[Augsburg] Erfahrungsbericht: Antiisraelische Demonstration am Wochenende
[Augsburg] Erfahrungsbericht: Antiisraelische Demonstration am Wochenende
Unter dem Motto "Free Palestine - Augsburg will Frieden" wurde im sozialen Netzwerk Facebook für Samstag den 19.07.2014 zu einer Kundgebung anlässlich des Konfliktes im Nahen Osten aufgerufen. Gestartet wurde der Aufruf im Internet nur wenige Tage vor ihrem Stattfinden und das online-event hatte innerhalb kürzester Zeit mehr als 1.000 Zusagen (am Tag der Kundgebung 1.500). Schon die Kommentare und Beiträge in der Veranstaltungsgruppe ließen darauf schließen, dass sich auch viele Personen zusammenfinden könnten, die nicht unbedingt nur für eine friedliche Lösung des Konfliktes einstehen würden. Es fand sich ein Sammelsurium von Kommentaren aus Holocaustrelativierungen und -befürwortungen, Rachegelüsten und antiisraelischer Bildpropaganda, welche im Vorhinein schon zur Sorge über den Verlauf der Veranstaltung führte. In der Augsburger Allgemeinen gaben der Regionalvorsitzende der DIG sowie der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde ihre Besorgnis kund. Immerhin gab es in den Vortagen erschreckende Mitteilungen über antisemitische Übergriffe im Verlauf von Kundgebungen und Demonstrationen ähnlichen Inhalts.
Zur Veranstaltung: Begonnen hatte sie gegen 15 Uhr auf dem Rathausplatz im Augsburger Altstadtzentrum. Parallel dazu fand auf der anderen Seite des Rathauses ein mulitkulturelles Fest statt, welche aber nicht in Verbindung zueinander standen. Der Rathausplatz füllte sich und ihre Besucher_innen trugen Flaggen der Türkei und Palästinas. Häufig zu sehen waren selbstgebastelte Schilder und Bildcollagen in denen Israel als "Kindermörder" oder "Terrorist" bezeichnet wurden. Dies waren die üblichen Versuche die Mitgefühl und Betroffenheit über die Folgen der israelischen Interventionen nach den Terrorakten hervorrufen sollen. Pikanter hingegen war eine sichtbar grüne Flagge mit weißer arabischer Schrift die der Hamas zugeordnet werden kann. Ebenfalls zu sehen war eine Flagge der DKP sowie das öffentliche Zeigen des faschistischen Grußes der türkischen Grauen Wölfe durch jüngere weibliche Teilnehmerinnen. Häufig wurde die Parole "Kindermörder Israel" skandiert. Teile der Redebeiträge wurden in türkischer Sprache gehalten, was in sozialen Netzwerk für reichlich Unmut einiger Teilnehmer_innen sorgte. Nach Angaben der Augsburger Allgemeinen wuchs die Kundgebung in ihrem Verlauf bis ca. 17 Uhr auf 600 Personen an. Gerechnet und angemeldet hatten die Veranstalter_innen wohl weniger Personen, weshalb die Polizei eine anschließende Demonstration nicht genehmigte (Augsburger Allgemeine).
Gegenposition: Um kurz nach 15 Uhr, als die Kundgebung schon gut besucht war und die ersten Redebeiträge stattfanden, traf auch eine weitere Gruppe von 10 Personen am Rathausplatz ein. Sie positionierten sich am Rand der Kundgebung zwischen Platz und Rathaus und entrollten ein Banner mit der Aufschrift "Free Gaza from Hamas!". Die ersten Minuten war eine positive Resonanz auf diese Präsenz zu verzeichnen. Es kam zu adäquaten Diskussionen mit Teilnehmern der Palästinaveranstaltungen, Passant_innen teilten ihre Zustimmung zum Banner und dem verteilten Flyer mit und die Gruppe wuchs auf ca. 20 Personen an. Auch Angehörige der Israelitischen Gemeinde zeigten ihre Freude über diese kleine aber sichtbare Gegenpositionierung. Neben dem Banner und dem Verteilen von Flyern wurden auch kleine Israelfähnchen hochgehoben. Die Anwesenheit sprach sich auf der eigentlichen Kungebung langsam herum und die ersten Personen fingen an einzelne Teilnehmer_innen anzusprechen. Dabei häuften sich immer mehr antisemitische Beleidigungen (z.b. "ihr Judenschweine seid auch noch dran"). Außerdem wurde von einem türkischen Nationalisten versucht Konflikte zu schüren in dem er in Richtung der großen Kundgebung "Scheiß Moslems" rief. Zu ihm geselltem sich immer mehr männliche Personen die aggressiv auf Angehörige der kleinen Gruppe einredeten und sie wiederholt beleidigten. Die anwesenden Polizisten sowie Securitykräfte versuchten besänftigend auf die Störer einzureden, leider mit nur mäßigem Erfolg. Es wurde nun das Banner mit ihrer physischen Präsenz verdecken. Um den sich anbahnenden Konflikt nicht weiter anzuheizen wurde kein Versuch unternommen dagegen vorzugehen, weil die feindlich gesinnte Personengruppe nun zahlenmäßig immer mehr anstieg. Ziel war es zu provozieren, zu beleidigen und das hamaskritische Banner zu verdecken wozu nun auch eigene Banner verwendet wurden. Auch richtete sich ein großer Teil der Personen der Hauptkundgebung nicht mehr der Bühne zu, sondern ihre Aufmerksamkeit galt der Menschenansammlung am Rande. Sichtbar waren vorallem mehrere Gruppen von männlichen Jugendlichen die das Geschehen besonders beobachteten und auf eine mögliche gewalttätige Zuspitzung hofften. Da die antisemitischen Beleidigungen und antiisraelischen Parolen immer unerträglicher wurden und das Droh- und Gefahrpotenzial sich steigerte, entschied sich die Gruppe nach ca. 45-minütiger Anwesenheit sich zurückziehen. Verabschiedet wurde die Kleingruppe von großen Teilen der Hauptkundgebung unter "Hamas"-Rufen. Alle Teilnehmer_innen konnten sich ungeschadet vom Ort des Geschehens entfernen.
Fotostrecke eines antizionistischen Fotografen:
https://www.facebook.com/media/set/?set=a.189457487908264.1073741827.189...
Holocaustrelativierung:
https://www.facebook.com/ErciyasPhotodesign/photos/a.189457487908264.107...
Gruß der Grauen Wölfe:
https://www.facebook.com/ErciyasPhotodesign/photos/a.189457487908264.107...
Pressespiegel:
Heute Demonstration für Palästina - Besorgte Stimmen im Vorfeld
http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Heute-Demonstration-fuer-Pa...
600 Menschen demonstrieren auf Rathausplatz für "freies Palästina" - mit kleiner Fotostrecke
http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/600-Menschen-demonstrieren-...
600 Demonstranten protestieren für ein "freies Palästina"
http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/600-Demonstranten-protestie...
Auf beiden Seiten des Rathauses
http://www.der-ludwig.com/auf-beiden-seiten-des-rathauses/#more-5624
Links zuletzt am 21.07.2014 eingesehen.