Gratis-Betriebssysteme - Der Recycling-Laptop im Test
Aus dem defekten Computer einen funktionsfähigen machen - eine Testbericht. So geht es ohne Linux-Kenntnisse.
Testsieger: Xubuntu 18.10 und Xubuntu 20.04
Kosten: 2 USB-Stecker oder ev. 1 DVD, Gesamtkosten etwa 20 Euro.
Ausgangssituation: ein Laptop mit defekter Festplatte, mind. 2 USB-Anschlüsse, Intel, AMD 64, UEFI (statt BIOS), also praktisch fast immer ein nicht mehr als zehn Jahre alter Computer.
Gewünschte Fähigkeiten: ein fähiges Schreib- und Rechenprogramm (LibreOffice oder ähnliches), funktionierender Browser, WLAN (Hardware kompatibel), Videoplayer.
Kurzfassung:
Anfangsarbeiten: Wenn der alte Computer vorher auf Windows gelaufen ist, dann muss in UEFI das Modul secure boot ausgeschalten werden. Das geht ganz einfach: Beim Aufdrehen je nach Modell F12, F2 oder ev. Esc drücken, dann erscheint das Bootmenü. Bei einer defekten Festplatte kann man auch die Festplatte ausbauen (muss nicht sein), dann geht der Start schneller voran. Anleitungen zum jeweiligen Modell gibt es im Internet von den Herstellern.
1. Lösung
LIVE-DVD oder LIVE-USB ohne fixe Installation: beste Lösung Xubuntu 18.10
a. LIVE-DVD: das ISO-Image in der Version desktop herunterladen, dazu den kostenlosen Brenner CDburnerXP für Windows und damit (auf einem Windows-Computer) das iso-Image auf eine DVD brennen. Fertig. DVD ins Laufwerk und aufdrehen.
b. LIVE-USB: Unetbootin herunterladen. Auf einem Windows-Rechner starten, einen leeren USB-Stick mit mind. 2 GB einstecken und von Unetbootin das iso-Image auf den USB-Stick laden.
Beide Varianten funktionieren fehlerfrei. Die DVD ist langsamer.
Vorteile: Der USB-Stick Xubuntu 18.10 ist unglaublich schnell, man kann nur staunen. Es gibt nach dem Beenden keinen Datenmüll am Stick.
Nachteil: Da das LIVE-System prinzipiell keine Änderungen speichert, sind dann auch alle geänderten Einstellungen weg. Xubuntu läuft standardmäßig auf Englisch. Die Umstellung der Tastatur auf Deutsch muss manuell vorgenommen werden: unter preferences auf keybord gehen, dort das Hakerl von default wegklicken und dann add anklicken, German hinzufügen und Emglish (US) löschen.
Das ganze funktioniert auch mit Xubuntu 20.04, ist aber etwas langsamer.
INSTALLATION AUF DATENTRÄGER: Lösung Xubuntu 20.04
Die neuere Version von Xubuntu ist deshalb besser, weil Xubuntu 18.10 eine Systemfehler im Programm hat, der sich erst nach der Installation zeigt und den Datenträger zum Glühen bringt.
Die Installation ist simpel: Erst auf einem Windows-Rechner das iso-Image mit Unetbootin auf eine Stick übertragen. Dann den Stick in den alten Rechner stecken und einschalten. Dann den zweiten Stick einstecken, Install Xubuntu anklicken und nach einigen Eingangsfragen den Dingen ihren Lauf lassen. Empfehlung: Bei der Frage, ob gleich aus dem Internet Programmteile mitinstalliert werden sollen, ablehnen und keine Internetverbindung einschalten. Fertig. Die Installation dauert aber ziemlich lange.
WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN
VERGLEICHE MIT ANDEREN BETRIEBSSYSTEMEN
Die Ubuntu-Originalversionen wurden nicht getestet. Der Grund ist, dass schon bei der Testung von den diversen Derivaten (Lubuntu, Kubuntu usw.) immer dieselben Programmierfehler aufgetreten sind. Außerdem ist die Original-Ubuntu-Version mit versteckter Werbung zugemüllt und Dank seltsamer Programme und optischer Mätzchen ein Datenmonster, das Systemfehler geradezu provoziert.
Hier einige der Erfahrungen:
Linuxmint: Programmfehler, Absturz; aus dem Menü wurde die Möglichkeit entfernt die Internetverbindung dauerhaft zu unterbrechen, d.h. jedes mal wenn man das System hochfährt wird automatisch die Internetverbindung hergestellt
Lubuntu: Bootfehler, startet nicht
Debian: Installationsfehler
Ubuntu Mate: Systemfehler, die Menüleiste wird nicht geladen oder stürzt sofort ab
Poppy Linux: findet den WLAN-Anschluss nicht, verändert unkontrolliert das Boot-Menü, sodass andere Anwendungen nicht mehr geladen werden können
Knoppix: Ein Datenmonster mit über 4 GB, das erst gar nicht bootet; außerdem noch immer für DVD konfiguriert, sodass es ewig installiert werden muss
Tails: frühere Versionen mit Bootfehler, die neueste funktioniert, benötigt aber einen Anschluss USB 3.0, sonst geht gar nichts. Ausgezeichnete Dokumentation zur Installation und zu möglichen Fehlerquellen. Für die o.g. Hardware nicht geeignet.
Endergebnis: Ohne ewige Basteleien funktioniert nur Xubuntu durch einfaches installieren.
WEITERFÜHRENDE EMPEHLUNGEN
Installation/Entfernung von Programmen: Lieber nicht. Auch Xubuntu ist so wackelig konfiguriert, dass sich die Version 20.04 nach längerem Gebrauch in Chaos auflöst. Da es keine Wartungsprogramme gibt, hilft da nur die regelmäßige Neuinstallation.
Die meisten Add-ons sind reiner Schrott, zum Teil sogar ohne Beschreibungen über den Zweck. Zu einem erheblichen Teil lassen sich die Programme auch unter genauer Einhaltung der Anleitung nicht installieren. Das Entfernen von Programmen destabilisiert das System.
Besonderheit Xubuntu: Eigentlich sollten alle Betriebssysteme mit Debian neue Programme mit der Endung .deb durch Anklicken installieren lassen. Bei der Uraltversion Ubuntu 9.04 funktionierte das auch. Allerdings wurde das in späteren Ubuntu-Versionen absichtlich entfernt. Das Ziel war und ist, dass die Programme bei Ubuntu heruntergeladen werden müssen und dass Ubuntu damit über die Daten der BenutzerInnen verfügt.
Kombination mit Windows: Niemals. Die Linux-Betriebssysteme pfuschen in der Konfiguration so undurchschaubar herum, dass das nur im Desaster enden kann (außer man beherrscht Linux). Die Erfahrungen mit der - so möchte man meinen - einfachen Installation auf einem USB-Stick sind abschreckend.
FAZIT
Als Lösung um einen an sich nicht mehr rentabel zu reparierenden Computer in ein wieder vollwertiges Gerät zu verwandeln, und das de facto gratis, ist Xubuntu sehr zu empfehlen. Für Büroarbeit und Freizeitvergnügen hat man dann einfach ein gut funktionierendes Gerät, das bis zu seinem tatsächlichen technischen Ende benutzt werden kann.
Man sollte sich aber damit begnügen, was man bekommt. Dafür tut man auch etwas für die Umwelt.
WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN
FORMATIERUNG USB-Stick
Die USB-Stocks sind von den Herstellern standardmäßig konfiguriert. Wenn ein Linux-Programm installiert wird, wird der Stick vollständig neu konfiguriert und in zwei Partitionen geteilt. Die Ursprungskonfiguration lässt sich nicht mehr herstellen. Das ist extrem lästig, weil Windows den Stick nicht mehr auf die volle Kapazität formatiert (außer der Stick hat 2 GB oder weniger) und man die Formatierung dann erst recht auf Linux machen muss. Dazu gibt es dort das Programm Gparted.
In der Praxis schafft Gparted es aber nicht, den Stick wieder auf die volle Kapazität zu formatieren. Außerdem ist es bei den neueren Versionen von Ubuntu und seinen Ablegern kaum möglich irgendwie alle Partitionen durch löschen und formatieren wieder herzurichten.
Empfehlung: Ubuntu 9.04 oder 9.10 verwenden
Diese Versionen sind aus dem Jahr 2008, sind aber genau richtig. Sie passen auf eine CD mit 700 MB und können problemlos konfigurieren. Außerdem ist Ubuntu 9.04 oder 9.10 das ideale Mittel, um bei einer defekten Festplatte alle Daten, die dort noch drauf sind, zu retten. Die Live-CD bootet auch noch dazu am verlässlichsten von allen Versionen und es ist völlig egal ob der Computer mit BIOS oder UEFI bootet. Voraussetzung ist nur, dass secure boot ausgeschalten wurde.
Übrigens ist Ubuntu 9.04 oder 9.10 auch das ideale Hackertool. Man kommt damit auf jede Festplatte, weil es alle Windows-Sicherungen problemlos umgeht.
PRODUKTEMPFEHLUNG: Die USB-Sticks von Kingston sind häufig so konzipeirt, dass sie die Liux-Systeme blockieren. Besser einen von Sandisk nehmen.