Fotos: In Erinnerung an Kostas Fragoulis

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Kostas 05.12.2022

Am 5.12.2022 ist der 16-jährige Rom Kostas Fragoulis von einem Motorradpolizisten in Thessaloniki erschossen worden. Der Vorfall löste in ganz Griechenland wochenlange Proteste aus. Ein Wandbild von Angehörigen und Künstlern erinnert an Kostas.

Fotos: https://umbruch-bildarchiv.org/in-erinnerung-an-kostas-fragoulis/

Kostas starb nur 500 Meter entfernt von der Roma-Siedlung, in der er lebte. Angeblich hatte er eine nahe gelegene Tankstelle verlassen, ohne Benzin im Wert von 20 Euro zu bezahlen. Nach einer Verfolgungsjagd mit zwei zufällig anwesenden Polizisten fielen die tödlichen Schüsse. Der Vorfall löste in ganz Griechenland Proteste und zum Teil heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei aus. In mehr als zehn Regionen des Landes gab es koordinierte Revolten, die von den jeweiligen Roma-Vierteln und -Siedlungen ausgingen. Befeuert wurden sie auch durch die zeitliche Nähe zum 6. Dezember, dem Jahrestag der Ermordung des 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos durch einen Polizisten im linksalternativen Athener Stadtteil Exarchia im Jahr 2008. Nach Kostas Tod unterstützten linke Aktivist*innen die Proteste der Roma. Ein lokaler Aktivist aus Thessaloniki stellte den Kontakt zwischen den Künstler*innen, der Roma-Siedlung und den Angehörigen von Kostas her.

In Absprache und direkter Zusammenarbeit mit den Angehörigen bemalten die Künstler*innen die Stelle, an der Kostas starb, mit seinem Namen, dem Todesdatum und dem Spruch „Es war nicht das Benzin, es war nicht das Geld, die Bullen haben auf mich geschossen, weil ich ein Roma war“. An der Autobahnausfahrt, die zur Siedlung führt, sprühten sie ein überlebensgroßes Portrait von ihm. Beide Bilder entstanden tagsüber und ohne Genehmigung. An dem Hotel, an dem sie den Namen schrieben, kam es zu verbalen Auseinandersetzungen mit den griechischen Betreiber*innen. Sie wollten verhindern, dass ihr Geschäft unter der Medienaufmerksamkeit leidet. Die Stimmung war dort allein deswegen sehr angespannt, weil vermutet wird, dass die Polizei die Videos der Überwachungskamera vor Ort gezielt vernichtet haben. Aktivist*innen der Initiative Copwatch fuhren am Tag nach dem Mord zu den Gewerbetreibenden in der gesamten Umgebung und überredeten sie, die Aufnahmen ihrer Kameras zur Verfügung zu stellen, um Kostas Angehörige juristisch zu unterstützen. Ausgerechnet bei der Kamera, die auf die spätere Todesstelle gerichtet war, fehlten die Aufnahmen.

Die Wandbilder sollten an Kostas erinnern, die Polizeigewalt sichtbar machen und Öffentlichkeit herstellen. Die Aufnahmen der Roma bei der Malaktion gingen in Griechenland viral, mehrere Zeitungen berichteten. Allerdings lösten sie auch heftige Reaktionen von Neo-Nazis auf Social-Media-Kanälen aus, die dazu aufriefen, die Wandbilder zu zerstören – ohne Erfolg. So wie in vielen anderen Ländern Europas ist Antiziganismus in Griechenland weit verbreitet – viele Roma haben keinen Zugang zu Wohnraum, sauberem Wasser oder städtischer Infrastruktur. Mehr als andere Bevölkerungsgruppen werden sie vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen, haben kaum eine politische Lobby und sind Übergriffen der Polizei ausgesetzt.

 

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