Gai Dao Sonderausgabe No. 10: Pandemischer Ausnahmezustand
Endlich, die Gai Dao Sonderausgabe No. 10 zum "Pandemischen Ausnahmezustand" ist da! Die dickste, kontoverseste und spannendste Gai Dao überhaupt. Exklusiv als Online-Version.
Hallo Menschen,
in diesen Zeiten sind Worte zu leeren Phrasen geworden, alleine die Tat ist es, die noch zählt.
Viele Beiträge haben uns zu dieser Corona-Sonderausgabe erreicht, nur wenige werden wir schließlich abdrucken – und dennoch sind es am Ende mehr als sonst, sodass diese Ausgabe wohl die dickste Gai Dao überhaupt sein wird. Wir haben uns in den letzten Wochen intensiv mit den unterschiedlichen Positionen beschäftigt und dabei eine Lehre gezogen, die uns schwer fällt zuzugeben: Nach all der Zeit, in der die Gai Dao bloß für Worte, leere Phrasen also, gestanden hat, müssen wir uns nun eingestehen, dass all die Insurektionalist*innen, jene, die Taten schon immer Worten vorzogen oder wenigstens gleichstellten, schließlich Recht behalten haben.
Zum Glück ist es ja so, dass mittlerweile so gut wie alle größeren und kleineren Städte mit insurrektionalistischer Propaganda überschwemmt werden und so war es für uns ein Leichtes, all den Müll von wegen Solidarität, Quarantäne und Gehorsam in die Tonne zu werfen und stattdessen auf einige dieser aufständischen Texte zurückzugreifen.
Euch erwarten spannende Texte. Texte, die die individuelle Revolte in den Vordergrund stellen, die keine Utopie verfolgen, sondern diese Welt verneinen und aktiv auf ihre Zerstörung hinarbeiten. Texte, die keine Kompromisse eingehen und sich der Politik verweigern. Als das mit Corona begann, waren wir gelähmt davon, unsere Plena für die nächsten Monate ins Netz verlegen zu müssen, denn damit war klar, dass wir noch länger als sonst brauchen würden, um eine Haltung zu den Geschehnissen zu entwickeln und zu einer gemeinsamen Einigung zu kommen, wie wir damit umgehen wollen. Damit war auch klar, dass es mindestens bis Juli dauern würde, bis wir unsere Ausgabe zum Thema Corona fertiggestellt haben würden. Umso erstaunter haben wir festgestellt, dass die Insurrektionalist*innen sofort eine Flut an spannenden, wütenden und aufstachelnden Texten gegen den globalsten autoritären Angriff, den es in der Menschheitsgeschichte je gegeben hat, verbreiteten, es Meldungen von zahlreichen Angriffen gab und sie offenbar nicht mit dieser Paralysierung des Handelns und der Gedanken zu kämpfen hatten. Wir erkannten, dass es unsere Strukturen waren, sowie unser Bedürfnis für andere denken und diese beschützen zu wollen, die uns lähmten und uns darin behinderten eine klare Feindschaft gegenüber den Corona-Maßnahmen zu entwickeln. Doch damit ist jetzt Schluss! Da wir in Zukunft die Taten den Worten vorziehen wollen, haben wir die Ausgabe um Berichte über Angriffe gegen die herrschenden Verhältnisse auf der ganzen Welt erweitert. Auf dass sie uns Inspiration und Ermutigung seien und unsere Wut gegen all diese Dünnschissgurgler weiter schüren.
Das mit den ewigen Bettelbriefen um Spenden hat nun übrigens auch ein Ende. Eine anarchistische Zeitung, die einer repräsentativen Umfrage unter ihren Leser*innen zufolge bestenfalls auf der Toilette und selbst dort nur zur Steigerung der Langeweile während besonders aufreibender Sitzungen Verwendung findet, ist schließlich das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist. Bzw. in diesem Fall den Stromverbrauch deines Smartphonedisplays. Daher haben wir uns entschieden, diesem Elend ein Ende zu bereiten und die Gai Dao mit dieser Ausgabe enden zu lassen. Und wo wir die Gretchenfrage schon einmal aufgeworfen haben, sollten wir nicht eher ruhen, als bis auch der Papiertiger der FdA gemeuchelt wurde. Vielleicht sind es ja die Knebel unserer Organisation, die uns die Luft abschnüren und unser Verlangen nach Freiheit lähmen.
In diesem Sinne mögt ihr vielleicht in Zukunft mit Wohlwollen auf diese packende letzte Ausgabe eines ansonsten stets sterbenslangweiligen Förderationsorgans zurückblicken. Auf dass sie der Funke sei, der euer erloschenes Feuer der Freiheit von neuem erfacht.
Hiermit wenden wir uns ein letztes Mal als Kollektiv an euch, denn ab sofort wird jede*r einzelne von uns nur noch für sich selbst sprechen und sich von jeder lähmenden Struktur fernhalten, stundenlange Plena mit ermüdenden Konsensprozessen boykottieren, nicht mehr für andere denken und ihnen die eigene Lösung überstülpen wollen, keine Organigramme mehr für die Organisierung einer zukünftigen befreiten anarchistischen Gesellschaft entwerfen, sondern im Hier und Jetzt alle diejenigen angreifen, die uns beherrschen wollen und nur noch das tun, worauf wir als Individuen gerade Lust haben.
Eure Gaidao-Sonderausgabenredaktion