Die mörderischen Folgen des 2. Weltkriegs

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In den Jahren 1940 bis 1945 wurden in die Konzentrationslager Auschwitz mindestens 1,1 Millionen Juden, 140.000 Polen, 20.000 Sinti und Roma sowie mehr als 10.000 sowjetische Kriegsgefangene deportiert. Knapp über 400.000 Häftlinge wurden registriert. Von den registrierten Häftlingen sind mehr als die Hälfte aufgrund der Arbeitsbedingungen, Hunger, Krankheiten, medizinischen Versuchen und Exekutionen gestorben.

Die nicht registrierten 900.000 nach Birkenau Deportierten wurden kurz nach der Ankunft ermordet. Als Obergrenze der Todesopfer im Konzentrationslager- und Vernichtungslagerkomplex Auschwitz wird die Zahl von 1,5 Millionen Opfern angegeben.

Bis Mitte 1941 wurde der 2. Weltkrieg von der deutschen Wehrmacht in Europa vorwiegend als Eroberungskrieg geführt. Nach Polen wurden in kurzen, konzentriert geführten Feldzügen Dänemark, Norwegen, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, der Großteil Frankreichs, Jugoslawien und Griechenland erobert und besetzt. Die Gebiete wurden teils ins Deutsche Reich eingegliedert, teils mit vom Deutschen Reich abhängigen Regierungen beherrscht und wirtschaftlich ausgebeutet. Im Osten Europas wurde der SS freie Hand gelassen. Himmlers Siedlungskonzept für den Ostraum gründete sich auf die „Blut-und-Boden-Ideologie“ und auf „germanisches Bauerntum“.

Die Blut-und-Boden-Ideologie ist eine agrarpolitische Ideologie, welche die Einheit eines rassisch definierten Volkskörpers mit seinem Siedlungsgebiet postuliert. Bäuerliche Lebensformen werden dabei nicht nur idealisiert und als Gegengewicht zur Urbanität gesetzt, sondern auch mit rassistischen und antisemitischen Ideen verknüpft, die eine germanisch-nordische Rasse als Bauerntum einem angeblichen jüdischen Nomadentum entgegensetzen. Zur angestrebten Verbäuerlichung der Gesellschaft bedarf es nach der Blut-und-Boden-Ideologie für ein „Volk ohne Raum“ neuer Siedlungsgebiete, die als Lebensraum im Osten zu erobern seien. „Blut und Boden“ war ein zentrales Schlagwort der nationalsozialistischen Ideologie.

Die Industrie und sowjetischen Städte sollten zerstört werden; stattdessen würden großbäuerliche Siedler aus dem Reich deutsche Musterlandgüter errichten und bewirtschaften. Dazu wurde der so genannte Generalplan Ost entwickelt, welcher die Gliederung der Polen in verschiedenste Wertungsgruppen von I („Eindeutschungsfähig“) bis IV („nicht lebenswert“) zur Folge hatte.

Auch das alt-österreichische Galizien, das Baltikum, die Krim (das zukünftige „Gotenland“, wo man Südtiroler ansiedeln wollte) und die Wolga-Kolonie sollten deutsches Reichsgebiet werden. Das Ziel im Osten war die Etablierung eines deutschen Herrenvolks und versklavter „Untermenschen“. Man wollte auch „rassisch wertvolles Menschenmaterial“ aus diesen Gebieten „abschöpfen“, d. h. ins Reich eingliedern und dafür „Schmarotzer“ und „Herumlungerer“ aus dem Altreich in den Osten deportieren.

Das „Zentralclearing“ war ein Mechanismus zur zentralen Steuerung der internationalen Transaktionen der verbündeten oder unterworfenen Staaten. Es basierte auf der Reichsmark und bedeutete im praktischen Wirtschaftsleben, dass alle internationalen Transfers der beteiligten Staaten über Berlin abgewickelt wurden. Während viele Pläne zur Neuordnung Europas nie außerhalb akademischer Zeit- und Denkschriften verbreitet wurden, funktionierte das europäische Zentralclearing bis zum Ende des Nationalsozialismus. Da das Clearingsystem einen enormen Vorteil für das Deutsche Reich brachte, nennt Röhr es „verhohlenen Raub“. Die Warenschuld Deutschlands betrug gegen Kriegsende 35 Milliarden RM.

An der Neuordnung Europas waren, wie bereits angedeutet, verschiedene Konzerne maßgeblich beteiligt. Die I.G. Farben zum Beispiel entwickelte ehrgeizige Pläne zur Reorganisation der europäischen Chemieindustrie unter ihrer Hegemonie. Die Deutsche Bank und die Dresdner Bank kauften Banken in den besetzten Gebieten auf. Oft wurde die Übernahme von Firmen über Treuhänder oder Vermögensverwalter abgewickelt wie z. B. bei Krupp oder durch skrupellose „Arisierung“ und der Aneignung von „Feindvermögen“. Eine geplante Zollunion wurde nicht durchgeführt, da eine daraus folgende etwaige Angleichung des Lebensstandards nicht gewünscht wurde.

 

Juden, Oppositionelle und des Widerstands gegen den Nationalsozialismus verdächtigte Personen wurden planmäßig verschleppt, zur Zwangsarbeit herangezogen oder sofort ermordet. Großbritannien war von der Kapitulation Frankreichs (22. Juni 1940) bis zum deutschen Angriff auf die Sowjetunion (22. Juni 1941) Deutschlands einzig verbliebener europäischer Kriegsgegner. Dieses Durchhalten der Briten, das von Churchills Standfestigkeit gegenüber Adolf Hitler angeführt wurde, war von großer, wohl mitentscheidender Bedeutung für den Verlauf des Zweiten Weltkrieges. Das nationalsozialistische Deutsche Reich führte den Krieg gegen die UdSSR als einen Vernichtungskrieg. Hitler gilt dabei als treibende Kraft. Bereits in seinem Werk „Mein Kampf“ hatte er die Vorstellung der Eroberung von „Lebensraum im Osten“ weiterentwickelt, indem er sie mit Sozialdarwinismus, Rassenideologie, Antisemitismus und Antibolschewismus verknüpfte. Immer wieder betonte er, dass er Osteuropa bis zum Ural als Ergänzungs- und Siedlungsraum für ein künftiges „Großgermanisches Reich“ begriff. Der Vormarsch der Wehrmacht konnte im Winter 1941/42 vor Moskau erstmals abgewehrt werden. Nachdem die Rote Armee im Winter 1942/43 einen erneuten Vorstoß bei Stalingrad stoppen konnte, drängte sie die Invasoren nach und nach zurück. Im Juni 1944 gelang ihr dann die Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte, womit die deutsche Niederlage unausweichlich geworden war. Bis Ende 1944 musste die geschlagene Wehrmacht sich an die Reichsgrenzen zurückziehen.

Mit dem Kriegseintritt des Königreichs Italien an der Seite des Deutschen Reiches im Juni 1940 wurde auch Nordafrika zum Kriegsschauplatz. Das ab Februar 1941 an den Kämpfen beteiligte Deutsche Afrikakorps konnte zwar die Niederlage der Achsenmächte in Nordafrika verzögern, aber nicht abwenden. Nach der Niederlage bei El-Alamein (1942) schwanden Hitlers Aussichten, im globalen Maßstab gegen das britische Empire vorgehen zu können. Im November 1942 landeten anglo-amerikanische Truppen in Nordafrika und zwangen die deutschen und italienischen Truppen in Tunesien zur Kapitulation (Mai 1943). Nach der Landung auf Sizilien (Juli 1943), in der Normandie (Juni 1944) und in Südfrankreich (August 1944) führten auch US-amerikanische, britische, kanadische und französische Truppen in Kontinentaleuropa neben den sowjetischen Truppen einen Landkrieg gegen die Truppen der Wehrmacht. Italien stand ab Oktober 1943 offiziell auf der Seite der Alliierten. Ab Oktober 1944 drangen alliierte Truppen im Westen auf das Gebiet des Deutschen Reiches vor, und im Januar 1945 rückte die Rote Armee nach Ostpreußen vor. Mit Durchhaltebefehlen trieb die politische und militärische Führung derweil die deutschen Truppen noch im Frühjahr 1945 weiter in einen längst verlorenen Krieg, wodurch auf beiden Seiten noch Hunderttausende von Menschen getötet wurden. Am 25. April 1945 stießen an der Elbe US-amerikanische Truppen auf sowjetische Truppen. Am 8. Mai 1945 trat die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht in Kraft, der Krieg in Europa war damit beendet. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges stieg die Sowjetunion neben den USA in den Rang einer Supermacht auf.

Der Zweite Weltkrieg veränderte grundlegend die politischen und sozialen Strukturen der Welt. Die Organisation der UN wurde gegründet, deren ständige Mitglieder im Sicherheitsrat die Hauptsiegermächte des Zweiten Weltkriegs, USA, Sowjetunion, China, Großbritannien und Frankreich, wurden. Die USA und die Sowjetunion wurden zu Supermächten, deren Rivalität zum Kalten Krieg führte. Die europäischen Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich verloren ihre Großmachtstellung, und die meisten ihrer afrikanischen und asiatischen Kolonien wurden de facto unabhängig.

Von allen beteiligten Staaten hatte die Sowjetunion die meisten zivilen Opfer zu beklagen. Am Beispiel von Leningrad lassen sich die Ausmaße des millionenfachen Hungertodes exemplarisch verdeutlichen: Nachdem die Stadt Anfang September 1941 von deutschen Truppen eingekesselt wurde, konnte die Bevölkerung nicht mehr ausreichend versorgt werden. Während der Leningrader Blockade waren bereits bis zum Sommer 1942 ungefähr 470.000 Menschen gestorben. Die Schätzungen der Gesamtopferzahl reichen von 700.000 bis 1.500.000 Menschen bis zum Ende der Blockade am 27. Januar 1944. Die meisten Quellen geben eine Zahl von etwa 1.100.000 Toten an.

In anderen von deutschen Truppen besetzten Ländern Ost- und Südosteuropas (Polen, Serbien, Griechenland) musste die einheimische Bevölkerung ebenfalls einen sehr hohen Blutzoll zahlen, weil dort, vor allem in Polen, ebenso „ein Vernichtungskrieg geführt wurde“ Dazu kamen in Serbien und Griechenland Geiselerschießungen nach tatsächlichen oder vermuteten Partisanenaktionen.

In den besetzten Ländern Nord- und Westeuropas (Norwegen, Dänemark, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Nord- und Westfrankreich, britische Kanalinseln) lag dem Deutschen Reich aus politischen wie militärischen Gründen viel daran, sich als „korrekte Besatzungsmacht“ zu präsentieren, sicherte es doch die Disziplin der Truppe und sparte Ressourcen. Aber auch dort wurden Menschen, die als „rassisch minderwertig“ eingestuft wurden, und all jene, die das Besatzungsregime als widerständig einschätzte, zu keiner Zeit „korrekt“ behandelt.

Die Kaufkraft der deutschen Soldaten wurde auch dadurch gestärkt, dass der für die Reichsmark günstige Wechselkurs in Berlin festgesetzt wurde. „Jetzt bekommt man auch wieder allerhand für unser Geld zu kaufen“, schrieb ein Soldat. Die Besatzungsmacht transportierte Lebensmittel, Konsumgüter und Industrieprodukte nach Deutschland, „um auf diese Weise die Deutschen im Reich zu ernähren und bei Laune zu halten.“ Als Folge stiegen in den deutsch besetzten Ländern die Preise; nach und nach wurde fast alles rationiert. Der Schwarzmarkt blühte auf. Einzelne Sparten und Personen verdienten gut an den Deutschen. Renault konnte durch das Motorisierungsprogramm der Wehrmacht seinen Umsatz bis 1942 verfünffachen. Auch viele Baufirmen machten in großem Stil Umsatz und Gewinn, indem sie für die Besatzungsmacht Baracken, Straßen, Flugplätze und anderes bauten.

Für die deutsche Zivilbevölkerung hatte der Krieg zunächst keine direkten negativen Konsequenzen. Obwohl im weiteren Verlauf fast alle Waren des täglichen Bedarfs mit Lebensmittelkarten oder Bezugsscheinen rationiert wurden, gab es in den ersten Kriegsjahren keine mangelnde Versorgung mit Gütern. Das lag vor allem daran, dass meist zu Ungunsten der dortigen Bevölkerung viele Erzeugnisse und Rohstoffe aus den besetzten Ländern ins Reichsgebiet transferiert wurden.

Die Entrechtung und Verfolgung der jüdischen Minderheit war ein immanenter Bestandteil der nationalsozialistischen Politik. In zeitlicher Übereinstimmung mit der Ausweitung des Krieges durch den Überfall auf die Sowjetunion radikalisierte sich die Haltung gegenüber der Minderheit zur Vernichtungspolitik. Im von der Wehrmacht geschützten Hinterland im Osten führten die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD, Polizeireserveeinheiten und Wehrmachteinheiten unter dem Vorwand der Partisanenbekämpfung Massentötungen von Juden durch. Am 18. Dezember 1941 notierte Himmler in seinem Dienstkalender, Hitler habe auf sein Nachfragen das bisherige Vorgehen der Einsatzgruppen bestätigt und befohlen: „Judenfrage / als Partisanen auszurotten“.

Der „Kommissarbefehl“ vom 6. Juni 1941 veranlasste Wehrmachteinheiten und Einsatzgruppen zur Tötung von etwa 5000 kriegsgefangenen Rotarmisten mit tatsächlicher oder angenommener politischer Funktion. In einem Befehl Heydrichs an die Einsatzgruppen (17. Juli 1941) wurden Juden automatisch mit Politkommissaren gleichgesetzt. Bis Dezember 1941 wurden von Einsatzgruppen und Soldaten der Wehrmacht gemäß Partisanen- und Kommissarbefehl ungefähr eine halbe Million Menschen ermordet,fast 99 Prozent davon waren Juden. An vielen Orten unterstützten Wehrmachteinheiten logistisch die Einsatzgruppen. Schon vor Beginn des Feldzuges im Osten gab es Anweisungen, in denen „rücksichtsloses und energisches Durchgreifen besonders gegen bolschewistische Hetzer, Freischärler, Saboteure und Juden“ gefordert wurde. Die Wirklichkeit des Krieges ging noch darüber hinaus, als in den rückwärtigen Heeresgebieten oft ganze Dörfer niedergebrannt und alle Einwohner rücksichtslos erschossen wurden, wenn sie bloß im Verdacht standen, Partisanen Unterschlupf und Essen gewährt zu haben, während die Partisanen selbst rechtzeitig wieder in Wäldern verschwunden waren.

Ende 1941/Anfang 1942 entstanden sechs Vernichtungslager im besetzten Polen (Kulmhof, Belzec, Sobibor, Majdanek, Treblinka, Auschwitz-Birkenau). In Birkenau (Auschwitz II) wurde ein neues Tötungsmittel verwendet, das von den Ärzten im Euthanasieprogramm bereits im kleineren Umfang erprobt worden war: kristallisierte Blausäure (Zyklon B. Ende 1942 lebten von 2,3 Millionen Juden im Generalgouvernement keine 300.000 mehr. In einigen Ländern (beispielsweise in Dänemark, wo es zur Rettung der dänischen Juden kam), widersetzten sich die Regierung und/oder die Bevölkerung der Deportation und Ermordung ihrer jüdischen Mitbürger.

Etwa 200.000 Deutsche, die meisten davon Angehörige der Einsatzgruppen und anderer SS-Formationen, waren an den Massenmorden beteiligt. Spätestens im Sommer 1943 hat auch die große Mehrheit der Deutschen zumindest damit gerechnet, dass die im NS-Herrschaftsbereich lebenden Juden umgebracht werden sollten. Viele hatten Kenntnis von Massenmorden in Osteuropa.

Mindestens 13 Millionen (wahrscheinlich etwa 15 Millionen) Zivilisten wurden von Einsatzgruppen, SS-Angehörigen, Ordnungspolizei, Soldaten der Waffen-SS und Wehrmacht oder auch verbündeten Truppen der Achsenmächte, wie zum Beispiel von der kroatischen Ustascha, ermordet. Die meisten Massenmorde fanden im Rücken der Ostfront auf sowjetischem Gebiet und in Ostpolen statt (mindestens zwölf Millionen). Von den etwa 15 Millionen in Europa ermordeten Zivilisten waren mehr als 6,2 Millionen jüdischer Abstammung, ferner mindestens 220.000 Sinti und Roma etwa 275.000 „Euthanasie“-Opfer sowie Homosexuelle, Zeugen Jehovas und Freimaurer. An der Ermordung von Geisteskranken waren auch Ärzte beteiligt. Im Generalgouvernement, in den besetzten sowjetischen Gebieten, in Jugoslawien und in Frankreich wurden ungezählte Partisanen nicht nach dem Kriegsvölkerrecht behandelt. In allen besetzten Ländern gab es darüber hinaus zahlreiche Geiselerschießungen.

Insgesamt sind von den 5,7 Millionen Kriegsgefangenen der Roten Armee 3,3 Millionen ums Leben gekommen, die meisten von ihnen verhungert, aber auch Krankheiten, Misshandlungen, Erschießungen oder der Haft in einem Sonderlager zum Opfer gefallen. Dies bedeutet, dass 58 % der sowjetischen Kriegsgefangenen in deutscher Gefangenschaft starben. Von den 3,1 Millionen deutschen Kriegsgefangenen in sowjetischem Gewahrsam kamen 1,1 Millionen (35 %) um. Die Zahl der in deutschem Gewahrsam zu Tode gekommenen westalliierten Kriegsgefangenen war im Verhältnis deutlich geringer. So starben von 1,8 Millionen in deutsche Kriegsgefangenschaft geratenen französischen Soldaten knapp 50.000, das sind 2,8 %. China, für das der Krieg schon Mitte 1937 mit der japanischen Aggression begann, hatte mit ungefähr 14 Millionen im Krieg getöteten Menschen die zweithöchste Anzahl an Todesopfern zu beklagen. Aber auch in Indien verhungerten 1943 und 1944 mehr als zwei Millionen Zivilisten, davon die allermeisten in Bengalen, nachdem die Reisimporte aus dem japanisch besetzten Birma ausblieben.

Zu den vielen Verwundeten müssen auch zahlreiche als Deserteure verurteilte Soldaten hinzugezählt werden, die depressiv oder geisteskrank und deshalb unfähig zum Militärdienst waren, aber trotzdem verurteilt wurden, um die „Moral der Truppe aufrecht“ zu erhalten. Das geschah nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen kriegsbeteiligten Staaten.

Vielen Menschen war es nicht möglich, aus dem nationalsozialistischen Herrschaftsbereich zu fliehen, weil Staaten (wie die USA oder die Schweiz) zeitweise die Grenzen schlossen und (auch jüdischen) Flüchtlingen kein Asyl gewährten.

Die beiden Atombombenabwürfe auf Japan verursachten direkt und indirekt bis Ende 1945 mehr als 220.000 Opfer.

Insgesamt gerieten 11 Millionen Angehörige der Wehrmacht und der Waffen-SS in Kriegsgefangenschaft, davon 7,7 Millionen auf Seiten der Westmächte und 3,3 Millionen auf Seiten der UdSSR. Die Mehrzahl der etwa 3,6 Millionen deutschen Kriegsgefangenen in britischem Gewahrsam befand sich in Lagern in Großbritannien, Deutschland und Kanada. Ungefähr 3,1 Millionen deutsche Gefangene befanden sich in amerikanischen Lagern, zumeist in den Vereinigten Staaten.

Zur Zwangsarbeit unter dem NS-Regime wurden zwischen sieben und elf Millionen Menschen fast überall im Deutschen Reich und den besetzten Gebieten eingesetzt. Zum Teil arbeiteten sie in Fabriken neben KZ-Häftlingen unter ähnlich menschenunwürdigen Bedingungen, zum kleineren Teil glichen die Lebensbedingungen denen der Arbeit gebenden Handwerker- und Bauernfamilien. Der für sie als oberster Verantwortlicher ernannte Gauleiter Fritz Sauckel wurde 1946 im Rahmen der Nürnberger Prozesse zum Tode verurteilt und hingerichtet. Nach Kriegsende wurden deutsche Kriegsgefangene ebenfalls als Bestandteil der Reparationsleistungen zu Zwangsarbeit verpflichtet, vor allem in der Sowjetunion (bis 1956), aber auch in Westeuropa Nach Kriegsende gab es in Europa 6,5–12 Millionen als „Displaced Persons“ bezeichnete Personen, bei denen es sich in der Mehrzahl um befreite Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter aus ehemals besetzten Staaten und KZ-Häftlinge handelte. Diese wurden bis zu ihrer Repatriierung oder Aufnahme in Drittstaaten in sogenannten DP-Lagern untergebracht.

Auch die materiellen Schäden waren enorm. In Deutschland verloren etwa vier Millionen Menschen ihre Wohnung und mussten 400 Millionen Kubikmeter Schutt weggeräumt werden. In Köln, wo vor dem Krieg 750.000 Menschen gelebt hatten, waren es nur noch 40.000. Die „Trümmerfrauen“ wurden zu einem Symbol des Aufräumens und des Wiederaufbaus. In Frankreich wurden zwei, in Japan drei und in der Sowjetunion sechs Millionen Wohnungen zerstört. Fast die Hälfte der Eisenbahnschienen war beschädigt: in Deutschland 34.000 km, in Japan 50.000 km, in Frankreich 37.000 km.

Die späteren Siegermächte gingen im Abschlussprotokoll von Jalta davon aus, dass die Deutschen einen Schaden von 20 Milliarden Dollar in Europa angerichtet hätten. Bezogen auf das jährliche Sozialprodukt lag der Schaden in Deutschland (4,8 Mrd. Dollar) bei 140 Prozent, in Frankreich (2,1 Mrd. Dollar) bei 130 Prozent, in Polen (2 Mrd. Dollar) bei 300 Prozent und in der UdSSR (12,8 Mrd. Dollar) bei 250 Prozent. Die Sowjetunion sollte deswegen Reparationen im Wert von 10 Milliarden Dollar erhalten.

 

Schon während des 2. Weltkrieges waren sich die Alliierten darin einig, Deutschland für alle Zeiten als möglichen Kriegsgegner auszuschalten, seinen Militarismus und seine Rüstungsindustrie zu zerstören sowie die Verantwortungsträger der nationalsozialistischen Herrschaft vor ein Kriegsverbrechergericht zu stellen.

Der US-Präsident Roosevelt verkündete zum Abschluss der Konferenz in Casablanca im Sommer 1943 als vorrangiges Kriegsziel die bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reiches, Italiens und Japans („unconditional surrender“). Angestrebt werde nicht die Vernichtung der Völker, sondern die Zerstörung ihrer Kriegsmacht und ihrer auf Eroberung und Unterjochung anderer Länder ausgerichteten Weltanschauung.

Die Einsetzung dieser Kommission zum Studium der alliierten Nachkriegspolitik war wenige Wochen vor der Teheraner Konferenz der Regierungschefs von den Außenministern Hull, Eden und Molotow auf ihrer Moskauer Tagung beschlossen worden.

Auf der Konferenz in Teheran im November 1943 einigten sich Präsident Roosevelt, Premierminister Churchill und der sowjetische Staatschef  Stalin darauf, die Curzon-Linie als polnisch-sowjetische Grenze anzuerkennen, Polen im Westen bis zur Oder-Linie vorrücken zu lassen, die Regierungschefs erzielten jedoch keine Einigung und vertagten weitere Beschlüsse auf zukünftige Verhandlungen.

Auf der Konferenz in Jalta wurde beschlossen, dass die Streitkräfte Frankreichs, der Sowjetunion, der USA und Großbritanniens je eine besondere Zone Deutschlands besetzen. Der Plan sah eine koordinierte Verwaltung und Kontrolle durch eine Zentralkommission mit Sitz in Berlin vor, die aus den Oberbefehlshabern der vier Mächte besteht. Wie bereits die frühere Konferenz von Teheran ließ auch die Konferenz von Jalta viel Auslegungsspielraum offen. Nur über eine bedingungslose Kapitulation und die Entnazifizierung sowie die Entmilitarisierung Deutschlands war man sich von vornherein einig. Definitive Absprachen, Einzelheiten über die Abtretung der deutschen Ostgebiete oder die künftige polnische Westgrenze wurden nicht getroffen. Machtpolitische Erwägungen und Taktik bestimmten die Gespräche der Verbündeten, da der Krieg gegen das nationalsozialistische Deutschland seinem Ende entgegenging und die Erörterung der Nachkriegsordnung nun erörtert werden musste.

Die in der Kapitulationsurkunde angekündigten allgemeinen Bedingungen wurden Anfang Juni von den Oberbefehlshabern der Besatzungstruppen – dem amerikanischen General Eisenhower, dem Marshall der Sowjetunion Shukow, dem britischen Feldmarschall Montgomery und dem französischen Armeegeneral Lattre de Tassigny – verkündet, nachdem am 23. Mai die Geschäftsführende Reichsregierung des Großadmirals Dönitz in der Nähe von Flensburg verhaftet worden war.[1] Der Krieg hatte ein Drittel des deutschen Staatsvermögens von 1936 vernichtet, ein Fünftel aller gewerblichen Bauten und Produktionsmittel, zwei Fünftel aller Verkehrsanlagen, 15% des Wohnraumes zerstört sowie das Arbeitskräftepotential der Bevölkerung um annähernd ein Fünftel vermindert. Das Auslandsvermögen, die Handelsflotte und alle deutschen Patente wurden beschlagnahmt.[2]

Mit dem Zusammenbruch der durch Gesetze und Verordnungen gestützten Kriegswirtschaft versiegten die Lebensmittelzufuhren aus den von deutschen Truppen besetzten Ländern, so dass die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln stockte. Ein gewaltiger Geldüberhang ließ den Schwarzmarkt blühen, die Kriminalität stieg rapide an, Seuchen drohten auszubrechen.[3]

Das ganze Ausmaß der Konzentrationslager war zu diesem Zeitpunkt schon den Alliierten und der Weltöffentlichkeit bekannt und verschärfte den Hass auf das nationalsozialistische Regime und ihren vielen deutschen Helfern nochmals. Die von den alliierten Truppen befreiten Konzentrationslager enthüllten einen Schrecken, der das ganze Ausmaß der nationalsozialistischen Vernichtungslogik und Menschenverachtung zum Ausdruck brachte.[4] Nach der Befreiung der KZ-Gefangenen und deren medizinischer Versorgung sahen die Alliierten die Notwendigkeit, die deutsche Bevölkerung mit den unter ihren Augen begangenen Verbrechen zu konfrontieren. In den Konzentrationslagern wurden die unglaublichen Verbrechen sichtbar – auch für Menschen, die nicht bereits Augenzeugen der Verbrechen gewesen waren. Die örtliche Bevölkerung aus der Nachbarschaft der KZs wurde gezwungen, Lagerteile und Leichen der dort Ermordeten anzusehen. Sie wurde mehrfach gezwungen, Tote in würdigen Gräbern zu bestatten. Dabei ging es um unbestattete Leichen oder Umbettungen von Leichen aus Massengräbern.

Das Grauen des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau übertraf alles, was man sich bisher vorstellen konnte:[5]  Einige Krematorien und Gaskammern des KZ Birkenau wurden schon ab November 1944 abgerissen. Die Verbrennungsöfen wurden demontiert und sollten jüngsten Studien zufolge in dem noch als sicher geltenden KZ Mauthausen wieder aufgebaut werden. Das letzte Krematorium sprengten die Nationalsozialisten kurz vor der Befreiung des Lagers durch die anrückenden sowjetischen Truppen im Januar 1945. Zwischen dem 17. Januar 1945 und dem 23. Januar wurden etwa 60.000 Häftlinge evakuiert und in Todesmärschen nach Westen getrieben.

In den Lagern und Außenstellen blieben etwa 7500 Häftlinge zurück, die zu schwach oder zu krank zum Marschieren waren. Mehr als 300 wurden erschossen; man nimmt an, dass eine geplante Vernichtungsaktion nur durch das rasche Vorrücken der Roten Armee verhindert wurde.

Zuerst wurde das Hauptlager Monowitz am Vormittag des 27. Januar 1945 durch die 322. Infanteriedivision der 60. Armee der 1. Ukrainischen Front unter dem Oberbefehl von Generaloberst Pawel Kurotschkin befreit. Von den dort zurückgelassenen Gefangenen – die Angaben reichen von 600 bis 850 Personen – starben trotz medizinischer Hilfe 200 in den Folgetagen an Entkräftung.

Das Stammlager und Auschwitz-Birkenau wurden – auch durch die Soldaten der 322. Division – schließlich am frühen Nachmittag des 27. Januar befreit. In Birkenau waren fast 5.800 entkräftete und kranke Häftlinge, darunter fast 4.000 Frauen, unversorgt zurückgeblieben. In den desinfizierten Baracken wurden Feldlazarette eingerichtet, in denen die an Unterernährung und Infektionen leidenden und traumatisierten Häftlinge versorgt wurden.

Einige Tage später wurde die Weltöffentlichkeit über die Gräueltaten informiert. Die Ermittler fanden über eine Million Kleider, ca. 45.000 Paar Schuhe und sieben Tonnen Menschenhaar, die von den KZ-Wächtern zurückgelassen wurden.

In den Jahren 1940 bis 1945 wurden in die Konzentrationslager Auschwitz mindestens 1,1 Millionen Juden, 140.000 Polen, 20.000 Sinti und Roma sowie mehr als 10.000 sowjetische Kriegsgefangene deportiert. Knapp über 400.000 Häftlinge wurden registriert. Von den registrierten Häftlingen sind mehr als die Hälfte aufgrund der Arbeitsbedingungen, Hunger, Krankheiten, medizinischen Versuchen und Exekutionen gestorben.

Die nicht registrierten 900.000 nach Birkenau Deportierten wurden kurz nach der Ankunft ermordet. Als Obergrenze der Todesopfer im Konzentrationslager- und Vernichtungslagerkomplex Auschwitz wird die Zahl von 1,5 Millionen Opfern angegeben.

In der „[Berliner Deklaration] Erklärung in Anbetracht der Niederlage Deutschlands und der Übernahme der obersten Regierungsgewalt hinsichtlich Deutschlands durch die Regierungen des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken und durch die Provisorische Regierung der Französischen Republik“ in Anbetracht der Niederlage Deutschlands vom 5. Juni 1945 teilten die vier Siegermächte mit, dass sie „hiermit die oberste Regierungsgewalt in Deutschland übernehmen, einschließlich aller Befugnisse der deutschen Regierung, des Oberkommandos der Wehrmacht und der Regierungen, Verwaltungen oder Behörden der Länder, Städte und Gemeinden.[6] Die Übernahme zu den vorstehend genannten Zwecken der besagten Regierungsgewalt und Befugnisse bewirkt nicht die Annektierung Deutschlands.“[7]

Die fünfzehn Artikel dieser Erklärung regelten im Einzelnen die Entwaffnung und Gefangennahme aller deutschen Streitkräfte und die Verhaftung der nationalsozialistischen Rädelsführer. In einer am gleichen Tage veröffentlichten Feststellung über das Kontrollverfahren in Deutschland hieß es:[8]

„1. Während der Zeit, in der Deutschland die sich aus der bedingungslosen Kapitulation ergebenden grundlegenden Forderungen erfüllt, wird in Deutschland die oberste Gewalt von den Befehlshabern Großbritanniens, der Vereinigten Staaten, Sowjetrusslands und Frankreichs auf Anweisung ihrer Regierungen ausgeübt, von jedem in seiner eigenen Besatzungszone und gemeinsam in allen Deutschland als ein Ganzes zu betreffenden Angelegenheiten. Die vier Oberbefehlshaber bilden zusammen den Kontrollrat. Jeder Oberbefehlshaber wird von einem politischen Berater unterstützt.

2. Der Kontrollrat, dessen Entscheidungen einstimmig getroffen werden müssen, trägt für eine angemessene Einheitlichkeit des Vorgehens der einzelnen Oberbefehlshaber in ihren entsprechenden Besatzungszonen Sorge. (…)

3. Unter dem Kontrollrat sind ein ständiger Koordinationsausschuss, der sich aus einem Vertreter der vier Oberbefehlshaber zusammensetzt, und ein Kontrollstab tätig, der aus folgenden Abteilungen besteht: Heer, Marine, Luft, Transport, Politik, Wirtschaft, Finanzen, Reparationen und Wiedererstattung, Innere Angelegenheiten und Nachrichtenwesen, Rechtswesen, Kriegsgefangene und Zwangsverschleppte, Arbeitseinsatz. Jede Abteilung hat vier Leiter, von denen einer von jeder der vier Mächte ernannt wird.“

Berlin sollte von einer Interalliierten Behörde, bestehend aus den vier Stadtkommandanten, unter Aufsicht des Kontrollrates verwaltet werden. Den übrigen Kriegsgegnern Deutschlands wurde die Ernennung von Militärmissionen beim Kontrollrat empfohlen. Zwei weitere Dokumente, die das Datum des 5. Juni trugen, bestimmten, dass Deutschland in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 in vier Besatzungszonen, Berlin in vier Sektoren aufgeteilt und dass die übrigen verbündeten Regierungen gelegentlich von den vier Besatzungsmächten konsultiert würden.[9]

Weiterhin regelte die Erklärung die Freilassung der in deutscher Kriegsgefangenschaft befindlichen Personen (Art. 6), Verbot des Vernichtens von offiziellen Dokumenten (Art. 8), Einstellung des Rundfunks (Art. 9), Gefangennahme der Kriegsverbrecher (Art. 11) und Stationierung der alliierten Streitkräfte in Deutschland (Art. 12).

Die geplanten Grenzen der Besatzungszonen stimmten nicht mit dem Verlauf der Fronten am Ende des Krieges überein. Britische und US-amerikanische Truppen mussten sich aus Teilen Mecklenburgs, Thüringens und Sachsens zurückziehen, die der sowjetischen Besatzungszone zugeteilt worden waren. Anfang Juli rückten die sowjetischen Truppen vor und besetzten strategische Städte wie z.B. Schwerin, Halle, Leipzig, Weimar und Erfurt, während die drei Westmächte ihre Berliner Sektoren übernahmen.

Zu dieser Zeit hatten sich aber bereits starke politische Spannungen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion offenbart – vor allem wegen des sowjetischen Vorgehens in Polen, aber auch wegen der Einflussnahme der Sowjetunion auf die Regierungsbildungen in den Balkan-Staaten und Österreich.[10]

So hatte Churchill bereits am 4. Juni der amerikanischen Regierung mitgeteilt:[11] „Ich sehe dem im Mittelabschnitt unserer Front beabsichtigten Rückzug der amerikanischen Armee auf unsere Zonengrenzen mit größtem Unbehagen entgegen, ist doch damit der Vormarsch der Sowjetmacht im Herz Westeuropas und die Senkung eines eisernen Vorhangs zwischen uns und dem ganzen Osten verbunden. Ich hatte gehofft, dieser Rückzug würde, falls er überhaupt erfolgen muß, von der Regelung vieler wesentlicher Dinge begleitet sein, die allein eine echte Grundlage des Weltfriedens darstellen könnten. Noch ist nichts von Bedeutung geregelt.“

Die nach der Jalta-Konferenz entstandenen Meinungsverschiedenheiten sollten beigelegt, die Voraussetzungen für eine gemeinsame Nachkriegspolitik geschaffen werden, als die drei Regierungschefs vom 17.7-02.08 im Cäcilienhof bei Potsdam zusammenkamen. Die Leiter der Delegationen waren Präsident Truman, der an die Stelle des im April verstorbenen Franklin D. Roosevelt getreten war, unterstützt von seinem Außenminister Byrnes, Stalin und sein Außenminister Molotow, Premierminister Churchill und Außenminister Eden, die Ende Juli – nach dem Sieg der Labour-Party bei den britischen Unterhauswahlen – durch den neuen Regierungschef Attlee und Außenminister Bevin ersetzt wurden.[12]

Auf der Tagesordnung der Potsdamer Konferenz stand nicht nur das Deutschland-Problem. Im Fernen Osten dauerte der Krieg mit Japan an. Bis zu ihrer Politik gegenüber Spanien und der Türkei hatten die drei Mächte eine Fülle internationaler Probleme zu erörtern. „Als wir nach Potsdam gekommen waren, sahen wir uns hinsichtlich der polnisch-deutschen Grenze einer vollendeten Tatsache gegenüber“, berichtete Byrnes.[13] Die Sowjetunion hatten das deutsche Gebiet östlich der Oder und Neiße, das eigentlich zur sowjetischen Besatzungszone gehören sollte, polnischer Verwaltung unterstellt, ohne sich vorher mit den Regierungen in London und Washington abzustimmen:[14] „Die Sowjets hatten damit praktisch eine weitere Zone errichtet; sowohl Präsident Truman wie Premierminister Churchill baten sofort um eine Erklärung dieser einseitigen Handlungsweise. Die Sowjets rechtfertigten sich, indem sie sagten, die Deutschen seien vor den russischen Truppen geflohen.“

Die Westmächte beharrten darauf, dass die deutsch-polnische Grenze erst in einem Friedensvertrag festgelegt werden könne. Churchill warnte vor einer Hungersnot, wenn man Deutschland kurzfristig seiner landwirtschaftlich wichtigen Ostgebiete beraube. Truman erwähnte das schlesische Industriegebiet, ohne dass die von der Sowjetunion geforderten Reparationen – 20 Milliarden Dollar, von denen die Hälfte Russland zugute kommen sollte – nicht aufgebracht werden könnten. Ohnehin warnte die USA davor, Deutschland zu hohe Reparationen aufzuerlegen, die nur – wie nach dem 1. Weltkrieg - durch amerikanische Anleihen gesichert würden.

Erst in der Schlussphase der Potsdamer Konferenz gingen die westlichen Regierungen von ihrer Forderung ab, dass die östliche Neiße als vorläufige Grenze gelten, mithin Breslau und außerdem Stettin zu dem vom Kontrollrat verwalteten deutschen Gebiet gehören sollen. Stalins Machtpolitik setzte die Anerkennung der westlichen Neiße als Grenzlinie durch.[15] Auf der Konferenz wurde keine konkrete Festlegung des nördlichsten Grenzabschnittes bei und seewärts von Stettin getroffen.[16] Allerdings waren sich die Westalliierten und die Sowjetunion politisch insoweit darin einig, als der Hafen von Stettin dem polnischen Territorium zugeschlagen werden sollte. Polen hatte dies gegenüber den Alliierten im Vorfeld der Konferenz stets angeregt.

Dies galt auch für die Gegend um Königsberg. Im Artikel VI über die „Stadt Königsberg und das anliegende Gebiet“, hieß, dass die (…) Westgrenze der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, [die] an die Ostsee grenzt, von einem Punkt an der östlichen Küste der Danziger Bucht in östlicher Richtung nördlich von Braunsberg-Goldap und von da zu dem Schnittpunkt der Grenzen Litauens, der Polnischen Republik und Ostpreußens verlaufen soll.“[17]

Die Regierungschefs kamen überein, einen Rat der Außenminister mit einem in London ansässigen Sekretariat zu bilden, dem Frankreich und in bestimmten Fragen China angehören sollten. Diesem Rat wurde aufgetragen, rasch die Friedensverträge mit Italien, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Finnland vorzubereiten – anschließend ein ähnliches Dokument für Deutschland.

Über die bis zum Abschluss eines Friedensvertrages zu verfolgende gemeinsame Politik hieß es im Potsdamer Abkommen:[18] „Das deutsche Volk fängt an, die furchtbaren Verbrechen zu büßen, die unter der Leitung derer, welche es zur Zeit ihrer Erfolge offen gebilligt hat und denen es blind gehorcht hat, begangen wurden.“

Unter Berufung auf die Jalta-Beschlüsse bekräftigten die Regierungschefs erneut ihren Willen, Deutschland vollständig zu entmilitarisieren und alle nationalsozialistischen Organisationen und Einflüsse zu beseitigen:[19] „Die Verwaltung Deutschland muß in Richtung auf eine Dezentralisation der politischen Struktur und der Entwicklung einer örtlichen Selbstverwaltung durchgeführt werden. In ganz Deutschland sind alle demokratischen Parteien zu erlauben und zu fördern. Bis auf weiteres wird keine zentrale deutsche Regierung errichtet werden. Jedoch werden einige wichtige zentrale deutsche Verwaltungsabteilungen errichtet werden, an deren Spitze Staatssekretäre stehen, und zwar auf den Gebieten des Finanzwesens, des Transportwesens, des Verkehrswesen, des Außenhandels und der Industrie. Diese Abteilungen werden unter der Leitung des Kontrollrates tätig sein.“

Die wirtschaftlichen Grundsätze des Abkommens verpflichteten den Kontrollrat, Deutschland als ein einziges wirtschaftliches Ganzes zu betrachten, das Wirtschaftsleben so rasch wie möglich zu dezentralisieren – mit dem Ziel der Vernichtung der bestehenden übermäßigen Konzentration der Wirtschaftskraft, dargestellt insbesondere durch Kartelle, Syndikate, Trusts und andere Monopolvereinigungen – und schließlich mit Hilfe eines deutschen Verwaltungsapparates eine Kontrolle des Wirtschaftslebens zu gewährleisten:[20] „Nach der Bezahlung der Reparationen sind dem deutschen Volke genügend Mittel zu belassen, um ohne eine Hilfe von außen zu existieren.“

Wie hoch diese Reparationen sein würden, blieb in der Erklärung unerwähnt. Die Mächte sollten ihre Reparationsansprüche jeweils aus ihrer eigenen Besatzungszone und den von ihnen beschlagnahmten Auslandsguthaben auftreiben, wobei der Sowjetunion zusätzlich Lieferungen aus den westlichen Zonen zugesagt wurden.[21]

Die für Deutschland folgenschwersten Bestimmungen betrafen das Schicksal der Ostgebiete:[22] „Die Konferenz hat grundsätzlich dem Vorschlag der Sowjetregierung hinsichtlich der endgültigen Übergabe der Stadt Königsberg und des anliegenden Gebietes an die Sowjetunion (…) zugestimmt. Der Präsident der USA und der britische Premierminister haben erklärt, dass sie den Vorschlag der Konferenz bei der bevorstehenden Friedensregelung unterstützen werden. (…) Die Häupter der drei Regierungen bekräftigten ihre Auffassung, dass die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zu der Friedenskonferenz zurückgestellt werden soll. Die Häupter der drei Regierungen stimmen darin überein, daß bis zur endgültigen Festlegung der Westgrenze Polens die früheren deutschen Gebiete östlich der Linie, die von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort die Oder entlang bis zur Einmündung der westlichen Neiße, und die westliche Neiße entlang bis zur tschechoslowakischen Grenze verläuft, einschließlich des Teiles Ostpreußens, der nicht unter die Verwaltung der UdSSR (…) gestellt wird, und einschließlich des Gebietes der früheren Freien Stadt Danzig unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen.“

Byrnes berichtete, die Konferenz habe in guter Stimmung geendet, obwohl die US-amerikanische Delegation weniger zuversichtlich abgereist sei als nach der Konferenz in Jalta:[23] „Wir waren fest davon überzeugt, daß die erzielten Beschlüsse eine Grundlage für die baldige Wiederherstellung dauerhafter Verhältnisse in Europa bildeten. Tatsächlich haben die Beschlüsse die Konferenz zu einem Erfolg gemacht, aber die Verletzung dieser Beschlüsse verwandelte den Erfolg in einen Fehlschlag.“

Frankreich, das seine Vertreter in die Europäische Beratungskommission entsandt und die Deklarationen vom 5. Juni mit unterzeichnet hatte, war zur Potsdamer Konferenz nicht hinzugezogen worden.[24] Die französische Regierung unter dem Vorsitz von General de Gaulle beschränkte sich darauf, das Potsdamer Abkommen zur Kenntnis zu nehmen und nur Teile davon offiziell zu akzeptieren (z.B. die Beschlüsse über die deutschen Ostgebiete). Frankreich erhob Vorbehalte hinsichtlich der geplanten Zentralverwaltung, sperrte seine eigene Zone für Flüchtlinge und Vertriebene und begann, auf eine Abtrennung des Saargebietes und eine Internationalisierung der Ruhr zu drängen. Vornehmlich am französischen Widerstand sollte in den folgenden zwei Jahren die Bildung einer dem Kontrollrat unterstellten deutschen Zentralgewalt scheitern.




[1] Olsen, G.: Germany after the Second World War, Boston 1991, S. 17

[2] Danyel, J./Groehler, O./Kessler, M.: Antifaschismus und Verdrängung. Zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in der DDR, in: Kocka, J./Sobrow, M. (Hrsg.): Die DDR als Geschichte. Fragen-Hypotheken-Perspektiven, Berlin 1994, S. 148-152, S. 149

[3] Schöneburg, K.-H./Mand, R.: Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik. Band 1: 1945-1949, Berlin (Ost) 1966, S. 17

[4] Danyel, J./Groehler, O./Kessler, M.: Antifaschismus und Verdrängung. Zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in der DDR, in: Kocka, J./Sobrow, M. (Hrsg.): Die DDR als Geschichte. Fragen-Hypotheken-Perspektiven, Berlin 1994, S. 148-152, S. 149

[5]Dülffer, J.: Jalta, 4. Februar 1945, der Zweite Weltkrieg und die Entstehung der bipolaren Welt,  München 1998, S: 65ff

[6] Ebd., S. 18

[7] Hohlfeld, J.(Hrsg.): Dokumente der deutschen Politik und Geschichte von 1948 bis zur Gegenwart, 8 Bände, Berlin 1951ff, S. 3

[8] Ebd. S. 8f

[9] Danyel, J./Groehler, O./Kessler, M.: Antifaschismus und Verdrängung. Zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in der DDR, in: Kocka, J./Sobrow, M. (Hrsg.): Die DDR als Geschichte. Fragen-Hypotheken-Perspektiven, Berlin 1994, S. 148-152, S. 148

[10]Erdmann, K.D.: Das Ende des Reiches und die Entstehung der Republik Österreich, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, 9. Auflage, München 1999, S. 34

[11] Zitiert aus Müller, P.: Deutschland 1945-1949, Berlin 1997, S. 78f

[12] Leonhard, W.: Die Revolution entlässt ihre Kinder, Köln/Berlin 1955, S. 29

[13] Ebd., S. 87

[14] Ebd., S. 88

[15] Schöneburg, K.-H./Mand, R.: Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik. Band 1: 1945-1949, Berlin (Ost) 1966, S. 24

[16]Urban, T.: Der Verlust. Die Vertreibung der Deutschen und der Polen im 20. Jahrhundert. München 2004, S. 119

[17] Zitiert aus Schubarth, W./Schmidt, T.: „Sieger der Geschichte“. Verordneter Antifaschismus und die Folgen, in: Heinemann, K.-H./Schubarth, W. (Hrsg.): Der antifaschistische Staat entlässt seine Kinder. Jugend und Rechtextremismus in Ostdeutschland, Köln 1992, S. 12-18, hier S. 13

[18] Hohlfeld, Dokumente der deutschen Politik und Geschichte von 1948 bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 26ff

[19] Ebd., S. 31f

[20] Ebd., S. 33

[21] Schöneburg, K.-H./Mand, R.: Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik. Band 1: 1945-1949, Berlin (Ost) 1966, S. 109

[22] Ebd., S. 33

[23]  Zitiert aus Moseley, I.: Die Friedenspläne der Allierten, New York 1997, S. 32

[24]Fischer, A. (Hrsg.), Teheran, Jalta, Potsdam. Die sowjetischen Protokolle von den Kriegskonferenzen der „Großen Drei“. 2. Aufl., Köln 1973, S. 265

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