User-Moderation 1.1 alpha

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Mit dem Relaunch wurde die erste Version einer Usermoderation (NutzerInnenmoderation) eingeführt. Diese besteht darin, dass User unangemeldet Artikel und Ergänzungen melden können - und betroffene Artikel und Ergänzungen bei Überschreiten einer gewissen Zahl automatisch versteckt wurden. Zeit für eine Auswertung und Vorschlag für eine neue Usermoderation.

Das bisherige Moderationssystem von Indymedia-Germany bestand daraus, dass es verschiedene Ortsgruppen gab, die zusammen das Moderationskollektiv formten. Die Ortsgruppen teilten sich die Arbeit dabei auf, so dass jede Ortsgruppe alle drei Wochen eine Woche drann war. Durch dieses Rotationsprinzip sollte eine Machtübernahme auf der Seite durch eine Ortsgruppe verhindert und durch gegenseitige Kontrolle der Ortsgruppen eine Abweichung von den Moderationskriterien vorgebeugt werden. Die Aufnahme in die Ortsgruppen erfolgte dabei durch persönliche Kontaktaufnahme, durch die eine Unterwanderung des Projektes verhindert werden sollte.
Seit Jahren funktioniert dieses Prinzip nicht mehr. Seit längerer Zeit schon ist eine starke Abwanderung beobachtbar, welche auch relativ normal sind für ein Projekt diesen Alters. Dass Moderator_Innen nicht ewig dabei bleiben wollen und sich irgendwann andere Projekte suchen ist relativ normal. Leider hat aber die Struktur insbesondere durch staatliche Repression oder einfach der Angst vor selbiger dazu geführt, dass es immer schwieriger wurde, in diese Moderationskollektive einzusteigen und schlussendlich dünnte das Moderationskollektiv immer mehr aus.
Schon zum Relaunch wurde eifrig diskutiert, ob und wie ein neues Moderationssystem aussehen könnte.
Als ersten Schritt haben wir uns damals dazu entschieden, die Moderation zu erweitern und nicht bekannten, anonymen Nutzenden auch eine Möglichkeit an die Hand zu geben in die Moderation einzugreifen oder teilweise sogar zu übernehmen.

Die Angst vor feindlicher Übernahme war dabei groß - noch größer war jedoch die Angst vor Machtkämpfen auf der Seite, die den Tod für ein strömungsübergreifendes Projekt bedeuten können. Die Machtkämpfe, die das internationale Netzwerk zum erliegen brachten, sitzen zumindest Teilen von uns noch gut im Nacken und auch de.indymedia.org als Kollektiv hat sich hier nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
Also war die Aufgabe, eine User-Moderation zu ermöglichen, welche aber Machtkämpfe verhindert.
Wir haben dazu als erstes die Moderation aufgeteilt in zwei Gruppen: User und Kernmoderationsteam.
Die Entscheidungen des Kernmoderationsteams sollen dabei über denen der User stehen, da nur in der Kernmoderation gewährleistet ist, dass sich diese an die Moderationskriterien halten. Ziel ist jedoch, dass diese Kernmoderation nur noch steuernd eingreifen muss um Missbrauch der Moderation zu verhindern.
Im ersten Schritt wurde der User-Gruppe die Macht übertragen, Artikel und Ergänzungen verstecken zu können, in dem sie als Spam markiert werden. Haben genügend User einen Beitrag "gemeldet" wird dieser automatisch versteckt.
Diese Funktion wird jedoch seit dem Relaunch kaum verwendet. Die erhoffte Arbeitserleichterung ist ausgeblieben.
Wir könnten daraus die Lehre ziehen, dass User-Moderation generell nicht erwünscht ist sondern statt dessen eine Service-Mentalität vorherrscht, nach der die Moderation wie in der Vergangenheit bitte eine von wem auch immer bestückte Moderation zu gewährleisten hat.
Ich will diese Lehre nicht ziehen.
Statt dessen will ich die User-Moderation sogar noch weiter ausbauen und der Gruppe User noch mehr Macht einräumen als bisher. Denn ich denke, erst mit der Übernahme von Verantwortung durch diese Gruppe kann sich das Moderationssystem weiter entwickeln. Aus Fehlern können wir lernen und das System, sollte es nicht funktionieren, jederzeit wieder zurück fahren auf den (auch nicht funktionierenden) Ur-Zustand, in welcher es nur noch eine Gruppe Moderation gibt, nämlich die Kernmoderation.

In der Auswertung der Usermoderation 1.0 und der Moderation seit dem Relaunch gab es intern folgende Kritik:

  1. ) es gibt zu wenige Mods
  2. ) dadurch kommen Artikel zu spät in den Newswire/auf die Startseite
  3. ) dadurch wird die Seite unattraktiver als Nachrichtenseite, da die Nachrichten erst mit stärkerer Verzögerung auf die Startseite kommen
  4. ) es gibt noch weniger Leute, die eine solche unattraktive Seite moderieren wollen

Um dieses Problem zu lösen mache ich einen Vorschlag, wie User auch darüber entscheiden können, welche Artikel in den newswire kommen können.
Als Prämisse für diesen Vorschlag halte ich fest:
a) die Entscheidung, was in den newswire kommt sollte nach formellen Kriterien ablaufen
b) Missbrauch der Macht in Form von Entscheidungen abseits formeller Kriterien sollte verhindert oder zumindest eingeschränkt werden
c) Machtkämpfe auf der Seite, die sich ausdrücken in Entscheidungen abseits formeller Kriterien, sollen vermieden werden

Der Vorschlag ist nicht ausgereift, versucht aber, die oben genannten Punkte zu berücksichtigen:

1.) Angemeldete User bekommen ein neues Feld:
Vertrauen
Dieses Feld zeigt an, wie sehr mit den Moderationskriterien in Einklang gestanden wird bzw. wie sehr den jeweiligen Usern von der Kernmoderation vertraut wird. 

2.) angemeldete User können einen Artikel in den newswire heben bzw. dafür stimmen, dass er in den newswire kommt und wenn Summe X überschritten ist, kommt er in den Newswire, gilt aber nach wie vor als unmoderiert, so dass Nazispam etc. von Usern selbst wieder heraus genommen werden kann.

3.) Kernmoderation moderiert nachgelagert und bestätigt oder korrigiert Entscheidungen der User

4.) Nach der Entscheidung durch die Kernmoderation wird abgerechnet:
Vertrauen in User, deren Entscheidung mit der Kernmoderation übereinstimmen, steigt an
Vertrauen in User, deren Entscheidung korrigiert wurde, nimmt ab
Vertrauen in User, deren Entscheidung für Newswire war, die aber als Spam oder Nazizeug heraus genommen werden müssen, sinkt noch stärker

5.) User, deren Vertrauenswert einen bestimmten Wert überschreiten, gelten in der Abstimmung mehr. Das drückt sich so aus, dass ihre Entscheidungen einen Artikel in den Newswire zu heben, sofort umgesetzt wird. Dadurch steigt die Schnelligkeit der Usermoderation an. Ebenso könnte die Usermoderation für diese Artikel eingeschränkt werden, so dass Artikel die durch ihre Entscheidung in den Newswire gekommen sind, nicht mehr von unangemeldeten Nutzern gesperrt werden können.
User, deren Vertrauenswert unter einem festgelegten Minimum liegt, werden gesperrt.

Durch dieses System könnte es nach einiger Zeit dazu kommen, dass genügend Usermods den entscheidenden Sprung zum "vertrauenswürdigen Usermod" schaffen und so die Kernmoderation sich immer stärker zurück ziehen kann, bis sie zum Schluss nur noch als Kontrollinstanz funktioniert und die Seite von den Usern hauptsächlich selbst moderiert wird.

Die Usermoderation 1.1 würde also die Usermoderation stark erweitern:
1.) User können Artikel selbst in den Newswire heben
2.) User können Vertrauen gewinnen
3.) User können einen neuen Status erlangen
4.) User können nach wie vor Artikel und Ergänzungen unkompliziert und schnell sperren lassen

Durch die Beibehaltung einer Kernmoderation und der Möglichkeit, Vertrauen zu bemessen, können Machtkämpfe gemindert bis verhindert werden.

Eine gute Info über die bisherige User-Moderation noch zum Schluss:
Bisher kam es nur einmal zu dem Fall, dass die Usermoderation massiv missbraucht wurde (in der ersten Woche nach dem Relaunch). Dabei hatte es die komplette Startseite erwischt. Gekommen war dies aber nur durch einen Fehler im Usermoderationssystem, der durch die Übertragung auf das Live-System entstand und nicht bemerkt wurde. Dadurch konnten auch bisher moderierte Einträge durch die Usermoderation versteckt werden.
Seit der Behebung dieses Fehlers ist das Worst-Case-Szenario, dass einfach alle Artikel und Ergänzungen von böswilligen Usern sofort versteckt werden, nicht eingetreten.

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