Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich

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Der Algerienkrieg war der Kampf um die Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich in den Jahren 1954 bis 1962. Er wurde hauptsächlich zwischen dem französischen Militär und der algerischen Unabhängigkeitsbewegung FLN geführt. Die Unabhängigkeit Algeriens wurde schließlich 1962 erreicht. Am 1. Juli 1962 stimmten die Algerier über die staatliche Unabhängigkeit ihres Landes ab: 99 % der Wähler votierten dafür und am 3. Juli erkannte Frankreich Algeriens Unabhängigkeit an. Im neuen Algerien war die Sahara eingeschlossen, Frankreich sollte an der Erdölförderung beteiligt werden. Die FNL garantierte dazu Besitz und Leben der europäischen Siedler. Politisch stellte die Unabhängigkeit Algeriens das Ende des französischen Kolonialreiches dar. Erst im Oktober 1999 beschloss die französische Nationalversammlung, den Begriff „Algerienkrieg“ im offiziellen Sprachgebrauch zu erlauben. Die Gesamtzahl getöteter algerischer Bürger wurde von Frankreich später mit 350.000, von algerischen Quellen mit bis zu 1,5 Millionen angegeben.

 

 

 

1829 kam es zu einer französischen „Strafexpedition“ gegen den Regenten in Algier. Im Juni 1830 landeten französische Truppen in Algerien, nach kurzen Kampfhandlungen ergab sich Algier ohne Widerstand. So waren 300 Jahre türkische Herrschaft zu Ende und Algerien französische Kolonie. 1830 besetzten französische Truppen die Städte Algier, Oran und Bône und begannen mit der Eroberung des Landes. Der Scheich Abdelkader rief 1839 die Stämme Algeriens zum heiligen Krieg gegen die Franzosen auf, er unterlag nach einigen Jahren Kampfhandlungen. Heute verehren ihn die Algerier als einen der wichtigsten Vorkämpfer für ihre Unabhängigkeit. 1848 endete der Kolonialstatus für den nördlichen Teil Algeriens; er wurde integraler Bestandteil des französischen Mutterlands. Es wurden die drei Départements Algier, Constantine und Oran errichtet. Die Franzosen zerstörten die politischen und kulturellen Institutionen und damit die einheimische Elite. Es kamen französische und andere ausländische Siedler (vor allem Italiener und Spanier) ins Land, für die umfangreiche Ländereien der einheimischen Bevölkerung enteignet wurden.

 

Die europäische Kolonisierung des Landes führte zur Zerstörung der bis dato bestehenden ländlich-muslimischen Gesellschaft. Staatlich gefördert kam es durch Landkäufe zu einer massiven Umverteilung der fruchtbarsten Gebiete aus muslimischer in europäische Hand. Bis 1901 waren 45 Prozent des Landbesitzes im Eigentum europäischer Siedler. Die muslimischen Bauern waren dadurch einer Pauperisierung ausgesetzt, die schlussendlich dazu führte, dass Hunderttausende muslimische Landarbeiter für sehr geringe Löhne auf den Feldern der Kolonisten arbeiteten. Ebenso verschlimmerte sich die Nahrungsmittelversorgung, so dass es bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts regelmäßig zu Hungersnöten kam, bei der ganze Landstriche auf pflanzliche Notnahrung angewiesen waren.

 

1870 kam es während des Deutsch-Französischen Krieges im Rahmen der Mokhrani-Revolte zu einem Aufstand von 150.000 Berbern und Arabern, die den Kampf gegen die Franzosen als religiös legitimierten Dschihad ansahen. Der Aufstand wurde von französischen Truppen niedergeschlagen. Die sozialen Konflikte führten zu einem tradierten Hass der muslimischen Bevölkerung gegen die Kolonialherrschaft. Dies führte dazu, dass sich innerhalb des Landes Kolonisten und Kolonisierte latent feindselig, oft auch gewalttätig gegenüberstanden. Dies führte zu einer sozialen Segregation, bei der das gebirgige Hinterland sowie die städtischen Kasbahs als muslimische Domäne und die fruchtbaren Küstengebiete als Einflussgebiet der Kolonisten angesehen wurde.

 

Bis 1906 war auch die algerische Sahara von den Franzosen unterworfen worden. Gemäß dem Code de l’indigénat von 1875 kamen volle französische Bürgerrechte wie das Wahlrecht nur der weißen Bevölkerung zu; der einheimischen Mehrheitsbevölkerung wurden sie vorenthalten.

 

Im Jahre 1924 kam es zur Gründung des „Nordafrikanischen Sterns“: Es wurde die Forderung nach Unabhängigkeit für ganz Nordafrika erhoben, ab 1929 der „Nordafrikanische Stern“ verboten. Im Ersten Weltkrieg dienten 173.000 Araber und Berber in der französischen Armee. 25.000 starben und 57.000 wurden verwundet. Ebenso wurden mehrere Zehntausend als Arbeiter nach Frankreich geholt. Insgesamt mehr als ein Drittel aller algerischen Männer zwischen 20 und 40 Jahren befanden sich während des Krieges in Frankreich. Der Wehr- und Arbeitsdienst führte zu einer vermehrten Politisierung der einheimischen Bevölkerung. Nach dem Krieg kam es zwar zu einigen Vergünstigungen gegenüber den Veteranen, weitreichende soziale Reformen blieben jedoch aus.

 

Während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zu einer weiteren Verarmung der Landbevölkerung. Der verbliebene indigene Landbesitz konzentrierte sich innerhalb einer zahlenmäßig sehr kleinen Schicht der einheimischen Gesellschaft. Dies führte zu einer regen Arbeitsmigration von hunderttausenden Algeriern nach Frankreich und zu einer Massenabwanderung in die Städte. Dort verschärften sich wiederum die bereits bestehenden sozialen Gegensätze.

 

Die Kolonie Algerien war relativ reich, die Exporte von Wein und Getreide erbrachten große Erlöse. Drei Gruppen innerhalb der Bevölkerung forderten weitere Rechte: eine liberal denkende Bürgerschicht, religiöse Reformer und der linke Nationalismus. Auf dem Kongress von Algier forderten 1936 die gemäßigten Gruppen mehr Rechte für die Einheimischen, die Franzosen wiesen dies zurück.

 

Während des Zweiten Weltkriegs leisteten die Einwohner Algeriens wie des übrigen Französisch-Nordafrika einen zentralen Beitrag im Rahmen der Libération; die Truppen des Freien Frankreich bestanden zu einem weit überproportionalen Teil aus Maghrebinern. Diese Tatsache trug zu einem gesteigerten Selbstbewusstsein der Algerier bei, die nun mit Nachdruck eine Verbesserung ihrer benachteiligten Position einforderten. Aus Anlass des Endes des Zweiten Weltkrieges fanden im Mai 1945 auch in Algerien Siegesfeiern statt. Dabei kam es in Sétif und einigen weiteren Städten zu Demonstrationen, die in schwere Unruhen eskalierten. Am 1. Mai 1945 hatte die 1939 aufgelöste Partei des algerischen Volkes (PPA) in Sétif für die Freilassung ihres Führers Messali Hadj demonstriert – die polizeiliche Repression dieser Kundgebung hatte zu einigen Toten geführt. Am 8. Mai, aus Anlass der offiziellen Feiern des Kriegsendes in Europa, demonstrierte die PPA wieder. Eine Menge von etwa 10.000 Algeriern marschierte auf das Europäerviertel zu. Die Demonstranten, angeführt von moslemischen Pfadfindern und Frauen, forderten Gleichheit, Unabhängigkeit und „Algerien den Arabern“. Etwa 20 Gendarmen versuchten, den Demonstranten ihre Fahnen zu entreißen – bei dieser Gelegenheit wurde erstmals die grün-weiße algerische Fahne mit rotem Stern und Halbmond geschwungen. Die Gendarmen erlagen aber der Übermacht. Die empörte Menge machte nun Jagd auf die Europäer, 28 von ihnen wurden an diesem Tag getötet, 48 verletzt. Der Aufruhr verbreitete sich rasch. Während etwa einer Woche wurden vor allem isoliert lebende Europäer attackiert und getötet. Über 100 französische Siedler fielen der Erhebung zum Opfer.

 

Das Datum war ein Bruch: Ein normales Zusammenleben zwischen der europäischen und muslimischen Gemeinschaft war nicht mehr möglich. Bei vom französischen Militär verübten Massakern an Algeriern gab es Tausende von Toten. Dieses Vorgehen wurde von allen Parteien, auch von der KPF, gebilligt. Für die Führer des algerischen Aufstandes 1954 war das das politische Schlüsselerlebnis ihrer Jugend. Letztendlich mündeten diese Ereignisse neun Jahre später in den Algerienkrieg.

 

Im Zuge der Dekolonisation nach dem Zweiten Weltkrieg gründete Frankreich 1946 die Union française (Französische Union) mit dem Ziel, sein Kolonialreich nach dem Vorbild des britischen Commonwealth of Nations umzugestalten. Am Beispiel der Französischen Union und des Commonwealth wiederum orientierte sich auch die Niederländisch-Indonesische Union.

 

Basis waren die 1944 auf der Konferenz von Brazzaville formulierten Grundsätze. Zugleich mit der Vierten Republik wurde am 27. Oktober 1946 die Union française gebildet, die mit Gründung der Fünften Republik am 4. Oktober 1958 in die Communauté française (Französische Gemeinschaft) umgewandelt wurde. Vorsitzender der Union war der französische Präsident. Frankreich sollte nur noch die gemeinsame Außen-, Verteidigungs-, Justiz- und Währungspolitik der Mitgliedstaaten kontrollieren.

 

Frankreich lehnte nach dem Zweiten Weltkrieg und trotz des verlorenen Indochinakrieges die Unabhängigkeit Algeriens weiter ab. Der Indochinakrieg (1946 bis 1954) war ein Krieg um Dekolonialisierung und Unabhängigkeit in Französisch-Indochina zwischen Frankreich und der Liga für die Unabhängigkeit Vietnams (auch Việt Minh genannt), die unter der Führung der vietnamesischen Kommunisten stand. Er ist Teil einer Kette von militärischen Auseinandersetzungen, die die Länder Indochinas von 1941 bis 1979 zu überstehen hatten.

 

Algerien war zwar formell Teil des Mutterlands, faktisch aber die größte und älteste Kolonie Frankreichs. Ausschlaggebend für diese Haltung war vor allem die starke Minderheit von mehr als 1 Million europäischen Siedlern (Colons) bei 8,1 Millionen Einwohnern. 1949 gründete sich die Organisation Spéciale (OS), die Waffen und Gelder einsammelte und Stützpunkte in ganz Algerien einrichtete, um die französischen Kolonialherren aus Algerien zu vertreiben. Die französische Polizei konnte ihre führenden Köpfe verhaften und damit die Organisation zerstören. 1950 wurden Studien zur wirtschaftlichen Erschließung der Sahara und zur Industrialisierung Algeriens in Angriff genommen.

 

Achmed Ben Bella war die Schlüsselfigur des algerischen Befreiungskampfes. Er diente während des Zweiten Weltkriegs in der französischen Armee und wurde mit dem Orden „Croix de Guerre“ ausgezeichnet. Nach der französischen Kapitulation trat er in ein Infanterieregiment der Turkos ein. Mit diesem nahm er an Kämpfen in Italien gegen die Wehrmacht teil. Er wurde zum Oberfeldwebel befördert und wegen Tapferkeit mit der „Médaille Militaire“ ausgezeichnet. Eine weitere Beförderung lehnte er jedoch aus Protest gegen das Massaker von Sétif, die brutale Niederschlagung eines algerischen Aufstandes im Mai 1945 durch die französische Armee, ab. Da er später wegen seines Einsatzes für die Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich verfolgt wurde, floh er nach Kairo und gründete 1954 die Front de Libération Nationale (FLN).

 

Dann begann die algerische Befreiungsfront (FLN) am 1. November 1954 mit dem bewaffneten Kampf. Dieses Datum wurde später algerischer Nationalfeiertag. Dies war der Beginn des Algerienkrieges durch Bombenexplosionen im ganzen Land. Mit Guerillataktik griffen algerische Freiheitskämpfer französische Siedler und deren Besitz an.

 

Die FLN avisierte öffentlich eine sozialistische, demokratische und auch islamischen Prinzipien genügende Republik als künftige Staatsform. Ebenso verpflichtete sich die FLN dazu die Einheit zwischen den nordafrikanischen Staaten auf der Grundlage ihrer kulturellen Gleichartigkeit voranzutreiben. Der FLN organisierte sich politisch als Kaderpartei analog zu den kommunistischen Parteien des Ostblocks. Oberste Instanz war das Zentrale Exekutivkomitee in Algier, das als Schattenkabinett den Kern der zukünftigen Regierung stellen sollte. Den militärischen Einheiten wurden Politoffiziere zugeordnet. Die Organisation schuf mit der Nationalen Befreiungsarmee (ALN) einen Guerillaverband, der ihre Ziele militärisch durchsetzen sollte. Die ALN teilte das Territorium Algeriens in sechs Bezirkeund stellte dort zentralisiert Untergrundkämpfer auf.

 

Am 1. November 1954 eröffnete die FLN in all ihren Militärbezirken eine Offensive mit terroristischen Aktionen und Guerilla-Angriffen. Der Tag ging als Blutiges Allerheiligen in die französische Geschichte ein. Die französischen Behörden zählten 70 Angriffe mit drei Toten und vier Verletzten. Insgesamt kam es im November und Dezember 1954 zu 479 gewalttätigen Übergriffen. Die Hauptziele der Operationen waren kollaborierende Einheimische. Die FLN verfolgte damit bewusst das Ziel, die sozialen und politischen Kontakte zwischen der Kolonialmacht und den Einheimischen zu unterbrechen. Bevorzugte Ziele der Aufständischen unter den Einheimischen waren Qaids, gewählte Repräsentanten auf Kommunalebene, Steuereintreiber, Steuerzahler, und algerische Angehörige der französischen Streitkräfte. Oft wurde die Gewalt von der FLN auch auf deren Familien ausgedehnt.

 

Frankreich stellte klar, Algerien verteidigen zu wollen. Das Land hatte eben den Indochinakrieg verloren und verteidigte ihr übrig gebliebenes Kolonialreich. 1955 wurde Algerien von den Franzosen zum Notstandsgebiet erklärt. Das Notstandsgesetz ermächtigte die Behörden, die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung einzuschränken und die Presse zu zensieren. Die Aufständischen der Befreiungsfront FLN errichteten eigene Verwaltungen. Die FLN wurde auch außenpolitisch unterstützt. In Kairo, wo sich das politische Büro der Organisation befand, unterstützte Präsident Nasser den Kampf der Nationalisten, über Tunesien und Marokko wurden Waffen geschmuggelt. 1956 entführten die Franzosen ein Flugzeug, in dem führende FLN-Politiker saßen. Sie wurden verhaftet und verbrachten die restlichen Jahre des Krieges im Gefängnis. Als Reaktion darauf brachen die eben unabhängig gewordenen Staaten Tunesien und Marokko die Beziehungen zu Frankreich ab. Suezkrise 1956: Die Suez-Operation, die Frankreich 1956 auf dem Höhepunkt der Suezkrise durchführte, war gleichzeitig ein Versuch, den algerischen Aufstand, der sein Hauptquartier in Kairo hatte, entscheidend zu treffen.

 

Im Februar 1956 wurde der Sozialist Guy Mollet zum französischen Ministerpräsidenten gewählt. Ein Hauptpunkt seines Wahlkampfs war das Versprechen der Befriedung Algeriens und dessen Verbleib im französischen Staatsverband. Mollet und auch nachfolgende Administrationen sahen das Halten Algeriens als unabdingbar, um den Großmachtstatus Frankreichs zu erhalten. Sollte Frankreich Algerien an die linksgerichtete FLN verlieren, verlöre Frankreich durch die Entstehung eines kommunistischen Blocks in Nordafrika auch jeglichen Einfluss auf die 1956 unabhängig gewordenen Nachbarländer Tunesien und Marokko. Der Versuch der französischen Regierung, Hilfe aus der NATO für den Krieg zu gewinnen, scheiterte an der ablehnenden Haltung der USA. Die Administration Eisenhower hielt materielle Unterstützung nur für möglich, wenn eine baldige Lösung auf der Basis des Selbstbestimmungsrechts der Völker gefunden werde. Die spätere Regierung Kennedy verfolgte einen ähnlichen Kurs und befürchtete, dass der Konflikt den Zusammenhalt der NATO schwächen könnte.

 

Mollet besuchte Algier am 6. Februar 1956 und wurde entgegen seiner Erwartungen von zehntausenden Kriegsveteranen und Siedlern empfangen, die pünktlich zu seinem Erscheinen Demonstrationen und Ausschreitungen begingen. Unter diesem öffentlichen Druck unterstrich Mollet noch einmal öffentlichkeitswirksam die Zugehörigkeit des Landes zu Frankreich, was bei der unterdrückten Bevölkerung nur noch mehr Hass und neuen Terror hervorbrachte.

 

So wurde 1957 unter dem Kommando von General Jacques Massu in der Schlacht von Algier die FLN geschlagen. Die Schlacht von Algier dauerte von Ende 1956 bis September 1957 und wurde zu einem der grausamsten Kapitel des Algerienkrieges. Die internationale öffentliche Meinung wurde auf den Freiheitskampf der FNL aufmerksam. Frankreichs Erfolge basierten vor allem auf Folterungen von Verdächtigen. So bildete sich in Frankreich eine zivilgesellschaftliche Bewegung gegen den Algerienkrieg. Auch wenn Frankreich in der Folgezeit den militärischen Nachschub für die FLN teilweise unterbinden konnte, war eine vollständige Unterwerfung des Landes nicht möglich.

 

Die Kolonialherren wandten während des Krieges die „französische Doktrin“  systematisch an. Die französische Doktrin ist eine von Frankreich entwickelte und erstmals im Algerienkrieg in den 1950er Jahren angewandte Sammlung von Methoden, die vom Staat bzw. dessen Sicherheitskräften (Militär, Polizei oder Geheimdienste) angewendet werden, um systematisch militante Widerstandsgruppen oder auch Oppositionelle zu bekämpfen. Sie umfasst unter anderem die meist geheim ausgeführte massenhafte Verhaftung, systematische Folter und illegale Tötung von verdächtigen Personen

 

1958 war Frankreichs Vierte Republik am Ende. Am 13.5.1958 hatten rechte Siedler mit Hilfe der Fallschirmjäger der Armee die Stadtverwaltung von Algier besetzt und den Ungehorsam gegen Paris ausgerufen. Die Armee stellte sich zu Teilen hinter die Revolte. In der akuten Krise dankten die Pariser Politiker ab und beriefen Charles de Gaulle ins höchste Staatsamt. De Gaulle reiste nach Algerien und bot der FLN einen Frieden an, den diese jedoch ablehnten.

 

1958 gab die FLN bekannt, dass sie eine „Provisorische Regierung Algeriens“ in Kairo unter Abbas eingesetzt habe. Sie wurde von einer Reihe kommunistischer Staaten in Afrika und Asien anerkannt.

 

Kurz nach der Amtsübernahme de Gaulles initiierte die FNL eine Terrorwelle in Frankreich. Um die Entkolonialisierung in den Gebieten voranzubringen, in denen es noch keine militärischen Probleme gab, reiste de Gaulle im August 1958 durch alle französischen Kolonien Afrikas von Madagaskar bis zum Senegal und kündigte eine Entscheidung an, ob die jeweiligen Gebiete zur Französischen Union gehören sollten. Tunesien und Marokko wurden schon vorher unabhängig. In diesen beiden Protektoraten hatte sich die Zahl der französischen Siedler in Grenzen gehalten. Dort hielten sich jedoch der französische Einfluss und der private französische Besitz.

 

1959 schlug de Gaulle ein Referendum vor, in dem alle Algerier entweder die Integration in Frankreich, die freie Assoziation mit Paris oder die Unabhängigkeit wählen sollten. Er selbst zog die zweite Lösung vor. Von nun an kamen Verhandlungen in Gang. De Gaulle hatte zwei Feinde zu bekämpfen, die französischen Siedler sowie die FLN. Die FLN verlangte, dass ihr neues Staatsgebiet das Territorium der Sahara einschloss, weil dort massenweise Erdöl zu finden war.

 

1960 kam es zum Aufstand der französischen Siedler gegen de Gaulle in Algier durch die Generäle Ortiz und Lagaillarde. Mehrere Gebäude in Algier wurden besetzt, darunter auch die Universität. Barrikaden wurden errichtet, Waffen herbeigeschafft und ein Generalstreik von unbestimmter Dauer ausgerufen.

 

De Gaulle wandte sich gegen die Verschwörer. Ihr Versuch, de Gaulle zur Aufgabe seiner Politik der Unabhängigkeit Algeriens zu bewegen, schlug fehl; sie kapitulierten.

 

Im Juli 1960 traf eine Delegation der „Provisorischen Regierung Algeriens“ in Frankreich zu Verhandlungen ein, die aber scheiterten. Ab 1960 gab es einen Trend zur Internationalisierung des Algerienkrieges, eine algerische Delegation reiste nach Peking und Moskau. Die französische Studentenunion rief zu einer Pariser Straßendemonstration für den Frieden in Algerien auf.

 

1960/61 wurde die rechte und kolonialistische OAS von französischen Offizieren gegründet. Im September 1960 entging de Gaulle einem Attentatsversuch der OAS. Die Organisation bestand aus 1500 Aktivisten im Untergrund um Algier und 200 um Bône. Darüber hinaus hatte die OAS rund 15.000 Unterstützer, die politische und logistische Aufgaben übernahmen. Sie bestand mehrheitlich aus Algerienfranzosen und einer kleinen Minderheit algerischer Juden. Die OAS sollte nach den Aussagen ihrer Gründer dem Vorbild der zionistischen Hagana nachempfunden sein. Tatsächlich war die OAS nie mehr als eine lose Organisation unabhängig geführter Terrorzellen. Terrorismus war dabei neben intensiver politischer Agitation das erklärte Mittel der Wahl der Führung, ihre politischen Ziele zu erreichen. Die OAS war unter den Algerienfranzosen sehr populär.

 

Zunehmend wirkten sich die Spannungen auch auf die Franzosen selbst aus. In Frankreich wünschte eine Mehrheit der Bevölkerung eine Beendigung des Krieges und wollte die Unabhängigkeit Algeriens akzeptieren. Am 8. Januar 1961 wurde in einem Referendum sowohl im Mutterland wie auch in Algerien über die zukünftige Situation abgestimmt. 75% Prozent der Wähler entschieden sich für die Algerienpolitik des Präsidenten Charles de Gaulles.

 

Am 11. April 1961 hatte Charles de Gaulle erklärt, dass er eine algerische Unabhängigkeit nicht ablehnen würde. Im Mai 1961 gab es einen neuen Aufstand der Siedler in Algier. Die Anführer waren vier Generäle, die den Belagerungszustand für ganz Algerien beschlossen und diejenigen, die sich für die Unabhängigkeit Algeriens ausgesprochen hatten, vor ein Militärgericht stellen wollten. Der französische Generaldelegierte in Algerien wurde gefangen genommen. Hinter der Erhebung stand die rechte Organisation „Organisation de l’Armee secrete“ (OAS). Es drohte sogar die Gefahr, dass die OAS auf dem Luftwege Truppen in Frankreich landen lassen könnte, um die Staatsführung gewaltsam an sich zu reißen. Frankreich war nun am Rande eines Bürgerkrieges. Die Mehrheit des französischen Militärs war gegen die OAS. Die aufständischen Generäle wurden im Laufe der Zeit verhaftet und vor Gericht gestellt.

 

Als Zeichen guten Willens ordnete de Gaulle im Vorfeld die Entlassung von 6.000 Gefangenen an, transferierte die in Frankreich internierte FLN-Führung in ein Landschloss und verkündete einen einseitigen Waffenstillstand. De Gaulle gestand der Gegenseite in den Verhandlungen die Unabhängigkeit des Landes und die politische Alleinvertretung durch die FLN zu. Dafür erwartete er Konzessionen bezüglich des Status der ölreichen Territorien in der Sahara sowie einen besonderen rechtlichen Schutz für die Algerienfranzosen. Die FLN setzte ihre Guerilla fort, um die französische Seite zu einem bedingungslosen Abzug zu bewegen. Zusätzlich nahmen auch Demonstrationen und Unruhen der algerischen Bevölkerung zu. Im Juli 1961 rief die FLN zu einem mehrtägigen Generalstreik auf, dem sich die Mehrheit der algerischen Bevölkerung anschloss.

 

Im September 1961 gab de Gaulle die französischen Souveränitätsansprüche auf die algerische Sahara auf. Damit war der Weg zu einer erfolgreichen Wiederaufnahme der Friedensgespräche geebnet.

 

Am 17. Oktober 1961 initiierte die FLN eine friedliche Protestkundgebung in Paris, an der etwa 30.000 Algerier teilnahmen. Die Pariser Polizei löste die Demonstration gewaltsam auf, indem sie in die Menge schoss. Im Laufe des Tages nahm sie etwa 14.000 Algerier fest und brachte sie in Sportstadien und andere improvisierte Hafträume, wo sie viele von ihnen für mehrere Tage festhielt.

 

 Am 17. Oktober und in den Tagen danach töteten Polizei und Militär bei friedlichen, allerdings durch Ausgangssperre verbotenen Demonstrationen bis zu 200 Menschen, deren Leichen teilweise in die Seine geworfen wurden. Obwohl die Demonstration friedlich verlief, wenn auch unter Missachtung der Ausgangssperre, gingen Kräfte der Pariser Polizei, Gendarmerie und Bereitschaftspolizei CRS unter dem Kommando von Maurice Papon, der einen Schießbefehl erteilt hatte, brutal vor und töteten zahlreiche Demonstranten. Dies wurde als Massaker von Paris bezeichnet. Papon wurde 1998 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt, die er als hoher Beamter des Vichy-Regimes begangen hatte. Wegen einer Generalamnestie für alle im Zusammenhang mit dem Algerienkrieg begangenen Verbrechen wurde er jedoch niemals für die Tötungen von Paris strafrechtlich belangt.

 

Bis zum Jahr 1962 kämpften rund 1,7 Millionen Franzosen im Algerienkrieg. Obwohl die französische Armee weit stärker als die Guerillagruppen war, musste sie einsehen, dass sie den Krieg nicht endgültig gewinnen konnte. Nach längeren Verhandlungen erkannte Charles de Gaulle im Abkommen von Évian am 18. März 1962 das Recht Algeriens auf Selbstbestimmung an. Im neuen Algerien war die Sahara eingeschlossen, Frankreich sollte an der Erdölförderung beteiligt werden. Die FNL garantierte dazu Besitz und Leben der europäischen Siedler und akzeptierte, dass 80.000 Mitglieder der französischen Armee für drei weitere Jahre in Algerien blieben. Auch wenn den französischen Siedlern ihr Eigentum garantiert wurde, flüchteten sie in Massen nach Frankreich, vor allem Marseille.

 

Am 1. Juli 1962 stimmten die Algerier über die staatliche Unabhängigkeit ihres Landes ab: 99 % der Wähler votierten dafür und am 3. Juli erkannte Frankreich Algeriens Unabhängigkeit an.

 

Politisch stellte die Unabhängigkeit Algeriens das Ende des französischen Kolonialreiches dar. Die politische Führung des Landes begründete den Großmachtstatus der Nation nicht mehr mit dem Kolonialreich, sondern mit der 1960 erstmals getesteten Atombombe. Die von De Gaulle initialisierten personellen und institutionellen Veränderungen innerhalb der Streitkräfte markierten das Ende ihrer Rolle als eigenständiger politischer Akteur in Frankreich. 1968 amnestierte die Regierung die letzten verbliebenen Putschisten.

 

Für die Geschichte Algeriens ist der Krieg, neben der Erringung der Unabhängigkeit, insoweit von großer Bedeutung, als das Militär einen starken Einfluss auf die Politik erlangte und eine wirkliche Demokratisierung des Landes bisher verhindern konnte.

 

Auf die Tage der Euphorie nach der Unabhängigkeit folgte bald Ernüchterung. Das Land war befreit, 90% der Franzosen hatten das Land verlassen, doch das Lager der Sieger fiel auseinander. Unterschiedliche politische Ansichten gab es in ihren Reihen, Ben Bella wurde schließlich der neue Staatschef. Mehrere zehntausend einheimische Helfer der Franzosen und auch Siedler wurden in den Monaten nach der Unabhängigkeit ermordet.

 

1963 legte Ben Bella der Partei eine Landesverfassung vor, die auf seine Person zugeschnitten war, und brachte sie durch. Die wirtschaftliche Abhängigkeit Algeriens von Frankreich setzte sich weiter fort, 1963 musste Algerien in Frankreich einen Großkredit aufnehmen, was als  Neokolonialismus zu werten war. Ben Bella griff zu sozialistischen Maßnahmen. Er zog Unternehmen und Ländereien der Europäer ein und setzte eine Agrarreform durch. Die Bauern sollten nun größere Güter gemeinsam verwalten und führen. Drei Viertel der Bevölkerung waren Analphabeten. Diese Schwäche war der französischen Kolonialpolitik zuzuschreiben und erschwerte den Aufbau des Landes zusätzlich. Der Verteidigungsminister Boumediene setzte Ben Bella von seinem Posten ab und wurde selbst Regierungschef.

 

Während des siebeneinhalb Jahre andauernden Krieges starben nach französischen Angaben 17.459 Soldaten (davon 5.966 nicht im Gefecht getötet), darunter fast 2.000 Fremdenlegionäre. Die FLN schätzte ihre Verluste im Jahre 1962 auf etwa 300.000. Die Gesamtzahl getöteter algerischer Bürger wurde von Frankreich später mit 350.000, von algerischen Quellen mit bis zu 1,5 Millionen angegeben.

 

Frankreich nutzte die algerische Sahara während des Algerienkrieges als Testgelände für ober- und unterirdische Atomwaffenversuche, welche nach heutigen Schätzungen ca. 30.000 Algerier gesundheitlich schädigte und zum Tod vieler Menschen führte. Bis heute leidet vor allem die Landwirtschaft unter den Folgen der Atomtests.

 

Auf die algerische Unabhängigkeitserklärung folgten in beiden Ländern drei Jahrzehnte der Verdrängung und Tabuisierung. Die Ereignisse der Jahre 1954 bis 1962 wurden entweder, wie in Frankreich, aus der offiziellen Erinnerungspolitik ausgeklammert oder, wie in Algerien, als Legitimationsmythos der Staatselite stilisiert. Doch nicht nur der französische Staat, auch die Gesellschaft breitete einen Mantel des Schweigens über die Geschichte. Exemplarisch hierfür steht der 1966 erschienene Film „Die Schlacht von Algier“, der in Frankreich zwar nicht offiziell zensiert wurde, doch in Folge von Drohungen durch Veteranen- und Pieds-noirs-Verbände fast vierzig Jahre nur vereinzelt in Frankreich gezeigt werden konnte. Erst in den frühen 1990er Jahren begann das Schweigen so langsam aufzubrechen.

 

 

 

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