Die DDR nach ihrer Gründung 1949

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Die DDR nach ihrer Gründung 1949

 

Die Konstituierung der Deutschen Demokratischen Republik

 

Parallel zur Gründung der Bundesrepublik vollzog sich in der SBZ die Konstituierung der DDR.[1] Den Tag des Zusammentritts des Bundestages in Bonn bezeichnete das SED-Politbüro als „Tag der nationalen Schande“, Bundestag und Bundesregierung entbehrten der Rechtsgültigkeit.

Am 7. Oktober trat der Deutsche Volksrat unter dem Vorsitz Wilhelm Piecks in Ostberlin zusammen und konstituierte sich als „Provisorische Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik“. Nach der Verfassung wären Volkskammerwahlen notwendig gewesen. Man verschob diese Wahlen auf den Herbst 1950 – ebenso wie die Gemeinde – und Landtagswahlen. In den bürgerlichen Parteien verlangten zahlreiche Politiker den Verzicht auf die im Mai angewandte Einheitsliste.

Präsident der Volkskammer wurde der LDPD-Politiker Dieckmann. Am 10. Oktober wählten die fünf Landtage der SBZ die 34 Mitglieder der „Provisorischen Länderkammer“, in die Ostberlin sieben Beobachter entsandte.[2]

Volkskammer und Länderkammer traten am 11. Oktober zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen und wählten einstimmig Wilhelm Pieck (SED) zum Präsidenten der DDR.

Am folgenden Tag bestätigte die Volkskammer mit der gleichen Einmütigkeit die Regierung des Ministerpräsidenten Otto Grotewohl (SED).[3] Ihr gehörten drei stellvertretende Ministerpräsidenten an: Ulbricht (SED), Kastner (LDPD) und Nuschke (CDU). Von den 14 Fachministerien übernahm die SED sechs (Inneres, Planung, Industrie, Justiz, Volksbildung, Außenhandel), die CDU drei (Auswärtige Angelegenheiten, Arbeit und Gesundheitswesen, Post- und Fernmeldewesen), die LDPD zwei (Finanzen, Handel und Versorgung), je ein Ressort die DBD (Land- und Forstwirtschaft), die NDPD (Aufbau) und der Kulturbund (Verkehr).

In seiner Regierungserklärung beschuldigte Grotewohl die Westmächte, Deutschland gespalten zu haben. Er bekannte sich zur Oder-Neiße-Linie als „Friedensgrenze, die ein freundschaftliches Verhältnis mit dem polnischen Volk ermöglicht.“[4]

Unter Berufung auf die Warschauer Beschlüsse vom Juni 1948 erklärte Grotewohl:[5] „Die Freundschaft mit der Sowjetunion, den Volksdemokratien und allen anderen friedliebenden Völkern ist daher die Grundlage der Außenpolitik der Regierung.“

Am 13. Oktober sandte der Vorsitzende des sowjetischen Ministerrates, Marshall Stalin, ein Telegramm am Pieck und Grotewohl, in dem er die Bildung der DDR als einen „Wendepunkt in der Geschichte Europas“ feierte.[6]

Die Sowjetunion tauschte offizielle diplomatische Vertreter mit der DDR-Regierung aus; sie ernannten ihren bisherigen Botschafter in Ungarn, G.M. Puschkin, zum Leiter der diplomatischen Mission in Ostberlin. An die Stelle der SMAD trat eine sowjetische Kontrollkommission, die die Erfüllung des Potsdamer Abkommens und anderer Vier-Mächte-Vereinbarungen überwachen sollte. Als Chef dieser Kontrollkommission fungierte Armeegeneral Tschuikow, Oberbefehlshaber der sowjetischen Truppen in Deutschland. Politischer Berater der SKK wurde Botschafter Semjonow.

Die kommunistischen Staaten erkannten die DDR de jure an, obwohl es in Polen und der Tschechoslowakei noch gewisse Vorbehalte gab.

Die Deutsche Wirtschaftskommission bildete den Grundstock des neuen Regierungsapparates. Die SED bestritt zwar weiterhin die Legalität der Organe der Bundesrepublik, forderte aber gleichzeitig eine „Verständigung zwischen der Bonner Regierung und der Regierung der DDR.“[7]

Zur Konstituierung der DDR nahm Bundeskanzler Adenauer am 21.10.1949 in einer Rede vor dem Bundestag Stellung, die den Beifall aller Fraktionen mit Ausnahme der KPD-Abgeordneten fand:[8] „Nach dem völligen Zusammenbruch aller staatlichen Organisationen in Deutschland mit der bedingungslosen Kapitulation kann eine Organisation dann den Anspruch darauf erheben, ein legitimer Staat zu sein, wenn sie auf dem freien Willen der Bevölkerung beruht. (…) In der Sowjetzone gibt es keinen freien Willen der deutschen Bevölkerung. Das, was jetzt dort geschieht, wird nicht von der Bevölkerung getragen und damit legitimiert. Die Bundesrepublik Deutschland stützt sich dagegen auf die Anerkennung durch den frei bekundeten Willen von rund 23 Millionen stimmberechtigten Deutschen. Die Bundesrepublik Deutschland ist somit bis zur Erreichung der deutschen Einheit insgesamt die alleinige staatliche Organisation des deutschen Volkes.“

Die Bildung zweier Regierungen in Bonn und Ostberlin war ein Ausdruck einer sich vertiefenden Spaltung Deutschlands, die die folgenden Jahrzehnte bestimmen sollte.[9]

 

 

 

 

 

 

 

 

 Auswirkungen des Koreakrieges

 

Im Sommer 1950 wurden die politischen Entwicklungen in der Welt durch Ereignisse überschattet, die einen neuen Höhepunkt in der Auseinandersetzung zwischen Ost und West darstellten. Der Einmarsch nordkoreanischer Truppen über die Demarkationslinie des 38. Breitengrades nach Südkorea und der folgende Koreakrieg wirkten ähnlich wie die Berliner Blockade von 1948/49 als Krisenherd in der Weltpolitik.

Die Niederlage Japans im 2. Weltkrieg beendete seine Herrschaft über Korea, dessen staatliche Unabhängigkeit in den Konferenzen von Kairo (1943) und Jalta (1945) sowie im Potsdamer Abkommen (1945) garantiert wurde.[10] Am 08.08.1945 besetzten sowjetische Truppen Nordkorea, amerikanische Einheiten den Süden des Landes, der 38. Breitengrad wurde als Demarkationslinie festgelegt. In Südkorea errichteten die USA eine Militärregierung, während im Norden die kommunistische Koreanische Arbeiterparte unter sowjetischem Schutz eine kommunistische Ordnung aufbaute, die von Anfang an durch die Person Kim Il Sungs geprägt war. Amerikanische-sowjetische Verhandlungen scheiterten nach mehreren Versuchen schließlich. Im Süden konstituierte sich am 15.08.1948 die Republik Korea unter Präsident Syngman Rhee. Am 09.09.1948 proklamierte die Oberste Volksvertretung Nordkoreas die Demokratische Volksrepublik Korea unter Ministerpräsident Kim Il Sung.

Der Koreakrieg wurde ausgelöst durch nordkoreanische Truppen, die am 25.06.1950 die Demarkationslinie überschritten und fast ganz Südkorea eroberten. [11] Die Bedrohung des Status Quo führte zum Eingreifen einer UN-Streitmacht, die unter Mitbeteiligung von 15 weiteren Staaten im Wesentlichen von den USA gestellt wurde. Die Offensive der UN-Truppen begann am 15.09 und drängte die nordkoreanische Armee über den 38. Breitengrad zurück. Nach einer Gegenoffensive, die von der Volksrepublik China unterstützt wurde, stabilisierte sich die Front unmittelbar nördlich vom 38. Breitengrad. Am 10.07.1951 begannen die Waffenstillstandsverhandlungen, die am 27.07.1953 zum Abkommen von Panmunjom führten, es legte die Grenze zwischen den beiden Landesteilen auf den 38. Breitengrad fest, bestimmte eine entmilitarisierte Zone und setzte eine Überwachungskommission ein.

Für die Verhältnisse in Deutschland war der Koreakrieg besonders bedeutsam, weil parallele Züge in den Entwicklungen des fernöstlichen Landes und Deutschlands auf der Hand lagen und darum Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit der eigenen Lage gezogen wurden. Ferner war die Deutschlandpolitik von weltweiten Konsequenzen, die der Westen aus dem Koreakrieg zog, stark mit betroffen.

Nach dem Umsturz in der Tschechoslowakei und die Berliner Blockade interpretierte der Westen den Koreakrieg als weiteren Höhepunkt der sowjetischen Machtpolitik und malte trotz des seit 1949 bestehende Verteidigungssystems der NATO das Schreckgespenst der Sowjetisierung Europas an die Wand.

Aus Sicht der Westmächte war das militärische Potential der Sowjetunion und ihrer verbündeten Staaten wesentlich größer als das eigene. Seine Überlegenheit wurde noch gesteigert, als es der Sowjetunion gelang, Atombomben zu bauen und damit in Konkurrenz zur USA zu treten. In Asien ergab sich durch den Sieg der chinesischen Kommunisten eine erhebliche Ausweitung des kommunistischen Blocks. Diese Vorgänge ließen die Bedenken gegen neue Aufwendungen für militärische Zwecke hinfällig werden. Der Koreakrieg führte zur weiteren Militarisierung auch in Europa und insbesondere in Deutschland.[12]

Für die durch Besatzungstruppen geschützte, selbst aber unbewaffnete Bundesrepublik wurde die Frage der „Wiederbewaffnung“ gestellt.[13]

Bei der Gründung der Bundesrepublik war der gelegentlich geäußerte Gedanke an eine militärische Aufrüstung noch zurückwiesen worden, und zwar sowohl von den Besatzungsmächten als auch von vielen Deutschen selbst. Am 21.11.1949 hatte der ehemalige amerikanische Militärgouverneur Lucius D. Clay als Privatmann die Aufstellung von gemischten europäischen Streitkräften gefordert, wobei „sich auch Deutschland mit beschränkten Streitkräften eines besonderen Typus an dieser Organisation beteiligen könnte.“ [14]

Sprecher aller Besatzungsmächte dementierten damals jedoch Remilitarisierungsabsichten. Am 03.12.1949 erklärte Bundeskanzler Adenauer in einem Presseinterview:[15] „In der Öffentlichkeit muß ein für allemal klargestellt werden, daß ich prinzipiell gegen eine Wiederaufrüstung der Bundesrepublik Deutschland und damit auch gegen eine Errichtung einer neuen deutschen Wehrmacht bin.“

Am selben Tage betonte er einem amerikanischen Korrespondenten gegenüber, dass weder eine deutsche Aufrüstung noch eine Beteiligung Deutscher in anderen Armeen in Frage käme. Nur wenn die Alliierten unabdingbar einen deutschen Beitrag zur Sicherheit Europas verlangen, sei „im äußersten Fall (…) alsdann die Frage eines deutschen Kontingents im Rahmen der Armee einer europäischen Förderation zu überlegen.

Noch am 24.5.1950, einen Monat vor Beginn des Koreakrieges, veröffentlichte der Alliierte Hochkommissar ein Gesetz zur Verhinderung der deutschen Wiederaufrüstung, das zusammen mit sieben Durchführungsverordnungen am 1.Juni in Kraft trat. Es sollte „die Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands auf industriellem Gebiet sicherstellen.“

Kaum zwei Monate nach Ausbruch des Krieges in Korea äußerte Adenauer in einem Presseinterview:[16] „Baut man eine Verteidigung auf oder nicht? Bis jetzt hat das deutsche Volk seine Haltung gegen die Drohung des Kommunismus durch sein Vertrauen auf die bewaffneten Streitkräfte der Vereinigten Staaten bewahrt. Die Ereignisse in Korea haben aber eine merkliche Auswirkung gehabt, und es besteht ein Gefühl der Hilflosigkeit, daß die Russen eines Tages die Macht ergreifen werden. (…) Wir müssen die Notwendigkeit der Schaffung einer starken deutschen Verteidigungskraft erkennen. Ich will nicht von einer Armee oder Waffen sprechen, aber diese Streitmacht muß stark genug sein, um jede mögliche, den Vorgängen in Korea ähnelnde Aggression der Sowjetzonenvolkspolizei abzuwehren. So stark wie diese Volkspolizei ist, müssen wir auch sein. Das Ausmaß der Bewaffnung und Ausbildung muß dem Ausmaß der Bewaffnung und Ausbildung der Volkspolizei entsprechen.“

Mit diesen Worten war noch keine Entscheidung getroffen, aber eine grundlegende Wendung der deutschen Politik kündigte sich deutlich an. Auch bei den Westmächten wurde daraus kein Hehl mehr gemacht. Das Kommuniqué der New Yorker Außenministerkonferenz vom 19.09.1950 enthielt folgende Worte:[17] „Die Frage, die durch das Problem der Teilnahme der deutschen Bundesrepublik an der gemeinsamen Verteidigung Europas aufgeworfen wird, ist zur Zeit Gegenstand von Untersuchungen und Gedankenaustausch.“

Natürlich waren die Widerstände innerhalb und außerhalb Deutschlands groß.[18] Die Sowjetunion und andere kommunistische Staaten protestierten auf der Prager Konferenz vom 20-21.10.1950 gegen eine Remilitarisierung. Es stellte für die Kämpfer gegen den Nationalsozialismus und für eine Zerschlagung der deutschen Militärmacht eine unmöglich zu akzeptierende Tatsache dar.

Die in Korea evident gewordene Bedrohung des Westens war indessen stark genug, um schließlich doch die Einbeziehung Westdeutschlands in ein gemeinsames Verteidigungssystem voranzutreiben und aus der nationalsozialistischen Vergangenheit herrührende Befürchtung zurückzudrängen.[19] Denjenigen Kritikern, die sich gegen die Wiedereinrichtung einer deutschen Militärmacht wandten, wurde dadurch Wind aus den Segeln genommen, dass der Gedanke an neue nationale Streitkräfte von vornherein nicht ernsthaft erwogen wurde, sondern dass nur ein deutscher Wehrbeitrag innerhalb transnationaler organisierter Verbände zur Debatte stand. Damit konnte eine stärkere Koordination der westeuropäischen Verteidigung als auch eine internationale Kontrollmöglichkeit im Hinblick auf eventuelle neue, einseitig nationale Ambitionen Deutschlands gewährleistet werden.

Während die Gespräche über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) über die ersten Ansätze noch nicht hinausgekommen waren, erfolgten Maßnahmen, die wenigstens einen Minimalschutz der Bundesrepublik gegenüber der Sowjetzone mit ihrer bereits seit 1948 aufgebauten kasernierten Volkspolizei bieten konnten. Mit Einwilligung der Besatzungsmächte wurden 1951 eine bewaffnete Bereitschaftspolizei der Länder von zunächst 10.000 Mann und ein Bundesgrenzschutz von gleicher Stärke aufgebaut. Aufgabe des später auf 20.000 Mann verstärkten Grenzschutzes war es, an der Sowjetzonengrenze einen Sicherheitsgürtel zu ziehen und die Infiltration unerwünschter Personen in die Bundesrepublik zu verhindern.[20]

 

 

 

Entwicklungen in der DDR 1950 bis 1952

 

Während sich in der Bundesrepublik das politische Leben seit Inkrafttreten des Grundgesetzes vielseitig und in neuen Formen weiterentwickelte, nahmen Vereinheitlichung und Gleichschaltung von Parteien und Verwaltung, von Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR ihren Fortgang.[21] Die Auseinanderentwicklungen beider Teile Deutschlands verstärkte eine Kluft, die trotz aller Bemühungen auf vielen Ebenen immer weniger überwindbar erschien.[22]

Am 07.10.1949, als die Verfassung der DDR in Kraft trat, wurde in Ostberlin die „Nationale Front“ gegründet. Diese als „breiteste Massenorganisation“ gedachte Organisation umfasste nicht nur Mitglieder der bestehenden Parteien und Verbände, sondern darüber hinaus viele Parteilose. Ihre Aufgabe wurde die Aktivierung breiter Kreise für die politischen Ziele der SED durch Aufklärung und Agitation. Als oberstes Organ wählten die Landesausschüsse der Nationalen Front am 03.02.1950 den Deutschen Nationalrat. Von nun an wurden für die Wahlen in der DDR nur noch Einheitslisten von Kandidaten der Nationalen Front aufgestellt.

Die nach der Verfassung vorgeschriebene Wahl zur Volkskammer sowie die im Herbst 1949 fällig gewesenen Landtags-, Kreis- und Gemeindewahlen fanden nach einjährigem Aufschub schließlich am 15.10.1950 statt.[23] Nach dem amtlichen Wahlergebnis sollen 98,44% der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben haben, davon wiederum 99,7% für die Einheitsliste. Eine geheime Stimmabgabe war in vielen Fällen nicht möglich. Der Bundestag, die Bundesregierung und die drei westlichen Hochkommissare hatten schon vorher erklärt, dass die Wahlen nicht den freien Willen der Bevölkerung zum Ausdruck bringen könnten, da bei einer Einheitsliste keine echte Willensbildung möglich sei. Die Westberliner Parteien hatten die Ostberliner Bevölkerung aufgefordert, durch Einsendung des Lebensmittelkartenstammabschnitts an den Magistrat ein Votum gegen die kommunistische Herrschaft und für freie und geheime Wahlen abzugeben. Fast die Hälfte der stimmberechtigten Bevölkerung soll dieser Aufforderung Folge geleistet haben.

Der Ausbau der DDR zu einer Volksdemokratie nach dem Vorbild anderer sozialistischer Staaten trat 1952 durch eine Reihe einschneidender Maßnahmen in ein neues Stadium ein. Sie zielten auf eine schärfere Abgrenzung der DDR von Westdeutschland, auf eine Zentralisierung der Verwaltung im Innern und auf eine Eingliederung in das politische Gefüge der Ostmächte.[24]

Am 26.05.1952 erließ die Regierung eine Verordnung über Sperrmaßnahmen an der Zonengrenze:[25] „Die entlang der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und Westdeutschland festgelegte Sperrzone umfasst einen 10 m breiten Kontrollstreifen unmittelbar an der Demarkationslinie, anschließend einen etwa 500m breiten Schutzstreifen unmittelbar an der Demarkationslinie und dann eine etwa 5 km breite Sperrzone. (…) Das Überschreiten des 10 m Kontrollstreifens ist für alle Personen verboten. (…) Bei Nichtbefolgung der Anordnungen der Grenzstreifen wird von der Waffe Gebrauch gemacht. (…) Einwohner der Deutschen Demokratischen Republik müssen einen Passierschein für die Einreise in die 5 km Sperrzone beantragen. (…) Innerhalb des 500 m Schutzstreifens ist der Aufenthalt auf Straßen und Feldern, der Verkehr aller Art von Transportmitteln und die Ausführung von Arbeiten aller Art außerhalb der Wohnungen nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gestattet.“

Aufgrund dieser Verordnung wurde der 10 m Streifen entlang der Zonengrenze vielerorts eingeebnet und umgepflügt.

Auf einer Parteikonferenz der SED am 12.07.1952 wurde beschlossen, zum „planmäßigen Aufbau des Sozialismus“ überzugehen, durch eine Verwaltungsreform den Staatsaufbau zu zentralisieren, die Justiz durch Ausarbeitung neuer Gesetzbücher umzugestalten, nationale Streitkräfte aufzustellen und die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) zu fördern. In dem Beschluss hieß es:[26] „Die Schaffung der Aktionseinheit der kommunistischen, sozialdemokratischen, christlichen und parteilosen Arbeiter, das Bündnis der Arbeiterklasse mit den werktätigen Bauern und der Zusammenschluß aller deutschen Parteien in der Friedensbewegung und in der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands ist die vordringlichste Aufgabe. Der große Befreiungskampf des patriotischen Deutschen gegen die fremden imperialistischen Eindringlinge und Ausbeuter erfordert zugleich den entschiedenen Kampf gegen die rechten sozialdemokratischen Führer und Gewerkschaftsführer, die den Feinden der deutschen Nation Hilfsdienste leiten. (…) Das Hauptinstrument bei der Schaffung der Grundlagen des Sozialismus ist die Staatsmacht.“

Dem Parteibeschluss entsprechend wurden am 23.07.1952 durch Gesetz die bestehenden fünf Länder der DDR, Mecklenburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen, aufgelöst und stattdessen 14 Verwaltungsbezirke eingerichtet:[27] „Die örtlichen Organe der Staatsgewalt müssen (…) so reorganisiert werden, daß der Staatsapparat die Möglichkeit erhält, den Willen der Werktätigen, der in den Gesetzen der Deutschen Demokratischen Republik zum Ausdruck gebracht ist, unverbrüchlich zu erfüllen.“

Es existierte gegenüber Westdeutschland ein eklatanter Unterschied in den bereichen Produktivität und Lebenshaltung. Das amerikanische Angebot zur Wirtschaftshilfe war 1947 von der SMAD und von der SED und LDPD abgelehnt worden. Die Vorsitzenden der Ost-CDU, Jakob Kaiser und Ernst Lemmer, hatten sich für die Beteiligung der SBZ ausgesprochen. Daraufhin wurden sie als „Agenten der amerikanischen Reaktion“ bezeichnet worden, und die sowjetische Militärverwaltung hatte die Verbindung zu ihnen abgebrochen. Beide setzten ihre politische Tätigkeit im Westen fort.

Die wirtschaftliche Unzufriedenheit vieler Menschen in der DDR dokumentierte sich in den hohen Flüchtlingszahlen: ab September 1949 beantragten 129.245 Menschen aus Ostberlin und der DDR das Notaufnahmeverfahren in Westberlin und in der Bundesrepublik. Im Jahre 1950 wurden 197.788 Anträge gezählt, ein Jahr später sank die Zahl auf 165.648. 1952 verließen 182.393 Menschen die DDR.

Die große Zahl der Flüchtlingszahlen war nicht nur ein Symptom für die Stimmung der Bevölkerung, sondern zugleich auch ein steigender Verlust an Produktivkraft, der sich auf den wirtschaftlichen Aufbau negativ auswirkte.[28]

Das Wirtschaftssystem in der SBZ hatte schon in den ersten Jahren der Besatzung die Form einer zentral gelenkten Planwirtschaft bzw. einer unmittelbaren Staatswirtschaft erhalten. Beim weiteren Ausbau dieses Systems wurde das Schwergewicht auf die Grundstoff- und Schwerindustrie, nicht auf die Konsumgüterindustrie gelegt.[29] Dafür waren zunächst die sowjetischen Reparationsforderungen ausschlaggebend, später die Absicht, die Staatsmacht der DDR zu festigen und das industrielle Gesamtpotential der kommunistischen Länder zu vergrößern. Bis 1951 waren 77% der gesamten industriellen Produktion in Volkseigentum übergeführt. Die Landwirtschaft war dagegen noch fast völlig in Privatbesitz, wobei auch hier eine Ablieferungspflicht nach festgesetzten Normen bestand. Abgesehen von den Waren, die die Läden der staatlichen Handelsorganisation (HO) zu überhöhten Preisen anboten, blieben Lebensmittel und Verbrauchsgüter noch auf Jahre hinaus rationiert. Die Versorgung der Bevölkerung wies immer wieder erhebliche Mängel auf.[30]

Die Entwicklung der gesamten Wirtschaft in der DDR wurde nach sowjetischem Vorbild durch Jahrespläne geregelt, die die staatliche Plankommission nach den Weisungen der SED ausarbeitete. Das Entwicklungstempo und das Verhältnis der Produktion einzelner Industriezweige zueinander wurden hier festgelegt. Der Volkswirtschaftsplan für das Jahr 1950, der von der Provisorischen Volkskammer am 09.02.1950 genehmigt wurde, sah eine Steigerung um 21% der Industrieproduktion vor, wobei dies Ziel durch „Entwicklung der Aktivistenbewegung, Aufstellung technisch begründeter Arbeitsnormen, Einführung des Leistungslohns und die Einschränkung unproduktiver Arbeit“ erreicht werden sollte.[31] Für die Jahre 1951-1955 gab es erstmalig einen Fünfjahresplan. Er forderte eine Steigerung der Industrieproduktion von 23 Milliarden auf 43,8 Milliarden DM, eine Erhöhung der landwirtschaftlichen Erträge um 25% und eine Hebung des Volkseinkommens um 60%. Als Auftakt für dieses Programm fand im Januar 1951 die Grundsteinlegung für das Eisenhüttenkombinat Ost in Fürstenberg an der Oder statt, wo russisches Erz mit schlesischer Kohle verarbeitet werden sollte. Der erste Fünfjahresplan konnte nicht durchgehend erfüllt werden, vor allem blieb die Erzeugung von elektrischer Energie, Braunkohle, Eisnerz, Roheisen, Rohstahl und Kupfererz hinter den Zielen zurück.[32]

Für den Güteraustausch zwischen Westdeutschland und der DDR trat am 20.09. 1951 ein Interzonenhandelsabkommen in Kraft, das einen Warenverkehr auf Verrechnungsbasis vorsah.[33] Bedingung dafür war der freie Verkehr zwischen der Bundesrepublik und Westberlin. Behinderungen auf den Zufahrtswegen führten jedoch noch im selben Jahr zu einer zeitweiligen Unterbrechung des Interzonenhandels.

Für die Landwirtschaft wurde das Jahr 1952 ein entscheidender Wendepunkt. Die bis dahin noch selbstständig produzierenden Bauern wurden mehr und mehr zur Zusammenarbeit in Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) angehalten, wofür staatlich gebilligte Musterstatuten maßgebend waren. Als Vergünstigung erhielten die Mitglieder der LPG’s Steuermäßigungen, bevorzugte Belieferung mit Düngemittel, Geräten, Zuchtvieh und Futtermitteln. Die Maschinenausleihstationen wurden verpflichtet, LPG’s vorrangig und zu niedrigsten Preisen zu versorgen. Bis Ende 1953 gab es 6691 solcher Produktionsgenossenschaften, wodurch sich die Nutzfläche, die weiter von selbständigen Bauern bewirtschaftet wurde, auf 75% verringerte.

Außenpolitisch versuchte die DDR seit ihrer Errichtung gute Beziehungen mit den Nachbarländern Polen und der Tschechoslowakei zu erreichen. Beide Staaten wünschten sich eine endgültige Anerkennung der Grenz- und Bevölkerungsverhältnisse, wie sie seit dem Ende des 2. Weltkrieges gestaltet worden waren. Eine feste Vereinbarung darüber sollte der Weg für die schnelle Eingliederung der DDR in den Block osteuropäischer kommunistischer Staaten ebnen. Am 06.06.1950 schlossen die DDR und Polen ein Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit ab und vereinbarten eine kulturelle Zusammenarbeit.

Ein Grenzabkommen vom 06.07.1950 besagte unter Bezugnahme auf das Potsdamer Abkommen, dass die Grenze entlang der Oder und Lausitzer Neiße die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Polen bilde. Am 23.06 wurde weiterhin in einem Abkommen zwischen der DDR und der Tschechoslowakei festgestellt:[34] „Unsere beiden Staaten haben keine Gebiets- oder Grenzansprüche, und ihre Regierungen betonen ausdrücklich, daß die durchgeführte Umsiedelung der Deutschen aus der Tschechoslowakischen Republik unabänderlich, gerecht und endgültig ist.“

Da die Festlegung einer deutsch-polnischen Grenze jedoch nicht den Bestimmungen des Potsdamer Abkommens entsprach, wo eine solche Regelung bis zu einer Friedenskonferenz zurückgestellt worden war, und weil der DDR-Regierung nicht das Recht einer Vertretung der Bevölkerung in der SBZ, geschweige denn Deutschlands überhaupt zugestanden werden konnte, erklärte das Bundeskabinett der Bundesrepublik:[35] „Alle ihre Abreden und Vereinbarungen sind null und nichtig.“

Für die Verstärkung der Staatsmacht der DDR forderte die SED 1952 die Aufstellung nationaler Streitkräfte. Die Remilitarisierung in der DDR hatte jedoch schon eine längere Vorgeschichte. Bereits 1948 ordnete die Sowjetische Militärverwaltung die Schaffung kasernierter Volkspolizeiverbände an, die in den folgenden Jahren stark ausgebaut wurden.[36] Bis 1951 wuchs ihre Stärke auf etwa 65.000 Personen. Seit Anfang 1952 wurden sechs motorisierte Divisionen zusammengestellt. Daneben existierten bereits Seestreitkräfte der KVP. Die Einrichtung von Luftstreitkräften ließ nicht lange auf sich warten. Die dann folgende offene Aufrüstung wurde als Maßnahme gegen den „aggressiven amerikanischen und den revanchelüsternden westdeutschen Imperialismus“ bezeichnet.

Die neuen Streitkräfte gingen aus der kasernierten Volkspolizei hervor. Bis Ende 1952 wurden bereits zwei Armeekorps aufgestellt. Die Gesamtstärke der neuen Streitkräfte betrug damals ca. 110.000 Personen.

Während in der DDR zunächst noch nicht die allgemeine Wehrpflicht eingeführt wurde, leitete die Staatsführung die vor- und paramilitärische Ausbildung durch die Gründung der „Gesellschaft für Sport und Technik“ in die Wege. Eine diesbezügliche Regierungsverordnung vom 07.08.1952 führte aus:[37] „Von großer Bedeutung hierbei ist die Entwicklung des Segel- und Motorflugsportes, des Flugmodell- und Fallschirmsportes, des Motor- und Wasserfahrtsportes, des Schieß- und Geländesportes sowie des Amateurfunkens zum wahrhaften Massensport.“

Die Mitgliedschaft in der „Gesellschaft für Sport und Technik“ setzte sich von Anfang an aus Jugendlichen und Erwachsenen beiderlei Geschlechts zusammen und war formell freiwillig. Für den Beitritt warben jedoch die Freie Deutsche Jugend und andere kommunistische Massenorganisationen sowie die Staatsorgane mit Nachdruck.

 

 

Die Wiedervereinigungsfrage und der Notenwechsel von 1952

 

Bei der zunehmenden Konsolidierung der Bundesrepublik und ihrer Eibeziehung in die Gemeinschaft westeuropäischer Staaten einerseits und bei dem Ausbau des SED-Regimes in der DDR und deren Eingliederung in das Gefüge der verstärkten Zusammenarbeit der kommunistischen osteuropäischen Staaten andererseits wuchsen die Befürchtungen der deutschen Bevölkerung in Ost und West, dass eine Wiedervereinigung immer schwieriger würde.[38] Dabei war klar, dass dieses Problem nicht erst aus der Entstehung zweier deutscher Teilstaaten resultierte, denn das hatte sich ja gerade aus der Unmöglichkeit gesamtstaatlicher Reglungen ergeben.[39]

Nun aber schien die Trennung definitiven Charakter anzunehmen. Die Vorschläge beider Seiten für die Wiederherstellung der deutschen Einheit, die seit 1950 jahrelang ohne Ergebnis ausgearbeitet und vorgetragen wurden, offenbarten bald äußerst gegensätzliche Konzeptionen.

Am 28.02.1950 erklärte der amerikanische Hohe Kommissar, John J. Mc Cloy vor der Presse, dass „die politische Einigung Deutschlands auf der Grundlage freier gesamtdeutscher Wahlen ein Hauptziel der Politik der Vereinigten Staaten“ sei. Dabei müsse „die Freiheit in dem Recht bestehen, sich frei einer Parteitätigkeit zu widmen und frei für einen beliebigen Kandidaten zu stimmen.“ Die Bundesregierung begrüßte diese Erklärung. Die Außenminister der Großmächte hatten nach der letzten gemeinsamen Konferenz in Paris (23.5-20.6.1949)[40] betont, dass die Besatzungsbehörden die Bemühungen zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen und politischen Einheit Deutschlands auf Viermächtebasis fortsetzen würden und dass die Auswirkungen der verwaltungsmäßigen Teilung abzuschwächen seien. Damit war gesagt, wo die Initiative in erster Linie zu liegen hatte. Die Besatzungsmächte sahen es als ihre Verpflichtung an, gesamtdeutsche Fragen wie die Wiedervereinigung und endgültige Friedensregelungen zu lösen. Das bedeutete nicht, dass sich nicht auch deutsche Stellen mit dieser Frage beschäftigen sollten und ihrerseits Vorschläge unterbreiten und Verhandlungen auf alliierter Basis mit Nachdruck verlangen konnten.

In diesem Sinne regte die Bundesregierung am 22.30.1950 die Besatzungsmächte an, ein Wahlgesetz zu erlassen und unter Kontrolle der Alliierten oder der Vereinten Nationen eine gesamtdeutsche Nationalversammlung frei wählen zu lassen, die die Aufgabe besaß, eine Verfassung auszuarbeiten. Der Verfassungsentwurf müsse dann von der deutschen Bevölkerung bestätigt werden. Voraussetzung für dieses Verfahren war allerdings, dass die persönliche und politische Bewegungsfreiheit garantiert sei.[41] Die westlichen Hohen Kommissare bezogen sich auf diesen Vorschlag, als sie am 26.05 den Oberkommandierenden in der sowjetischen Besatzungszone, General Tschuikow, zu Besprechungen über eine Wahlordnung aufforderten. Der gleiche Vorgang – Vorstellungen des Bundestages und der Bundesregierung und entsprechende Reaktionen der westlichen Besatzungsmächte – wiederholte sich noch einmal im Herbst 1950. Beide Initiativen wurden jedoch von sowjetischer Seite völlig ignoriert.

Das offensichtliche Desinteresse änderte sich jedoch gegen Ende des Jahres 1950. Am 30. November schlug Ministerpräsident Grotewohl in einem direkten Schreiben an die Bundesregierung vor, einen paritätisch besetzten Gesamtdeutschen Konstituierenden Rat zu bilden, der zugleich gesamtdeutsche Wahlen für eine Nationalversammlung vorbereiten, Beratungen zum Abschluss eines Friedensvertrages aufnehmen und Vorbereitungen für eine Regierungsbildung treffen könne. Der Brief enthielt einleitende Formulierungen, die sich gegen „die Remilitarisierung und Einbeziehung Westdeutschlands in die Pläne der Kriegsvorbereitungen“ richteten.[42]

Dagegen erklärte die Bundesregierung in einer Pressekonferenz am 15.01.1951, dass eine paritätische Besetzung des Konstituierenden Rates von vornherein ein Übereinkommen ausschlösse, dass stattdessen, wie bereits früher gefordert, eine frei gewählte Nationalversammlung die weiteren Schritte vornehmen müsse und dass zunächst die Voraussetzungen zu einer freien Wahl zu schaffen seien. Auch dieser Vorgang – ostzonale Initiative und Gegenvorstellungen der Bundesrepublik – wiederholte sich ähnlich noch einmal im September 1951. Jedoch stellte sich heraus, dass die Positionen beider Lager unvereinbar waren.

Bemerkenswert an dieser ersten Phase der Wiedervereinigungsgespräche war der späte Beschluss der DDR, ihrerseits Pläne vorzulegen, ohne auf die westlichen Initiativen einzugehen. Zeitpunkt und Formulierung des Grotewohl-Briefes gaben die Erklärung dafür: Unmittelbar vorher hatte die New Yorker Außenministerkonferenz der Westmächte stattgefunden, auf der die Beteiligung der Bundesregierung an der gemeinsamen Verteidigung Westeuropas als Gegenstand von Erörterungen bezeichnet worden war. (Kommuniqué vom 19.09.1950)[43] Ferner hatten die osteuropäischen kommunistischen Staaten mit Bezugnahme auf das New Yorker Kommuniqué am 21. Oktober auf der Prager Konferenz von den Westmächten gefordert, eine Remilitarisierung Westdeutschlands nicht zuzulassen. Partien des Grotewohl-Briefes entsprachen wörtlich den Prager-Beschlüssen, in denen auch schon ein Gesamtdeutscher Konstituierender Rat für die Bildung einer provisorischen gesamtdeutschen Regierung gefordert worden war. Zwischen der Aussicht auf einen westdeutschen Verteidigungsbeitrag und dem östlichen Vorschlag für gesamtdeutsche Beratungen bestand zweifellos ein enges, vermutlich kausales Verhältnis. Die Gemeinschaft der osteuropäischen Staaten versuchte, eine ihm unangenehme Entwicklung in Westdeutschland durch Zugeständnisse in der Wiedervereinigungsfrage aufzuhalten.[44]

Diese Zugeständnisse waren in ihrer Substanz sehr problematisch. Da sie sich im Grundsätzlichen von den westlichen Verfahrensvorschlägen unterschieden, sich nicht einmal auf diese bezogen, redeten die westlichen und östlichen Vertreter von vornherein aneinander vorbei. Der westliche Plan entsprach in der Reihenfolge der vorgesehenen Schritte dem anerkannten Verfahren bei der Bildung eines demokratischen Staates: freie Wahlen für eine Nationalversammlung – Ausarbeitung einer Verfassung - Parlamentswahlen – Regierungsbildung. Bei der Gründung der Bundesrepublik hatten zwar keine allgemeinen Wahlen für die Zusammensetzung des Parlamentarischen Rates stattgefunden, sondern nur Wahlen innerhalb der Länderparlamente, aber dem Zusammentritt des Bundestages waren freie Parlamentswahlen vorangegangen. Die Verfahrensvorschläge der osteuropäischen Staaten und Grotewohls enthielten keine eindeutige Feststellung, dass eine gesamtdeutsche Regierung erst das Endresultat einer Staatsgründung sein sollte, dass sie auf freien Wahlen basieren und damit repräsentativen Charakter haben würde. Vielmehr deuteten sie an, dass sich die SED-Regierung von vornherein wichtige Positionen sichern wollte, um ihre politischen Prinzipien auch in einem deutschen Gesamtstaat durchzusetzen.

Die Sowjetisierung osteuropäischer Staaten und die Vorgänge bei der Gründung der SED und der DDR hatten Methoden offenbart, die jetzt auch westdeutsche Politiker fürchteten. Kurt Schumacher erklärte am 09.03.1951 im Bundestag:[45] „Dieser Konstituierende Rat ist die nationale Methode zur Erkämpfung der kommunistischen Diktatur in Deutschland. Viel zuwenig wird in unserem Lande die zur gleichen Zeit angewandte internationale Methode beachtet. (…) Sie (die Sowjetunion, M.L.) erstreben die verstärkte politische Einwirkungsmöglichkeit auf die Gestaltung des deutschen Staatswesens. Diese undemokratische Zweckeinrichtung des Konstituierenden Rates soll eine ebenso undemokratische Zweckregierung schaffen. Die Aufgabe dieser sogenannten Regierung wäre, die Politik der vollendeten Tatsachen in kommunistischem Sinne durchzuführen.“

Der entscheidende Grund für das Aneinandervorbeireden von Ost und West war klar: eine Wiedervereinigung nach dem westlichen Konzept hätte das Ende der DDR-Regierung und damit das Scheitern einer seit Beginn der sowjetischen Besetzung durchgeführten Politik bedeutet; das östliche Konzept zielte auf eine Erhaltung und Ausweitung der kommunistischen Position im Mitteleuropa und auf eine Störung bzw. eine Verhinderung der westlichen Integrationspolitik.[46] Diese gegensätzlichen Konzeptionen versteckten sich hinter den Differenzen über die Reihenfolge im Wiedervereinigungsverfahren.

Aufschlussreich waren auch die Gegensätze über die anzustrebende Verhandlungsebene. Alle Vorschläge der Bundesrepublik waren an die Besatzungsmächte gerichtet, die der Politiker der DDR dagegen direkt an die Bundesrepublik unter der Parole „Deutsche an einen Tisch“.[47] Ein direktes Eingehen Westdeutschlands auf die östlichen Vorschläge hätte zugleich die Anerkennung der SED-Politiker als verhandlungsberechtigte Repräsentanten der deutschen Bevölkerung in der DDR bedeutet. Um diese Anerkennung ging es offensichtlich dem SED-Regime. Vom Osten wurde die Forderung, dass Deutsche gemeinsam über ihr Schicksal entscheiden müssten, und nicht erst zweitrangig die Besatzungsmächte, geschickt als Propagandamittel missbraucht.

Meinungsverschiedenheiten über eine supranationale Integration, über die Reihenfolge im Verfahren und über die Verhandlungsebene sollten auf Jahre hinaus Kernprobleme vieler Pläne und Gespräche über die deutsche Einheit werden.[48]

Ein neues Moment ergab sich im Herbst 1951, als sich die Regierungen der Westmächte aufgrund wiederholter Anstrengungen der Bundesrepublik entschlossen, die Durchführung freier gesamtdeutscher Wahlen durch eine unparteiische internationale Kommission der Vereinten Nationen in der Bundesrepublik, Berlin und der DDR prüfen zu lassen. Ihr Antrag an den UN-Generalsekretär führte zu einer Entschließung der Vollversammlung vom 20. Dezember 1951, durch die ein Ausschuss aus Vertretern Brasiliens, Islands, der Niederlande, Pakistans und Polens eingesetzt wurde, der die in Deutschland geltenden Verfassungsbestimmungen und ihre Anwendung, die Freiheit der politischen Parteien und die Organisation und Tätigkeit der richterlichen, polizeilichen und anderer Verwaltungsorgane untersuchen sollte.

Die Entscheidung war gegen die Stimmen der Sowjetunion, der Ukraine, Weissrusslands, der Tschechoslowakei, Polens und Israels bei acht Enthaltungen angenommen worden. Die Regierung der DDR bezeichnet den UN-Beschluss als „Einmischung in die inneren Angelegenheiten des deutschen Volkes“ und verneinte seine Rechtsgültigkeit.[49]

Der UN- Ausschuss vermindert um den Vertreter Polens, der eine Beteiligung an den Untersuchungen abgelehnt hatte, erstattete am 30.04.1952 einen zusammenfassenden Bericht, der das Scheitern seiner Mission feststellte:[50] „Während der Ausschuß seine vorbereitenden Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland und in den Westsektoren von Berlin erfüllen konnte, war er bisher nicht imstande, mit den Behörden in der Sowjetzone von Deutschland und im Ostsektor von Berlin auch nur schriftlich in Verbindung zu kommen.“ Vier Schreiben an die sowjetische Kontrollkommission mit der Bitte um Zusammenkünfte mit den zuständigen Behörden waren unbeantwortet geblieben.

Während die Tätigkeit des UN-Ausschusses durch die negative Haltung der Sowjetunion und der DDR-Regierung boykottiert wurde, waren die Wiedervereinigungsgespräche bereits in eine neue Phase eingetreten, die sich in einem viermaligen Notenwechsel zwischen der sowjetischen Regierung einerseits und den Regierungen Großbritanniens, Frankreich und den USA andererseits vom 10.03-23.09.1952 hinzog. Diese Noten hoben sich insofern von früheren Gesprächen über die deutsche Frage ab, als sie mit Zugeständnissen der Sowjetunion eingeleitet wurden, die neue Hoffnungen weckten, die bis dahin – entsprechend der allgemeinen Überzeugung – keine positiven Ansatzpunkte in östlichen Vorschlägen hatte erkennen lassen können.[51]

Am 10. März schlug die Sowjetunion den Regierungen der drei Westmächte vor, „unverzüglich die Frage eines Friedensvertrages mit Deutschland zu erwägen.“

Der erste entscheidende Passus der Note lautete:[52] „Es versteht sich, daß ein solcher Friedensvertrag unter unmittelbarer Beteiligung Deutschlands, vertreten durch eine gesamtdeutsche Regierung, ausgearbeitet werden muß. Hieraus folgt, daß die UdSSR, die USA, Großbritannien und Frankreich, die in Deutschland Kontrollfunktionen ausüben, auch die Frage der Bedingungen prüfen müssen, die die schleunigste Bildung einer gesamtdeutschen, den Willen des deutschen Volkes ausdrückende Regierung fördern.“

Dann folgt ein „Entwurf für einen Friedensvertrag mit Deutschland“, in dem es einleitend hieß: „Ein Friedensvertrag mit Deutschland soll gewährleisten, daß ein Wiederaufleben des deutschen Militarismus und einer deutschen Aggression unmöglich gemacht wird. In den „politischen Leitsätzen“ wurde gefordert:[53]

  1. Wiedervereinigung Deutschlands, dem es möglich gemacht werden sollte, „sich als unabhängiger, demokratischer, friedliebender Staat zu entwickeln“;
  2. Abzug der Besatzungstruppen und Aufhebung ausländischer Militärstützpunkte;
  3. Gewährleistung demokratischer Rechte, damit alle Deutschen „die Menschenrechte und die Grundfreiheiten genießen, einschließlich der Redefreiheit, der Pressefreiheit, des Rechts der freien Religionsausübung, der Freiheit der politischen Überzeugung und der Versammlungsfreiheit“;
  4. Gewährleistung der freien Betätigung demokratischer Parteien und Organisationen;
  5. Verbot von Organisationen, die „der Demokratie und der Sache der Erhaltung des Friedens feindlich sind“;
  6. gleiche bürgerliche und politische Rechte für ehemalige Soldaten und Nationalsozialisten, ausgenommen der gerichtlich Verurteilten;
  7. Verpflichtung, „keinerlei Koalitionen oder Militärbündnisse einzugehen, die sich gegen irgendeinen Staat richten, der mit seinen Streitkräften am Kriege gegen Deutschland teilgenommen hat“.

 

Für die territoriale Abgrenzung Deutschlands sollte die in Potsdam festgelegte Oder-Neiße-Linie gelten. Ferner sollten keine wirtschaftlichen Beschränkungen auferlegt, eigene nationale Streitkräfte zur Verteidigung gestattet sein und die Produktion des dafür erforderlichen Rüstungsmaterials erlaubt werden. Ein deutsches Ersuchen um Aufnahme in die Vereinten Nationen wäre schließlich zu unterstützen.

In der Antwortnote der Westmächte vom 25. März wurde auf die Notwendigkeit freier Wahlen in allen Teilen Deutschlands hingewiesen, wovon in der ersten sowjetischen Note nichts von erwähnt war.[54] Außerdem wünschten die Westmächte eine Unterstützung der UN-Kommission in der DDR und in Ostberlin, um die Voraussetzungen für Wahlen prüfen zu lassen. Eine auferlegte Bündnisfreiheit für ein vereinigtes Deutschland, die Errichtung einer nationalen Armee und die „sowjetische Interpretation der Potsdamer Grenzziehung“ wurden abgelehnt.

Der zweite Notenwechsel (9.April/13.Mai)[55] ging insofern über den ersten hinaus, als sich die Sowjetunion jetzt ausdrücklich auch mit der Abhaltung freier Wahlen einverstanden erklärte. Indessen sei eine UN-Kommission nicht akzeptabel, weil sie nach sowjetischer Interpretation im Widerspruch zu Artikel 107 der UN-Charta stünde. Stattdessen solle aber eine Viermächtekommission gebildet werden. Die Westmächte lehnten das letztere ab, da dadurch eine unparteiische Prüfung nicht gewährleistet sei, erklärten sich aber bereit, auch über die Bildung einer anderen unabhängigen Prüfungskommission zu verhandeln. Außerdem forderten sie Handlungsfreiheit für eine aus freien Wahlen gebildete deutsche Regierung vor dem Abschluss eines Friedensvertrages. In der Koalitions- und Integrationsfrage blieben die Meinungsverschiedenheiten unverändert.

Der dritte und vierte Notenwechsel (25.Mai/10.Juli und 23.August/23.September)[56] brachten keine wesentlich neuen Gesichtspunkte. Die Sowjetunion warf den Westmächten vor, den Notenaustausch zu verschleppen, und forderte unverzügliche Beratungen über einen Friedensvertrag, die Bildung einer gesamtdeutschen Regierung und über freie Wahlen. Die Westmächte erklärten sich einverstanden, eine Konferenz abzuhalten, auf der aber zunächst über eine unabhängige Prüfungskommission und ein Programm zur Regierungsbildung gesprochen werden müsste. Sie wiesen daraufhin, dass die Sowjetunion ursprünglich in der ersten Note die Regierungsbildung als Voraussetzung für Friedensverhandlungen angesehen hatte, jetzt aber dieser Punkt an nachgeordneter Stelle stehe.

Ein sowjetischer Vorschlag, die Voraussetzung für freie Wahlen durch deutsche Vertreter, zum Beispiel aus der Volkskammer und dem Bundestag, prüfen zu lassen, wurde abgelehnt. Im Grunde waren beide Seiten am Ende des Notenwechsels wieder dort angelangt, wo sie schon 1951 gestanden hatten. Dabei spielte eine Rolle, dass in West und Ost inzwischen Tatsachen geschaffen waren, die die Wiedervereinigung noch erschwert hatten: die Unterzeichnung des Deutschland- und des EVG-Vertrages (26./27.Mai) einerseits und die Errichtung der Sperrzonen entlang der Zonengrenze (26. Mai) andererseits.[57]

Die Bedeutung der durch die erste sowjetische Note eingeleiteten neuen Phase des Wiedervereinigungsgespräches lag in einer veränderten Konzeption der osteuropäischen kommunistischen Länder. Das Angebot von freien und gesamtdeutschen Wahlen als Voraussetzung für eine Lösung des Deutschlandproblems, verbunden mit der Forderung nach Bündnisfreiheit des neu zu schaffenden Staates, also nach Neutralisierung, war der Kern des sowjetischen Vorstoßes. Damit ergaben sich neue Aspekte in der internationalen Politik. Der Grund für das östliche Angebot lag in der wachsenden Stärke des Westens, die sich auf einer NATO-Konferenz Ende Februar 1952 erneut manifestiert hatte. Die bevorstehende Eingliederung der Bundesrepublik in das militärische Bündnissystem des Westens veranlasste den Versuch der Sowjetunion, durch neue Vorschläge eine für sie unerwünschte Entwicklung aufzuhalten. Um die tieferen Beweggründe der Note vom 10.03.1952, die historische Bedeutung des Notenaustausches und die Chancen, die darin enthalten waren, zu verstehen, ist eine Analyse der Situation im kommunistischen Lager unabdingbar.

Die weltpolitischen Auswirkungen der Berliner Blockade und die Koreakrise gaben Stalin und Molotov Anlass, die Methoden der sowjetischen Politik zu überprüfen. In beiden Fällen hatten die Westmächte nicht nur den territorialen Status quo ante behauptet, sondern auch ihr Machtpotential gestärkt. Auf der Suche nach den schwächsten Stellen im westlichen System boten sich vor allem die beiden Länder an, deren Wiederaufbau von der USA gegen vielerlei innere und äußere Widerstände forciert worden war: Deutschland und Japan.[58]

Als nun nach der erfolgreichen NATO-Konferenz in Lissabon im Februar 1952 der Abschluss der Verhandlungen über die neue EVG in Sicht kam, legte die Sowjetunion in der Note vom 10.03.1952 neue Vorschläge zu einem Friedensvertrag vor.[59] Dieser Vorstoß sollte den Eindruck erwecken, die Sowjetunion sei nun bereit, die Wiedervereinigung Deutschlands zuzulassen und Gesamtdeutschland die Freiheit zu einer unabhängigen Politik zu lassen, falls es auf das militärische Bündnis mit den USA verzichtet. Die Note vom 10.03.1952 muss im Zusammenhang mit den gleichzeitig der UNO vorgelegten sowjetischen Abrüstungsvorschlägen vom 19.03.1952 gesehen werden.[60]

Dann zeigt sich, dass der von der Sowjetunion geforderte Abzug der westlichen Streitkräfte, die Liquidierung aller westlichen Stützpunkte, die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie und das Verbot von Koalitionen und Militärbündnissen der Sowjetunion wichtige Vorteile boten, die den Rückzug der sowjetischen Truppen hinter die polnische Grenze und den Verzicht auf die inzwischen ohnehin erfüllten Reparationsforderungen rechtfertigen konnten. In den Abrüstungsvorschlägen wurde nämlich gleichzeitig das Verbot von Atomwaffen und die proportionale Herabsetzung der konventionellen Streitkräfte um ein Drittel in Laufe eines Jahres gefordert. Dies hätte der Sowjetunion ein eindeutiges Übergewicht der Rüstungen gesichert.[61]

Die für die Beurteilung der Note entscheidende Frage ist, welche Ziele Stalin damit verfolgte. Er rechnete wohl damit, dass das atlantische Bündnissystem durch eine Ausklammerung Deutschlands und den Rückzug der amerikanischen Truppen entscheidend geschwächt werden würde. Eine solche Entwicklung könne laut der Einschätzung der Sowjetunion einen innenpolitischen Neubeginn in der Bundesrepublik auslösen, da sich die außenpolitischen Voraussetzungen der bisherigen Politik radikal geändert hätten und den kommunistischen Organisationen innenpolitische Schlüsselpositionen zugänglich würden.

Das in den Konzeptionen von Jalta und Potsdam enthaltene Ziel der Zwangneutralisierung Deutschlands[62] – im Gegensatz etwa zu der freiwilligen Neutralitätspolitik der Schweiz oder Schwedens – wurde weiterverfolgt. Deutschland hatte nach den sowjetischen Vorschlägen auch politisch keine wirklich selbständige Rolle in Europa zu erwarten. Die sowjetische Note vom 10.03.1952 nährte geschickt die Illusion, eine unabhängige deutsche Politik würde leichter als eine durch Bündnisse an den Westen gefesselte in der Lage sein, zwischen Ost und West zu vermitteln. So lange aber das Rhein-Ruhr-Gebiet als das potentiell stärkste Produktionszentrum und Rüstungsarsenal des europäischen Kontinents bestehen blieb, war den Deutschen der Weg in diese zweifelhafte Idylle verschlossen.

Der westdeutsche Staat, der gerade erst dem Stadium des Provisoriums entwuchs, konnte sich nicht anmaßen, die isolierte Lösung von Problemen zu erzwingen, die untrennbar mit der weltpolitischen Gesamtsituation zusammenhingen.[63]

 

 

 

Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft

 

Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) stellte den Versuch dar, im Zeichen des Kalten Krieges eine effektive kontinentale Verteidigungsmacht der späteren EWG-Staaten Frankreich, Italien, Belgien, Niederlande, Luxemburg und der BRD zu schaffen, die Risiken einer so genannten Wiederbewaffnung der Bundesrepublik durch eine supranationale Organisation aufzufangen und durch diese zugleich die europäische Einigung zu fördern.[64] Wichtige Impulse verdankte die EVG einem Vorschlag Winston Churchills vom 11.08.1950 zur Bildung einer „Europa-Armee“ und dem Plan des französischen Ministerpräsidenten René Pleven vom Oktober 1950. Die durch den Vertrag vom 27.5.1952 in Paris[65] abgeschlossenen Verhandlungen der sechs Staaten sahen die Verschmelzung der nationalen Streitkräfte unter einem gemeinsamen Oberbefehl vor. Die Grundeinheiten bis zur Division sollten national, die höheren Einheiten, die Kommandobehörden und die Logistik supranational organisiert sein. Status, Ausrüstung, Ausbildung und Dienstzeit der Soldaten der EVG sollten gleich sein. Das um je drei Vertreter Frankreichs, Italiens und der Bundesrepublik verstärkte Parlament der Montanunion sollte die Versammlung der EVG bilden, die Leitung war einem Ausschuss von neun Mitgliedern und einem Ministerrat zugedacht.[66] Der EVG-Vertrag wurde von den Parlamenten der Beneluxstaaten, Italiens und der Bundesrepublik gebilligt, scheiterte jedoch in der Pariser Nationalversammlung am 30.08.1954 an den französischen Bedenken gegen einen Souveränitätsverzicht.[67] Auch in der Bundesrepublik war die so genannte Wiederbewaffnung Gegenstand harter innenpolitischer Auseinandersetzungen.[68]

Während die militärpolitischen Konsequenzen des Fehlschlags der EVG durch die Aufnahme der Bundesrepublik in die Westeuropäische Union und die NATO aufgefangen wurden, konnten die Folgen für die Bemühungen um eine supranationale Einigung Europas nicht überwunden werden.[69]

 




[1] Pötzsch, Deutsche Geschichte von 1945 bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 72ff

[2] Schöneburg, K.-H.: Von den Anfängen unseres Staates, Berlin 1975, S. 44

[3]Mählert, U.: Die Freie Deutsche Jugend 1945-1949, Paderborn 1995, S. 41

[4] Ebd., S. 45

[5] Eschenhagen, W./Judt, M. (Hrsg.): Chronik Deutschland 1949-2009. 60 Jahre deutsche Geschichte im Überblick, Frankfurt/M. 2008, S. 26

[6] Hoffmann, D.: Die DDR unter Ulbricht, Zürich 2003, S. 53f

[7] Pötzsch, Deutsche Geschichte von 1945 bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 75

[8] Hohlfeld, Dokumente der deutschen Politik und Geschichte, a.a.O., S. 442ff

[9] Lemke, M.: Die Berlinkrise 1958 bis 1963. Interessen und Handlungsspielräume der SED im Ost-West-Konflikt, Berlin 1995, S. 89ff

[10] Machetzki, R./Pohl, M.: Korea, Stuttgart 1988, S. 108ff

[11] Maretzki, R..: Kim-ismus in Nord-Korea, Böblingen 1991, S. 79f

[12] Uhl, M.: Krieg um Berlin? Die sowjetische Militär- und Sicherheitspolitik in der zweiten Berlin-Krise 1958 bis 1962, München 2008, S. 10f

[13] Mattedi, N.: Gründung und Entwicklung der Parteien in der Sowjetischen Besatzungszone 1945-1949, 2. Auflage, Bonn/Berlin 1988, S. 103f

[14] Cornides, Europa-Archiv, a.a.O., S. 3408f

[15] Ebd., S. 3415f

[16] Zitiert aus Ebd. S., 3418

[17] Ebd., S. 3506

[18] Loth, W.: Die Teilung der Welt. Geschichte des Kalten Krieges, Stuttgart 2000, S. 95

[19] Ebd., S. 98

[20] Schröder, T.: Remilitarisierung in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg, Köln 2000, S. 35

[21] Hurwitz, H.: Die politische Kultur der Bevölkerung und der Neubeginn konservativer Politik. Band 1.: Demokratie und Antikommunismus nach 1945, Berlin 1993, S. 193f

[22]Rubel, M.: Stalin, 7. Auflage, Reinbek bei Hamburg 1994, S. 22

[23] Hoffmann, D.: Die DDR unter Ulbricht, Zürich 2003, S. 85

[24] Brohler, T.: Antikommunismus in Berlin, Berlin 2001, S. 64

[25] von Siegler, Archiv der Gegenwart, 1950, a.a.O., S. 2504

[26] Ebd., 1952, S. 3560

[27] Ebd., S. 3571

[28]Hahn, K.-E.: Wiedervereinigungspolitik im Widerstreit. Einwirkungen und Einwirkungsversuche westdeutscher Entscheidungsträger auf die Deutschlandpolitik Adenauers von 1949 bis zur Genfer Viermächtekonferenz 1959, Hamburg 1993, S. 64

[29] Moraw, F.: Die Parole der „Einheit“ und die deutsche Sozialdemokratie, Bonn/Bad Godesberg 1983, S. 83

[30] Ebd., S. 67

[31] Neues Deutschland vom 12.02.1950

[32]Ulbricht, W.: Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Band II, Berlin 1966, S. 293

[33] Balfour, R.: German Unification, Princeton 1996, S. 45

[34] Hohlfeld, Dokumente der deutschen Politik und Geschichte, a.a.O., S. 487ff

[35] Ebd., S.494f

[36] Matschke, W.: Die industrielle Entwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) von 1945 bis 1948, Berlin 1988, S. 82

[37] Ebd., S. 399f

[38] Balfour, German Unification, a.a.O., S. 45

[39]Geppert, D.: Die Ära Adenauer, Darmstadt 2002, S. 79

[40] Mehnert, K./Schulte, H. (Hrsg.): Deutschland-Jahrbuch 1949, Essen 1949, S. 112f

[41] Hohlfeld, Dokumente der deutschen Politik und Geschichte, a.a.O., S. 482f

[42] Ebd., S. 551f

[43]Mehnert, K./Schulte, H. (Hrsg.): Deutschland-Jahrbuch 1949, Essen 1949, S. 85

[44] Balfour, German Unification, a.a.O., S. 50

[45] Hohlfeld, Dokumente der deutschen Politik und Geschichte, a.a.O., S. 10ff

[46] Balfour, German Unifikation, a.a.O., S. 52f

[47]Hoffmann, F.: Schulpolitik in der DDR, Münster 1996, S. 85

[48]Grauer, M.: DDR-Bildungspolitik 1949-1961, Köln 1989, S. 90

[49] Neubert, Der kalte Krieg, a.a.O., S. 74

[50] Ebd., S. 77

[51] Olsen, G.: Germany after the Second World War, Boston 1991, 105

[52] Jäckel, E. (Hrsg.): Die deutsche Frage 1952-1956. Notenwechsel und Konferenzdokumente, Frankfurt/M. 1957, S. 23ff

[53] Ebd., S. 25

[54] Ebd., S. 26

[55] Ebd., S. 29

[56] Ebd., S. 31

[57] Balfour, German Unifikation, a.a.O., S. 62f

[58] Barclay, D.E.: Schaut auf diese Stadt. Der unbekannte Ernst Reuter, Berlin 2008, S. 85

[59] Ebd., S. 89

[60] Hoffmann, D.: Die DDR unter Ulbricht, Zürich 2003, S. 92

[61] Eschenhagen, W./Judt, M. (Hrsg.): Chronik Deutschland 1949-2009. 60 Jahre deutsche Geschichte im Überblick, Frankfurt/M. 2008, S. 65

[62] Ebd., S. 66

[63] Malycha, A.: Die SED. Geschichte ihrer Stalinisierung 1946-1953, Berlin 2000, S. 94

[64] Loth, W.: Der Weg nach Europa. Geschichte der europäischen Integration 1939-1957, 3. Auflage, Göttingen 1996, S. 147

[65] Barclay, D.E.: Schaut auf diese Stadt. Der unbekannte Ernst Reuter, Berlin 2008, S. 103

[66] Paul-Calm, H.: Ostpolitik und Wirtschaftsinteressen in der Ära Adenauer 1955-1963, Frankfurt/M. 1981, S. 58

[67] Geppert, D.: Die Ära Adenauer, Darmstadt 2002, S. 89

[68] Hoffmann, D.: Die DDR unter Ulbricht, Zürich 2003, S. 103

[69] Abel, T.: Walter Ulbricht, Hamburg 1985, S. 141

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Ergänzungen

Entschuldigung, bei allem Respekt vor soziologischen Thesen... Aber soll Indymedia nicht umbenannt werden in "Michael-Lausberg-Blog"??

Ich habe es langsam satt, jedesmal seitenweise breite Lyrik zu lesen. Das ist ein linkes Forum, aber keine Plattform für angehende Dissertationen. Deshalb, bitte, VERSCHONT mich!