Abstrakter Kapitalismus ohne Akteure? - Der gekaufte Putsch in Griechenland
Bisher waren über 80% der Griechen gegen die Austeritätspolitik, zumindest in dieser Frage war man sich einig. Nun sollte nach dem Willen der Regierung das Volk demokratisch über die Fortsetzung der Austerität abstimmen. Das Kapital versucht allerdings mit unterschiedlichen Methoden, den Ausgang des Referendums in Richtung „JA“ zu bewegen, um, wie bereits angekündigt, im Anschluss eine Technokraten-Regierung installieren zu können. Dazu müssen jedoch zunächst einmal genug „Ja“-Stimmen produziert werden.
Am 30.6. wurde von Neoliberalen und korrupten Eliten der Ex-Regierung ND/Pasok in Athen eine erstaunlich große Demonstration mit rund 20.000 „JA“-Sagern organisiert. Doch wo kamen die so plötzlich her?
Ein Teil davon wurde zweifellos aus Angst vor dem Grexit und Chaos im Land auf den Platz getrieben. Ob dafür die Politik der Regierung, die leeren Geldautomaten oder die Äußerungen vieler europäischer Spitzenpolitker „Nein = Grexit“ ursächlich ist, sei dahingestellt. Kommen wir zu den Fakten.
Ein beachtlicher Teil der Demonstrationsteilnehmer wurden aus allen Teilen des Landes mit Bussen vor das Parlament gebracht, bezahlt aus Töpfen der Arbeitgeber, der Oligarchen, und der alten Korruptionsparteien Pasok und ND. Gregory Farmakis, Kandidat für die Partei Nea Demokratia, erklärte auf Twitter: „Ich werde meinen Angestellten verkünden, dass ihre Gehälter heute auf dem Syntagma-Platz (bei der Pro-JA-Kundgebung) gezahlt werden. Nur denjenigen, die dort erscheinen.”
Verschiedene Unternehmen, darunter Nokia, Siemens, Aegean, Hertz, Fuji-Film, Novartis etc., bedrängen ihre Mitarbeiter auf unterschiedliche Weise zu einem „JA“. Es wird mit Lohnkürzungen, Entlassungen oder einfachem Zahlungsausfall gedroht. Der Mobilfunkbetreiber WIND richtet einen Aufruf sogar an seine Kunden: Auf der Firmen-Webseite wird ein Kontingent an Frei-SMS und Gigabyte-Bandbreite angeboten, wenn sie eine SMS mit „JA“ an eine bestimmte Nummer schicken.
Das griechische Fernsehen ist zu 95% in der Hand privater Sender, die allesamt im Besitz der Oligarchie stehen. Nun wurde eine Gegenüberstellung der Sendezeit veröffentlicht, die in den jeweiligen Programmen dazu eingesetzt wurde, um über die „JA“ und „NEIN“-Demonstrationen zu berichten. Das Ergebnis: nicht einmal 4 Minuten wurde in allen Privatsendern zusammengenommen von der „NEIN“-Versammlung berichtet, über 40 Minuten hingegen von der „JA“-Demonstration. Nur der staatliche (und von Syriza reaktivierte) Sender ERT gibt beiden Lagern jeweils 4 Minuten.
Der Fernsehsender MEGA sendete eine gefälschte Reportage über ältere Menschen, die angeblich ausgeraubt wurden, nachdem sie Geld vom Automaten abgehoben hatten. Das für diesen Bericht verwendete Bild wurde 2012 in Südafrika aufgenommen.
Bereits kurz nach Ankündigung des Referendums wurden gefälschte Meinungsumfragen verbreitet. So sollten am 30.6. urplötzlich 60% für „JA“ votieren, am 1.7. waren es dann nur noch 56%, aber immer noch eine verwunderliche Mehrheit. Das Meinungsforschungsinstitut GOP, auf welches sich dabei berufen wurde, hat die veröffentlichten Zahlen als falsch deklariert und juristische Schritte gegen die unrechtmäßige Verbreitung angekündigt.
Diese Auflistung gibt nur einen kurzen Überblick zu den Versuchen, das Referendum mittels Manipulation, falschen Versprechungen und Erpressung zu entscheiden.