Da ist kein Durchkommen: Aktivist*innen ketten sich an Werkstore von Krauss-Maffei Wegmann.
Pressemitteilung
23.10.2019 - Seit zwei Wochen führt die Türkei einen Angriffskrieg gegen die Selbstverwaltete Region Rojava in Nordsyrien. In Solidarität mit den Menschen in Rojava ketteten sich heute Morgen mehrere Aktivist*innen mit dem Hals an die Werkstore des Rüstungsunternehmens Krauss-Maffei Wegmann in Kassel. Zusätzlich erkletterten Andere zwei mitgebrachte 6 Meter hohe Stahl-Dreibeine(Tripods), um die Einfahrt von Fahrzeugen weiter zu erschweren.
"Wir sind eine autonome Kleingruppe, die sich alleinig zum Zweck dieser Aktion zusammengefunden hat. Wir sind zutiefst betroffen von dem Krieg der Türkei, aber auch empört über das fehlende Rückgrat dieses Landes, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen - schließlich stammt ein nicht unerheblicher Teil der Waffen, mit denen die Türkei ihre Invasion vorantreibt, aus Deutschland. Einige davon, allen voran Komponenten des Leopard 2 Panzers, wurden in diesem Werk produziert", so eine Aktivistin, die sich an das Werkstor gekettet hat. "Ziel unserer Aktion ist es, den reibungsfreien Ablauf dieser Kriegsschmiede so lange wie möglich zu unterbrechen".
Erdogan kündigt seit Jahren offen an, Rojava angreifen zu wollen, aber trotzdem lieferte die deutsche Rüstungsindustrie weiterhin Waffen. Nicht einmal jetzt, wo sich der expansive Charakter des türkischen Faschismus eindeutig offenbart, sind die Verantwortlichen gewillt, dem ein Ende zu setzen: Bereits genehmigte Export-Aufträge dürfen weiter ausgeführt werden und neue Aufträge werden angenommen, vorausgesetzt, sie können nicht im Krieg gegen Rojava genutzt werden. "Wirtschaftssanktionen werden so gut wie nicht in Betracht gezogen", prangert eine Aktivistin an. "Der Grund dafür ist ja klar: Wie immer geht es dem Geflecht aus Politik und Industrie nur darum, Profite zu erwirtschaften, koste es was es wolle - oder wie viele es wolle, in diesem Fall."
Die Menschen in Rojava versuchen solche Logiken zu überwinden. War 2012 die Unabhängigkeit vom Joch des Assad-Regimes erreicht, realisierte die Bevölkerung seitdem ein Gesellschaftsmodell, dass in seiner demokratischen Vision sämtliche westliche sogenannte "Demokratien" in den Schatten stellt. Menschen organisieren sich in Räten, Kommunen und Kooperativen, kapitalistische Dynamiken werden hinterfragt, ökologische Prinzipien etabliert, soziale Konflikte werden im Dialog gelöst und Frauen erkämpfen ein anti-patriarchales Bewusststein.
All das soll jetzt durch die überwiegend aus djihadistischen Kämpfern zusammengesetze Söldnerarmee der Türkei zerstört werden. "Atheisten und Ungläubige, wir kommen euch holen. In ein paar Stunden werden Köpfe rollen" - verkünden Söldner in einem Video. Entsprechend grausam zeigt sich dann auch deren Kriegsführung: Krankenhäuser, Wohngebiete und zivile Konvois wurden gezielt bombardiert, Zivilist*innen auf der Straße hingerichtet.
Doch Rojava wehrt sich, nicht nur die militärischen Einheiten kämpfen, auch Zivilist*innen helfen: sie versorgen Verwundete, decken Kriegsverbrechen auf und versuchen humanitäre Korridore zu schaffen.
Wir bewundern den Widerstand der Menschen in Rojava und ganz Kurdistan, wir bewundern euren Mut und eure Kraft.
Ob ihr kämpft, fliehen müsst oder bleibt, wir sind im Herzen bei euch!
Feministische, solidarische Grüße besonders an alle Freundinnen und
Kämpferinnen in Rojava, die nicht nur den Kampf gegen den Faschismus,
sondern jeden Tag auch gegen das Patriarchat in einer männerdominierten
Gesellschaft führen müssen.
Nieder mit dem Faschismus! Nieder mit den Profiteuren des Faschismus, ihr seid kein bisschen besser! Für eine Welt jenseits von Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg!
Jin, Jiyan, Azadi!
Für aktuelle Infos zur Blockade schaut auf unseren twitter-account: @war_starts_here
Presse-Anfragen richtet bitte an krieg_beginnt_hier@riseup.net oder ruft an unter 015214033649
Informiert euch über die Situation in Rojava auch abseits der Mainstreampresse, z.b. auf anfdeutsch.com und/oder auf twitter z.b. unter @RojavaIC
Ergänzungen
Weiterer Kriegsprofiteur in Kassel
Rheinmetall in Kassel hätte solch eine Aufmerksamkeit ebenfalls verdient. Auch werden dort Polizeipanzer zur Aufstandsbekämpfung produziert, repariert und gewartet.
Fotos der Aktion
https://www.flickr.com/photos/184900322@N05/albums/72157711477813951
Aktivist*innen der Gruppe "Krieg beginnt hier" blockierten ab dem frühen Morgen des 23.10.19 die Fabrik des Panzerherstellers Krauss Maffei Wegmann. Sie ketteten sich an die Werkstore, versperrten die Einfahrten mit Dreibeinen und besetzten das Dach der Fabrik. Der Anlieferungsverkehr staute sich daraufhin in der Wolfhager Straße und ein transportfähriger Panzer blieb auf dem Hof stehen.
Sie protestierten damit gegen den Angriffskrieg der türkischen Armee gegen das kurdische Rojava, der unter Anderem mit Kriegsgerät und Panzern von KMW gemacht wird. Unterstützer*innen hielten eine Kundgebung ab. Das SEK Kassel räumte gemeinsam mit einer Einsatzhundertschaft und einem Feuerwehrkran schließlich die Blockade nach ca. 10 Stunden.
Die 11 festgenommenen Aktivist*innen wurden abends wieder aus der Polizeiwache freigelassen, nachdem sie ihre Personalien verweigerten.