Solidarität mit Palästina ist kein Verbrechen - Aufruf zur Prozessbegleitung
Es war der 27.10.2023 als sich rund 30 Menschen auf dem Wilhemstädter Platz in Magdeburg- Stadtfeld versammelten. Sie trugen Transparente und Schilder bei sich. Darauf waren Parolen zu lesen wie z.B. “Für eine sofortige ,humanitäre Waffenruhe in Pälastina“, “Brecht das Schweigen zu Krieg und Besatzung“ oder „Grundrechte verteidigen – Menschenrechte wahren“. Ein Teilnehmer hielt seine Palästinafahne in den Wind. Ebenso wurden Sprechchöre angestimmt, um auf den Krieg in Palästina aufmerksam zu machen und die dortige desolate humanitäre Situation in die Öffentlichkeit zu tragen. So weit – so gut, ein völlig alltägliches Versammlungsgeschehen.
Dennoch versammelten sich an diesem Tag rund 200 Einsatzkräfte der Polizei am Ort des Geschehens, um jegliche Meinungsäußerung zu unterbinden und den Protest mit zahlreichen Fahrzeugen abzuschirmen. In einem am Vormittag stattgefundenen Kooperationsgespräch mit dem Anmelder wurde von der Versammlungsbehörde mitgeteilt, die geplante Kundgebung „Grundrechte schützen – Menschenrechte wahren“ werde untersagt.
Einen schriftlicher Verbotsbescheid erhielt der Anmelder zunächst nicht. Woraufhin er aus Protest eine weitere spontane Kundgebung „gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit aus rassistischen Motiven“ ankündigte.
Am Ort der Kundgebung erhielt er nun von der Polizei eine Verbotsverfügung für die zuvor angemeldete Versammlung sowie einen Beschränkungsbescheid zur aktuellen Kundgebung. Die Polizei verlangte schließlich vom Anmelder, dass er die Schilder der auf dem Platz versammelten Menschen wegnehmen und so physisch auf die Teilnehmerinnen einwirken solle. Die Polizei schirmte direkt den gesamten Platz ab und gab den Menschen keine Möglichkeit zu gehen noch bevor Lautsprecherdurchsagen erfolgten.
Trotz dieser Einkesslung blieben die versammelten Menschen besonnen und versuchten die Aktion fortzusetzen. Nach einigen Momenten folgte dann eine Ansage der Polizei, das das Rufen der Parole “Frieden und Freiheit für Palästina“ zur Auflösung der Versammlung führen wird.
In der Folge führten die Einsatzkräfte jeden vermeintlichen Kundgebungsteilnehmer einzeln ab. Zusätzlich wurden alle Personen gründlich kontrolliert, die Personalien aufgenommen, Porträtfotos angefertigt und diverse Pappschilder beschlagnahmt. Alle erhielten eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.
Dieses Vorgehen bei einem völlig entspannten Versammlungsgeschehen wirft schon viele Fragen auf. Viele Monate danach wird nun aber versucht den Anmelder weiter zu kriminalisieren.
Der Betroffene erhielt zunächst einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen. Nach Hinzuziehung eines Anwalts entschied er sich Widerspruch einzulegen. In der Folge soll nun am 12.09.2024 vor dem Amtsgericht Magdeburg eine Gerichtsverhandlung gegen ihn stattfinden. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg beschuldigt den Angeklagten nun „als Leiter einer öffentlichen Versammlung trotz Verbot durchgeführt oder trotz Auflösung oder Unterbrechung durch die Polizei fortgesetzt zu haben.“ Laut Darstellung der Ermittlungsbehörden sei die Versammlung gewissermaßen aus dem Ruder gelaufen.
Insgesamt beobachten wir seit dem 7.10.2023 in Deutschland und hier vor Ort eine beispiellose Welle der Repression gegen die palästina-solidarische Bewegung. Die Kriminalisierung verschiedener Protestformen gegen Krieg und Besatzung hält weiterhin an und wird weiter forciert. Von Politik und vielen Medien wird nahezu jegliche Kritik an der israelischen Regierung, jede Form der Solidarität mit den Menschen Palästinas mit Antisemitismus gleichgesetzt. In dieses Horn blasen alle bürgerlichen Parteien.
In diesem Kontext betrachten wir auch die willkürlichen Versammlungs- und Demonstrationsverbote. Die Magdeburger Versammlungsbehörde (Polizeiinspektion MD) hat im Oktober und November 2023 fünf Verbote für Kundgebungen ausgesprochen um somit jegliche Solidaritätsbekundung mit der von Krieg betroffenen Bevölkerung zu unterbinden.
Eine gesicherte Versammlungsfreiheit in Magdeburg scheint es nur für Nazis zu geben, welche regelmäßig – erst kürzlich zum CSD - ihre antisemitischen und menschenverachtenden Aufmärsche mit allen Mitteln durchgeboxt bekommen.
Der nun anstehende Prozess gegen den Aktivisten sowie die fünf Kundgebungsverbote bewerten wir als eklatante Angriffe auf das Versammlungs-, Meinungs- sowie Demonstrationsrecht. Der hier lebenden migrantischen Community und ihren Unterstützerinnen soll ganz bewusst untersagt werden ,ihre Grundrechte wahrzunehmen. Sie sollen schlichtweg daran gehindert werden, auf den aktuellen Krieg, die fortdauernden Bombardements und die Vertreibungen aufmerksam zu machen.
Diesem Verfolgungseifer der staatlichen Behörden werden wir nicht stillschweigend zu schauen. Wir müssen uns solidarisch verhalten mit denjenigen die von Polizei und staatlichen Behörden drangsaliert und kriminalisiert werden - insbesondere im Kontext der Palästinasolidarität. Von daher rufen wir euch dazu auf am 12.09.2024 um 9.15 Uhr ins Amtsgericht Magdeburg zu kommen um den Betroffenen bei der Gerichtsverhandlung zur Seite zu stehen und unsere gemeinsame Solidarität der Kriminalisierung entgegenzusetzen.
Palästina-Solidaritätstreffen Magdeburg, September 2024