Corona und linke Kritik(un)fähigkeit (Fortsetzung)
Diskussion mit Anne Seeck, Peter Nowak, Gerhard Hanloser und Elisabeth Voß wird fortgesetzt.
Die erste Onlineveranstaltung zum Thema fand unerwartet großes Interesse. Der Jitsi-Konferenzraum verschloss sich bei 100 Teilnehmenden automatisch, und war dann so überlastet, dass Anne Seeck leider aus technischen Gründen nicht zu Wort kam war. Auch alle anderen hatten unter teils erheblichen Einschränkungen zu leiden.
Diesmal treffen wir uns auf einer BigBlueButton-Plattform, um die begonnene Diskussion fortzusetzen. Wir hoffen, dass es dort besser funktioniert.
Nach einem kurzen Rückblick auf die erste Veranstaltung geht es diesmal um die sozialen und psycho-soziale Auswirkungen der Krise insgesamt, um Angst im Kapitalismus und in der Corona-Krise. Auch eigene Verunsicherungen und Orientierungslosigkeit sollen nicht ausgespart werden.
Tagtäglich zeigt sich, wie im Zuge der Corona-Pandemie die autoritäre Staatlichkeit voranschreitet. Demonstrationen werden verboten und die Überwachung nimmt zu. Von großen Teilen der Linken, die gerade nach der Aufdeckung des NSU wieder verstärkt die Auflösung des Verfassungsschutzes forderten, kommt wenig Kritik. Vergessen scheint die Erfahrung, dass Repressionsorgane in erster Linie gegen Staats- und Kapitalismuskritiker*innen vorgehen.
Oft hört mensch von linker Seite: Verschwörungstheorien seien strukturell antisemitisch und den Kapitalismus als "abstraktes Verhältnis" dürfe mensch nicht personalisieren. Was ist davon zu halten? Lässt sich Kritik an machtvollen Akteuren formulieren, ohne sie zu benennen, oder ist es nicht sogar notwendig, Namen und Fakten konkret zu machen? Was hat sich da eingeschlichen an Umgangsweisen, Be- und Verurteilungen, wenn sich unversöhnliche Kritik eher an Protestierende richtet als gegen "die da oben"?
Den ersten Teil der Veranstaltung vom 07.12. mit den Inputs von Gerhard, Peter und Elisabeth haben wir aufgezeichnet und - trotz aller technischen Unzulänglichkeiten - veröffentlicht. Das Video dokumentiert - neben den Inhalten - auch die technischen Probleme, die bei großen Versammlungen im digitalen Raum vorkommen können. Es ist insofern auch ein Zeitdokument, nicht perfekt, aber aussagekräftig - und streckenweise einfach sehr lustig. Und Lachen ist bekanntlich gesund!
Infos zu den Referierenden und die Aufzeichnung vom 07.12. findet Ihr hier:
https://vimeo.com/488541572
Am 14.12.2020 treffen wir uns um 17:30h hier:
https://vk1.minuskel.de/b/ste-zwy-d92-c73
Wir freuen uns auf Euch!
Ergänzungen
Das Versagen der Linken ist die Stärke der rechten
Miteinander reden und argumentieren, statt zu verallgemeinern und zu verspotten. Nach Gemeinsamkeiten suchen statt ausschließlich die Differenzen zu betonen. Zum Dialog auffordern, statt andersdenkende einzuschüchtern. Vereinen statt spalten.
Solange miteinander geredet wird, wird nicht gegeneinander gekämpft.
Danke! Danke! Danke!
Falsche Ausgangsthesen und autonome Perspektiven
"Was hat sich da eingeschlichen an Umgangsweisen, Be- und Verurteilungen, wenn sich unversöhnliche Kritik eher an Protestierende richtet als gegen "die da oben"?"
Niemand richtet doch wirklich pauschale Kritik an Protestiernde. Wenn damit aber "Querdenker"-Proteste gemeint sind und den Eindruck erweckt diese Ankündigung leider, dann ist das ein sehr gefährlicher Weg in der Debatte. Denn es hat sich nichts verschwörerisch "eingeschlichen" und Positionierungen - oder Be- und Verurteilungen wie es hier genannt wird- sind notwendig und mehr als angebracht.
Protest ist nie wertfrei. Das zeigt sich im Wutbürgertum, Pegida oder den aktuellen Protesten von sogenannten Corona Skeptiker*innen, ebenso wie in den Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte. Es kommt nicht darauf ob Menschen auf der Straße sind, sondern weshalb! Für Emanzipation oder aus dem destruktiven Gefühl eigene Privilegien erhalten zu wollen. Für eigene Rechte oder gegen die Forderungen nach Selbstermächtigung für Alle. Daran sollte sich sich unsere Solidarität und Unversöhnlichkeit orientieren.
Wer oder welche oben und wer oder welche unten ist, ist je nach Sozialisation, Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht oder Klassenverhältnis ein sehr unterschiedlicher Gegensatz. Unsere Perspektive sollte nicht sein wer oder welche die größte (Straßen)Macht enfaltet, sondern wer oder welche an welchem Punkt aus solidarischer Perspektive gegen Marginalisierung kämpft.