[K] Burschenschaft Germania angegriffen
wir haben heute nacht den sitz der burschenschaft germania in köln mit farbe angegriffen.
die adresse ist Bayenthalgürtel 3, Köln
im artikel findet ihr einen hintergundbericht zur germania von der rechercheseite koeln.noblogs.org und einen lageplan.
Die Kölner Burschenschaft Germania
Wie in vielen anderen Berichten bereits ausgeführt wurde, existiert ein dichtes Geflecht von Identitären und AfDler_innen zu diversen Burschenschaften, so auch bei der IB-Ortsgruppe Köln. Hier ist es insbesondere die extrem rechte Kölner Burschenschaft Germania, zu der ein enger Kontakt besteht. Während ihrer aktivsten Zeit durfte die IB Köln regelmäßig das Burschenschaftshaus am Bayenthalgürtel für ihre Stammtische nutzen. Diese Stammtische liefen stets nach demselben Prinzip ab: zunächst gab es einen Vortrag als Input, dann wurde in der „Kleinen Kneipe“ bis spät abends gesoffen.
Auch zur Vorbereitung und Organisation ihrer Aktionen durfte die IB auf das Haus zurückgreifen. Hier wurden etliche Transparente und Banner gemalt, die später bei Aktionen hochgehalten oder angebracht wurden. Zudem nahmen nun auch Mitglieder der IB an den internen Feierlichkeiten der Burschen in der Germania teil.
Bei den erwähnten, nicht öffentlichen Stammtischen der IB im Germanenhaus nahmen vereinzelt auch Mitglieder der AfD teil. Schon Monate bevor Roger Beckamp, ehemaliger Vorsitzende der Kölner AfD-Ratsfraktion und nun Landtagsabgeordneter in NRW, als Referent in der IB-betriebenen Flamberghalle in Halle auftrat, knüpfte er Kontakt zur lokalen IB-Struktur und besuchte im Februar 2018 einen ihrer Stammtische in Köln. An diesem Abend wurde über das Thema „Overton Fenster“ referiert. Mit dieser Theorie wird der Rahmen an Ideen bezeichnet, der im öffentlichen Diskurs noch als akzeptabel betrachtet wird. Mit dieser Strategie versuchte die IB genauso wie die AfD das politisch Sagbare weiter nach rechts zu verschieben.
Auch Alexander Bräunl aus Köln-Braunsfeld besuchte einen dieser Stammtische bei der Germania. Der Orthopäde Bräunl, der eine Gemeinschaftspraxis in Bergisch Gladbach führt, war 2013/14 Beisitzer im Vorstand des AfD-Stadtverbandes Köln. Auch nach seinem Austritt aus dem Vorstand ist er noch als Mitglied bei der AfD aktiv und besuchte z.B. die Veranstaltung zum Wahlkampfauftakt der Europawahl der AfD Köln in Köln-Kalk im April 2019.
Regelmäßig fand sich auch die IB-Gruppe „Widerstand steigt auf“ bei den Stammtischen der IB im Haus der Kölner Burschenschaft Germania ein. „Widerstand steigt auf“ wurde Anfang 2017 explizit als Netzwerk der IB für Ältere aufgebaut. Weil sich die IB als junge Bewegung inszenieren wollte, wurden nur interessierte Leute bis zum Alter von 35 Jahren aufgenommen. Die über 35-Jährigen wurden durch die IB NRW direkt an „Widerstand steigt auf“ verwiesen. Ulrike Haun aus Köln Rath-Heumar und Volker Fervers aus Mönchengladbach hatten diese Gruppe gegründet. Ihre Aktionen bestanden zunächst daraus, in der Öffentlichkeit schwarze Luftballons und Banner anzubringen und davon Fotos zu machen, als Teil der IB Köln beteiligten sie sich aber auch an deren Aktionen (Laternenzug zu St. Martin, Gedenkbanner zum Jahrestag des Anschlages auf den Berliner Weihnachtsmarkt). Zudem fungierte Ulrike Haun als festes Mitglied bei 120 Dezibel.
Als „Widerstand steigt auf“ ihre eigenen Stammtische in Köln abhielten, wählten sie dafür ebenfalls die Räumlichkeiten besagter Kölner Burschenschaft. Seit Herbst 2018 melden sie vermehrt Stände in der Kölner Innenstadt an, um zu bestimmten Themen Propagandamaterial zu verteilen. Seit Oktober 2019 treten sie dabei als Citadelle e.V. auf.
Dabei werden sie oft von einem festen Stamm an Aktivist_innen begleitet, die zuvor ebenfalls regelmäßig die IB-Stammtische besucht haben.
Die beiden Gründer_innen von „Widerstand steigt auf“ sind dabei mit dem Germanenhaus so vertraut, dass Fervers sogar meistens bei Aktionen seinen Volvo davor parkt und nach Abbau der Stände von Haun dort hingefahren wird. Einige Male wurden sie an den Ständen schon von den jüngeren Mitgliedern der IB Köln unterstützt. Anfang Januar 2019 scharrten sich besonders viele Leute um ihren Stand. Unter ihnen befand sich eine Gruppe von Neonazis, die die Gelbwesten für sich entdeckt hatten, u.a. Svetlana Goss (ehemals German Defence League) sowie Andreas Schick (Die Rechte Rhein-Erft). Auch die Verschwörungstheoretikerin Johanne Liesegang, die seit kurzem in Köln zu Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen aufruft, war darunter.
Auch bei „Widerstand steigt auf“ wird der Kontakt zur AfD gepflegt. So nahmen Haun und Fervers, die gerne auch mal Nazi- und Hooligan-Demonstrationen (Patrioten NRW, Begleitschutz) besuchen, am Neujahrsempfang 2019 der AfD-Fraktion NRW in Düsseldorf teil.
Ein langjähriges Mitglied der IB Köln, Marius Roppes, war offenbar vom Leben der Burschen, die er bei den Stammtischen in der Germania kennenlernte, sehr begeistert. Der 1996 geborene Roppes war noch bei seiner Familie in Köln-Nippes wohnhaft als er im Wintersemester 2018/19 bereits Fux (Mitglied in Probezeit bei einer Studentenverbindung) bei der Burschenschaft Germania wurde. Daher feierte er sogar seinen 22. Geburtstag in diesem Haus. Seit dem Wintersemester 2019/20 ist er als Schriftwart bei der Germania tätig und wohnt somit dort.
Da Roppes’ Verwandte/ Freund_innen zum Teil im Hooligan-Milieu unterwegs sind, hat er hier keine Berührungsängste und nahm in der Vergangenheit sogar selbst an Kundgebungen vom sog. „Begleitschutz“/ Internationale Kölsche Mitte teil.
Durch die Freundschaften, die Roppes bei der IB Köln schloss, konnte er zwei weitere Aktivisten davon überzeugen, bei der Kölner Burschenschaft Germania einzusteigen.
Der eine davon ist Simon Blumencron aus Köln-Innenstadt. Seit Ende 2018 half er regelmäßig bei den Ständen von „Widerstand steigt auf“. Blumencron ist Gesellschafter eines Ladens für Yoga- und Meditationsbedarf nahe des Stadtgartens. Darüber hinaus sammelt er Militär-Devotionalien, insbesondere Orden. Auch er war stetiges Mitglied der mittwöchlichen identitären „Flyercrew“.
Der zweite, den Roppes zum Burschentum geführt hat, ist Maximilian Hunze aus Köln-Dellbrück. Hunze ist Fan des Eishockeyteams Kölner Haie und besucht regelmäßig deren Spiele. Auch er war oft bei den Flyer-Aktionen dabei und freundete sich insbesondere mit „Kris“ und Dennis Buggle an.
Im März 2019 durfte er den rechtsradikalen IBler Dominic Müller aus Duisburg nach Mailand begleiten und dort dessen Kontakte in die rechte Szene kennenlernen. Zuletzt war Hunze bei der IB-Aktion Anfang Januar 2020 mit dabei, als IB-Aktivisten auf das Dach des WDR Funkhauses kletterten und ein Banner herunterließen. Hunze absolviert eine Ausbildung zum Landmaschinen-Mechaniker bei JCB Vertrieb und Service in Frechen und ist seit dem Wintersemester 2019/20 ein Fux bei der Kölner Burschenschaft Germania.
Da die Kölner Burschenschaft Germania eine schlagende Verbindung ist und hier verpflichtend eine Mensur mit scharfen Klingen gefochten wird, werden auch Roppes, Blumencron und Hunze regelmäßig diesen Fechtkampf praktizieren müssen.
Eigentlich steht der Kölner Burschenschaft Germania dieses Jahr das 100-jährige Stiftungsfest bevor, das üblicherweise an Pfingsten gefeiert wird. Dieses Semester wurden jedoch aufgrund der Corona-Krise alle Veranstaltungen offiziell abgesagt. Es mag sein, dass die Burschen dennoch feiern werden. Da andere Kölner Studentenverbindungen keinen Kontakt zur Germania pflegen, laden diese daher zumeist die Mitglieder der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks aus Bonn und der Burschenschaft Rhenania-Salingia aus Düsseldorf ein, die ein ähnliches extrem rechtes Gedankengut vertreten. Dank der Identitären Bewegung Köln und ihren Verbindungen zur AfD hat die Germania aber mittlerweile ein größeres Gästepotential.