[LE] Tax X+1 Ein Riss in der Ruhe der Stadt
Vor einigen Wochen erschien auf Indymedia ein "Konzeptvorschlag" zu einem Tag X+1 in Leipzig und überall. Diesem folgend, haben wir am 10.10. eine Kreuzung in Leipzig besetzt. Für fünfzehn Minuten unterbrachen wir den Verkehr an der Kreuzung Karl-Heine-Strasse/Zschochersche Strasse.
Mittels Megaphon und Flyer wiesen wir auf den Angriff der Türkei und die Verbindung der deutschen Gesellschaft zu diesem Krieg hin.
Pünktlich zu unserem selbstbestimmten Abbruch trafen die Bullen mit mehreren Wannen und unter voller Blaulichtfahrt ein.
Wie sie selber schreiben, verhafteten sie wahllos vier Leute auf der Kreuzung. Inklusive Verschleppung auf die Wache und ED-Behandlung. Innerhalb von nichtmal 24 Stunden schon der zweite Moment (https://de.indymedia.org/node/40080) in dem die Leipziger Bullen deutlich machen, wie sie gedenken mit sozial-revolutionärem Protest umzugehen:
Draufheizen. Nicht nachfragen. Zerschlagen. Willkürlich festnehmen. Im Nachhinein lügen.
Nichts anderes erwarten wir von ihnen, sind sie doch auch nur der bewaffnete Arm des Staates. Desselben Staates der nicht müde wird von "linkem Terror" zu reden, weil ein paar tote Maschinen oder Luxusgeschäfte brennen, dabei aber das stetige Wachsen faschistischer Netzwerke nicht nur ignoriert, sondern diese wie im Falle es NSU aktiv deckt. Wir sind also weder enttäuscht noch überrascht über die Bullentaktik. Wir wollen eher darauf hinweisen, dass sich ein ähnliches Muster in den letzten zwei Tagen wiederholt hat: Sie kommen nicht nach ein paar Minuten mit einer Streife, sondern nach 10-15 Minuten gleich mit mehreren Wannen angerauscht.
Unsere Aktion war nur ein kleiner Moment um den Alltag zu durchbrechen. Sie war nicht lange vorbereitet. Es hat nicht viel dazu gebraucht. Sie ist einfach kopierbar. Sie ist einfach skalierbar: Sie kann mit noch weniger Menschen auf kleineren Strassen und mit viel mehr Menschen auf wirklich großen Strassen durchgezogen werden. Wir fänden es gut und spannend, wenn bei uns in Zukunft mehr damit experimentiert würde. Wenn das nächste Mal fünf Kreuzungen gleichzeitig lahmgelegt sind. Und danach hundert. ((https://de.indymedia.org/node/35851)
Die Aktion ist ein Aufruf an uns alle: Jetzt nicht einzuschlafen, über unsere auch teilweise nur kleinen Möglichkeiten nachzudenken und am Ball zu bleiben. Solange wir Kraft haben, diese Gesellschaft nicht zur Ruhe kommen zu lassen.
Solidarität mit allen kämpfenden Genoss*innen!
Solidarität in die Knäste!
Solidarität nach Rojava!
ps.: wir haben den Text vom Flyer mal angefügt, vielleicht kann ja wer was für zukünftige Aktionen damit anfangen.
Am Mittwoch den 09.10. hat türkisches Militär die syrische Grenze überschritten. Die Türkei greift dort nicht wahllos an. Sie attackiert konkret die Gebiete Nordostsyriens, auch als Rojava bekannt. In diesem Territorium haben Kurd*innen, Araber*innen, Yezid*innen und andere gemeinsam ein System der Selbstverwaltung aufgebaut, das seinesgleichen auf der Welt sucht.
Dieser Text ist zu kurz um darauf einzugehen, aber wer auch immer Kritik am Kapitalismus und der Demokratie der Mächtigen und Reichen hat, kann einen realen Gegentenwurf ohne Nationalismus, Rassenhass und Ausbeutung im Modell der Selbstverwaltung in Rojava finden.
Diese Revolution steht nun aber auf dem Spiel, denn Erdogan will seine imperialistischen Träume gegen die Kurd*innen durchsetzen.Wenn er militärisch Erfolg hat, ist damit zu rechnen, dass unter den Augen der Weltöffentlichkeit ein Genozid und eine massive ethnische Säuberung des Gebietes stattfinden wird.
Aber das ist alles bekannt. Wir alle, die wir Nachrichten lesen, wissen das. Wir alle wissen, dass die Kurd*innen diejenigen waren, die den IS besiegt haben. Wir alle wissen, dass die USA die Kurd*innen, wie von denen erwartet, verraten haben. Wir alle wissen, dass Erdogan diese Operation mit europäischen, gerade auch deutschen Waffen durchführt, dass die Akteure hierbei nicht nur Rheinmetall, sondern auch Mercedes, VW, Allianzversicherung, Deutsche Bank und viele, viele andere sind.
Trotzdem kein Aufschrei. Während Deutschland und gerade Leipzig die friedliche Revolution feiert, während die ganze Innenstadt für das Lichterfest gesperrt wird, schaut nicht nur die Regierung weg, wie in Syrien gerade die emanzipatorische Revolution unserer Zeit unter deutscher Beteiligung zerbombt wird.
Die ganze deutsche Gesellschaft schaut weg und verhält sich nicht. Dabei ist die deutsche Gesellschaft massiv beteiligt. Urlaubsflüge, türkische Produkte im Supermarkt, deutsche Firmen, die in der Türkei Gewinn machen, ein riesiges Netz an Grauen Wölfen, den türkischen Faschisten, in Deutschland. Türkische und kurdische Revolutionär*innen sitzen für nichts und wieder nichts in deutschen Knästen.
Dieser Krieg ist nicht unabhängig von uns! Und er hat mit uns allen zu tun.
Gesellschaft ist zu komplex, als dass wir uns immer zurücklehnen können und so tun, als ob das alles nicht unsere Angelegenheit wäre. Wir sind Teil dieses Systems und stehen täglich neu vor der Entscheidung, einfach mitzuspielen, oder aktiv zu werden.
Unsere Blockade heute richtet sich nicht gegen dich als Person. Sie ist ein Aufschrei, ein Stopp, der Versuch den Alltag zu unterbrechen. Solange bis sich diese Gesellschaft verhält und positioniert - Für die Freiheit und die Menschenwürde oder halt die faschistische Barbarei
Mehr Infos: anfdeutsch.com // https://riseup4rojava.org // @rojavaleipzig