Hugenottische Einwanderung nach Deutschland

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Das Revokationsedikt von Fontainebleau und die daraus resultierende Emigration der Hugenotten bedeuteten eine Zäsur in der französischen Geschichte. Der Protestantismus wurde als Faktor des gesellschaftlichen und politischen Lebens in Frankreich für längere Zeit ausgeschaltet. 

Neben Städten wie Den Haag, Amsterdam oder Genf stellte Frankfurt/Main ein wichtiges Durchgangszentrum für Glaubensflüchtlinge aus Frankreich dar. Aufgrund der günstigen geographischen Lage, der Bedeutung Frankfurts als wichtiges europäisches Handelszentrum sowie der großen Autonomie der Stadt wählten viele hugenottische Exulanten Frankfurt/Main als Zufluchtsort. Die französische Gemeinde in Frankfurt/Main unterstützte ihre verfolgten Glaubensbrüder direkt nach ihrer Ankunft. Von der deutsch reformierten Gemeinde, den Frankfurter Lutheranern sowie aus England und den Niederlanden erhielt die hugenottische Gemeinde finanzielle Zuwendungen.

Für die meisten Glaubensflüchtlinge, die nach Frankfurt/Main emigrierten, stellten die Generalstaaten der Niederlande, Brandenburg-Preußen und Hessen-Kassel die bevorzugtesten Bestimmungsorte dar. Diese Staaten entsandten Vertreter, die besonders Handwerker und Fabrikanten unter den Flüchtlingen zu einer Ansiedlung in ihrem Territorium bewegen sollten.

Die Motivation der jeweiligen Landesherren, die hugenottischen Glaubensflüchtlinge in ihrem Territorium aufzunehmen, lag in der Kombination aus machtpolitischen Erwägungen, wirtschaftspolitischen Zielsetzungen und konfessioneller Solidarität gegenüber ihren Glaubensbrüdern. Die protestantischen Landesherren sahen in den Hugenotten loyale Staatsbürger und damit Stabilisierungsfaktoren des absolutistischen Herrschaftssystems. Da sich unter den emigrierten Hugenotten zahlreiche Intellektuelle, Handwerker und Fabrikanten befanden, versprachen sich die jeweiligen Landesherren von ihnen eine kurzfristige Steigerung der Wirtschaftskraft, die Gründung neuer Industriezweige und eine Belebung des Handels. Geldspenden und die Hilfeleistung in Form von Unterbringungs- und Arbeitsmöglichkeiten des jeweiligen Herrschers waren Ausdruck eines konfessionellen Zusammengehörigkeitsgefühls.

Einen überregionalen Charakter für die Ansiedlung der hugenottischen Flüchtlinge besaß das Edikt von Potsdam. Es legte in 14 Artikeln die Rahmenbedingungen für die Aufnahme der Exulanten in Brandenburg-Preußen fest. Das Edikt sprach den Hugenotten weitreichende soziale und wirtschaftliche Privilegien zu, eine Möglichkeit zur Selbstverwaltung war darin jedoch nicht enthalten. Die drei Edikte des Landgrafen Karl von Hessen-Kassel im Jahre 1685 hatten ebenfalls eine überregionale Bedeutung. Neben der rechtlichen Gleichstellung mit der deutschen Bevölkerung und der Zusicherung der uneingeschränkten Ausübung des Kalvinismus spielten wirtschaftliche Privilegien eine entscheidende Rolle.

 

 

 

Das Revokationsedikt von Fontainebleau (1685) und seine Folgen

 

Die verschärften Maßnahmen Ludwigs XIV. gegen den französischen Kalvinismus mündeten in das Revokationsedikt von Fontainebleau vom 18.10.1685, das das Edikt von Nantes aufhob. Ludwig XIV. stellte fest:[1] „So sehen Wir nun jetzt mit dem gerechten Danke, den Wir Gott schuldig sind, dass Unsere Sorgen das vorgesteckte Ziel erreicht haben, da ja der bessere und größere Teil Unserer Untertanen von der besagten vorgeblich reformierten Religion die katholische angenommen hat. Weil denn nun dieserhalb die Ausführung des Ediktes von Nantes und alles dessen, was zugunsten der besagten vorgeblich reformierten Religion angeordnet worden ist, den Nutzen verloren hat, so haben Wir geurteilt, dass Wir nichts Besseres tun könnten (…) als das besagte Edikt von Nantes und die besonderen Artikel, die im Anschluß an dasselbe bewilligt worden sind (…) vollständig aufzuheben.“

Das Revokationsedikt von Fontainebleau untersagte jegliche Kultfreiheit der Hugenotten und tolerierte lediglich die individuelle, nicht die öffentlich praktizierte Gewissensfreiheit im französischen Staat.[2] Es sah ebenso die Zerstörung von hugenottischen Kirchen vor:[3] „Und infolgedessen wollen Wir und gefällt es Uns, dass alle Tempel derer von der besagten vorgeblichen reformierten Religion, die in Unserem Königreiche, Ländern, Gütern und Herrschaften Unserer Botmäßigkeit gelegen sind, unverzüglich zerstört werden.“  Weiterhin verbot das Edikt den protestantischen Schulen, Kinder und Jugendliche gemäß ihren konfessionellen Vorstellungen zu unterrichten:[4] „Verbieten die besonderen Schulen der vorgeblich reformierten Religion zum Unterricht der Kinder (…)“.

Hugenottische Eltern wurden dazu gezwungen, ihre Kinder im katholischen Sinne taufen zu lassen. Außerdem mussten protestantische Pfarrer, die nicht bereit waren, zum Katholizismus zu konvertieren, innerhalb von vierzehn Tagen Frankreich verlassen:[5] „Befehlen ernstlich allen Predigern der besagten vorgeblichen reformierten Religion, die sich nicht bekehren und die katholische, apostolische und römische Religion annehmen wollen, vierzehn Tage nach der Veröffentlichung Unseres gegenwärtigen Ediktes Unser Königreich und die Länder Unserer Botmäßigkeit zu verlassen.“

Das Edikt verbot es aber allen anderen Hugenotten „bei Strafe der Galeeren für Männer und Einziehung von Leib und Gut für die Frauen, aus unserem besagten Königreiche, Ländern und Gebieten unserer Botmäßigkeit auszuwandern.“[6]

Nach dem Edikt von Fontainebleau verstärkte Ludwig XIV. die Bemühungen, durch die Herausgabe von  Schriften und Büchern den Katholizismus in seinem Königreich weiter zu festigen. Zwischen Oktober 1685 und Januar 1687 belieferten zahlreiche Pariser Buchhändler die königliche Verwaltung und die katholischen Missionare in ganz Frankreich mit über einer Million Büchern; darunter befanden sich 160.000 Katechismen, 128.000 Exemplare des Werkes „L’ imitation de Jesus-Christ“ und 148.000 „katholische“ Übersetzungen des Neuen Testamentes.[7]

Die Lutheraner des Elsass blieben von den Bestimmungen des Revokationsediktes ausgenommen, was durch den Versuch der schrittweisen Eingliederung auf kulturellem und religiösem Gebiet in das Königreich begründet werden kann.[8]

Die Zwangsbekehrungen brachten jedoch nicht den gewünschten Erfolg; der katholische Glaube wurde in vielen Fällen lediglich mit einem Lippenbekenntnis angenommen, während zu Hause und an geheimen Treffpunkten weiterhin die Schriften Johannes Calvins gelesen und protestantische Gottesdienste abgehalten wurden. In den Cervennen feierten ungefähr 100 Hugenotten kurz nach ihrer Konversion zum katholischen Glauben einen geheimen Gottesdienst mit Liedern, Gebeten und Predigten. Außerdem fand in derselben Gegend am Ostersamstag 1689 ein Gottesdienst mit 4.000 Personen hugenottischen Glaubens statt. In der protestantischen Hochburg La Rochelle gelang es ebenfalls nicht, den kalvinistischen Glauben zu unterdrücken. Viele Hugenotten konvertierten formal zum katholischen Glauben, erzogen aber weiter ihre Kinder nach protestantischen Grundsätzen und trafen sich weiterhin in Privatwohnungen zu Gottesdienstfeiern.

Joutard berichtete über die zahlreichen Versuche der Hugenotten, sich dem Diktat des Katholizismus zu widersetzen:[9] „Die ‚Neubekehrten’ lauerten auf die geringste Erlahmung des Eifers der Obrigkeit; alles diente ihnen zum Vorwand, um ihren Verpflichtungen nicht nachzukommen: man hörte nicht die Glocke, die zur Messe ruft, man wurde krank, man vergaß, sein Haus für die Fronleichnamsprozession mit Blumen zu schmücken. In der Todesstunde zeigte sich besonders die Bedeutung dieses Verhaltens. Man wollte nicht zwischen der Letzten Ölung und der Ablehnung des Priesters wählen müssen. Empfing man die Sterbesakramente, ordnete man sich dem ‚Papismus’ unter; stieß man den Priester zurück, riskierte man, als rückfällig (…) angesehen zu werden und sich den schwersten Sanktionen auszusetzen: (…) Deswegen griff die Umgebung zu einer List; sie verheimlichte die Krankheit, und wenn der Priester auftauchte, war der Kranke gerade nicht greifbar, er schlief oder war abwesend.“

In einigen Dörfern gelang es den Hugenotten, in ihre nach der Gültigkeit des Edikts von Fontainebleau zwangsweise entzogenen öffentlichen Ämter zurückzukehren.[10] Dies eröffnete der hugenottischen Bevölkerung die Möglichkeit, sich teilweise offen vom Katholizismus zu distanzieren und ihre eigene Religion innerhalb bestimmter Auflagen wieder ausüben zu dürfen. Der katholische Pfarrer des Dorfes Vebron in den Cervennen stellte fest:[11] „Der Herr de Salgas, der Herr Aures und der Herr Boudon sind die Hähne dieser Gemeinde, auf die alle anderen angewiesen sind und von denen Gut und Böse abhängt; sie sind große Politiker und drehen und wenden die Dinge, wie es ihnen beliebt.“

Nur eine Minderheit der hugenottischen Pastoren schwörten ab, die übrigen und mit ihnen ca. 200.000- 300.000 Gläubige flüchteten unter lebensbedrohlichen Umständen ins protestantische Ausland. Den Ablauf dieser Emigration schildert der französische Historiker Daniel Rops:[12] „Es war eine schreckliche Flucht, eine erbarmungslose Austreibung. Man floh in Booten von den  Küsten Aumis und der Bretagne, im Sturm; man floh auf den steilsten Pfaden der Alpen und des Jura, mitten im Winter. Wie viele von diesen Flüchtlingen sind gestorben? Diejenigen, die von der Polizei aufgegriffen wurden, schickte man auf die Galeeren: glücklicher waren jene dran, die auf der Stelle erschossen wurden.“

Diejenigen Hugenotten, die bei ihrem Versuch, Frankreich zu verlassen, von den königlichen Behörden festgenommen wurden, wurden zum Galeerendienst verurteilt. Diese Maßnahme kam häufig einem Todesurteil gleich, denn über die Hälfte der Sträflinge verstarb aufgrund der schlimmen körperlichen Belastungen und der räumlichen Enge, die die Ansteckungsgefahr für Krankheiten erheblich steigerte, auf den Galeeren.

Die Zahl der „galeriens pour la foi“ („Galeerensträflinge aus Glaubensgründen“) betrug 1450 Personen.[13] Selbst auf den Galeeren waren die Hugenotten exorbitanten Schikanen ausgesetzt. In den Jahren 1699 und 1700 zwangen die Offiziere und katholischen Schiffsgeistlichen der Galeeren „La Superbe“, „La Favorite“ und „La Magnanime“ die protestantischen Galeerensträflinge dazu, während einer katholischen Messe niederzuknien und ihre Mütze abzunehmen. Diejenigen Hugenotten, die sich bei diesem Ereignis, das als „affaire du bonnet“ (Mützenaffäre) bekannt wurde, weigerten, den Anordnungen zu gehorchen, wurden auf übelste Weise misshandelt.[14]

Viele Hugenotten hielten trotz Schikanen und Folterungen unbeirrt an ihrem Glauben fest. Das sich im Laufe der Zeit auf den Galeeren entwickelnde Zusammengehörigkeitsgefühl unter ihnen führte im Jahre 1699 zu Gründung einer geheimen Organisation der protestantischen Galeerensträflinge.[15] Diese „Eglise des confesseurs qui souffrent pour la verite de l’Evangile („Kirche der Bekenner, welche für die Wahrheit des Evangeliums leiden“) verfügte über Sympathisanten in der Hafenstadt Marseille und in anderen französischen Metropolen, über die sie Briefe, Bibeln und protestantische Schriften aus den niederländischen Generalstaaten beziehen konnten.[16] Die hugenottische Organisation unterstand einem Direktorium, das aus sieben Personen bestand. Zu den Aktivitäten der protestantischen Organisation gehörte nicht nur regelmäßiger Religionsunterricht, sondern auch die Missionstätigkeit bei katholischen Sträflingen.

Die Flüchtlinge ließen sich vornehmlich bei Glaubensbrüdern in den niederländischen Generalstaaten, in England, in der Schweiz, in den protestantischen deutschen Territorien, insbesondere Brandenburg-Preußen und Hessen, sowie in Skandinavien nieder. Unter diesen Migranten befanden sich überproportional viele Intellektuelle (Pfarrer, Künstler, Literaten, Verleger usw.) sowie hoch qualifizierte Handwerker und Fabrikanten, was für den französischen Staat zu dieser Zeit einen enormen geistigen und wirtschaftlichen Verlust bedeutete. Ein Beispiel dafür stellte die nordfranzösische Stadt Metz dar:[17] „Die Auswanderung so vieler wohlhabender Familien, reicher Kaufleute, leitender Persönlichkeiten der blühenden Gewerbe war ein verhängnisvoller Schlag für das Gedeihen der Stadt und des Metzer Landes. Die Einwohnerzahl sank in erschreckender Weise. Die Güter sanken erheblich im Wert, da viele Häuser unbewohnt blieben und viele Arbeitskräfte für die Bebauung des Landes fehlten (…). Der Handel ging gewaltig zurück.“

Meyer unterschätzte die Auswirkungen der hugenottischen Auswanderung, wenn er feststellte:[18] „Dennoch fiel diese Menschen- und Kapitalflucht nicht so sehr ins Gewicht, denn die Immigration von englischen und vor allem irischen Katholiken nach Frankreich glich die Verluste weitgehend aus. Diese Einwanderung fiel geringer aus, verteilte sich auch über einen längeren Zeitraum und ersetzte den Verlust von Protestanten zwar nicht ganz, doch brachte sie Menschen und Kapital ins Land, die eine gewisse wirtschaftliche Blüte der französischen Häfen im 18. Jahrhundert ermöglichten.“

Die Einwohnerzahl Frankreichs betrug zum Zeitpunkt des Todes Ludwigs XIV. im Jahre 1715 etwa 18 Millionen Menschen; dies waren ungefähr 2 Millionen weniger als zur Zeit der Ermordung Heinrichs IV.[19] Dieser Bevölkerungsrückgang, der vor allem durch die Emigration der Hugenotten begründet werden kann, wirkte sich äußerst nachteilig auf das wirtschaftliche Leben in Frankreich aus. Seit dem Jahre 1690 geriet das von Colbert[20] ausgebaute französische Manufaktursystem in eine Krise. Im Jahre 1715 war die finanzielle Lage Frankreichs derart katastrophal, so dass der Staatshaushalt um 18 Jahresbudgets überzogen werden musste.[21]

Außerdem vernachlässigt Meyer in seiner Argumentation den Bereich des geistigen Lebens in Frankreich, der sehr stark unter der Emigration der Hugenotten litt.

In abgelegenen Gebieten Frankreichs wie den Cervennen spielte der Protestantismus trotz des Revokationsediktes weiterhin eine große Rolle. Während des Spanischen Erbfolgekrieges kam es zu Aufständen der hugenottischen Camisarden (1702-1704), die schließlich von den königlichen Truppen besiegt wurden.[22] Die Zentren des Aufstandes waren die Dörfer Le Mas Soubeyron, St. Jean du Gard, Florac, Castelnau-Valence sowie Le Trabuc. Die weit verzweigten Höhlensysteme in den Cervennen dienten vielen Hugenotten während den Verfolgungen als Versteck.[23]

Es bleibt festzuhalten, dass die religiöse Einheit des Landes, was ein wesentliches Ziel des Revokationsediktes von Fontainebleau  darstellte, nicht erreicht wurde.[24]

Der Feststellung von Thaddens ist zuzustimmen, dass das Revokationsedikt und die dadurch resultierende Emigration der Hugenotten einen tiefen Einschnitt in die Geschichte Frankreichs bedeuteten.[25] Das Revokationsedikt brachte die seit längerer Zeit schwelende Krise des absolutistischen Staates zum offenen Ausbruch. Des Weiteren wurde der Protestantismus als Faktor des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens in Frankreich für längere Zeit ausgeschaltet. Die Flucht der Hugenotten aus Frankreich bedeutete eine der ersten großen Emigrationen in der Geschichte der Neuzeit.[26]

 

 

 

Frankfurt am Main: Knotenpunkt der hugenottischen Emigration

 

Schon im 16. Jahrhundert wurde die freie Reichstadt Frankfurt am Main zum Zufluchtsort für all jene Personen, die wegen ihrer Konfession aus ihrem Land flüchten mussten. Glaubensflüchtlinge aus England, Wallonen und Niederländer gründeten in Frankfurt am Main protestantische Gemeinden.[27] Valerand Poulain aus Lille richtete für eine Gruppe wallonischer Glaubensflüchtlinge ein Aufnahmegesuch an den Rat der Stadt Frankfurt am Main.[28] In einer außerordendlichen Ratsversammlung am 18.03.1554 wurde den Flüchtlingen die Aufnahme gestattet. Somit galt der 18.03.1554 als Gründungstag der französischen Gemeinde in Frankfurt am Main. Friedrich Bothe stellte fest:[29] „Außer dem Mitleid mit den armen, um ihrer Religion willen verfolgten Flüchtlingen ließ die Hoffnung dem Rat (der Freien Reichsstadt Frankfurt) ihre Einbürgerung angebracht erscheinen, dass mit ihnen ein kräftiges Reis dem Baume des heimischen Gewerbelebens aufgepropft werden könne. In der Tat waren sie Träger frischen Unternehmensgeistes; alle möglichen Handwerker waren unter ihnen vertreten, vornehmlich aber das Textilgewerbe.“

Am 19.04.1554 hielt die französische Gemeinde ihren ersten Gottesdienst in der Weißfrauenkirche ab.  Zusammen mit der flämischen Gemeinde, die im Jahre 1555 unter Johannes a Lasco gegründet wurde, gestattete der Frankfurter Rat zunächst der französischen Gemeinde die Ausübung von Gottesdiensten in der Weißfrauenkirche. Bald darauf kam es zu Auseinandersetzungen sowohl mit der lutherischen Kirche als auch mit den autochthonen Handwerkern und Kaufleuten, die die Konkurrenz der Mitglieder der französischen Gemeinde fürchteten. Durch einen Beschluss vom 28.08.1561 verbot der Rat der Stadt Frankfurt der französischen Gemeinde die Benutzung der Weißfrauenkirche, so dass lediglich Privatgottesdienste in einer Scheune oder in Häusern wie „Zur großen Aynung“ von engagierten Gemeindemitgliedern abgehalten werden konnten.[30]  

Die französische Kirche erlebte durch die fortschreitende Ansiedlung wallonischer Glaubensflüchtlinge einen zahlenmäßigen Aufschwung, der einen größeren Einflussfaktor auf die innerstädtischen Entscheidungen mit sich brachte. Um diesen zunehmenden Einfluss der französischen Gemeinde zurückzudrängen, entschied der lutherische Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, ab dem Jahre 1596 jegliche Form des französisch-reformierten Gottesdienstes innerhalb der Stadt zu verbieten. Dies hatte zur Folge, dass zahlreiche Mitglieder der französischen Gemeinde die Stadt verließen und sich in Hanau und Frankenthal ansiedelten. Im Laufe des 17. Jahrhunderts erholte sich die französische Gemeinde nach der Ansiedlung zahlreicher hugenottischer Kaufleute und Handwerker von diesem Schock.

Die im 16. Jahrhundert großzügige Aufnahme von Glaubensflüchtlingen beschränkte sich Anfang des 17. Jahrhundert nur noch auf Lutheraner; seit dem Jahre 1628 hatten Juden und Kalvinisten nicht mehr die Möglichkeit, Stadtbürger zu werden. Dessen ungeachtet entwickelte sich Frankfurt am Main Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts zu eines der Hauptzentren der Aufnahme für nach dem Edikt von Fontainebleau vom 18.10.1685 aus Frankreich geflohenen Hugenotten.[31]

Die Tatsache, dass viele hugenottische Glaubensflüchtlinge gerade Frankfurt am Main als Zufluchtort wählten, hatte verschiedene Gründe. Aufgrund der günstigen geographischen Lage in der Nähe des Zusammenflusses von Main und Rhein stellte Frankfurt einen wichtigen Knotenpunkt der Ost-West- und Nord-Süd-Verbindungen dar. In wirtschaftlicher Hinsicht war Frankfurt am Main zu dieser Zeit eines der bedeutendsten europäischen Handelszentren; die Warenmessen, die zweimal im Jahr stattfanden, zogen Kaufleute aus zahlreichen Ländern an. Da Frankfurt in politischer Hinsicht dem Kaiser unterstellt war, verfügte sie über eine größere Autonomie als andere Städte.

Die französische Gemeinde in Frankfurt am Main, die schon den Hugenotten, die schon vor dem Revokationsedikt von Fontainebleau emigrierten, einen Zufluchtsort anboten, half auch in diesem Fall den in Frankfurt eintreffenden Glaubensflüchtlingen. Da die Zahl der hugenottischen Emigranten schon bald stark anstieg, entschloss sich das Konsistorium, für die Glaubensflüchtlinge spezielle Unterstützungslisten[32] anzufertigen. Aus diesen Unterstützungslisten geht hervor, dass sich vom Mai 1685 bis Mai 1695 mehr als 63.700 Flüchtlinge in Frankfurt befanden.[33] Die Zahl der zwischen Mai 1695 und Mai 1705 in Frankfurt registrierten Emigranten betrug mehr als 34.000 Personen.[34]

An die Glaubensflüchtlinge wurde die für die damaligen Verhältnisse sehr hohe Summe von 150.000 Gulden verteilt.[35] Trotz der Bereitstellung eines größeren Betrages und der Sammlung von Spenden war die französische Gemeinde nicht in der Lage, diese Summe allein aufzubringen. Sowohl die deutsche reformierte Gemeinde als auch die Lutheraner in Frankfurt, die im Jahre 1699 eine Spendensammlung veranstalteten, unterstützten die französische Gemeinde in ihrer Notsituation. England und die Niederlande stellten ebenfalls Geld zur Verfügung, was jedoch ausschließlich für die französischen Kirchen in der Umgebung von Frankfurt am Main bestimmt war. Die französische Gemeinde in Frankfurt erhielt weitere Zuwendungen von reichen Glaubensflüchtlingen, die sich nach ihrer Flucht dauerhaft in Frankfurt ansiedelten.[36]

Anhand der Unterstützungslisten lässt sich eine regionale und soziale Streuung der in Frankfurt emigrierten Glaubensflüchtlinge nachweisen.[37] Die aus Lothringen, dem Westen oder Norden Frankreichs stammenden Hugenotten flüchteten im Allgemeinen direkt in die deutschen Territorien. Die Mehrzahl der hugenottischen Flüchtlinge kam aus dem Süden Frankreichs und musste zuerst die Schweiz durchqueren, wo sie in Genf, Lausanne, Bern und Zürich und anderen Städten vorübergehende Zufluchsorte fanden.[38] Viele hugenottische Emigranten gingen direkt nach Schaffhausen, wo sich die direkte Grenze zu Deutschland befand. Die Kantone und Städte in der Schweiz ließen den Flüchtlingen sofortige Hilfeleistungen zukommen; so erhöhten die Städte Bern und Zürich die Steuerabgaben, um mit den zusätzlich erworbenen Geldern den Unterhalt der Flüchtlinge sicherzustellen. Die Schweizer Kantone bildeten Flüchtlingsorganisationen, „Chambres des refugies“ kümmerten sich um die Verteilung von Hilfsgeldern, eine begrenzte Unterbringung und um die Hilfe bei der Weiterreise.[39] Die Verantwortungsträger der Kantone versuchten, in Verhandlungen mit anderen aufnahmebereiten protestantischen Ländern die Ansiedlung der Flüchtlinge in deren Territorien zu fördern und auch finanziell zu subventionieren.

Aufgrund der gemeinsamen Notlage entstand unter den hugenottischen Flüchtlingen in Frankfurt ein enges Zusammengehörigkeitsgefühl, Klassenunterschiede und regionale Herkunft spielten keine wesentliche Rolle mehr. Charakteristisch dafür ist die Begegnung des Buchhändlers Jacob Malizy aus der Champagne mit dem Wollkämmer Pompee Toures aus Veynes im Dauphine in Frankfurt. Zusammen mit ihren Familien zogen sie weiter nach Heidelberg, wo Pompee die Tochter von Malizy heiratete.[40]

Die in der Stadt eingetroffenen Gruppen bestanden zum Teil aus Personen, die denselben Beruf ausübten. So emigrierte im Juni 1686 eine Gruppe von Tuchmachern, die alle aus dem Dauphine stammten, nach Frankfurt. Die Ausübung desselben Berufes erleichterte es ihnen auf ihrer Flucht, Arbeit zu finden, da sie sich nicht gegenseitig Konkurrenz machten.

Die meisten in den Unterstützungslisten eingetragenen Flüchtlinge kamen ohne Geld und Vermögen nach Frankfurt, da sie auf schnellstem Wege fliehen und ihren Besitz zurücklassen mussten. Ein Beispiel waren die aus Arvieux stammenden Jean Morel, Antoine Musquet und Jacques Simond, die am 6.10.1686 in Frankfurt eintrafen:[41] „sie wurden verfolgt und gezwungen, die Messe zu besuchen, doch da sie den Götzendienst nicht ertragen konnten, haben sie alles verlassen, Häuser, Verwandte und alle ihre Habe.“

Vor allem hugenottische Bauern, die durch den Verlust ihres Hofes und den dazugehörigen Gütern ihre gesamte Existenzgrundlage verloren, trafen völlig verarmt in Frankfurt ein:[42] „Ihren Besitz zu verlassen, bedeutete für sie wirklich alles aufzugeben. War es ihnen gelungen, ihre Ernte noch zu verkaufen oder die Verwaltung ihrer Güter einem zurückgebliebenen Mitglied der Gemeinde, mittels eines fiktiven Verkaufes, anzuvertrauen, so hatten sie ihre wenigen Mittel schon bald ausgegeben und befanden sich somit unter den Mittellosesten.“

Viele Flüchtlinge, die einen Teil ihres Vermögens mitnehmen konnten, waren dazu gezwungen, davon Unterkunft, Lebensmittel oder Fluchthelfer zu bezahlen. Einige verloren ihren letzten Besitz durch Überfälle von Räuberbanden oder Soldaten. Aus den Unterstützungslisten geht hervor, dass ein Pierre d’Assas aus Vigan von einer Gruppe Banditen ausgeraubt, misshandelt und an den Beinen verletzt wurde.[43]

Die Glaubensflüchtlinge erreichten aufgrund der auf der Flucht erlittenen Entbehrungen sowie Verletzungen Frankfurt in einem schlechten körperlichen Zustand:[44] „Abel Mobe ist von einem Karren heruntergefallen, ein zweiter Karren ist ihm über den Körper gefahren. Er war gezwungen, während fünf Monaten in Zürich zu bleiben. Kleine Kinder, schwangere Frauen (…) oder alte Leute – wie z.B. die im Elsaß geborene Marie Sage, aus Marsillargues, die alt und blind und verkrüppelt war- waren besonders gefährdet. (…) Jacques Faure, Koch aus Melle im Poitou, kam mit seiner Frau und seinen 3 Kindern krank an. Er erhielt Geld für das Nötigste und um die Miete für ein Zimmer zu zahlen, er blieb mehr als drei Monate in Frankfurt.“

Sofort nach ihrer Ankunft und Registrierung wurden sie in Herbergen, Hospitälern oder bei Einzelpersonen gegen eine geringe Bezahlung, die vom  Konsistorium der französischen Gemeinde aufgebracht wurde, mit Lebensmitteln versorgt und vorübergehend einquartiert. Ein geringer Teil der Flüchtlinge starb in Frankfurt an den Folgen der Strapazen der Emigration, insbesondere kleine Kinder, schwangere Frauen oder alte Menschen überlebten diese Anstrengungen nicht.[45]

Zusätzlich zu den Hilfeleistungen für ihre in der Stadt eingetroffenen Glaubensbrüder unterstützte die französische Gemeinde von Frankfurt mit finanziellen Mitteln die Anreise weiterer Flüchtlinge:[46] „Daniel Martin, früher Pastor in Mentoules in Valscluson, kam am 3. November 1686 nach einem vierzehnmonatigen Aufenthalt in Aigle, wo er ‚die Ausreise von mehreren, armen Refugies ermöglicht hatte’, in deren Begleitung nach Frankfurt zurück; dort gab man ihm 15 Gulden, und er brach erneut in die Schweiz auf, um weitere Familien, die man in der Grafschaft Waldeck erwartete, in Empfang zu nehmen. Pierre Hemery (…) hatte eine erste Gruppe von Gemeindemitgliedern des Pastors Daniel Martin von Zürich nach Frankfurt begleitet.“

In Frankfurt fanden nicht nur protestantische Flüchtlinge einen Zufluchtsort, sondern auch Angehörige des katholischen Glaubens, die verfolgten Hugenotten aus Mitleid Unterstützung gewährten. Viele dieser katholischen Helfer konvertierten in Frankfurt zum Protestantismus. Sie erhielten dieselben Leistungen wie die protestantischen Glaubensflüchtlinge; viele von ihnen siedelten sich dauerhaft in Frankfurt an:[47] „Sicher waren sie mittellos, und doch betrachtete man sie als wichtige Personen, denn sie erhielten nicht nur eine große Geldsumme, nämlich 19 Gulden und 37,5 Albusse, sondern sie wurden auch noch bis zu den Schnallen für die Strumpfbänder und die Schuhe eingekleidet.“

Von den hugenottischen Flüchtlingen, die während der ersten achtzehn Monate nach dem Revokationsedikt von Fontainebleau in Frankfurt eintrafen, befanden sich überproportional viele Handwerker, darunter vor allem Tuchmacher und andere Beschäftigte aus der Leder-, Metall- und Holzindustrie.

Die Generalstaaten der Niederlande[48], Brandenburg-Preußen und Hessen-Kassel waren in den Jahren 1686-87 für die meisten Glaubensflüchtlinge, die nach Frankfurt emigrierten, die bevorzugtesten Bestimmungsorte.[49] Aus diesen Staaten wurden Vertreter entsandt, die die hugenottischen Flüchtlinge zu einer Ansiedlung in ihrem Territorium bewegen sollten. Der Kurfürst von Brandenburg delegierte zu diesem Zweck Christoph Merian nach Frankfurt, der möglichst viele Flüchtlinge von den Vorteilen einer Niederlassung in Brandenburg überzeugen sollte.[50] Merian organisierte im Auftrag des Kurfürsten die Ausreise zahlreicher hugenottischer Gruppen nach Brandenburg; er unterstützte sie mit Geld und Nahrungsmitteln für die Reise und händigte ihnen Pässe aus. Die Niederlande waren seit dem Jahre 1685 zur wichtigsten Schutzmacht der hugenottischen Flüchtlinge aufgestiegen. Ihr Gesandter, Pierre Valkenier, der zum „Plenipotentiaire pour l’Etablissement de ces Vaudois et Refugies dans la Haute Allemagne“ wurde, spielte in den Aufnahmeverhandlungen mit deutschen Fürsten eine wesentliche Rolle.

Die niederländischen Generalstaaten nahmen in diesen achtzehn Monaten insgesamt 1040 Glaubensflüchtlinge auf. Danach folgten Brandenburg-Preußen und Hessen-Kassel, die 1014 beziehungsweise 751 Personen in ihrem Territorium eingliederten.[51]

Auch andere kleinere Staaten waren daran interessiert, hugenottische Flüchtlinge aufzunehmen. In den achtzehn Monaten gingen 55 Hugenotten nach Homburg, der Hauptstadt von Hessen-Homburg, 50 Flüchtlinge siedelten sich in Hanau an, wo schon eine wallonische Kirchengemeinde existierte, 64 von ihnen bevorzugten die Pfalz als Zufluchtsort.[52]

Weiterhin fanden zahlreiche Glaubensflüchtlinge in den Hansestädten eine neue Heimat; 182 Exulanten siedelten sich in Bremen[53] an, eine unbekannte Zahl von ihnen ließ sich in Hamburg-Altona[54] und Lübeck[55] nieder. Ein geringer Teil der Hugenotten, die in Frankfurt registriert wurden,  emigrierte nach England.[56]

Auffallend wenige Hugenotten, die in den Jahren 1685 und 1686 in Frankfurt eintrafen, wählten Württemberg als neuen Ansiedlungsort. Dies ist dadurch zu erklären, dass viele Flüchtlinge den direkten Weg über die Schweiz wählten oder von Frankreich aus einwanderten. In den Frankfurter Unterstützungslisten sind lediglich diejenigen Exulanten erfasst worden, die aus dem Westen oder Norden eintrafen.

Einige Glaubensflüchtlinge besaßen überhaupt keine Vorstellung, in welcher Stadt oder Ortschaft sie sich ansiedeln wollten.[57] Dies erklärte sich aus der Tatsache, dass sie keinen Anhaltspunkt hatten, in welchem Gebiet eine unmittelbare Chance bestand, eine Arbeit zu finden.

Ein Teil der Hugenotten kehrten nach kurzer Zeit wieder nach Frankfurt zurück, da sie sich in ihrer neuen Umgebung nicht wohl fühlten, auf der Suche nach Angehörigen oder Freunden waren oder keine geeignete Arbeitsmöglichkeit in den Aufnahmenorten fanden: [58] „Raymond Chaffonin, ein Mauerer aus Vallon, (…) hatte (…) keine Arbeit in Holland gefunden und wollte nun in Frankfurt bleiben. (…) Ester Roussel z.B. war sehr betagt und ihr Sohn Isaac Cheminon schwachsinnig; sie stammten aus Mollieres im Vac Cezare und wurden am 11. November 1686 zum ersten Mal betreut; sie gedachten, den Winter in Hanau zu verbringen. Als sie am 11.Juli zum zweiten Mal Hilfe erhielten, erklärten sie, dass sie bis nach Kassel gegangen seien, dort jedoch nichts für ihren Lebensunterhalt hätten finden können; nun wollten sie in die Schweiz ziehen. Antoine Gabriel aus dem Pays de Gex, ein Seidenarbeiter, wollte ebenfalls nicht in Kassel bleiben: er hatte erfahren, dass seine Eltern nach Genf geflohen waren und wollte sie dort aufsuchen.“

 

 

 

 

 

Das Edikt von Potsdam

 

Das wichtigste Zufluchtsland für die hugenottischen Glaubensflüchtlinge war sowohl im Hinblick auf die Zahl der Emigranten als auch in Bezug auf die strukturellen Voraussetzungen ihrer Aufnahme Brandenburg-Preußen. Das Herrscherhaus von Brandenburg-Preußen nahm durch die Konversion des Kurfürsten Johann Sigismund im Jahre 1613 den reformierten Glauben an. Von den ungefähr 43.000 hugenottischen Flüchtlingen, die in die deutschen Territorien einwanderten, ließen sich ca. 20.000 in Brandenburg-Preußen nieder.[59]

Die Grundlage für die Ansiedlung war das am 25.10.1685 erlassene Edikt von Potsdam des Kurfürsten Friedrich Wilhelm „betreffend diejenigen Rechte, Privilegia und andere Wohlthaten, welche Se. Churfürstl. Durchl. Zu Brandenburg den Evangelisch-Reformierten Frantzösischer Nation, so sich in Ihren Landen niederlassen werden, wegen der Jurisdiction und sonst, dasselbst zu verstatten gnädigst entschlossen seyn“.[60]

Das Edikt legte in vierzehn Artikeln die Rahmenbedingungen für die Ansiedlung der Glaubensflüchtlinge in Brandenburg-Preußen fest.[61] Zunächst regelte es die Unterstützung auf der Flucht, die Hilfeleistung bei der Einwanderung und die Niederlassung:[62] „Das Edikt schrieb die Wege vor, die von den Hugenotten einzuschlagen waren; die Sammelorte hießen Amsterdam, Frankfurt am Main und Hamburg. Von dort aus sollten die Vertriebenen, durch kurfürstliche Kommissare empfangen, nach den von ihnen gewählten Orten weitergeleitet werden. Es schlägt ihnen eine Reihe von Städten als zur Ansiedlung besonders geeignet vor und befiehlt, dass sie dort gut aufgenommen und mit allem zur Ansiedlung Nötigen versehen werden sollen.“

Weiterhin verbot das Edikt von Potsdam der autochthonen Bevölkerung in Brandenburg-Preußen, den hugenottischen Flüchtlingen Nahrungsmittel zu verweigern. Ihr aus Frankreich mitgebrachter Besitz durfte ungehindert nach Brandenburg-Preußen eingeführt werden.

Der Kurfürst übergab den Flüchtlingen verfallene oder verlassene Häuser als erbliches Eigentum.[63] Außerdem erhielten sie von Friedrich Wilhelm die notwendigen Materialien zum Wideraufbau der Häuser und wurden von allen Abgaben befreit. Beim Bau eines Hauses überwies die kurfürstliche Verwaltung den Hugenotten geeignete Baustellen mit den dazugehörigen Gärten und Wiesen sowie die benötigten Baumaterialien; dazu kam eine zehnjährige Abgabenfreiheit.

Im Edikt von Potsdam erteilte der Kurfürst den Flüchtlingen das Bürgerrecht und gewährte ihnen den Eintritt in die Zünfte. Manufakturgründungen von hugenottischen Kaufleuten wurden durch umfangreiche Privilegien und finanzielle Zuwendungen unterstützt. Das Edikt beinhaltete ebenso das Recht der Ausübung der reformierten Religion in französischer Sprache und die Ernennung von eigenen Geistlichen:[64] „In einer ieden Stadt wollen wir gedachten Unsern Frantzösischen Glaubens-Genossen einen besonderen Prediger halten, auch einen bequemen Ort anweisen lassen, woselbst das exercitium Religionis Reformatae in Frantzösischer Sprache, und der Gottesdienst mit eben denen Gebräuchen und Ceremonien gehalten werden sol, wie es biß anhero bey den Evangelisch Reformierten Kirchen in Franckreich bräuchlich gewesen.“

Ein weiteres Privileg des Ediktes war die standesgemäße Gleichstellung der eingewanderten hugenottischen Adeligen mit dem einheimischen Adel.

Im Artikel 10 des Ediktes von Potsdam gewährte der Kurfürst Friedrich Wilhelm den Hugenotten in den Städten einen Richter zur Schlichtung interner Auseinandersetzungen:[65] „So viel die Jurisdiction und Entscheidung der zwischen offt gedachten Frantzösischen Familien sich ereignender Irrungen und Streitigkeiten betrifft, da sind wir gnädig zufrieden, und bewilligen hiermit, dass in den Städten, wo selbst verschieden Frantzösische Familien vorhanden, dieselbe iemand ihres Mittels erwägen mögen, welcher bemächtiget seyn soll, dergleichen differentien ohne eigene Weitläufftigkeit, in der Güte zu vergleichen und abzuthun.“

Ein Kollegium aus hugenottischen Richtern und deutschen Magistratsangehörigen kümmerte sich um Streitigkeiten zwischen deutschen und französischen Personen:[66] „Daferne aber solche Irrungen unter Teutschen an einer, und Frantzösischen Leuten anderer Seite sich ereignen. So sollen selbige durch den Magistrat eines ieden Orts und diejenige welche die Frantzösische Nation zu ihrem Schieds-Richter erwählen wird, zugleich und gesamter Hand untersuchet, und summariter zu Recht entschieden und erhöret werden, welches dann auch als dann statt haben soll, wann die unter Frantzosen allein vorfallende differentien, dergestalt wie oben erwehnet, in der Güte nicht beygeleget und verglichen werden können.“

Das Edikt von Potsdam sprach den Glaubensflüchtlingen zwar weitgehende Rechte und Privilegien zu, von einer Selbstverwaltung der Hugenotten war darin nicht die Rede. Erst im Laufe der Zeit entwickelte sich die hugenottische Gemeinde zu einer festen Gemeinschaft mit eigenständigem Charakter.[67]

Am 23.11.1685 wurde in Berlin ein Kommissariat für die Angelegenheiten der hugenottischen Flüchtlinge innerhalb des Generalkriegskommissariats gegründet, das als Kontrollorgan die Durchführung der Bestimmungen des Potsdamer Ediktes kontrollieren sollte.[68] Der erste Vorsitzende des Kommissariats wurde Marshall Joachim Ernst von Grumbkow (1637-1690), sein Stellvertreter war der ehemalige brandenburgische Gesandte in Frankreich, Ezechiel Freiherr von Spanheim (1629-1710). Die hugenottischen Vertreter Graf d’Espence und du Bellay d’Ancle gehörten ebenfalls dem Kommissariat an.

Alle nach Brandenburg-Preußen emigrierten Flüchtlinge mussten sich dort kurz nach ihrer Ankunft melden; erst nach der genauen Feststellung ihrer Verhältnisse besaßen sie einen Anspruch auf die im Edikt von Potsdam erteilten Vergünstigungen und Privilegien. Für die hugenottischen Exulanten war in den meisten Fällen der damalige Leiter der französischen Gemeinde von Berlin, de Gaultier, der erste Ansprechpartner, der den Kontakt zum Kommissariat herstellte.[69]

Nachdem die hugenottischen Glaubensflüchtlinge bei einem französischen Richter bzw. Oberrichter den Untertaneneid geschworen hatten, lebten sie als Untertanen des Kurfürsten bzw. des Königs in Brandenburg-Preußen. Sie nahmen eine gewisse Sonderstellung gegenüber der deutschen Bevölkerung ein, da sie unter der Schirmherrschaft der Hohenzollern eine innere kirchliche und juristische Selbstverwaltung aufbauen durften.[70]

Bei der rechtlichen und verwaltungsmäßigen Eingliederung der hugenottischen Kolonien in das brandenburg-preußische Staatswesen lassen sich zwei Entwicklungslinien voneinander unterscheiden. Zuerst erfolgte zwischen den Jahren 1685 und 1690  die Herausbildung einer eigenständigen Gerichtsbarkeit als Teil des Sonderstatus der hugenottischen Kolonien. Danach erhielten die französischen Kolonien bis zum Jahre 1720 die wesentlichen rechtlichen Grundlagen für den Ausbau ihrer eigenen Gerichtsbarkeit und Selbstverwaltung. Bis zur juristischen Auflösung der Kolonien im Jahre 1809 kam es  zu keinen wesentlichen Veränderungen in der Rechtssprechung und Verwaltung der hugenottischen Kolonien.  

Die elementare Bedeutung des Ediktes von Potsdam für die hugenottischen Glaubensflüchtlinge wird an der historischen Einleitung zu einem Predigtensammelband aus dem Jahre 1785 ersichtlich:[71] „Nach hundert Jahren widmen die Fremden einen besonderen Tag ehrlichen Freudenfesten. (…) Sie prägen Münzen und schreiben Bücher, um zu verhindern, daß eine lange Reihe von Jahren aus dem Gedächtnis auszulöschen, was die Vorfahren gewesen sind und getan haben.“

 

Bei der regionalen Ansiedlung der Hugenotten standen die Privilegien der religiösen Freiheit, der wirtschaftlichen Konzessionen und die Übergabe von Grundbesitz an die Flüchtlinge im Mittelpunkt. Die meisten Landesherren legten großen Wert auf die Erhaltung der aus Frankreich mitgebrachten Traditionen der Galubensflüchtlinge. Ihrer Vorstellung nach sollten ausschließlich französische Pfarrer und Lehrer in den Gemeinden beschäftigt werden und nach Möglichkeit ortsansässige Hugenotten wichtige Ämter innerhalb der Gemeinde bekleiden. Der Gebrauch der französischen Sprache war während der Gottesdienste obligatorisch. Die Gründung von Schulen für die Kinder der Flüchtlinge mit der Unterrichtssprache Französisch wurde angestrebt. Die Aufrechterhaltung eines wechselseitigen Austausches mit anderen hugenottischen Kolonien war ein weiteres Anliegen der Landesherren.

Zur Entwicklung des religiösen Lebens innerhalb der hugenottischen Gemeinden überließ der jeweilige Herrscher den hugenottischen Exulanten – meist zur vorübergehenden Nutzung- eine Kirche oder Kapelle. In der Regel übernahm er auch die Finanzierung des Pfarrers, des Kantors sowie des Küsters. Das kirchliche Leben spielte in den ersten Jahrzehnten nach der Ansiedlung in allen hugenottischen Gemeinde eine wichtige Rolle. Erst im Laufe der Zeit verlor die Religiösität im Leben der Gemeindemitglieder immer mehr an Bedeutung. Das religiöse Leben wurde lediglich von einem kleinen Personenkreis am Leben erhalten, so dass es im 19. und 20. Jahrhundert in den meisten Fällen zu einer Vereinigung mit der deutschen reformierten Gemeinde der jeweiligen Stadt oder des jeweiligen Ortes kam. Die bis zum heutigen Zeitpunkt weiter existierenden hugenottischen Gemeinden wie in Berlin, Potsdam, Angermünde, Prenzlau oder Schwedt stellen Ausnahmen dar.

Ein Teil der autochthonen Bevölkerung lehnte die hugenottischen Neuankömmlinge aufgrund ihrer von jeweiligen Landesherren zugestandenen Privilegien, der neu entstandenen Konkurrenzsituation und religiöser Intoleranz ab. Andererseits war die Bereitschaft zur Kooperation innerhalb der deutschen Bevölkerung vorhanden, wenn sie aus der Einwanderung der Glaubensflüchtlinge vor allem in ökonomischer Hinsicht unmittelbaren Nutzen zog.

 

 

 

Beispiel Potsdam

Im Gegensatz zu anderen hugenottischen Gemeinden in Brandenburg-Preußen, die kurz nach dem Edikt von Potsdam aus dem Jahre 1685 in verschiedenen Städten und Dörfern des Landes gegründet wurden, konstituierte sich die französische Gemeinde in Potsdam erst im Jahre 1723.[72] Die wenigen hugenottischen Flüchtlinge, die Ende des 17. Jahrhunderts nach Potsdam kamen, wurden zunächst Mitglied der im Jahre 1662 entstandenen deutschen reformierten Gemeinde. Diejenigen Hugenotten, die am Hof des Kurfürsten in Potsdam angestellt waren, wohnten zu einem großen Teil in Berlin und gehörten der französischen Gemeinde in Berlin[73] an.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts kamen weitere Flüchtlinge nach Potsdam, so dass die Zahl der Hugenotten in Potsdam deutlich zunahm.

Als Friedrich Wilhelm I. den Ausbau Potsdams zur Garnisonsstadt vorantrieb, erfolgten zeitgleich die Erneuerung der Altstadt (1720-1742) sowie die Anlage der Neustadt (1720-1742). Über die Form der Stadterweiterung urteilte der Baumeister Heinrich Ludwig Manger (1728-1790):[74] „Die Art zu bauen in den neu angelegten Straßen war gänzlich eintönig und gleichförmig, nur um die Monotonie nicht zu unterbrechen, welche auch in Ansehen des äußerlichen Abfärbens beachtet wurde. Das Auge des Königs war durch die beständige Beschäftigung mit seinen Garderegimentern dermaßen verwöhnt, dass ihm auch die neu angelegten Straßen nicht gefielen, als wenn deren Häuser eine in Reihen stehende Anzahl Soldaten vorstellten, wovon die Dachkerker über dem zweiten Stockwerke gleichsam den Grenadiermützen glichen.“

Diese Erweitung Potsdams und der Umstand, dass Friedrich Wilhelm I. mit dem Patent vom 29.2.1720 alle im Edikt von Potsdam zugesicherten Privilegien für die angesiedelten hugenottischen Flüchtlinge bestätigte und verlängerte, veranlasste viele Hugenotten, Potsdam als neuen Wohnort zu wählen.[75] Am Ende des 18. Jahrhunderts besaß Potsdam mit 26.000 Menschen ebenso viele Einwohner wie die Kaiser- und Handelsstadt Aachen.[76] Die im Mittelalter bedeutenden Städte Bamberg, Mainz und Regensburg verzeichneten sogar weniger Einwohner als die junge preußische Garnisons- und Residenzstadt.

Als im Jahre 1722 die gerade fertig gestellte Garnisonskirche zur Hofkirche ernannt und der deutschen reformierten Gemeinde zur Nutzung übertragen wurde, nutzten die Hugenotten in Potsdam die Gelegenheit, um Friedrich Wilhelm I. ihren Wunsch nach kirchlicher Selbständigkeit zu übermitteln.[77]

Friedrich Wilhelm I. stimmte der Bitte zu und erteilte ihnen die Erlaubnis, eine eigene Gemeinde zu gründen. Weiterhin gestattete er den hugenottischen Exulanten, die Kapelle des Potsdamer Stadtschlosses für ihre Gottesdienste zu nutzen und einen Prediger ihrer Wahl zu beschäftigen. Am 11.7. 1723 feierte die französische Gemeinde in Anwesenheit des Königs ihren ersten Gottesdienst in der Schlosskapelle. Der erste Prediger der Gemeinde war der aus der Normandie stammende Thomas Le Cointe (1682-1776).[78]

Die Schlosskapelle diente der französischen Gemeinde bis zum Jahre 1753 als Gotteshaus. Auf Initiative Friedrich II. entstand in den Jahren 1751 bis 1753 die Französische Kirche[79], die speziell für die französische Gemeinde in Potsdam erbaut wurde. Die Französische Kirche wurde von Johann Boumann d. Ä. nach einem Entwurf von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff errichtet; das Äußere der Kirche ähnelte der dem Pantheon nachgebildeten Hedwigskirche in Berlin.[80] Friedrich II. übernahm die gesamte Finanzierung des Neubaus. Gahrig vermutet, dass es sich bei der Französischen Kirche um den letzten Kirchenbau handelt, der in Brandenburg speziell für eine französische Gemeinde errichtet wurde.[81] Am 23.9.1753 hielt Prediger Le Cointe den ersten Gottesdienst in der Französischen Kirche ab.[82]

 

 

 

 




[1] Deutscher Hugenottenverein (Hrsg.): Das Edikt von Nantes. Das Edikt von Fontainebleau, Flensburg 1963, S. 90

[2] Sieburg, Geschichte Frankreichs, a.a.O., S. 141

[3] Das Edikt von Fontainebleau. 300-Jahrfeier Oktober 1985. Vortrag von Pfarrer Albrecht Prüfer im Französischen Gymnasium, in: Die Hugenottenkirche, 39. Jg., Nr.10, Oktober 1986, S. 38 f

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Deutscher Hugenottenverein, Das Edikt von Nantes. Das Edikt von Fontainebleau, a.a.O., S. 91 f

[7] Bluche, Im Schatten des Sonnenkönigs, a.a.O., S. 317

[8] Schunk, Geschichte Frankreichs, a.a.O., S. 66

[9] Joutard, 1685-Ende und neue Chance für den französischen Protestantismus, in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten 1685-1985, a.a.O., S. 20

[10] Ebd.

[11] Poujol, R.: Histoire d’un village cevenal : Vebron, Aix-en-Provence 1983, S. 132

[12] Zitiert aus Spaich, H.: Fremd in Deutschland. Auf der Suche nach Heimat, a.a.O., S. 66

[13] Bluche, Im Schatten des Sonnenkönigs, a.a.O., S. 311

[14] Ebd.

[15] Ebd. S. 312

[16] Ebd.

[17] Zitiert aus: Erbe, H.: Die Hugenotten in Deutschland, Essen 1937, S. 25

[18] Meyer, Geschichte Frankreichs, a.a.O., S. 358

[19] Sieburg, Geschichte Frankreichs, a.a.O., S. 147

[20] Jean-Baptiste Colbert (1619-1683) bekleidete seit dem Jahre 1661 den Posten des Oberintendanten der Finanzen in Frankreich. Durch grundlegende administrative, ökonomische und finanzielle Reformen schuf er die Voraussetzungen für die Außen- und Kolonialpolitik Ludwigs XIV. Er war einer der führenden Vertreter des Merkantilismus und förderte den französischen Außenhandel und die industrielle Entwicklung des Landes. Außerdem wurde er von Ludwig XIV. zum Oberintendanten der schönen Künste ernannt und gründete im Jahre 1666 die Academie des Sciences. Vgl. dazu Cole, C. W.: French Merkantilism 1683-1700, 2. Auflage, New York 1965; Scoville, W.C.: The Presecution of Huguenots and French Economic Development 1680-1720, Los Angeles 1960, S. 444 f ; Schumpeter, J. A.: Geschichte der ökonomischen Analyse, 2. Bde, Göttingen 1989 oder Mager, W.: Frankreich vom Ancien Regime zur Moderne, 1630-1830. Wirtschafts-, Gesellschafts- und politische Institutionengeschichte, Stuttgart 1980

[21] Treue, W.: Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit im Zeitalter der industriellen Revolution 1700-1960, Stuttgart 1962, S. 89

[22] Vgl. dazu Almeras, C.: La revolte des Camisardes, Paris 1960 oder Ducasse, A.: La guerre des Camisardes. La resistance huguenotte sous Louis XIV., Paris 1962

[23] Gahrig, Unterwegs zu den Hugenotten in Berlin, a.a.O., S. 22

[24] Schunk, Geschichte Frankreichs, a.a.O., S. 85

[25] von Thadden, R./Magdelaine, M.: Die Hugenotten 1685-1985, München 1985, S. 7

[26] Spaich, Fremd in Deutschland. Auf der Suche nach Heimat, a.a.O., S. 66

[27] Magdelaine, M.: Frankfurt am Main: Drehscheibe des Refuge, in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten 1685-1985, a.a.O., S. 26-  , hier: S. 26. Die anglikanische Gemeinde bestand im Gegensatz zu der niederländischen und französischen nicht allzu lange, da nach der Regierung von Maria Tudor die meisten Mitglieder nach England zurückkehrten.

[28] Dölemeyer, B.: Hier finde ich meine Zuflucht. Auf den Spuren der Hugenotten und Waldenser im südlichen Hessen, Bad Karlshafen 1999, S. 28

[29] Zitiert aus Spaich, Fremd in Deuschland. Auf der Suche nach Heimat, a.a.O., S. 82

[30] Dölemeyer, Hier finde ich meine Zuflucht, a.a.O., S. 28

[31] Magdelaine,  Frankfurt am Main: Drehscheibe des Refuge, in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten 1685-1985, a.a.O., S. 26

[32] Die Unterstützungslisten der französischen Gemeinde Frankfurts liefern für die ersten Jahre zahlreiche Informationen über die ankommenden Flüchtlinge: Namen, Vornamen, Familienstand, Beruf, regionale Herkunft, Reiseweg, Bestimmungsort, erhaltene Geldzahlungen und in manchen Fällen die Fluchtumstände, die erlittenen Strapazen und kurze biographische Eckdaten.

[33] Dieses Register befindet sich im Stadtarchiv Frankfurt im Karmeliterkloster

[34] Ebd.

[35] Magdelaine, Frankfurt am Main: Drehscheibe des Refuge, in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten 1685-1985, a.a.O., S. 27

[36] Ebd.

[37] Ebd., S. 28

[38] Vgl. dazu das Beispiel von Zürich: Barbatti, B.: Das „Refuge“ in Zürich. Ein Beitrag zur Geschichte der Hugenotten- und Waldenserflüchtlinge nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes und zur Geschichte der Stadt Zürich, Zürich 1957

[39] Dölemeyer, Hier finde ich meine Zuflucht, a.a.O., S. 7

[40] Magdelaine, Frankfurt am Main: Drehscheibe des Refuge, in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten 1685-1985, a.a.O., S. 29

[41] Zitiert aus: Ebd.

[42] Zitiert aus: Ebd. S. 34

[43] Ebd. S. 31

[44] Zitiert aus: Ebd.

[45] Ebd. S. 31

[46] Ebd. S. 35

[47] Ebd. S. 33

[48] Weitere Informationen zur Migration in die Niederlande bietet Bots, H./ Bastiaanse, R.: Die Hugenotten und die niederländischen Generalstaaten, in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten, a.a.O., S. 55-72; Gibbs, G.C.: Some Intellectual and Political Influences of the Hugenot Emigres in the United Provinces, c. 1680-1790, in: Bijtragen en Mededelingen betreffende de Geschiedenes der Nederlanden, 30 (1975), S. 254-287 oder Bolhuis, H.H.: La Hollande et les deux refugies, in: Bulletin de la Societe du Protestantisme francais, 115, (1969), S. 407-428

[49] Magdelaine, Frankfurt am Main: Drehscheibe des Refuge, in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten (1685-1985), a.a.O., S. 35. Vgl. zu anderen Aufnahmestaaten die Darstellung von Reaman, G. E.: The Trail of the Huguenots in Europe, the United States, South Africa and Canada, London 1964

[50] Magdelaine, Frankfurt am Main: Drehscheibe des Refuge, in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten (1685-1985), a.a.O.,  S. 30

[51] Ebd. S. 35

[52] Ebd. S. 36

[53] Bremen führte im Jahre 1582 den reformistischen Glauben als Stadtbekenntnis ein. Die Ansiedlung von niederländischen, hugenottischen und pfälzischen Flüchtlingen, die die wirtschaftliche Entwicklung der Hansestadt vorantrieb, erfolgte relativ unproblematisch. Vgl. Veeck, O.: Geschichte der reformierten Kirche Bremens, Bremen 1909, S. 142 ff

[54] Die Niederlassung reformierter Glaubensflüchtlinge stieß in Hamburg auf den entschiedenen Widerstand der Bürgerschaften und der lutherischen Kirche. Zunächst gelang es diesem Bündnis, die Entstehung einer reformierten Gemeinde in Hamburg zu verhindern. Da die Hansestadt an guten Beziehungen zu ihrem wichtigsten Handelspartner, den Niederlanden, interessiert war, gründete sich trotz aller Widerstände im Jahre 1601 eine reformierte Gemeinde in Altona. Nach der Ansiedlung hugenottischer Flüchtlinge entstand in Altona auch eine französische Gemeinde. Vgl. Von Roesbroenk, R.: Die Niederlassung von Flamen und Wallonen in Hamburg (1567-1605), in: Verein für Hamburgische Geschichte 49/50, Hamburg 1964, S. 53-76, hier: S. 53 ff

[55] Wie auch in Hamburg existierten auch in Lübeck Vorbehalte gegenüber reformierten Neuankömmlingen. Der Senat Lübecks verabschiedete im Jahre 1670 ein Dekret, das die Ansiedlung reformierter Personen aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen befürwortete. Die lutherische Geistlichkeit der Stadt lehnte jedoch die Einwanderung von Angehörigen des reformierten Glaubens rigoros ab. Erst nach jahrzehntelangen Streitigkeiten setzte sich der Senat Lübecks durch und erteilte hugenottischen Flüchtlingen die Einreiseerlaubnis. Vgl. Grundmann, P.: Französische Flüchtlinge in Lübeck: Refugies und Emigres, Schönberg 1920, S. 15 ff oder Hoffmann, M.: Geschichte der freien und Hansestadt Lübeck, 2. Hälfte, Lübeck 1889/1892, S. 101 ff

[56] Nähere Hinweise zum Leben der Hugenotten in England finden sich bei Cottret, B.: Terre d’exil. L’Angleterre et ses refugies francaise et wallons de la Reforme a la Revocation de l’Edit de Nantes, Paris 1986 oder Cottret, B.: Glorreiche revolution, schändliche Revokation? Französische Protestanten und Protestanten Englands, in : von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten, a.a.O., S. 73-84

[57]  Magdelaine, Frankfurt am Main: Drehscheibe des Refuge, in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten 1685-1985, a.a.O., S. 36

[58] Zitiert aus: Ebd.

[59] Christoph Graf zu Dohna gab in seinen „Memoires originaux“ einen Eindruck von der Situation in Berlin: „Bei meiner Rückkehr (1686) fand ich in Berlin angefüllt mit Franzosen; sie flüchteten in Massen hierher, angezogen von der günstigen Aufnahme, die der Kurfürst den ersten bereitet hatte. (…) Jeden Tag sah man Kaufleute, Manufakturunternehmer und vor allem Offiziere und Edelleute in Mengen eintreffen“ Zitiert nach: Glatzer, R. (Hrsg.): Berliner Leben 1648-1866. Erinnerungen und Berichte, Berlin 1956, S. 48

[60] Zitiert nach: Wilke, J.: Rechtsstellung und Rechtssprechung der Hugenotten in Brandenburg-Preußen (1685-1809), in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten 1685-1985, a.a.O., S. 100- ?,  hier S. 100

[61] Das Edikt von Potsdam wurde im Gegensatz zu anderen Edikten aufgrund der besonderen Situation, in denen sich die Flüchtlinge befanden, relativ kurzfristig verfasst. Bei der Ausarbeitung des Inhalts stützte sich der Kurfürst Friedrich Wilhelm unter anderem auf die Pfarrer Francois de Gaultier und Jacques Abbadie der französischen Gemeinde in Berlin. Sie machten den Kurfürsten und seine Berater mit Augenzeugenberichten über die Situation der Flüchtlinge vertraut.Vgl. dazu auch Mengin, E.: Das Edikt von Potsdam. Das Edikt von Fontainebleau, Paris 1963

[62] Zitiert nach Tritt, I.: Der kulturgeographische Einfluß der Glaubensvertriebenen in Berlin, Berlin 1966, S. 3

[63] Ebd.

[64] Mengin, E.: Das Recht der französisch-reformierten Kirche in Preußen, Berlin 1929, S. 192

[65] Zitiert nach: Wilke, Rechtsstellung und Rechtssprechung der Hugenotten in Brandenburg-Preußen, in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten 1685-1985, a.a.O., S. 100

[66] Zitiert nach: Ebd.

[67] Ebd. S. 101

[68] Gahrig, Unterwegs zu den Hugenotten in Berlin, a.a.O., S. 30

[69] Ebd.

[70] Wilke, J.: Rechtstellung und Rechtssprechung der Hugenotten in Brandenburg-Preußen (1685-1809), in: von Thadden/Magdelaine, Die Hugenotten 1685-1985, a.a.O., S. 100- ???,  hier S. 102

[71] Zitiert nach L’heureuse colonie, du celebration du Jubile des colonies francaises etablies dans les Etats du Roi: consistant en un Recueil de Sermons prononces dans les cinq paroisses francaises de Berlin, Berlin 1785, S. 5

[72] Ebd. S. 44

[73] Nähere Informationen über die französische Gemeinde in Berlin sind in folgenden Werken enthalten: Beringuier, R. (Hrsg.): Die Stammbäume der Mitglieder der Französischen Kolonie in Berlin, Berlin 1887; Birnstiel, E.: Die Hugenotten in Berlin oder Die Schule der Untertanen, Berlin 1986; Ribbe, W. (Hrsg.): Geschichte Berlins. Eine Veröffentlichung der Historischen Kommission zu Berlin, 2. Bände, Berlin 1988; Manoury, K.: Die Geschichte der Hugenottenkirche von ihren Anfängen in Frankreich bis zur Gegenwart in Deutschland 1517-1937, 2. Bände, Berlin 1937-1941  Bregulla, G. (Hrsg.): Hugenotten in Berlin, Berlin 1988; Erman, W.: Jean Pierre Erman (1735 bis 1814). Ein Lebensbild aus der Berliner französischen Kolonie, Berlin 1914; Fischer, G.: Die Hugenotten in Berlin, Berlin 1988; Fuhrich-Grubert, U.: Die französische Kirche zu Berlin. Ihre Einrichtungen 1672-1945, Bad Karlshafen 1992; Glatzer, R. (Hrsg.): Berliner Leben 1648-1806. Erinnerungen und Berichte, Berlin 1956; Projektgruppe Inventarisierung historischer Friedhöfe und Projektgruppe Erhebung und Aufbereitung von Umweltdaten auf Friedhöfen im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Fachabteilung Bau-und Gartendenkmalpflege (Hrsg.): Historische Friedhöfe in der Mitte Ost-Berlins, Berlin o.J.; Hofmeister, B./Möbius, D. (Hrsg.) Exkursionen durch Berlin und seine Umgebung, Berlin 1992; Manoury, K./Prüfer, A.: Der Weg der französischen Kirche in Berlin. Eine Übersicht, Berlin 1967; Ribbe, W. (Hrsg.): Geschichte Berlins. Eine Veröffentlichung der Historischen Kommission zu Berlin, 2. Bände, Berlin 1988;  Sagave, P-P.: Berlin und Frankreich 1685-1871. Französische Einflüsse und Gegenströmungen in Brandenburg-Preußens Hauptstadt von der Hugenotteneinwanderung bis zum deutsch-französischen Krieg, Berlin 1980; Schulz, K.: 3000 Berliner Kolonisten und Kolonistensöhne 1682-1812, Schriftenreihe der Stiftung Stoye der Arbeitsgemeinschaft für Mitteldeutsche Familienforschung e.V., Nr. 3, Neustadt an der Aisch 1972; Jersch-Wenzel, S./John, B.(Hrsg.): Von Zuwanderen zu Einheimischen. Hugenotten, Juden, Böhmen, Polen in Berlin, Berlin 1990, S. 13-152;  Seyppel, J.: Nun-Unsterblichkeit. Wanderungen zu den Friedhöfen Berlins, Berlin 1964; Eberhardt, F. u.a.: Die Liusenstadt. Geschichte und Geschichten über einen alten Berliner Stadtteil, Berlin 1995; Mengin, E.: Die französisch-reformierte Luisenstadtkirche zu Berlin 1728-1928. Festschrift zum zweihundertjährigen Bestehen, Berlin 1928; Ludewig, T.: Berlin. Geschichte einer deutschen Metropole, Gütersloh 1986, S. 163 f 

[74] Zitiert aus Hahn, Geschichte Potsdams von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 39

[75] Gahrig, Unterwegs zu den Hugenotten im Land Brandenburg, a.a.O., S. 40

[76] Engelsing, Kleine Wirtschafts- und Sozialgeschichte Deutschlands, a.a.O., S. 68

[77] Gahrig, Unterwegs zu den Hugenotten im Land Brandenburg, a.a.O., S. 45

[78] Thomas Le Cointe studierte nach seiner Ankunft in Brandenburg-Preußen an der Viadrina in Frankfurt/Oder Theologie und bekleidete vor seinem Amtsantritt in Potsdam die Stelle des Predigers in Brandenburg. Im Jahre 1739 wurde er Ratsmitglied des in Berlin ansässigen Oberkonsistoriums und Inspektor aller Kirchen. Vgl. Ebd. S. 336

[79] Eine ausführlichere Betrachtung der Französischen Kirche ist zu finden in: Kitschke, A.: Kirchen in Potsdam. Aus der Geschichte der Gotteshäuser und Gemeinden, Berlin 1983

[80] Gahrig, Unterwegs zu den Hugenotten im Land Brandenburg, a.a.O., S. 61                                                                                                  

[81] Ebd., Vgl. dazu auch Mielke, F.: Potsdamer Baukunst, 2. Aufl., Berlin 1998 oder Poensgen, G.: Die Bauten Friedrich Wilhelms IV. in Potsdam, Berlin 1930

[82] In der Französischen Kirche predigten in der Folgezeit weitere bekannte Mitglieder der hugenottischen Gemeinde, wie z.B. Jean Henry, der spätere Leiter der königlichen Bibliothek in Berlin, Isaac Henri Chodowiecki, der Sohn des Kupferstechers Dabiel Nicolaus Chodewiecki oder Jacques Papin (1761-1818) Vgl. dazu Gahrig, Unterwegs zu den Hugenotten im Land Brandenburg, a.a.O., S. 337

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