Naziangriff auf linkes Zentrum in Salzwedel
In der Nacht von Montag auf Dienstag haben Unbekannte das autonome Zentrum »Kim Hubert« in der sachsen-anhaltischen Kleinstadt Salzwedel überfallen. Kurz nach Mitternacht sollen sich Vermummte Zugang zu dem Haus verschafft, gezielt mit Schlagwerkzeugen die Einrichtung zerstört und die in dem Haus Anwesenden mit Pfefferspray besprüht haben. Bei ihrer Flucht sollen die Angreifer eine Rauchbombe gezündet haben. »Sie haben kein Wort gesagt, alles kurz und klein geschlagen und sind dann wieder raus. Das zeigt, wie gut die Angreifer organisiert sind«, sagt Melanie Maier* dem »nd«. Für die linke Aktivistin aus Salzwedel ist klar, wer hinter der Attacke steht: die lokale Naziszene.
In Salzwedel kommt es immer wieder zu Übergriffen: Antifaschist*innen werden bedroht, attackiert und sogar bis zu ihren Wohnhäusern verfolgt. Auch das »Kim Hubert« sei des Öfteren Ziel von Attacken gewesen. Laut einer Pressemitteilung des in dem Haus ansässigen Vereins Kultur und Courage kam es 2011 und 2016 zu Brandanschlägen auf das autonome Zentrum. Der Vorsitzende des LINKE-Ortsverbandes, Jürgen Brunsch, sagte dem »nd«, dass die Gewalt nun eine »neue Qualität erreicht habe«, weil auch gezielt Personen attackiert wurden.
Den Menschen, die sich während des Angriffs im Haus befanden, gehe es »den Umständen entsprechend gut«. Allerdings habe sie die nächtliche Attacke »schwer traumatisiert«. »Die Menschen hatten Todesangst – plötzlich standen zehn Vermummte mitten in der Nacht mit Baseballschlägern in ihrem Haus.« Die Angreifer hätten »alles zerschlagen, was ihnen in die Finger gekommen« sei, und dabei soll sogar eine Axt benutzt worden sein. Wie hoch der Schaden ist, könne noch nicht geschätzt werden.
Die Polizei konnte bislang keine Anzeige bestätigen, leitete aber von Amts wegen eine Anzeige ein, unter anderem wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung. Der Tatort wurde kriminalistisch untersucht, die Ermittlungen wurden aufgenommen und ein Zeugenaufruf gestartet. Über die Hintergründe der Attacke wollte sich die Polizei gegenüber »nd« nicht äußern, monierte jedoch die fehlende »Dialogbereitschaft« der Aktivist*innen. Diese erklärten, dass sie eine Anzeige über ihren Anwalt stellen werden.
Keine »organisierte Nazistruktur«?
Frank Semich, Sprecher der Polizei in Salzwedel, äußerte sich auf Anfrage von »nd« auch über rechte Strukturen in Salzwedel: »Der Polizei sind Personen bekannt, welche der rechten Szene zugeordnet werden und die sich untereinander auch kennen. Von einer organisierten Nazistruktur wird unsererseits jedoch nicht gesprochen.« Zwar gebe es gewaltbereite Neonazis in der Stadt, diese seien jedoch als Einzeltäter zu werten.
Jürgen Brunsch sieht das anders. Laut dem LINKE-Politiker gibt es in Salzwedel seit vielen Jahren eine organisierte Naziszene, »die vor nichts zurückschreckt«. Martin Burgdorf vom Verein Miteinander e.V. meint, dass sich die Szene in der Stadt verändert habe. Früher habe es mit den »Freien Nationalisten Altmark-West« eine feste Struktur gegeben, heute treten die Nazis nicht mehr mit einer klaren Gruppenstruktur mit Namen in Erscheinung. »Für Gewalt braucht man das aber auch nicht«, meint Burgdorf. Rechte agierten in Salzwedel »sehr geplant«. Und es gebe mehrere rechte Treffpunkte in der Kleinstadt.
Mit Autos würden Nazis »Streife fahren«, Menschen bedrohen, Pyrotechnik und Flaschen auf Häuser von politischen Gegnern werfen. Regelmäßig gebe es »Verfolgungsjagden«. Auch Maier meint: »Für viele junge Linke ist es ein Spießrutenlauf in der Stadt.« Die Rechten seien gut mit Nazis aus anderen Städten vernetzt. Die linke Aktivistin vermutet, dass an dem Angriff auf das »Kim Hubert« Nazis aus anderen Städten beteiligt waren.
Mehrere Rechte aus der Region sind wegen Körperverletzung verurteilt. Ende 2017 wurden vier Neonazis vor dem Landgericht Stendal schuldig gesprochen, einen Mann, den sie mit einem Antifaschisten verwechselt hatten, überfallen und mit Baseballschlägern schwer verletzt zu haben.
Verbindungen zur AfD
Und es soll Verbindungen zwischen der AfD und den Neonazis geben. Wie Recherchen der »Volksstimme« zeigen, war der Schatzmeister des AfD-Kreisverbandes Altmark-West, Sebastian Koch, mehrere Jahre in der Neonazi-Szene aktiv und nahm noch bis 2016 an Neonazidemonstrationen teil. Koch erklärte dem »nd«: »Mir selbst ist der Begriff Nazi und Neonazi bekannt und ich persönlich kenne keine Person, mit der ich in engerem Kontakt stehe, die diese Attitüde beinhaltet.« Laut Aktivistin Maier seien die »Schnittmengen« allerdings groß. Ein Foto, das »nd« vorliegt, soll Koch bei einem Junggesellenabschied im September 2017 inmitten von Neonazis zeigen. Zudem sei er bei Facebook mit mehreren bekannten Neonazis befreundet.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1090347.rechte-gewalt-in-sachse...
Ergänzungen
Halber Artikel aus Zeitung kopiert
Hier wurde ein halber (!) Artikel aus dem ND kopiert und nicht als solcher ausgewiesen. Immerhin steht unten der Link mit dabei.
stellungnahme vom verein
siehe foto