen. Erst mit der zweiten Amtszeit entwickelten sich Vorgespräche zu einem humanitären Abkommen zum Gefangenenaustausch (siehe Punkt 1). Um diesen Austausch durchzuführen, forderten die FARC-EP die Entmilitarisierung der zwei größeren Gemeinden Pradera und Florida im Süden der Provinz Valle del Cauca. Zuvor, bei den Friedensgesprächen unter Pastrana von 1999 bis 2002, gab es bereits die Zone von Caguán.

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