Stuttgart: Antirepressionsinfo #2 der Roten Hilfe

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Polizeieinheit in Göppingen

Auf zur Antirepressionsdemo 
am 11. Oktober 2014 in Göppingen. 

 

Wir unterstützen den Aufruf „Wir bleiben dran!“ und rufen dazu auf, sich an der Demonstration am 11. Oktober 2014 in Göppingen zu beteiligen. Aus unserer Sicht ist es wichtig, auf die Straße zu gehen und gegen Repression zu demonstrieren. Gerade das Beispiel Göppingen zeigt wie vielfältig Repression auftreten kann.

Wie alles begann

Wie bei vielen antifaschistischen Aktivitäten gab es relativ früh massive Vorbehalte und Misstrauen gegenüber engagierten Antifa­schist_innen. Um den Anschein der friedlichen Klein­stadtidylle aufrechtzuerhalten, wurde das Naziproblem von lokalen Politiker_innen kleingeredet und versucht zu vertuschen. Jegliche antifaschistische Intervention wurde sofort als Störung und als unnötig abgestempelt. Mit der späteren Einteilung in „gute, friedliche und lokale Antifaschist_innen“ und „böse Krawalltourist_innen“ versuchte man schon sehr schnell, die antifaschistischen Proteste zu kriminalisieren, um den späteren Boden für die noch folgende Repression zu bereiten.

 

Trainingsareal Göppingen

Sowohl im Oktober 2012 als auch im Oktober 2013 war der Wille, die Naziaufmärsche um jeden Preis zu ermöglichen, klar erkennbar. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden weder Kosten noch Mühen gescheut. Mit jeweils über 2000 Einsatzkräften, Hunden, Pferden, Wasserwerfern, Räumfahrzeugen und sogar Hubschraubern wurde alles zur Verfügung stehende aufgefahren. Die hohe Anzahl der behandelten Verletzten durch Demosanitäter_innen sind mehr als ein Indiz dafür, dass Pfefferspray und Schlagstock ausgiebig eingesetzt wurden.

Doch nicht nur uniformierte Kräfte waren zahlreich vertreten. Viele „unscheinbare“ Pärchen mit Knopf im Ohr starteten einen Nachmittagsspaziergang. Die Stadt, welche bekanntermaßen auch zentraler Ausbildungsort für Einsatzhundertschaften und Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) ist, wurde bei den Protesten gegen die Naziaufmärsche in einen riesigen Polizeiübungsplatz verwandelt. Alle bekannten Polizeitaktiken wurden eingesetzt: die Raumgewinnung, die Umschließung von Demonstrant_innen, welche allgemein auch als Polizeikessel bekannt ist, das teilweise penible Durchsuchen von anreisenden Aktivist_innen, die gezielte Provokation, das Aufstellen von Barrieren wie Hamburger Gittern und Sichtschutzzäunen usw. bis hin zur massenhaften Ingewahrsamnahme von Antifaschist_innen, die 2013 in der Zahl von ca. 500 gipfelte.

 

Die Nachwehen

Schon ein paar Wochen nach den Demos flatterten die ersten Vorladungen vor allem bei jüngeren Menschen in den Briefkasten. Ein ziemlich einfacher und durchschaubarer Versuch der Einschüchterung. Ganz fleißige „Dorfsheriffs“ schauten sogar direkt an der Haustür bei den Eltern vorbei. Weiter ging es dann mit Strafbefehlen. In Karlsruhe kam es zu einer Hausdurchsuchung. Das massenhaft angefertigte Foto- und Videomaterial wurde ausgewertet und landete in zahlreichen Akten, die teilweise noch immer geführt werden. Bisher fanden dutzende Verfahren statt, die im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Naziaufmärsche in Göppingen stehen und es stehen immer noch Verfahren aus. Besonders ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass Videomaterial, welches eingereicht worden ist, um gegen Polizisten zu ermitteln, dazu benutzt wurde, um Verfahren gegen Antifaschist_innen zu eröffnen. Hier zeigt sich noch mal deutlich wie problematisch das Filmen und Fotografieren von Aktionen ist und wie wichtig der Grundsatz „No Camera! No Problem!“ist.

 

§ 129 – Das kennen wir schon

Nicht nur „normale“ Ermittlungsverfahren wurden eröffnet und geführt, sondern es kam außerdem zu mindestens einem bekanntem § 129-Verfahren. Diese Art von Strafverfahren wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung eröffnet den Repressionsorganen weitführende Ermittlungsbefugnisse. Ans Tageslicht kamen diese Ermittlungen allerdings erst als darüber im Verfassungsschutzbericht 2013 von Baden-Württemberg berichtet wurde. Dass ein Mobilisierungsvideo mit, nach unserem Empfinden, künstlerischem Charakter dazu benutzt wird, wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zu ermitteln, ist mehr als Besorgnis erregend. Spätestens jetzt sollten sämtliche Alarmglocken läuten und erkannt werden wie stark der politische Wille ist, die Antifaschistische Bewegung zu kriminalisieren.

 

Was kann getan werden?

Die Anzeigen, Strafbefehle, Verfahren und Prozesse haben letztendlich zum Ziel, die Menschen einzuschüchtern und von weiteren Aktivitäten abzuhalten. Es ist daher wichtig, dass Betroffene sich austauschen und zusammenhalten. Rückblickend müssen wir anmerken, dass es uns bei den zahlreichen Verfahren und Ingewahrsamnahmen nicht gelungen ist, wirklich alle von Repression Betroffenen zu erreichen und somit die Solidaritätsarbeit zu koordinieren. Deshalb hier noch mal der Appell: Meldet euch bitte bei uns und bei eurer örtlichen Antifa-Gruppe falls ihr von Repression betroffen seid und euch noch nicht gemeldet habt. Lest die Broschüre „Was tun, wenn’s brennt?“. Wenn ihr Fragen habt, fragt nach.

Es gibt keine dummen Fragen! Nur gemeinsam können wir solchen Repressionsversuchen geschlossen entgegen treten. Lasst euch nicht einschüchtern! Bleibt dran!

 

Wie geht es weiter?

Getroffen hat es einige – gemeint sind wir alle! Das klingt oft wie eine Phrase. Doch das ist ein wichtiger Grundsatz antifaschistischer Solidarität. Am 11. Oktober 2014 sind wir alle aufgefordert zu zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen. Entschlossen setzen wir in Göppingen gemeinsam ein starkes Zeichen der Solidarität!

 

Wir bleiben dran!

am 11. Oktober 2014, um 16 Uhr

Start: Bahnhof Göppingen

 

EA-Nummer: 0152 05372805

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