Zu den Waffengeschäften des Nazis, Peter Binder. Finale Version.

Themen: 

Zum imaginären Terrorismus antifaschistischer Gruppen und real existierenden militanten Strukturen der Nazis, am Beispiel des vor kurzem erneut verhafteten Peter Binder.

Ein Gedankenspiel…

Waffenfunde bei libertär-antifaschistischer Gruppe in Österreich. Die „Anführerin“, Petra B. (53) langjährige, gut vernetzte, militante Antifaschistin, gibt zu, dass die Waffen für Gesinnungsfreunde in Deutschland gedacht waren. Beim Fund handelt es sich um 76 voll- oder halbautomatische Waffen, unter ihnen Uzis und AK47s, mehr als ein Dutzend Pistolen, 100.000 Schuss Munition, Sprengstoff und Handgranaten.

Wie laut wäre der Aufschrei staatlicher Stellen, wie gewaltig der Widerhall in den Medien?   Wäre es eine Randnotiz? Davon ist eher nicht auszugehen!

Wenn Rechte aufrüsten (und das geschieht seit langem) scheint die Empörung auszubleiben und das ist nicht nur mit dem inzwischen einsetzenden Gewöhnungseffekt zu begründen!

Das hier vorgestellte, doch sehr unrealistische Gedankenspiel, erfüllt seinen Zweck. Es steht für die Absurdität, sich beim antifaschistischen Kampf auf den Staat zu verlassen. Die Gefahr, die von schwer bewaffneten rechten Kreisen ausgeht, ist enorm.  Ihre Waffenkammern sind seit langem gut gefüllt. Dieser Gewaltbereitschaft und gewalttätigen Handlungen haben wir als Antifaschist*innen jetzt und wohl auch in Zukunft, wenig entgegenzusetzen. Ein Wettrüsten mit den Rechten, um sie außer Gefecht setzen zu können, wäre wohl kaum eine ernsthafte Option. 

Anderseits verbietet sich ohnehin jegliche Vergleiche. Hierzu ein historischer Rückblick. Es ist etwas anderes, wenn sich im Jahre 1939 ein Georg Elser sich dazu entschieden hat, Hitler mit einem Sprengkörper auszuschalten, als wenn in der damaligen Zeit ein SS-Scherge, mit Waffengewalt politische Gegner*innen aus dem Weg räumt oder als Menschen auslöscht, die von Nazis als Untermenschen angesehen werden. Oder auf niedrige Eskalationsstufe heruntergebrochen, wenn heute ein* Antifaschist*in einen Nazi körperlich attackiert, ist das nicht damit zu vergleichen, wenn Nazis, Antifaschist*innen körperlich angehen. Was nicht annähernd die Situation beschreibt, in der wir uns schon seit vielen Jahren befinden. In einer Zeit, wo Nazis sich mit Explosionsmaterialien und Kriegswaffen auf das Töten vorbereiten. Das ist die Realität, die anzuerkennen ist.

Die nicht ernst zu nehmende staatliche Extremismustheorie, sieht die Gefährdung der „Demokratie“ gleichermaßen von „Links“ und „Rechts“ und beruft sich auf ihre Wehrhaftigkeit. Sie verkennt die eigene, maßgebliche Verantwortung für das Erstarken der rechten Strukturen, die für eine Gewalt stehen, die sich niemals für etwas „Gutes“ einsetzt. Der antifaschistische (Abwehr)-kampf wird vom Staat seit Bestehen der Bundesrepublik dagegen sehr ernst genommen und mit hohem Engagement behindert. Nicht einmal das allgegenwärtige Extremismusmodell kann dann wohl die Prämisse staatlichen Handelns sein. Es wird Partei ergriffen und die Mitte ist Teil des Problems. Das staatliche Stellen regelmäßig rechte militante Strukturen aufdecken, entlastet den Staat nicht von seiner Verantwortung für die Gesamtsituation in der Bundesrepublik.  

Wirkliche Aufklärung wird ohnehin nicht betrieben. Zu viel wird bewusst nebulös gehalten und es gibt zu viele Verstrickungen des Staates bis in rechte Kreise hinein. Antifaschistische Recherche kann hier leider auch nicht die wahren Zustände aufdecken, liefert aber einen wichtigen Beitrag.

Antifaschistische Infoblätter, deren Arktikeln häufig aufwändige, wertvolle Recherche zugrunde liegt, sind bis heute eine wesentliche Informationsquelle.  Als Antifaschist*in Undercover in der militanten, rechten Szene zu ermitteln ist dagegen schwer umsetzbar. Diese direkte Art der Recherche würde natürlich zu glaubwürdigeren, unabhängigen Ergebnissen führen, die das wahre Ausmaß der Gefährdung durch Rechte sichtbar werden ließen. Staatliche Stellen halten sich nicht nur aus „ermittlungstechnischen Gründen“ allzu oft bedeckt. Pogrome, wie in Rostock Lichtenhagen, die NSU Morde, rechte militante Strukturen innerhalb militärischer und polizeilicher Organisationen und rechte Einflussnahme bis in die Kreise des Verfassungsschutzes sind dem mitverantwortlichen Staat nicht zu vergeben. Und hier reden wir nur von der Zeit ab Anfang der Neunziger, als Zeitraum, der für diesen Text Relevanz besitzt.

Zum real existierenden Waffenhändler, Peter Binder...

Widmen wir und jetzt den, auch aus antifaschistischen Medien als Quelle zusammengetragenen Informationen zum real existierenden Fall, der einen Artikel auf Indymedia wert sein sollte.

 Es geht um Peter Binder, bei dem es sich um einen einem der fünf in Österreich und zwei in Deutschland verhafteten Personen, handelt. Die Verhaftungen stehen im Zusammenhang mit dem Waffenfund am 9. Dezember 2020 in einer Wohnung, als dessen Folge in den nachfolgenden Tagen weitere Objekte (darunter eine Lagerhalle in Niederösterreich) durchsucht wurden.  Dabei wurden u.a. Maschinenpistolen der Marke UZI und AK 47, mehr als ein Dutzend Pistolen, ca. 100.000 Schuss Munition, Sprengstoff und Handgranaten entdeckt.

Wer ist Peter Binder?

 Auf jeden Fall kein Unbekannter. Seit 1990 ist er gut eingebunden in militante rechte Strukturen Österreichs und Deutschlands. Bereits im Jahre 1990 trat er, der 1986 von Gottfried Küssel gegründeten „Volkstreuen außerparlamentarische Opposition“ (VAPO) bei.

Bei der Eröffnungsfeier ihres Vereinslokals in Wien, waren auch Kader aus Berlin anwesend.

Eine gewichtige Rolle für die weiteren Entwicklungen spielt der Kontakt von Peter Binder zu einer bestimmten Person, die damals Mitglied der Berliner Nazigruppierung „Vandalen“ sowie der „Nationalen Alternative“ (eine noch in der DDR gegründete Nazi-Partei) gewesen ist. Hierbei handelt es sich um Bendix Wendt, der anlässlich der Eröffnungsfeier nach Wien reiste.

Wichtig für die bedeutende Karriere der beiden, gut eingebundenen Kader der militanten Rechten, ist ihre technische Begabung und ihre Begeisterung für Waffen- und Sprengtechnik. Ihre Kennnisse brachte beide auch beruflich voran; Peter Binder ist Elektrotechniker und Bendix Wendt arbeitet (Stand:2017) als Mitarbeiter einer Firma für Munitionsbergung.

Die VAPO galt mit ihrem Anführer, Küssel, als wichtige Unterstützerin eines im Frühjahr 1990 eröffneten Wohnprojektes in der Weitlingstraße 122 in Berlin-Lichtenberg. Rechte Besetzer*innen aus Kreisen der Nationalen Alternative hatten es von einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft als Austausch für die Aufgabe besetzter Häuser erhalten. Das Haus galt als Parteizentrale der Nationalen Alternative. Später besetzten die Nazis weitere Häuser in dieser im Weitlingkiez gelegenen Straße. Küssel, der einige Zeit lang im Hausprojekt verbrachte, sprach sogar davon, es zum Zentrum des Neonazismus, zum »Fanal für ganz Deutschland«, ausbauen zu wollen. Seine Organisation, die VAPO, war für die Logistik zuständig, führte Propaganda- und Schulungsmaterialien ein und er selbst, verhandelte mit Behörden und war auch für die Aushandlung des Mietvertrages zuständig.

Für die Durchführung von sogenanntem Wehrsport und Sprengstoffübungen zeichnete sich Bendix Wendt verantwortlich. Sie fanden regelmäßig unter Beteiligung von Gottfried Küssel und Peter Binder statt, der sich mit seinen besonderen Fertigkeiten und technischen Kenntnissen gut einbringen konnte. Gemeinsam wurde in Brandenburg erfolgreich nach alten Waffen aus dem 2.Weltkrieg gesucht, auch um ihnen Sprengstoff zu entnehmen.

Anfang der 90er ist es für Peter Binder, besonders leicht an Waffenbeständen aus den Jugoslawienkrieg zu gelangen, die auch auf Flohmärkten angeboten wurden. Hier dürfen auch die Kontakte der VAPO und die direkte Einbindung österreichischer und deutscher Nazi-Kader in kroatische Ustascha Strukturen, eine gewichtige Rolle spielen. Mitte der 90er soll sich dann auch Benedix Wendt selbst einer dieser Brigaden angeschlossen haben. 

Im Jahre 1993 wird Peter Binder mit dreizehn Gewehren, fünf Pistolen, ein Bajonett und literweise Ingredienzen für Nitroglycerin im Kofferraum auf dem Weg nach Berlin an der tschechischen Grenze festgenommen. Laut eigener Angaben war diese Lieferung für Andreas Cavael, einem weiteren Mitglied der Vandalen, bestimmt. Bei einer darauffolgenden Durchsuchung des Hauses der Schwiegereltern von Binder wurden von der österreichischen Polizei neben weiteren Waffen, wie Bazookas und Granaten auch mehrere Kilogramm TNT gefunden.

Aus diesem Grunde galt er zunächst als einer der Mittäter einer Briefbombenserie in Österreich, die auch während seiner Haftzeit weiterging. Bis 1996 forderte sie insgesamt vier Todesopfer und verletzte fünfzehn Menschen, zum Teil schwer.

Bei einer Feier anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens der Berliner Nazigruppierung „Vandalen“ im Jahr 2002 wurden sowohl Wendt, als auch Peter Binder von der Polizei kontrolliert.

2010 sollen in der Wohnung von Peter Binder jede Menge Waffen und 1600 Schuss Munition sichergestellt worden sein.

 

Für seine Straftaten erhielt Binder im Laufe der Jahre zum Teil mehrjährige Haftstrafen.

 Bis zum aktuellen Waffenfund im Dezember 2020 wurden erneut zwei Gerichtsurteile gegen ihn gefällt, die u.a. mit illegaler Einfuhr bzw. Besitz von Waffen zu tun hatten. Aktenkundig ist, seine Verurteilung aus dem Jahre 2018 vom Amtsgericht Passau zu zehn Monaten bedingter Haft sowie die Verurteilung im selben Jahr in Wiener Neustadt zu einer Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren. Erwähnt werden sollte, dass auch die Delikte nationalsozialistische Wiederbetätigung sowie Verhetzung § 283 des österreichischen Strafgesetzbuchs (StGB). in Form von widerwärtigen rassistischen Postings auf Facebook, LinkedIn, WhatsApp und Telegram in das Strafmaß mit eingingen.

Aufgrund dieser jüngsten Verurteilung saß er bereits in der Justizanstalt Wien-Simmering ein und soll seine Waffengeschäfte während seiner Freigänge erledigt haben. Mit dem Erlös von Drogengeschäften (für die jetzt seine beiden Kontakte aus NRW verhaftet wurden) soll Peter Binder, die, aus dem Balkan stammenden Waffen besorgt haben. Im Verhör soll er angegeben haben, dass damit eine rechte Miliz aus dem süddeutschen Raum aufgebaut werden sollte. Eine Aussage, die gut zu seiner Biografie passt.

Es ist davon auszugehen, dass wir die wahren Ausmaße der Aktivitäten des umtriebigen Peter Binder nicht erfahren werde. Der Verfassungsschutz und verschiedenen Polizeidienststellen dürften inzwischen über jahrzehntelang zusammengetragene, sehr genaue Informationen zu Kontakten und Verbindungen verfügen.  Alles andere wäre grob fahrlässig oder sogar als Unterstützungstätigkeit für rechte terroristische Strukturen durch Untätigkeit zu bewerten. Apelle aber, die Öffentlichkeit umfassend zu informieren, dürften verhallen.

Es sollte noch einmal ausdrücklich betont werden, die Waffenkammern der Rechten sind gut gefüllt und wir alle sollten uns bewusst sein, was das (nicht nur für uns) in Zukunft bedeutet. 

Die Antifaschistin Lina E sitzt seit ihrer Verhaftung am 5. November 2020 stattdessen immer noch in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wendet einige Phantasie an, um sie als Anführerin einer „linken, antifaschistischen Gruppe „auf der Schwelle zum Terrorismus“ anzuklagen. Die mediale Aufmerksamkeit ist ihr dadurch gewiss. Und nein, es besteht weder Verwandtschaft noch Nähe zur imaginären, in der Einleitung vorgestellten 53 – jährigen Antifaschistin, die der Bundesanwaltschaft mit absoluter Sicherheit wohl niemals ins Netz gehen wird. Wie groß wäre der Aufschrei, wenn es sie wirklich geben würde? Wie gering ist er bei rechter Gewalt, die im Laufe der Jahre so viel Tote zu verantworten hat?

Zwei Bider gehen einem dabei nicht aus dem Kopf. Das Bild des Mörders von Walter Lübke, Stephan Ernst, wie er nach seiner Überführung mit dem Hubschrauber zur Bundesanwaltschaft in Handschellen von Elitepolizisten in Empfang genommen wird und dann das Bild von Lina E., für die dieser Aufwand ebenfalls betrieben wurde.

Obwohl Ernst über keine Waffe aus den Beständen von Peter Binder verfügte, steht sein Fall jedoch dafür, dass nicht einmal Politiker der Regierungspartei sicher sein können, wenn sich Mitglieder rechter Milizen bewaffnen. Der rechte, 1972 geborende Polizistenmörder Kay Diesner, lebte übrigens in der Weitlingstraße, hatte Kontakt zu den Vandalen  und beteiligte sich damals auch an Wehrsportübungen der Nationalen Alternative, was dafür spricht, dass er Anfang der 90er auf Wendt (inzwischen 53 Jahre alt) , Küssel (62) oder eben auch auf Binder (53) getroffen sein muss, die älter als er, Einfluss auf ihn genommen haben dürften. 

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Weitere Infos zum Fall Lina sind zu finden unter:

 

https://freiheitfuerlina.noblogs.org/

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