Demonstration: Vom NSU-Komplex zum Neukölln-Komplex Rechte, rassistische Strukturen in Staat und Gesellschaft bekämpfen.
Seit der Selbstenttarnung des NSU am 04.11.2011 wurde offenbar, was nicht für möglich gehalten werden sollte: Ein rechtsterroristisches Netzwerk, das jahrelang und deutschlandweit rassistische Morde verübt!
Im September 2020 jährte sich der erste rassistische Mord des rechten Terrornetzwerks "NSU" an Enver Şimşek zum zwanzigsten Mal. Zwischen diesem Mord und heute liegen acht weitere rassistische Morde und mehrere Bombenanschläge des NSU, rassistische polizeiliche Ermittlungen im Umfeld der Hinterbliebenen und Betroffenen, eine schier nicht enden wollende Reihe an staatlichen Verstrickungen und Vertuschungen und das niederschmetternde Urteil des OLG München – aber keine Aufklärung. Die Täter*innen wurde zu einem „Trio“ reduziert und es wurde milde gesprochen im Urteil.
Die Gewissheit der Betroffenen, dass die Täter*innen Nazis waren, die ihre Familienmitglieder ermordeten, wurde ignoriert und aktiv gesilenced. Der NSU-Komplex offenbarte nicht nur, welch tödliche Auswirkungen die jahrelange Bagatellisierung von rechtem Terror hat, sondern zeigt die tiefsitzende Verstrickung des deutschen Staates, der Geheimdienste und der Polizei in ihrer Kontinuität: Rassismus ist strukturell in Staat, in der medialen Öffentlichkeit und in der Gesellschaft verankert; die gesellschaftliche (weiße) Mitte stimmt schweigend zu und trägt damit dazu bei, dass Menschen of Color auf offener Straße, in Polizeigewahrsam oder Knast ermordet werden können, so wie Oury Jalloh in Dessau und Hussam Fadl und Ferhat Mayouf in Berlin.
Statt aufzuklären, wird gegen die Betroffenen ermittelt. Statt die Geheimdienste zu entlarven und aufzulösen, werden sie gestärkt.
Ein solches gesellschaftliches Klima ermöglicht Anschläge und Morde wie in Hanau, Halle oder aktuell in Hamburg. Die Taten werden verharmlost und entpolitisiert, alles „verwirrte Einzeltäter“. Seit der Selbstenttarnung des NSU vor neun Jahren sind wir mit einer immer rechtsoffener werdenden Gesellschaft konfrontiert. Rechte Terrorgruppen und angeblich „einsame Wölfe“ können ungehindert morden. Die antisemitischen, rassistischen Anschläge in Halle, Hanau oder Hamburg sind schonungslose tödlichen Konsequenzen dieses gesellschaftlichen Rassismus. Der Staat und seine Institutionen zeigen sich nicht willens Betroffene zu schützen, wie es ihr Auftrag wäre.
Insbesondere den Rassismus in den eigenen Reihen von Ermittlungsbehörden und Polizei als ernstzunehmende Bedrohung anzuerkennen, verweigern die politisch Verantwortlichen. Im Gegenteil lesen wir beinahe wöchentlich von neuen Nazinetzwerken in der Polizei oder der Bundeswehr und Verbindungen zwischen Beamt*innen und organisierten Neonazis. Unter dem Label „NSU 2.0“ bedrohen Polizist*innen Migrant*innen und politische Gegner*innen und noch immer findet die verharmlosende Einzelfalldarstellung breite Zustimmung. Auch in Neukölln verüben Neonazis seit vielen Jahren Anschläge, bedrohen Menschen mit Migrationsgeschichte, migrantische Gewerbetreibende und Linke. Und auch hier ist es ausschließlich den Betroffenen zu verdanken, dass überhaupt ermittelt wird. Kämpfen müssen sie dabei nicht nur gegen staatliche Institutionen, die selbst in die Anschläge verstrickt sind, sei es durch Beamte, die sich mit den Hauptverdächtigen treffen oder durch Staatsanwälte, die jenen ihre politische Sympathie bekunden, sondern auch der Politik all dies zu deckeln. Bisher gibt es im „Neukölln-Komplex“ keine Konsequenzen für die Täter. Und der Mord an Burak Bektaş, der sich am 5.4.2012 in Berlin ereignete, kurze Zeit nach dem Auffliegen des NSU-Komplex, ist immer noch nicht aufgeklärt.
Die Forderung der Betroffenen nach einem Untersuchungsausschuss wird noch immer nicht ernstgenommen, stattdessen wird mit Sonderkommissionen vorgetäuscht, zu ermitteln – ohne Ergebnisse!
Der NSU-Komplex reicht bis nach Berlin-Neukölln, das ist eine Erkenntnis aus dem, was im Rahmen des NSU-Prozesses in München, bekannt wurde, nicht durch die Ermittlungsbehörden, sondern der Nebenkläger*innen, Investigativ-Journalist*innen, Parlamentarischer Untersuchungsausschüsse... Ein halbes Jahr ist der Mord an George Floyd durch Polizisten, vor aller Augen der Welt, mittlerweile her und die #BlackLivesMatter Proteste haben auch in Deutschland die Debatte um Rassismus und rassistische Polizeigewalt erneut ermöglicht. Doch wo der Innenminister eine Studie zu Rassismus in der Polizei ablehnt und mahnt, man dürfe Polizist*innen nicht unter Generalverdacht stellen, arbeitet eben diese Polizei permanent mit dem rassistischen Generalverdacht.
Sei es durch tagtägliches racial profiling oder durch willkürliche Kontrollen und Schikanen gegenüber Shisha-Bars in Neukölln. Verhältnismäßig sind die Repressionen gegen antifaschistische und antirassistische Aktivist*innen nicht und das liegt an einer rechtsoffenen staatlichen Politik! In diesem gesellschaftlichen Klima in dem rassistische und rechte Morde und Gewalt und ja auch die Polizeigewalt unhinterfragt bleiben, müssen wir die politischen Gegenspieler klar benennen und gleichzeitig uns solidarisch vernetzen, um unseren Forderungen Gehör zu verschaffen. Der Milde und der Straflosigkeit der Täter*innen müssen endlich aussagekräftige Konsequenzen folgen.
Das NSU-Urteil vor zwei Jahren ist Kein Schlussstrich! Deutschland ist kein Land der Einzeltäter und der Einzeltaten!
Wir klagen Staat, Polizei und den Justizapparat an! Wir fordern Respekt für die Betroffenen und Konsequenzen für die Täter*innen. Kampf dem rassistischen Normalzustand!
Eine solidarische, antirassistische Selbstorganisierung und Selbstschutz ist notwendig! Zeigt eure Solidarität mit den Angehörigen der Opfer und den Betroffenen von rassistischer und rechter Gewalt auf der Straße, seid laut und widerständig!
Kein Vergeben, kein Vergessen
– No Justice, No Peace!
In Gedenken an
ENVER ŞİMŞEK ermordet am 9. September 2000 in Nürnberg ABDURRAHİM ÖZÜDOĞRU ermordet am 13. Juni 2001 in Nürnberg SÜLEYMAN TAŞKÖPRÜ ermordet am 27. Juni 2001 in Hamburg HABİL KILIÇ ermordet am 29. August 2001 in München MEHMET TURGUT ermordet am 25. Februar 2004 in Rostock İSMAİL YAŞAR ermordet am 9. Juni 2005 in Nürnberg THEODOROS BOULGARİDES ermordet am 15. Juni 2005 in München MEHMET KUBAŞIK ermordet am 4. April 2006 in Dortmund HALİT YOZGAT ermordet am 6. April 2006 in Kassel
Unterzeichnende Gruppen
Tribunal NSU-Komplex Auflösen
Initiative Amed Ahmad
Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş
Initiative in Gedenken an Oury JallohAktionsbündnis AntiraNeukölln WatchGemeinschaftlicher WiderstandWe'll Come United Berlin Brandenburg
Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. [Berliner VVN-BdA e.V.]Theater XRevolutionäre Jugendbund (OG Berlin) Berliner Bündnis gegen Rechts (BBgR)Interventionistische Linke - BerlinEntnazifizierung Jetztbündnis gegen rassismus berlin
Die Urbane. Eine HipHop Parteiwww.no-justice-no-peace.org
*****Wir werden auf der Demonstration die geltenden Hygienebestimmungen einhalten.Bitte kommt nur mit Mundschutz zur Demonstration und achtet auf die Abstandsregeln*****