[B] Update zu einem Vergewaltiger

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Trigger-Warnung: Dieser Text thematisiert sexualisierte Gewalt

 

 
Januar 2021

Vor fast zwei Jahren, Ende Januar 2019, gab es eine Auseinandersetzung bei einer Party in der Köpi, bei der Felix mit verschiedenen Vorwürfen konfrontiert wurde, die er direkt abgestritten hat.
Er hat über mehrere Jahre hinweg Frauen sexuell belästigt, war übergriffig und hat vergewaltigt.
Unter anderem nutzte er den Umstand aus, dass mehrere Frauen unter dem Einfluss von Drogen (auch K.O. Tropfen) standen, welche sie nicht wissentlich konsumierten. Ob er sie selbst verabreichte, können wir nicht beweisen und sehen auch keine Notwendigkeit, dies zu tun.

Nachdem die Vorwürfe bekannt wurden, dauerte es 2 Monate bis er aus seinem Hausprojekt, ein besetztes Haus in Berlin-Mitte, ausgeschlossen wurde.

Er sprach mehrere Personen aus seinem näheren und weiteren Umfeld an, um eine Täterarbeitsgruppe zu gründen. An dieser Gruppe nahm nur eine Person teil, welche in Kommunikation mit den Betroffenen und ihren Unterstützer*innen stand. Diese Person hat aus diversen Gründen die Gruppe verlassen. Seither gibt es gar keine Kommunikation mehr mit dem Rest der Gruppe. Schon allein die Basis der Reflektion scheint von Beginn an mehr als fragwürdig, da sich in der Gruppe jemand befand, welcher als Antwort auf die Vorwürfe eine Beweispflicht bei den Betroffenen sieht.

Solange das Verhalten von Teilen der Täterarbeitsgruppe so unreflektiert ist, sehen wir keine Möglichkeit für einen Reflektionsprozess mit Felix und unserer Meinung nach existiert keine Arbeitsgruppe.

Unsere Forderungen wurden bisher nicht erfüllt, abgesehen vom Auszug aus seinem Haus, welchen jedoch nicht er, sondern das Hausprojekt umgesetzt hat. Wir wollten wissen, wo er sich aufhält, um potentiell Betroffene in anderen Städten und Regionen informieren und warnen zu können. Wir forderten, dass er eine Therapie beginnt, um im Zuge dessen Stellung dazu zu beziehen, was bisher nicht passiert ist. Wir forderten, dass er sich von allen Strukturen und Projekten fernhält, was in mindestens einem Fall nicht passiert ist. Wir forderten regelmäßige Updates zu seinem Reflektionsprozess.

Derzeit befindet er sich in Berlin, betreibt ein Profil bei (mindestens) der Dating-Plattform Ok-Cupid und hält sich in “unseren” Kiezen auf.

Da sich die Situation aus unserer Sicht nicht geändert hat, er viel auf Reisen ist und zumindest in einem Dating-Portal aktiv ist, halten wir es für sinnvoll und notwendig, diese Informationen offen und überregional zu streuen. Wir bezweifeln, dass er sich mit seinem Handeln auseinandersetzt und halten ihn noch immer für gefährlich.

Den unten angehängten Text haben wir vor zwei Jahren im Februar, kurz nachdem die Vorwürfe bekannt wurden, an diverse Projekte und Gruppen in Berlin verteilt. Wir bitten euch darum, diesen Text an Projekte und Gruppen in eurer Stadt/Region weiter zu geben und offen vor ihm zu warnen.

Wir müssen feststellen, dass auch unser Prozess einer Auseinandersetzung mit sexistischem Verhalten in unseren Strukturen keine Kontinuität inne hat, wie sie eigentlich existieren sollte. Auch aus diesem Grund erscheint dieser Text sehr spät. Die Notwendigkeit einer Veröffentlichung ist aus den oben genannten Gründen nun dringender geworden.

Wenn ihr Fragen oder Kritik habt, dann schreibt uns gerne eine Email:

ansprechpartner_innen@systemli.org

Beschreibung:

- Felix hat viele technische Kompetenzen, weshalb er häufig für Events angefragt wurde
- Er ist Tättowierer
- Er macht Karate (Sporträume sollten auch Freiräume sein)
- Er hat Architektur studiert oder studiert weiterhin

Trigger-Warnung: Das angehängte Bild stammt aus einer Ausstellung. Es gibt hierzu auch ein Video, in dem er nackt gezeigt wird.

 

 

24.02.2019

In den letzten sieben Jahren hat Felix mehrere Frauen sexuell belästigt, war übergriffig und hat vergewaltigt. Unter anderem hat er auch KO-Tropfen benutzt.
 
Seine Reaktionen auf Vorwürfe waren jedoch nie einsichtig und er hat keine Auseinandersetzung darüber gesucht. Stattdessen hat er es geschafft die unterschiedlichen Vorwürfe voneinander zu trennen und sie Anderen gegenüber als geklärt zu verkaufen oder zu verschleiern. Dadurch war es für ihn immer wieder möglich Räume für sich zu beanspruchen ohne mit Vorwürfen konfrontiert zu werden. Dieses Verhalten hat Kontinuität.

Eine für uns notwendige Konsequenz ist, dass Felix aus allen linken Räumen, Strukturen und Veranstaltungen, einschließlich seines Hausprojekts, ausgeschlossen wird, um aktuelle und potentielle Betroffene zu schützen.

Ende Januar wurde er auf einer Party in der Köpi von einer Betroffenen mit den eigenen Vorwürfen und denen anderer Betroffener konfrontiert und aufgefordert die Party zu verlassen. Er reagierte konfrontativ, forderte Beweise und unterstellte der Betroffenen zu lügen. Womit er wieder die Deutungshoheit für sich beansprucht und herablassend seine Machtposition ein weiteres mal gegenüber der Person demonstriert hat.

Daraufhin wurde Felix von der Party geworfen, geboxt und ein Guardian Angel (Pfeffer) gegen ihn eingesetzt. Durch die, der Auseinandersetzung folgenden, Diskussion wurde zum ersten Mal das Ausmaß der Vorwürfe gegen Felix öffentlich bekannt. In der Folge meldeten sich weitere Betroffene und es konnte eine Aufarbeitung unter ihnen beginnen. Dabei wurde unter Anderem klar, dass es bisher viele Hemmungen gab, sich zu äußern.

In den letzten Wochen wurde viel darüber gesprochen, wie mit Felix an diesem Abend umgegangen wurde und es gab kaum Nachfragen wie und warum es zu dieser Konfrontation kam. Es wurde kaum nachgefragt wie es den Betroffenen der sexualisierten Gewalt geht. Der Fokus lag auf der, an diesem Abend sichtbaren, Gewalt und nicht mehr bei der von Felix Ausgeübten. Dadurch wurde er zum Opfer stilisiert. Im Gegensatz dazu wurden die Betroffenen in eine Rechtfertigungsposition gezwungen.
Diese Täter-Opfer-Umkehr ist gefährlich, da sich so Betroffene sexualisierter Gewalt noch unsicherer fühlen, die Situation in die sie gebracht wurden zu thematisieren.

Die Diskursverschiebung in diesem geschilderten Fall ist leider repräsentativ für das, was in Teilen der Szene passiert. Sexualisierte Gewalt gehört auch unter uns zum Alltag, wird jedoch nicht genug thematisiert. Auch wenn antisexistische Grundsätze in allen Locations aushängen, sind vor allem Frauen* immer noch regelmäßig von sexualisierter Gewalt bedroht und betroffen.

Der Fall von Felix zeigt, dass es über Jahre hinweg möglich ist, sich in der Szene zu bewegen, die Räume und Strukturen zu wechseln und so trotz diverser Vorwürfe nicht endgültig ausgeschlossen zu werden. Viele, nicht nur Betroffene, wussten von einzelnen Vorfällen, da diese jedoch nicht genügend öffentlich gemacht wurden, konnte er sein Handeln weiter fortsetzen. Das liegt in unser aller Verantwortung.
Zum Einen scheinen wir nicht in der Lage zu sein, Räume und eine Atmosphäre zu schaffen, in denen sich Betroffene ohne Angst äußern können. Zum Anderen gibt es zu wenig Auseinandersetzung mit patriarchalem Verhalten im Alltag. Nicht selten werden Handlungen oder Sprüche ignoriert, verharmlost oder verdrängt.

Felix ist jedoch nicht der einzige, der sich so oder ähnlich verhält und es ist absolut notwendig, dass die Auseinandersetzung mit einzelnen Fällen auf die gesamten Strukturen übertragen wird. Es reicht nicht einen Fall ad acta zu legen und auf den nächsten zu warten, um die Auseinandersetzung weiterzuführen.
Wir alle sind in der Verantwortung tatsächliche Schutzräume zu schaffen.
Das beginnt mit der Reflexion des eigenen Verhaltens.

Es gibt zu diesem Abend, vor allem aber dem Davor und Danach noch viel mehr zu sagen. Dies wird und muss aber an anderer Stelle geschehen und ist nicht Teil dieses Textes.

Für die Auseinandersetzung gibt es drei verschiedene Diskussionsstränge. Wir sind uns bewusst darüber, dass nicht alles davon neu ist, in Teilen der Szene die Diskussionen jedoch nicht geführt werden und mitunter die Verantwortung abgegeben wird:

Zuerst fordern wir eine klare Positionierung zu den Vorwürfen gegen Felix, einen solidarischen Umgang mit den Betroffenen, und als Konsequenz seinen Ausschluss aus unseren Zusammenhängen und Räumen.

Zum Zweiten finden wir es notwendig, dass sexualisierte Gewalt und Sexismus innerhalb unserer Strukturen thematisiert, permanent mitgedacht und analysiert werden. Nur so können wir alle eine Atmosphäre schaffen, die es ermöglicht sexistisches Verhalten transparent zu machen und eine gemeinsame Auseinandersetzung zu führen.

Als Drittes wünschen wir uns eine Diskussion darüber, wie wir mit Personen umgehen, denen sexualisierte Gewalt und/oder Sexismus vorgeworfen wird. Welche Mittel setzen wir wann und wie ein?

Einige Betroffene und solidarisches Umfeld

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Ergänzungen

Jedesmal, ein weiteres dieser Updates/Outings zu lesen macht mich erneut traurig. Immer ist es der Anspruch, der scheitert, immer ist es der Täter, welcher qua seiner Täterschaft unbehelligt über Jahre (!) weiterhin Schaden anrichten kann; Es ist eine Illusion zu glauben, dass diese Art und Weise, einen Prozess jenseits des strafenden staatlich-autoritären Prinzips auszuhandeln funktioniert. Ein schöner Gedanke, dass sexuelle Übergriffe quasi "Fehler" sind, der Täter selbst eigentlich Opfer gewaltsam-vergeschlechtlicher Zurichtungen von Gesellschaft (was zwar stimmt, aber nur soweit). Aber das lässt außer acht, was es eigentlich heißt, in einer patriachalen Gesellschaft privilegiert zu sein, lässt außer acht, dass aus der Erkenntnis struktureller Machtverhältnisse und dem Wissen um ihre Konstituiertheit bei dem Täter selbst die Notwendigkeit der Veränderung schlicht nicht besteht. Autonome reflektieren nicht gerne, wie sie sich im Bett verhalten.

 

Es ändert sich nichts; ein Mensch ist über Jahre sexuell übergriffig unterwegs, ist es weiterhin, verweigert sich dem Prozess der Aufarbeitung und Veränderung und richtet weiterhin schaden an; nutzt unsere Räume, nutzt unseren Anspruch nach Staatsferne, um zu tun, was er tut. Die Frage, wie sich ein antiautoritäres Gemeinwesen selbst regulieren kann ist wichtig und nachwievor offen. Schließlich wird es immer wieder Fehltritte einzelner geben, vorallem, solange wir nichts weiter können, als uns selbst kleine Freiräume von den Zumutungen der Umgebungsgesellschaft zu erkämpfen. Aber das hat Grenzen. Solange wir nicht egalitäre und bewaffnete Strukturen haben (siehe Chiapas und Rojava), ist es schlicht nicht möglich, Selbstjustiz walten zu lassen. Stattdessen fließt viel Kraft, Schmerz und Tränen in einen "solidarischen" Aufarbeitungsprozess, an dessen Ende nur die Liste der Opfer länger geworden ist; ich bin es so leid.

 

Es muss endlich klar sein: Wer in unseren Strukturen vergewaltigt, wird entfernt und dauerhaft in einen Zustand versetzt, indem er (oder sie, faiererweise) nicht mehr in der Lage dazu ist, weiterhin zu vergewaltigen. Und ja, das schließt irreparable Gewalt gegen den Körper des Vergewaltigers ein. Wenn unsere Strukturen das nicht selbst leisten können, dann müssen wir deren Grenzen anerkennen und (so traurig das ist) dem Staat die Verantwortung dafür abtreten. Jemand, der eine von uns vergewaltigt hat, darf unter keinen Umständen in die Lage dazu versetzt werden, sein Tun zu wiederholen, das verlangt wirksamer feministischer Selbstschutz. Seid Jahren ist es immer die gleiche Erfahrung, die ich mache: Aus dem antiautoritären Anspruch, besser zu sein als der strafende Staat, produzieren wir nur mehr Leid in unseren eigenen Strukturen und schaffen es nicht, unsere eignenen Genossinnen vor weiteren Vergewaltigungen zu beschützen. Mit all unserem Wissen um das prozesshafte Werden von Opfer und Täterrollen schaffen wir nicht das, was die Gulabi-Gang ganz ohne linksautonome Szene schafft. Ich bin dieses ganze Leid so leid...

Mensch kann mensch nicht dort abholen, wo sie_er steht. Dafür ist die Differenz zu groß und anstatt der Auflösung der Opferposition durch Wiedererlangung von Subjektposition folgt eine de-facto Opfer-Täter_in Umkehr. Mensch kann sich ändern, ja. Änderung bei Fehltritten, beim Vergreifen im Ton, bei missverständlichem Auftreten, bei verbalen Äußerungen und vielleicht auch noch bei körperlicher Gewalt aus dem Affekt. Schließlich können wir alle nichts für unsere Sozialisierung und müssen davon ausgehen, dass ein solidarischer Prozess des Scheiterns möglich ist. Nicht aber bei einer Vergewaltigung. Eine Vergewaltigung "passiert" nicht, sondern wird immer aktiv gemacht und noch schlimmer: wird begehrt. Sexuelle Erregung im Zusammenhang mit gewalttätigem Handeln wird aktiv vollzogen, ist Handlung und folgt Entscheidung. Vor lauter Wut eine Scheibe einzuschlagen kann passieren und das kann mensch bereuen und versuchen, sich zu ändern. Keine Macht dieser und der nächsten Welt kann eine_n zwingen, zu vergewaltigen. Einen Menschen, welcher vergewaltigt, kann keine noch so solidarische Struktur umerziehen. Ein_e Vergewaltiger_in kann nicht "resozialisiert" werden (was der Staat btw. behauptet); ein solcher Mensch hat den Boden gemeinsamer Utopie-Möglichkeit verlassen. Ein_e Vergewaltiger hat gehandelt, hat entschieden, hat ein Anderes zum Opfer gemacht, sprich: das Gegenüber ihrer_seiner Subjektposition beraubt, ihn_sie in absolute Ohnmacht gestürzt. Für das Opfer mögen diese Wunden heilen können; für die_den Täter_in bleibt die Subjektposition immer bestehen.

 

Vergewaltigung "is violence and will only yield, when confronted with greater violence". In einer patriachalen Gesellschaft kann Gewalt nur mit Gegengewalt begrenzt werden. Ein solidarischer Aufarbeitungsprozess ist nach vollzogener Vergewaltigung nicht mehr möglich; Mensch hat im vollen Besitz ihrer_seiner körperlichen und kognitiven Fähigkeiten gehandelt und mit dieser Handlung ist "Solidarität" mit der_dem Täter_in unmöglich geworden. Pluralität hat Grenzen. Solidarität und Verständnis für das eigene und fremde Geworden-Sein auch. Dinge die passieren, die den einzelnen widerfahren sind änderbar, schließlich hat noch keine Handlung sie perpetuiert, kein irreversibler Schaden ist angerichtet worden, Opfer und Täter_in noch nicht konstutuiert, der Horizont sozialer Realität offen. Vergewaltigungen passieren nicht, sie werden gemacht. Ohne das aktive Entscheiden für die Mikropolitik des Begehrens der_des Vergewaltiger_in ist die Handlung nicht zu vollziehen.

 

Entscheidungen haben Konsequenzen. Um besser sein zu wollen, müssen die Grenzen des Besser-sein-könnens anerkannt werden. Es passiert genug Scheiße um uns herum. Anzuerkennen, dass Vergewaltiger_innen aufgrund ihrer getroffenen Entscheidungen unsere Feinde sind, welche unsere Solidarität nicht verdient haben, unterscheidet uns vom Staat. Eine Utopie, welche Vergewaltiger_innen sozial-pathologisiert, ist nicht die unsere. Es muss alles dafür getan werden, dass Opfer-Positionen aufgelöst werden, es muss alles dafür getan werden, bei uns und unseren Freunden sexualisierte Gewalt durch reflektive Prozesse des solidarischen Scheiterns zu verhindern. Aber sollte eine_r von uns eine_r von uns vergewaltigt haben, ist sie_er keine mehr von uns. Dann sollte die Antwort Selbstschutz by any means necessary heißten. Darüber einen Konsenz würden wir uns wünschen.

 

Nur Kraft und Gutes für die Betroffenen.

kann es sein, daß hier ziemlich viele ergänzungen und kommentare verschwunden sind? warum?