die plattform: Rückblick auf ein Jahr Aufbau der Plattform und Verkündung unserer Lokalstrukturen
Auf den Tag genau 1 Jahr nach dem Start der Initiative für eine dritte anarchistische Föderation im deutschsprachigen Raum blicken wir zurück auf ein ereignisreiches und erfolgreiches Jahr des Aufbaus.
Der 01.01.2019 als Start eines ambitionierten Projekts…
Großspurig und vollmundig starteten wir dieses Jahr mit unserem Organisierungsansatz – voll Ungewissheit aufgrund der geringen Verbreitung des Plattformismus im deutschsprachigen Raum, aber mit viel Hoffnung auf das Gelingen unserer Initiative. Zu Beginn standen die überwältigenden Reaktionen auf unsere Initiative. Ganze Tage, die für das Beantworten von E-Mails drauf gingen, was durch den Zusammenbruch unseres E-Mail-Postfachs nicht grade erleichtert wurde. Tage voller Glückwünsche und motivierter Genoss*innen, welche sich über unsere Initiative freuten; eine Initiative, die viele so oder so ähnlich herbei gesehnt hatten…
…gefolgt von Tagen der großen Reisen
Nach der Freude und der Aufbruchsstimmung begann dann die Phase der großen Reisen. Tausende Kilometer sind wir in endlosen Stunden durch unsere Region gefahren: im Denken, Handeln und Fühlen Gleichgesinnte zu treffen; spannende, aber teilweise auch immer wieder sich gleichende, Diskussionen führend; sich erklärend; sich den kritischen Fragen der Bewegung und Interessierten stellend. Wir haben zwischendurch von Teilen unserer Reisen bereits immer wieder kurz online berichtet. Eine Auswertung der gesamten Veranstaltungsreise werden wir an geeigneter Stelle noch nachliefern. Am Ende sind es dann für 2019 insgesamt 31 Veranstaltungen in allen Himmelsrichtungen Deutschlands sowie 2 Veranstaltungen in der Schweiz geworden. Zum größeren Teil wurden wir von neugierigen Gruppen oder Einzelpersonen eingeladen, vergleichsweise wenige Veranstaltung haben wir selbst angestoßen oder organisiert. Ein weiteres Indiz für das breite Interesse innerhalb der anarchistischen Bewegung an unserem Organisierungsansatz. Aber nicht nur für öffentliche Vorträge sind wir in der Weltgeschichte herumgereist. Oft in Verbindung mit Vorträgen haben wir auch diverse Genoss*innen und Gruppen besucht. Einerseits für eine allgemeine Vernetzung, vor allem aber um diejenigen zu treffen, welche sich aktiv in unsere Organisation einbringen wollen.
Sich finden, sich einigen, die theoretischen und strukturellen Grundlagen legen – Tage des Aufbaus der Organisation
Einhergegangen mit unseren Reisen ist das Wachstum unserer Organisation. Ein Wachstum, welches im Vergleich zum Start unserer Initiative sehr stark war und welches überhaupt erst die Grundlage für unsere zukünftige Föderationsgründung legen wird.. Nach wie vor muss allerdings klar sein, dass wir natürlich keine riesige Organisation sind. Wir konnten nicht auf der Grundlage bestehender Gruppenstrukturen aufbauen, sondern mussten im wesentlichen auch all unsere Lokalstrukturen neu aufbauen. Wir haben es geschafft eine ambitionierte Organisation aufzubauen, welche aus fähigen, motivierten Genoss*innen besteht, die vieles daran setzen unsere Vision einer dritten anarchistischen Föderation zu erreichen. Gleichzeitig haben wir es aber nicht geschafft innerhalb eines Jahres eine solche Föderation zu gründen. Wir brauchen einfach mehr Zeit um nicht etwas Halbgares in der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Wir wollen unser Ziel vernünftig umsetzen.
Was wir euch allerdings bereits mitteilen wollen sind unsere bereits existierenden Lokalstrukturen:
Es gibt aktuell in folgenden Städten und Regionen dp-Gruppen:
- Berlin – berlin.dieplattform.org – Facebook
- Ruhrgebiet – ruhr.dieplattform.org – Facebook – Twitter
- Region Rostock – rostock.dieplattform.org
- Trier
(Weitere lokale Social Media Kanäle folgen)
In Leipzig befindet sich eine weitere Gruppe im Aufbau.
Neben einigen Einzelmitglieder (unter anderem in Bayern und Baden-Württemberg) haben wir gerade diverse Optionen der Erweiterung, die uns noch offen stehen.
Die Einzelmitglieder, welche aus Städten kommen, in denen wir noch nicht die Stärke haben eine Lokalgruppe zu formen, sind in einer überregionalen Gruppe föderiert. So ist ein effektives Agieren in der Plattform auch für Genoss*innen möglich, die in ihrer Stadt oder Region bisher alleine sind. Wir freuen uns sehr, wenn ihr an dieser Stelle die neuen öffentlichen Kanäle unserer Lokalstrukturen verfolgt, liked und verbreitet. Wir freuen uns auch weiterhin über neue Gesichter in unserer Organisation. Egal ob du aus dem hintersten Dorf oder Berlin kommst – wir werden nach Kräften versuchen überall eine anarchistische Perspektive nach unseren Grundsätzen aufzubauen. Melde dich also gerne bei uns!
Gestärkt und breiter aufgestellt sind wir seit mindestens einem halben Jahr dabei unsere theoretischen und strukturellen Grundlagen auszuarbeiten. Ein intensiver Prozess, welcher sich einerseits mit der Analyse unserer Gesellschaft und unserer Visionen einer anderen Welt beschäftigt. Andererseits betrifft dies vor allem (infra-)strukturelle Bereiche unserer Organisation. Dabei geht es in Diskussionen natürlich auch schon mal hoch her. Immerhin scheuen wir uns nicht davor auch zwischen uns uneinige Punkte auf den Tisch zu bringen und offen zu besprechen. Umso schöner ist es zu sehen, dass alle ein gemeinsames Interesse an einem solidarischen Diskurs haben, der ein kollektives Vorankommen zum Ziel hat.
Nach der Grundlage kommt die Praxis – Tage des Kampfes
Natürlich haben wir auch parallel zum Prozess des Aufbaus schon mit geringer Intensität erste Aktivitäten in der geneigten Szeneöffentlichkeit sowie außerhalb dieser in sozialen Kämpfen begonnen: So beispielsweise zum 1. Mai 2019, zu globalen Klimastreiks, zur Solidarität mit Rojava sowie auf lokaler Ebene auch zu anderen Themen wie unter anderem der Solidarität mit den Klassenkämpfen im Iran, sowie den Kämpfen in Frankreich. Uns ist allerdings bewusst, dass diese Aktivitäten weiterhin begrenzt sind und es auch bleiben werden, solange wir nicht unsere eigene organisatorische Grundlage gelegt haben und vor allem unsere Ziele und Strategien im sozialen Kampf nicht definiert haben. Dies ist einer der Aufgaben, die wir uns im Jahr 2020 verschrieben haben: Die gezielte Vorbereitung auf das Mitwirken innerhalb der sozialen Bewegungen.
In der Einfügung in die soziale Bewegungen sehen wir unsere Hauptstrategie und diese wird auch den größten Teil unserer Organisationsarbeit ausmachen. Gleichzeitig werden wir uns auch weiterhin am Diskurs innerhalb der anarchistischen Bewegung beteiligen, wie wir es bereits im Jahr 2019 getan haben. Hier konnten wir vier Artikel bzw. Interviews (nochmal Danke an die Redaktionen) in der Direkten Aktion, Contraste, Graswurzelrevolution sowie im revolt:magazin veröffentlichen. Parallel dazu haben wir uns im geringen Maß auch an Szenemobilisierungen beteiligt wie etwa das Agieren gegen Naziaufmärsche. Weiterführen werden wir auch den Ausbau unserer Materialien. 2019 haben wir zehntausende Aufkleber, Visitenkarten, Broschüren und Plakate im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus verbreitet. Hierbei werden wir in Zukunft auch mehr Materialien produzieren, die auch über eine Linke Szene hinweg Menschen erreichen und ansprechen sollen. Die kollektive Einmischung als Publikationsorgan unserer Organisation um plattformistische Inhalte in die anarchistische, linksradikale und emanzipatorische Bewegung zu tragen, wird weiter erhalten bleiben und ausgebaut werden. Wir haben darüberhinaus weitere Publikationsideen. So werden wir zu einem späteren Zeitpunkt auch unsere inhaltlichen Grundlagen in möglichst ansprechender Form publizieren.
An dieser Stelle wollen wir auf die berechtigte Kritik eingehen, dass wir mit unserem bisherigen Wirken in einer Szeneblase hängen bleiben. Wir befinden uns noch in der Aufbauphase unserer Organisation. In dieser Phase braucht es eine andere Strategie der Öffentlichkeitsarbeit, als wenn die Aufbauphase abgeschlossen ist. In der Phase des Aufbaus liegt unser Fokus auf der anarchistischen Bewegung und darüber hinaus interessierter linksradikaler Menschen. Wir erhoffen uns dadurch die Menschen innerhalb der Bewegung erreichen und begeistern zu können, die unserem Organisationsansatz nahestehen und eine gemeinsame inhaltliche Grundlage teilen. Der (auch personelle) Aufbau unserer Organisation stellt die Grundlage dar um wirkmächtig innerhalb der sozialen Bewegungen kämpfen zu können. 2020 werden wir also immer weiter den Fokus von der anarchistischen Bewegung weg hin zu einem Agieren in sozialen Kämpfen und außerhalb von Szenepolitik legen. Anarchistische “Propaganda” wird einen wichtigen, aber untergeordneten Platz in unserer Praxis einnehmen.
Wichtig ist für uns vor allem auch der internationale Austausch mit anderen plattformistischen und especifistischen Organisationen sowie anarchistisch-feministischen und -kommunistischen. Neben dem Studium von Texten, Analysen und niedergeschriebenen Erfahrungen erhoffen wir uns davon Bereicherung für unsere eigene Theorie und Praxis. Einige internationale Kontakte innerhalb und außerhalb Europas sind bereits geschlossen. Und es haben auch schon mehrere sehr spannende internationale Treffen und Gespräche stattgefunden. An dieser Stelle auch eine Umarmung an alle internationalen Genoss*innen, die uns so herzlich in die plattformistische Gemeinschaft aufgenommen haben.
Was bleibt – was kommt? Tage der Hoffnung
Wenn wir dieses Jahr rückblickend betrachten, bleiben viele schöne Erinnerung, Bestätigung, Festigung und Entwicklung unseres Organisationsansatzes, viele neue Freund*innen und Genoss*innen, die unsere Leben bereichern. Und vor allem bleibt die ungebrochene Hoffnung und Motivation auf den Aufbau einer Organisation, welche uns die Möglichkeit bietet die großen Aufgaben die vor uns liegen zu meistern.
Was kommt 2020?
Eine dritte anarchistische Föderation im deutschsprachigen Raum; ein Ausbau der anarchistischen Infrastruktur und Handlungsmöglichkeiten; sowie eine neue Dynamik der anarchistischen Bewegung in den sozialen Kämpfen. Auch 2020 werden wir nicht die soziale Revolution erreichen. Aber auch wenn die Zeit langsam eng zu werden scheint mit allem, was da so an dunklen Wolken über uns sich zusammen zieht, werden wir doch am Ende des kommenden Jahres mit einer Organisation des Kampfes dastehen, die ihren Namen verdient und welche die Perspektive in sich trägt eine echte verbündete Kraft innerhalb der lohnabhängigen Klasse zu sein.
Also dann – das hier ist nicht das Ende der Geschichte – die Ärmel hochgekrempelt und angepackt! Voran zur sozialen Revolution!
Ergänzungen
Nun ja...
Viele Eurer Ideen sind ja durchaus (wenn auch nicht neu) interessant. Trotzdem überwiegt im Moment noch die Skepsis.
Bisher bleibt das Konzept extrem nebulös, und daran ändert auch der oben stehende Text nichts. Als Berliner*in interessiert mich natürlich auch, was denn hier so in Berlin passiert. Unter dem oben genannten Link zur Berliner Gruppe findet sich aber nix was irgendwie weiterhilft, und dann gibts noch (unkommentiert) einen Facebook-Link, wo aber auch, zumindest für Leute ohne Facebook-Account, keinerlei Inhalte zu finden sind.
(Falls eine*r der Indy-Mods das hier zufällig liest: Bei Indy Linksunten konnten keine direkten Links zu Facebook gesetzt werden - sehr sympathisch.)
Zu dem aktuellen Text oben: Wenn mensch da ein paar Wörter austauscht, könnte das auch ein Text einer beliebigen K-Gruppe sein - voller Phrasen, inhaltleer, Ausklammerung aller Widersprüche und Kritik, Selbstbejubelung.
Manches in Eurem Text ist ausgesprochen unsysmpathisch. Etwa der Satz am Schluss: "...werden wir doch am Ende des kommenden Jahres mit einer Organisation des Kampfes dastehen, die ihren Namen verdient und welche die Perspektive in sich trägt eine echte verbündete Kraft innerhalb der lohnabhängigen Klasse zu sein."
Hier ist die Zukunft klar festgeschrieben, keine Spur von Experiment, von ausprobieren, von reflektieren und weiter versuchen. Genau das fehlt aber: Immer wieder aufeinander Bezug nehmen, immer wieder Aktionen auswerten, immer wieder sich offen der Kritik stellen, immer wieder versuchen neue Wege zu gehen: Was hat funktioniert, was hat nicht funktioniert, und was heisst das für uns als Aktivist*innen.
Bisher wirkt alles, was ihr macht und schreibt, wie eine reine Kopfgeburt. Ich habe auch noch nie Aktivst*innen der Plattform in konkreten Kämpfen und Auseinandersetzungen in Berlin, die, in welcher Schwäche auch immer, trotzdem täglich geführt werden, wahrgenommen. Vielleicht ist deswegen alles was ihr schreibt so abstrakt? Und gleichzeitig so festgelegt?
Spannend wird es in konkreten Kämpfen. Und vielleicht werden wir ja hier eines Tages auch noch etwas von Euch hören, und nicht nur (reichlich hohle, leider muss das so gesagt werden) Phrasen.
Ihr schreibt in Eurem Text oben von "Tagen voller Glückwünsche und motivierter Genoss*innen, welche sich über unsere Initiative freuten; eine Initiative, die viele so oder so ähnlich herbei gesehnt hatten". Viele Menschen, mit denen ich geredet habe, haben explizit Kritik an Eurem Konzept. Ich kann mir nicht vorstellen, dass von dieser Kritik (u.a. Zentralisierung, Kaderpolitik etc.) bei Euch nix angekommen ist. Warum kriegt dann diese Kritik in einem Auswertungstext nach einem Jahr Aktivitäten keinerlei Raum? Warum bleibt es bei platter Selbstbejubelung?
Organisierung bleibt weiter notwendig, und wir werden weiter kämpfen. Doch, schon vorher und noch viel mehr nach dem oben stehenden Text: Ob das über die sogenannte "Plattform" geschehen wird, darf bezweiffelt werden.