Autonomes Blättchen Nr 41 ist raus
Die neue Ausgabe des Autonomen Blättchens ist erschienen. Wie immer bei Euch im Infoladen, hier und auf https://autonomesblaettchen.noblogs.org
Aus dem Inhalt:
05 Be Water Set Fire
09 Re: Nordkiez Update
11 Aufruf zu autonomen Vollversammlungen
11 Jobcenter Köln Porz
14 [HB] Kopf aus dem Sand!
Immobilienunternehmen angegriffen
15 Ein Hippiedorf wird aufgemischt
21 Farbe und Steine für die AWO in Bremen
22 Die AfD hat mitgeschossen
23 AFD Kreisverband Detmold entglast
23 Für ein Ende der Stille - Neo-Nazis angreifen
24 Gegen den EU-China-Gipfel in Leipzig
27 Die Revolte in Chile
36 Shut down the power! Dig. Zurichtung sabotiert.
40 Corona: Pest oder Cholera
21 Und nach dem Virus?
49 25 Jahre auf der Flucht
51 Ein Flüstern aus dem Nirgendwo
51 Die ignorierte Risikogruppe:
53 Pandemie und Gefängnis
56 [B] Knastprofi teure angezündet
56 Vor den Knastmauern bleiben die Nächte unsere
57 Glasbruch und Farbe für Knastprofi teur*innen
58 Willkommen draußen Hülya!
59 Von der Antifa-M zum Rassisten-Anwalt
60 (B) return to sender: Das Feuer ihrer Kriege
61 Die Bewegung ist keine Ware
63 Brandstiftungsserie gegen Mobilfunkmasten
Ein Vorwort in diesen Zeiten – dass muss (!) sich ja mit Corona und den politischen und sozialen Folgen beschäftigen. Was bleibt uns übrig. Deswegen gibt es von uns gleich erstmal einen kleinen Rundumschlag zu den Verhältnissen in Pandemie-Zeiten, bevor ihr ein sehr abwechslungsreiches Blättchen mit vielen interessanten Texten zu lesen bekommst. Dazu gleich mehr.
Wir mussten erleben, wie hilflos, ja paralysiert, große Teile der linken/linksradikalen/autonomen/anarchistischen Bewegung dem staatlichen Agieren gegenüber standen; wie nicht nur das öffentliche Leben, sondern eine politische Strömung zum Stillstand kam (dass es trotzdem viele Aktionen gab, seht ihr in Artikeln und im Aktions-Ticker am Seitenrand).
Jetzt, wo wir uns Alle irgendwie an Alles gewöhnt haben, scheint es vielleicht nicht mehr so schlimm. Aber seien wir ehrlich: Es hat uns schon erschreckt, wie viele staatstragende Reden geschwungen wurden. Viele Leute mit denen wir bisher politisch gekämpft hatten, haben anscheinend Merkel-Reden auswendig gelernt, um sie auf Treffen, in Wohnprojekten und im Netz zum Besten zu geben. Das propagandistische Geschwätz vom „solidarischen Verhalten“ hat Einzug gefunden in die WGs und Video-Konferenzen. Was ist damit gemeint, wenn die Regierung von „Solidarität“ spricht? Was zur Hölle glauben Leute alles?! Zum Glück sprach niemand von der „solidarischen Volksgemeinschaft“. Regierungssprecher-Solidarität bedeutet vor allem: Macht, was wir euch sagen! Bleibt zu Hause! Haltet die Füße still! Besucht nicht Oma! Versammelt euch nicht! Tragt Masken! Und es bedeutet auch: Wer sich nicht an die Anweisungen der Obrigkeit hält, bekommt es mit Allen, auch der Mitbewohner_in, zu tun. Schließlich sei man unsolidarisch mit Allen. Ja, Allen!!! Das ist bullshit. Aber es ist auch eine bewusst eingesetzte Sprachpolitik. Wer möchte denn unsolidarisch ein, angesichts einer Krankheit, die Alle bekommen können? In den Krisenstäben und Think-Tanks werden ständig abertausende Seiten damit beschrieben, wie in Krisen zu welchem Zeitpunkt mit der Bevölkerung kommuniziert werden muss, damit diese sich wie gewünscht verhält und Widerstand marginal bleibt. Wie sowas erfolgreich umgesetzt wird, dafür waren die letzten Monate ein gutes, lehrreiches Beispiel. „Solidarität“ ist in den letzten Monaten ein Kampfbegriff der Regierenden geworden. Wir sollten vehement widersprechen, wenn in unseren Kreisen jemand in diesem Sinne davon spricht.
Wir sind nicht „solidarisch“ mit Oma, wenn wir zur Zeit (leider) keine orgiastischen Partys feiern, sondern nur halbwegs vernünftig, weil wir uns und Andere nicht mit dem Scheiß-Virus anstecken wollen. Und wenn tausend Leute eng an eng demonstrieren wollen, werden wir sie nicht daran hindern. Wir werden uns hingegen gegen diejenigen wenden, die anfangen zu denunzieren, zu petzen; die andere unter Druck setzen, sich regierungskonform zu verhalten. Denn oft hatte das Verhalten vieler Genoss_innen wenig mit Vernunft, denn mit Untertanengeist zu tun.
Noch nie haben wir erlebt, dass so viele „von uns“ die Verlautbarungen von Regierungsinstituten herunterbeten! Abgesehen davon, dass es grundsätzlich keine neutrale Wissenschaft gibt, sondern Wissenschaft immer das erforscht, was die gesellschaftlichen Verhältnisse ihr auferlegen, ist das Vorschieben von Experten (es waren immer Männer!) schlicht eine Kommunikationsstrategie der Regierung. Das Expertentum scheint nicht hinterfragbar, es soll andere Umgehensweisen als die regierungstreuen automatisch als falsch kennzeichnen. Und das hat hervorragend funktioniert. Ganze Wohnprojekte hörten zum Einschlafen die Meldungen des Robert-Koch-Instituts oder hingen Tag für Tag an den Lippen irgendeines Epidemilogen. Diese unkritische Wissenschaftsgläubigkeit, lässt all das außer Acht, was in den letzten Jahren aus linksradikalen Gruppen in Bezug auf Technologiekritik formuliert wurde. Es hat nichts mit Verschwörungsglauben zu tun, wenn wir Wissenschaft für kritisierbar halten. Es hat mit dem zu tun, was wir über Herrschaft und Herrschaftstechniken wissen. Wie empfehlen dazu u.a. die Texte des capulcu-Kollektivs, von denen wir in den letztes Jahren auch einige im Blättchen abgedruckt hatten. Oder das gute alte NATO-Strategie-Papier „Urban Operations in the Year 2020“ - da bekommt man einen guten Eindruck von Planungsspielen in unsicheren Zeiten. Prost nochmal!
Jetzt ist ja gar nicht mehr alles so schlimm…
Außer dass nun Alle Zoom-Meetings haben. Kotz! Außer dass Alle mit Karte zahlen, damit sie die „Held_innen“ an der Kasse nicht anstecken. Doppelkotz! Außer dass bald die ersten mit Tracing-App durch unsere Zentren und WGs laufen. Dreifachmoppelkotz! Rülps.
Entschuldigt.
Wir rufen euch auf, gegen diese Zumutungen zumindest in den eigenen Zusammenhängen rigoros vorzugehen, weil widerständiges Handeln nur an nichtüberwachten Orten möglich ist. Wer eine Tracing- oder Tracking-App auf seinem Scheiß-Smartphone hat, hat in unseren Räumen nichts verloren!
Zu den dauerhaften Folgen des Umgangs mit dem Virus wird die beschleunigte Durchsetzung von Digitalisierungsprojekten gehören. Das ist klar und wird von den Regierenden deutlich gesagt.
Telemedizin, Video-Unterricht (also, E-learning natürlich), bargeldloses Zahlen, Telepolitik… Das hört sich zwar an wie aus einem Strategiepapier der Kohl-Regierung, finden unsere älteren Genoss_innen, ist aber nichts weniger als eine vehemente Beschleunigung dessen, was seit ein paar Jahren auch von uns als „technologischer Angriff“ begriffen wird. Die Auswirkungen dieses Angriffs auf unsere Leben werden wir nun an allen Ecken und Enden zu spüren bekommen.
Die Suche nach Widerstandsoptionen und Lücken im System sollten wir also dringend intensivieren. Einen praktischen Lichtblick zu dem Thema stellen für uns die Aktionen der „Vulkangruppe Shut down the power“ gegen das Heinrich–Herz-Institut, sowie die vielen Sabotage-Aktionen gegen Mobilfunkmasten dar. Eine Auflistung dieser Aktionen und der Text zu der erfolgreichen Vulkan-Aktion sind im Heft zu finden.
Uns stellen sich Fragen. Welche Schäden entstehen in unseren politischen Kreisen? Welche kulturellen Folgen hat das Virus? Alles nur noch online gucken, hören, riechen, fühlen, schmecken, anpöbeln? Sich nicht mehr anfassen wollen/dürfen? Was macht das mit uns? Sind Menschen nur noch potentielle Virusträger_innen?
Diese seltsamen Demos aus Rechten, Aluhüten, Grundgesetzanbeter_innen…
Nazi-Prepper räumen ihre Waffenlager in drei Bundesländern leer, weil sie denken, wegen Corona sei der Tag-X gekommen – sagt der VS. Ach so, na was sollen die Jungs denn sonst machen, denkt sich die Öffentlichkeit. Es gab keine öffentliche Aufregung darüber, dass der VS dabei zusieht, wie die Nazis ihre Waffen ausbuddeln. Es gab auch keine Durchsuchungen oder sowas. Es war nur eine Meldung am Rande.
Eigentlich wollten wir eine Ausgabe zusammenstellen, die voll mit guten Texten zum Corona-Kram ist. Aber es haben uns so viele gute Texte zu verschiedenen Themen erreicht, dass es jetzt eine bunte thematische Mischung geworden ist, die sehr lesenswert ist! Auf den allerletzten Drücker hat uns ein Interview mit einem Genossen aus Minneapolis erreicht. Sicher haben sich die Kämpfe in den USA verändert, wenn ihr diesen Text in die Hände bekommt. Aber er zeigt eine Momentaufnahme, die die Euphorie der Stunde gut transportiert und eine erste Einschätzung zum antirassistischen Aufruhr. Danke dafür!
Am Ende hatten wir aber so viele Texte, dass es leider nicht alle zugeschickten ins Heft geschafft haben. Ein paar Aktionserklärungen sind im Aktions-Ticker gelandet:„Reportage aus München“, „In der Nacht vom 21.4.“, „Bremen: Auto von Knast-Architekturbüro abgebrannt“, „Benjamin Mennerich mit Steinen und Farbflaschen angegriffen“. Nicht ins Heft haben es geschafft: „Militanter Feminismus Kongress verschoben“, „Keine Zeit zu sterben!“, „April, April, der tut, was er will“, „Corona und der kommende Aufschwung“, „Zur Corona-"Krise"“, „Spendenaufruf für Chemnitz“. Ins nächste Blättchen verschoben wurde: „Der georgische Wunderarzt“
Auch das noch: Bitte vergesst nicht, dem Autonomen Blättchen Geld zu spenden. Wie das geht, steht im Kleingedruckten. Und: Bitte hängt nicht tausend Fußnoten und links an eure Texte. Ihr veröffentlicht doch keine Uni-Arbeiten hier!
Eine Info noch zur Verwahrung der Speichelproben bei Corona-PCR-Tests. Eine nicht repräsentative Umfrage unsererseits hat ergeben: Manche Labore verwahren die Teststäbchen von Corona-Verdachtsfällen (so wie vom Robert-Koch-Institut gefordert) „zu Forschungszwecken“, andere bestätigen glaubhaft, dass sie dafür keine Kapazitäten haben. Daher können wir leider keine Entwarnung hinsichtlich der Gefahr eines späteren (dezeit noch illegalen) Massen-DNA-Screenings geben.
Und jetzt lest!