Antwort auf das letzte Posting vom indy-kollektiv.
Es ist durchaus begrüßenswert, dass die Leute hinter de.indymedia.org sich zu Wort melden. de.indymedia.org war tatsächlich in den 2000ern eine wichtige Seite für die Bewegung. Als dann linksunten.indymedia.org aufkam, wurde de.indy dann zur absoluten Nebensache. Linksunten war aus vielen Gründen wesentlich besser.
Warum das so war wurde nie wirklich durch eine öffentliche Debatte geklärt. Eine Rolle spielte sicherlich der Fakt, dass Linksunten immer bemüht war, transparent zu sein und im Sinne der Openposting-Plattformen sehr neutral war. Außerdem vermittelten die Macher*innen technische und politische Kompetenz, was damals bei de.indymedia.org definitiv anders war. Nach der Zerschlagung von Linksunten wurde de.indymedia.org wieder mehr und mehr genutzt. Der Grund war nicht, dass sich etwas bei de.indymedia.org geändert hatte, sondern schlicht die Tatsache, dass es keine Alternative gab. Frust über de.indymedia.org gibt es seitdem in allen Ecken der Bewegung zuhauf. Leider wurden die vielen Kritiken nie formuliert und zur öffentlichen Debatte gestellt. Dies ist symptomatisch für eine Bewegung, die aus ihren Tiefphasen nicht mehr richtig herauskommt. Schuld daran hat aber auch der Eindruck der absoluten Nichtansprechbarkeit, den die Macher*innen von de.indy seit fast 20 Jahren vermitteln. Man könnte meinen, dass über lange Phasen das Indy-Kollektiv eigentlich eher eine drittranginge Nebenbeschäftigung von vielleicht ein oder zwei Leuten war – aber das ist natürlich schändliche Spekulation.
Von daher ist es Schade, dass die neue Energie – zwei Postings des Indy-Kollektivs innerhalb eines Monats – erstmal dafür genutzt wird, den Medienmacher*innen, also den Nutzer*innen der Postingfunktionen, kräftig vor den Kopf zu stoßen. Am 29.12. mussten wir eine zensierte Version eines zuvor veröffentlichten Textes lesen (http://dvqlamnbbzli62qfyt5faspxunueqdxc4csrslhcp2z3haiflnrn6dqd.onion/node/479388), versehen mit einem längeren Kommentar und der Ankündigung neuer Moderationskriterien im nächsten Halbjahr. Am 19.1. dann wird eine schrittweise Einführung einer Zensur angekündigt, wenn Texte Links zu Social Media beinhalten. Nicht nur die Links sollen zensiert werden, sondern entsprechende Texte komplett gelöscht werden.
Diese zwei Ankündigung, liebes Indy-Kollektiv, wirken leider sehr arrogant. Wirklich, ihr meldet euch Jahre lang gar nicht zu Wort, und dann drängt ihr euch von heute auf morgen mit vor Selbstbewusstsein und Kraft strotzenden Statements ins Rampenlicht.
Im Sinne einer gesunden Entwicklung und der Idee der Openposting-Plattform sowie im Namen von Indymedia (denn: „be the media!“ ) fordert die Vernunft von de.indymedia.org:
-macht eure Struktur transparenter: was ist passiert, was soll passieren, was habt ihr für Kapazitäten, steht ihr zum Konzept Indymedia und Open-Posting-Plattform? Braucht ihr Hilfe?
-fordert eine öffentliche Diskussion anstatt einfach Ankündigungen zu machen
-stoppt die Zensur mindestens bis eine Diskussion über die Moderations-Kriterien stattgefunden hat und diese nachvollziehbar gemacht wurde
-falls ihr Repression befürchtet und euch eine Zensur daher notwendig erscheint, macht dies transparent
-entwickelt einfache, eindeutige Moderationskriterien (eure Definition von „social Media“ ist zum Beispiel nicht ersichtlich und eure Liste von "social-media"-Plattformen endet mit „…“[sollen wir erraten, was euch passt und was euch nicht passt?])
-grundsätzlich muss immernoch gelten: so viel wie möglich ins Newswire
Zum Abschluss nochmal: es ist begrüßenswert, dass sich das Indy-Kollektiv jetzt wieder zu Wort meldet. Diese Tendenz, die man nach zwei Postings innerhalb eines Monats erhoffen kann, sollte Bestätigung aus der Bewegung erfahren. Nur wenn eine respektvolle, kritische Debatte über unsere Medien in Gang kommt, können wir diese wieder entwickeln und ausbauen.
Ergänzungen
Das ist doch ok, so wie das
Das ist doch ok, so wie das Indy-Kollektiv das macht.
Fraglich ist, was an der Stelle hier die Frage soll, die Strukturen transparenter zu machen?
Wenn das, wie du behauptest, schon lange zwei Leute sind, werden die schon ihre Gründe haben, das nicht zu tun?
Das ist super und hocherfreulich, dass eine beliebte Plattform wie diese hier Social-Media-Links weniger Raum geben will,
besonders solchen, deren betreiber*innen rechtskonservative - rechtsradikale Ziele haben.
Das Argument für Social media ist außerdem, dass deren Reichweite so hoch ist. Also warum
sollen diese rechten Portale auf einer kleinen Plattform wie Indymedia weiterverbreitet werden?
"-falls ihr Repression befürchtet und euch eine Zensur daher notwendig erscheint, macht dies transparent". warum so autoritär?
Es ist schon lange bekannt, dass Social Media Repression fördert. Die Daten, die Ihr rechts-kapitalistischen Unternehmen
kostenfrei zur verfügung stellt,nur damit mensch sich nicht mit der Technik auseinandersetzen muss, die menschen aus der Bewegung zur Verfügung stellen. Die Manipulationen, die Facebook gemacht hat mit falschen Daten und Treffpunkten, so dass in Ägypten
Aktivist*innen nicht rechtzeitig zu Demonstrationen kamen, die Anfragen, die von Staaten wie dem deutschen bei
Anbieter*innen wie Google, Facebook usw. gestellt werden, Daten herzugeben und deren Angebote an Staaten und andere Käufer*innen,
ihre Datensammlungen nach allen möglichen Kriterien gefiltert, je nach Wunsch der Käufer*innen, weiterzugeben?
Und es gibt noch mehr Gründe! (in Broschüren von capulcu und anderen nachzulesen)
Sicher steht diesem Portal auch Repression bevor. Das ist richtig, Moderationskriterien, die leicht zu finden sind, wären besser.
Und die Postings werden nicht gelöscht, sondern landen in einem öffentlich zugänglichen Archiv.