Das imperialistische Zeitalter

Themen: 

An die Stelle der traditionellen Machtpolitik trat nunmehr bei allen Großmächten das letztlich rational nicht mehr festzumachende Verlangen nach Kolonien und Absatzmärkten als Statussymbolen einer Teilnahme an der Weltherrschaft.[3]

Mit Anfang der 1880er Jahre beschleunigte sich die koloniale Ausdehnung der europäischen Großmächte, die zu einer Verschärfung der internationalen Gegensätze führte. Die Expansionspolitik des Imperialismus äußerte sich entweder direkt durch Gebietserweiterungen im außereuropäischen Raum oder indirekt durch starken wirtschaftlichen Einfluss.

 

Das imperialistische Zeitalter

 

 

 

 

 

Mit dem Krimkrieg (1853-1856) endete das auf der Solidarität der Monarchen beruhende Ordnungssystem des Wiener Kongresses.[1] Von nun an wurden Nationalismus und Imperialismus[2] zu den alles bestimmenden außenpolitischen Prinzipien des europäischen Staates. In den 1880er Jahren des 19. Jh. wandelte sich der Charakter der europäischen Mächtebeziehungen vom „Fieberwahn des Imperialismus“ ergriffen grundlegend.

 

An die Stelle der traditionellen Machtpolitik trat nunmehr bei allen Großmächten das letztlich rational nicht mehr festzumachende Verlangen nach Kolonien und Absatzmärkten als Statussymbolen einer Teilnahme an der Weltherrschaft.[3]

 

Mit Anfang der 1880er Jahre beschleunigte sich die koloniale Ausdehnung der europäischen Großmächte, die zu einer Verschärfung der internationalen Gegensätze führte. Für die Expansionspolitik des Imperialismus, die sich entweder direkt durch Gebietserweiterungen im außereuropäischen Raum oder indirekt durch starken wirtschaftlichen Einfluss äußerte, existieren folgende Gründe:[4]

 

 

 

  • Gewinnung neuer Absatzmärkte für die Massenverbrauchsgüter der nationalen Industrie

  • Rentable Kapitalanlagen im Ausland und Erschließung neuer Rohstoffquellen, die zur Sicherung der Kontinuität und Weiterentwicklung des kapitalistischen Produktionsprozesses sowie in diesem Zusammenhang auch zur Beilegung sozialer Konflikte im eigenen Lande für notwendig erachtet wurden.

    Im Imperialismus übersteigerte sich das Nationale als gesellschaftliche Integrationskraft zum kollektiven Gefühl der eigenen kulturellen Überlegenheit über die sogenannte  Primitivität anderer Völker oder Staaten. Der nun beginnende Wettlauf um die Verteilung der noch nicht kolonialisierten Gebiete der Erde (vor allem in Afrika, Asien, Ozeanien) bzw. um die Sicherung des wirtschaftlichen Einflusses (insbesondere in China, Persien und der Türkei) brachte bis zum 1. Weltkrieg 84% der bewohnten Erdoberfläche in die Gewalt der europäischen Staaten, der USA und Japans.[5]

    Während in der ersten Hälfte des 19 Jh. gegenüber dem 18. eher eine Tendenz der Abwendung von kolonialer Politik festzustellen war, begann seit Anfang der 80er Jahre des 19. Jh. ein regelrechtes Wettrennen um die noch nicht in kolonialer Abhängigkeit gebrachten Gebiete in Übersee.

    Der Imperialismus  unterschied sich vom traditionellen Kolonialismus in erster Linie durch das Ausmaß an staatlichem und gesellschaftlichem Engagement. Während zuvor die europäischen Regierungen nur zögernd koloniale Erwerbungen durch einzelne Personen bzw. Handelsgesellschaften im Nachhinein akzeptiert hatte, so warfen die europäischen Staaten Ende des 19 Jahrhunderts nunmehr ihr gesamtes nationales Ansehen für den zielbewussten Erwerb außereuropäischer Einflusssphären in die Waagschale. Dem planmäßigen Einsatz politischer und militärischer Mittel bei der Eroberung folgte die systematische Durchdringung der in Besitz genommenen Gebiete durch die eigene Kapital- und Wirtschaftskraft.[6]

     

     

    Fünf Großmächte existierten nach 1871 in Europa: England, Frankreich, Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland. Dies wurde Pentarchie genannt. Diese Mächte besaßen ungefähr dieselbe politische und wirtschaftliche Stärke, sobald ein land nach größerer Macht strebte, reagierten die anderen, da sie sich in ihrer Stellung bedroht fühlten.

     

    Frankreich:

     

    Nach dem verlorenem Kriege erholte sich Frankreich wirtschaftlich sehr schnell. Es war dem Deutschen Reich gegenüber feindlich eingestellt, es wollte die abgetretenen Provinzen Elsass-Lothringen wieder einverleiben und die erlittene Niederlage ausgleichen. Frankreich sah das Deutsche Reich als Rivalen im Kampf um Gebiete, Kolonien und deren wirtschaftliche Ausbeutung.

     

    Russland und Österreich-Ungarn:

     

    Beide Staaten strebten mit ihrer Politik dem Balkan zu Russland suchte den freien Zugang zum Meer durch die Dardanellen ins Mittelmeer. Die Herrschaft über die Dardanellen bedeutete gleichzeitig Herrschaft über die slawischen Balkanvölker, die Kroaten, Serben und Bulgaren auf dem türkischen Gebiet, die Tschechen, Slowaken und Slowenen im Habsburger Reich.

    Österreich-Ungarn strebte in dieselbe Richtung, der Donau entlang, mit dem Schwerpunkt nach Südosten zum Balkan.

    Dies führte notwendigerweise zu Interessenskonflikten zwischen den beiden Staaten

     

    Bismarck hatte die Sorge, dass Deutschland bei einem erneuten Krieg mit Frankreich durch ein west- östliches Bündnis in die Zange genommen werden konnte, die Gefahr eines Zweifrontenkrieges bestand

    So unternahm Bismarck den Versuch, mit beiden östlichen Staaten ein gutes Verhältnis aufzubauen und ein Zusammenstoß dieser beiden Mächte zu verhindern.

    Er schloss 1873 ein „Dreikaiserbündnis“ zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland ab, das 1881 und 1884 erneuert wurde. Daneben schloss er zusätzlich mit Österreich ein besonderes „Zweibundabkommen“ ab, das er 1887 wieder durch einen „Rückversicherungsvertrag“ mit Russland ergänzte

    1882 trat Italien auf Bismarcks Betreiben dem deutsch-österreichischen Zweibund bei, der damit zum Dreibund erweitert wurde

     

     

     

     

    Großbritannien:

     

    Das britische weltreich lebte in ständigen Spannungen mit Russland, es fürchtete dessen Vordringen durch die Dardanellen zum Mittelmeer (Suezkanal) und in Zentralasien auf Persien, Afghanistan und Indien zu. Ein Bündnis Deutschlands mit England wäre von Russland sofort als ein feindseliges Bündnis aufgefasst worden

    Die einflussreichste und wichtigste Macht der Welt des 19 Jh. war das britische Empire.

    Das Herz des reiches, das „Mutterland“ aller Kolonien, war England, das allen Staaten der Erde in der industriellen Entwicklung vorangegangen war. Es bildete zusammen mit Schottland und Irland das „Vereinigte Königreich Großbritannien“. Das britische Weltreich bestand aus einer Fülle von Gebieten, die über die ganze Erde verstreut waren (Kanada, Indien, Australien und die Gebiete in Süd- und Ostafrika).

    Sie waren teils europäisch-englische Siedlungsgebiete, wie z.B. Kanada und Australien, teils Länder mit autochthoner Bevölkerung, die von den Kolonialherren regiert wurden, wie etwa Indien und große Teile Afrikas

    Das britische Weltreich umschloss ein Viertel der gesamten Landoberfläche der Erde und ein Viertel der Menschheit (400 Millionen). Da es sich über alle Zonen und Landschaftsformen der Erde erstreckte, barg es eine ungeheure Fülle von Rohstoffen und Wirtschaftsgütern, die ausgebeutet werden konnten.

    Die aufstrebenden Industriestaaten auf dem Kontinent, die England in der industriellen Entwicklung nachfolgten und dadurch immer stärker wurden, bereiteten der britischen Außenpolitik Sorgen. Es sollte vor allem verhindert werden, dass Frankreich und Deutschland die Vorherrschaft in Europa an sich rissen sowie die imperialistischen Bestrebungen Russlands und Japans zu unterbinden. Dabei war die Sicherung der Seewege entscheidend.

    Es wurde zum Grundsatz der englischen Politik, dass die britische Kriegsflotte stets um ein Drittel stärker sein musste als die Flotten der zwei nächstfolgenden Seemächte zusammen.

    Mit der Forderung des Selbstbestimmungsrechtes der Bürger waren 1776 die 13 nordamerikanischen Kolonien aus dem Verband des Reiches ausgebrochen. Im Krieg zwischen 1775-1783 erreichten sie ihre Unabhängigkeit vom Mutterland und sich zu den freien „Vereinigten Staaten von Amerika“ erklärt.

    Dieses Streben nach Freiheit und Selbstbestimmung wirkte in allen Teilen des britischen Weltreiches (Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika). So wurden immer weitere „Kolonien“ zu „Dominien“, zu selbständigen, sich selbst regierenden Staaten im Rahmen des britischen Weltreiches, gleichberechtigt neben dem Mutterland.

    Eine Gruppe englischer Politiker lehnte ein Weltreich unter britischer Führung ab und strebte die werdende Gemeinschaft unabhängiger, selbständiger Staaten, ein „Commonwealth“ der „Nationen“ an. Schrittweise kam es zur Wandlung des britischen Kolonialreiches zum Staatenbund des britischen Commonwealth

     

    Russland:

    Die größte Festlandsmacht zu dieser Zeit war das russische Reich des Zaren.

    In Kontinuität der Außenpolitik Peters des Großen suchte Russland den Zugang zum Meer (Pazifik, Indischer Ozean, Schwarzes Meer, Mittelmeer) Planmäßig vollzog sich diese Politik der Vorstöße unter stetem Wechsel der Fronten in Ostasien, Zentralasien und der Türkei:

     

    In Ostasien erfolgte 1852 die Besetzung der chinesischen Amurprovinz, 1860 die Gründung des Hafens Wladiwostok, von 1891-1904 der Bau der Transsibirischen Eisenbahn, 1900 die Besetzung der Mandschurei

    In Zentralasien wurde 1865-1868 Taschkent, Samarkand und Buchara erobert, 1875 das Ferghana-Gebiet besetzt. 1884 wurden die Turkmenen unterworfen, 1892 gab es mit Afghanistan den Konflikt um das Pamir-Gebiet, 1900 die „Schutzherrschaft“ über Tibet

    Die wichtigsten Ereignisse waren 1853-56 der Krimkrieg, 1859 und 1864 die Unterwerfung des Kaukasus-Gebietes und 1877-1878 der russisch-türkische Krieg um Bessarabien und Armenien.

     

    Der Aufstieg der USA zur neuen Weltmacht:

     

    - Bis zur Mitte des Jahrhunderts hatten sich die Vereinigten Staaten von Amerika über die ganze Breite ihres Kontinents ausgedehnt und waren bis an die Küste des Pazifiks vorgedrungen

    - gleichzeitig hatte in dem Land die industrielle Revolution begonnen

    - da brach von 1861-1865 die gefährlichste Krise in der Entwicklung des jungen Staatswesens aus: der Bürgerkrieg zwischen den Nord- und Südstaaten, der so genannte „Sezessionskrieg“

    - vor allem in den Nordstaaten hatte sich die industrielle Revolution vollzogen: hier lagen die großen Kohlen- und Erzgruben, Eisenbahnen und Kanäle wurden gebaut

    - die Gründung neuer Industriestädte schritt sehr schnell voran, es zog viele Einwanderer dorthin, die dort hofften, reich zu werden

    - in den Südstaaten lagen die großen Baumwollplantagen, in denen sie schwarzen Sklaven arbeiten mussten, die seit dem 16. Jh. von Afrika dorthin verschleppt wurden

    - diese Plantagen und die schwarzen Sklaven waren der Reichtum der südlichen Gebiete, die nun in die Gefahr gerieten, von der industriellen Entwicklung in den Hintergrund gedrängt zu werden

    - in den Nordstaaten verurteilte man die Sklaverei und berief sich dabei auf die freiheitliche Verfassung

    - die Südstaaten hatten eine Trennung („Sezession“) von den Nordstaaten im Auge, die Errichtung eines eigenen, großen Südstaates, der von Ohio und Arkansas bis nach Panama reichen sollte

    - als 1860 Abraham Lincoln, ein Verfechter einer starken, einheitlichen Regierung der USA, zum Präsidenten gewählt wurde, beriefen die Südstaaten einen Gegenpräsidenten und traten aus dem Staatenbund aus

    - sie bildeten einen neuen Bund, die „Konföderierten Staaten von Amerika“

    - 1861 brach der Bürgerkrieg zwischen dem Norden und dem Süden der Vereinigten Staaten aus, der blutigste Krieg des 19. Jahrhunderts

    - 1865 mussten die Südstaaten kapitulieren; die Sklaverei und das schwer verwüstete Gebiet der Baumwollstaaten der Union wieder hergestellt

    - fünf Tage nach Kriegsende fiel Lincoln einem Attentat eines Südstaatlers zum Opfer

    - nach dem Krieg ging die wirtschaftliche Erschließung des Kontinents weiter

    - 25 Jahre nach dem Bürgerkrieg mit seinem über 700.000 Toten hatte sich die Bevölkerungszahl der USA wiederum verdoppelt, was die Politiker und Kapitalisten dazu veranlasste, über den Kontinent hinauszublicken und ihren weltpolitischen Einfluss zu vergrößern

    - die Politik der USA drängte in zwei Richtungen: über den Pazifik, dessen Küste erst 1848 erschlossen wurde und nach Südamerika

    - 1853/54 erzwang ein amerikanisches Kriegsschiff die Öffnung Japans für den Handel mit den USA. Gleichzeitig wurde ein erster Handelsvertrag mit China unterschrieben

    - 1867 wurde Alaska den Russen für 7 Millionen Dollar abgekauft

    - 1884 wurde der Perlhafen auf Hawaii (Pearl Harbour) als Kriegshafen ausgebaut

    - 1887 begann die Erschließung Koreas

    - 1889 wurde ein weiterer Flottenstützpunkt auf Samoa angelegt

    - 1898 wurden im offenen Krieg mit Spanien dessen Kolonien Guam und die Philippinen den USA eingegliedert

    - 1899 teilte die USA im Verein mit britischen und deutschen Kriegsschiffen die Samoa- Inseln auf

    - 1900 kämpften amerikanische Truppen Seite an Seite mit den europäischen den „Boxeraufstand“ in China nieder. Amerikanische Firmen begannen mit der Anlage von Kapital in der Mandschurei

    - Schritt für Schritt drangen so die USA über den Pazifik nach Osten auf Asien zu, wo die größten Aussichten für Wirtschaft und Handel der Zukunft bestanden

    - die andere Stoßrichtung des US-amerikanischen Imperialismus ging nach Süden

    - bereits 1823 hatte der amerikanische Präsident Monroe die nach ihm benannte Doktrin verkündet, dass kein Staat Europas das Recht habe, sich in US-amerikanische Angelegenheiten einzumischen, auch in Mittel- und Südamerika

    - hinter der „Monroe-Doktrin“ steckte der Wunsch eines „Groß-Amerika“, einer Einigung des ganzen Kontinents von Alaska bis Feuerland

    - die kleineren und mittleren Staaten im Süden der USA waren durchaus nicht bereit, sich den Interessen der USA zu unterwerfen

    - ein wichtiges Ereignis für den US-amerikanischen Imperialismus wurde der Bau des Panamakanals, der seit 1850 geplant und erst 1914 vollendet wurde

    - es sicherte den Kriegsflotten der USA den schnellen Wechsel vom Atlantik zum Pazifik und umgekehrt

     

    Der japanische Imperialismus

     

 

  • in den 1850er Jahren schloss Japan Handelsverträge mit den USA, Russland, England, Deutschland und Holland

  • als antiimperialistische Tendenzen in Japan aufkamen, beschossen europäische und amerikanische Kriegsschiffe 1863 und 1864 mehrmals japanische Hafenstädte

  • ein erneuter Flottenaufmarsch im Jahre 1965 zeigte den Japanern, dass man den imperialistischen Mächten nur mit deren eigenen technischen Mitteln begegnen konnte

  • so begann die revolutionäre Modernisierung, der Aufstieg des ostasiatischen Inselreichs Japan

  • innerhalb weniger Jahrzehnte wurde das Land auf europäische Verhältnisse umgestellt: es erhielt eine Verfassung nach europäischem (preußischem) Muster, die allgemeine Wehrpflicht und die Schulpflicht aller Japaner wurde durchgesetzt, Post, Telegraphie, ein modernes Münz-, Steuer- und Finanzwesen wurden eingerichtet, Eisenbahnen wurden gebaut, ein japanisches Heer und eine Flotte entstanden

  • japanische Studenten wurden an die Universitäten und technischen Hochschulen Europas und Amerikas entsandt, um den Wissensvorsprung der imperialistischen Großmächte aufzuholen

  • im Laufe der Zeit wurde Japan selbst zu einer imperialistischen Großmacht

  • 1874 Besetzung der chinesischen Insel Taiwan

  • 1875 gewaltsame Öffnung Koreas durch japanische Kriegsschiffe

  • 1894 riefen die Koreaner China zu Hilfe und aus den Wirren entwickelte sich der erste japanisch-chinesische Krieg

  • da Russland, Frankreich und Deutschland befürchteten, dass Japan die Vorherrschaft in Ostasien erobern könnte, traten sie zugunsten Chinas in den Konflikt ein

  • im Frieden von 1895 wurde Korea wieder ein selbständiges Königreich, Japan behielt dagegen das schon seit 20 Jahren besetzte Taiwan

  • Japan war verärgert über das Eingreifen der Europäer und rüstete in den nächsten Jahren gegen Russland

  • Das Verhältnis zu den USA, das mehr und mehr nach Ostindien hinüberdrängte, verschlechterte sich das Verhältnis

     

    Fazit: Die Welt stand unter zunehmenden Spannungen zwischen den imperialistischen Staaten. Das Industriezeitalter forderte immer neue Rohstoffe und Absatzgebiete, neue Wirtschaftsbeziehungen und Handelswege, neue Stützpunkte und Kolonien. Immer mehr barg diese Entwicklung den Keim zu fruchtbaren, weltumspannenden Konflikten in sich.

     

    1890 bis zum 1. Weltkrieg

     

  • 1888 bestieg der 29jährige Wilhelm II. den Thron

  • im März 1990 kam es zum Bruch mit Bismarck, er wurde aus allen Ämtern entlassen und lebte noch bis 1898 als Privatmann im Sachsenwald

  • die Nachfolger des Kanzlers verfolgten in der Außen- und Bündnispolitik einen undurchsichtigen und unsicheren Kurs

  • als erstes versäumten die außenpolitischen Entscheidungsträger die 1890 fällige Erneuerung des Rückversicherungsvertrages mit Russland

  • daher näherte sich Russland nun an Frankreich an, 1891 kam es zu einem russisch-französischen Zweibund, dem im folgenden Jahr ein Militärbündnis folgte

  • die Annäherung Deutschland-England unterblieb, obwohl mehrfach darüber verhandelt wurde

  • Deutschland erwarb jetzt ebenfalls Kolonien, es verstärkte den Flottenbau, was die führende Seemacht England misstrauisch machte

  • Im April 1904 einigte sich Großbritannien mit Frankreich über die Abgrenzung der kolonialen Interessen in Afrika und Südasien (Entente Cordiale), die durch militärische Absprachen ergänzt wurde

  • 1907 folgte ein ähnliches Abkommen zwischen England und Russland

  • 1908: erster vergeblicher Versuch eines Flottenabkommens zwischen England und Deutschland

  • es folgten Verträge zwischen Russland und Japan

  • 1911 schloss England ein Bündnis mit den USA

  • 1912: letzter Versuch Englands zu einem Flottenabkommen mit Deutschland

  • 1912: Russisch-französisches und englisch-französisches Marineabkommen

  • 1912-1914: verstärkte Aufrüstung aller imperialistischen Mächte

     

    Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erreichte die koloniale Ausbreitung der Europäer ihren Höhepunkt. Die führenden Großmächte teilten alle noch „freie“ Gebiete auf der Erde unter sich auf. Es entwickelte sich ein Wettrennen bei der Jagd nach Kolonien, der vorsorglichen Sicherung künftiger Rohstoff- und Absatzgebiete

     

    Afrika fiel innerhalb von zwei Jahrzehnten dem imperialistischen Drang der Europäer nach Kolonien zum Opfer. Das Deutsche Reich annektierte die Gebiete von Togo, Kamerun, Deutsch-Südwest und Deutsch-Ostafrika.

    England errichtete eine fast ununterbrochene Landbrücke in Ostafrika, die von Kapstadt bis Kairo reichte.

    Frankreich besetzte fast ganz Nordwestafrika sowie Madagaskar.

    1914 gab es lediglich zwei freie selbständige Gebiete in Afrika; das 1848 gegründete Liberia und das alte Kaiserreich Abessinien

     

    Das zweite Gebiet des kolonialen Strebens war Ost- und Südasien und die Inselwelt des Indischen Ozeans. Deutschland beanspruchte das Hafengebiet von Tsingtau sowie in der Südsee die Inselgruppen der Marianen, Karolinen, der Palau- und Marshall-Inseln und des Bismarck-Archipels. Der Erwerb dieser Kolonien begann zumeist mit dem Vordringen von Großfirmen und Handelshäuser. Sie forderten sofort den „Schutz“ ihres Heimatlandes an und hissten deren Flagge in den neu entdeckten oder gewonnenen Gebieten. Darauf wurden die Grenzen ohne Rücksicht auf ethnische Abgrenzungen festgelegt. Dabei kam es zu Zusammenstößen und blutigen Konflikten der konkurrierenden Interessen untereinander.

     

 




[1] Heller, K.: Das Zeitalter der Nationalstaaten und des Imperialismus, in: Paschke, U.K. (Hrsg.) Weltgeschichte. Von der Urzeit bis zur Gegenwart, Erlangen 1996, S. 547-569, hier: S. 547

[2] Unter Imperialismus versteht man ein Herrschaftsstreben mit dem Ziel, die Bevölkerung eines fremden Landes mit politischen, ökonomischen, kulturellen und ideologischen Mitteln zu beeinflussen, auszubeuten, abhängig zu machen und direkt oder indirekt zu beherrschen: Historisch wurde die Bezeichnung zuerst auf die Beherrschung von Absatz- und Kapitalmärkten angewandt, nach 1870 stand der Begriff Imperialismus in enger Verbindung mit dem Nationalismus für eine Politik der territorialen Expansion eines Staates. Vgl. dazu Mommsen, W.J.: Das Zeitalter des Imperialismus, Frankfurt/M. 1990 oder Hobshawm, E.: Das imperiale Zeitalter 1875-1914, Frankfurt/M. 1989

[3]Möhle, H. (Hrsg.): Branntwein, Bibeln und Bananen. Der deutsche Kolonialismus in Afrika,  Hamburg 1999, S. 20f

[4]Speitkamp, W.: Deutsche Kolonialgeschichte, Stuttgart 2005, S. 105

[5] Baumgart, W.: Der Imperialismus. Idee und Wirklichkeit der englischen und französischen Kolonialexpedition 1880 bis 1914, Wiesbaden 1975, S. 16

[6] Dehio, L.: Deutschland und die Weltpolitik im 20. Jh., München 1955, S. 135

 

webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen