Was ist da los in der w23?

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Viele haben sich in der letzten Woche gewundert, was da los ist in der w23. Anstatt Konflikte, die den gemeinsamen Raum betreffen auch dort zu klären, wurde von einigen wenigen in der w23 ein anklagender Text veröffentlicht. Hierzu nun eine transparente Klarstellung, warum sich ein Großteil der Gruppen der w23 dazu entschieden haben, Einzelpersonen bis auf Weiteres aus den Entscheidungsstrukturen - nicht dem Raum(!) - auszuschließen.
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Zuerst und trotz der Absurdität dies ansprechen zu müssen, beginnen wir mit dem Einfachsten: Wir begreifen die Hamas als islamistisch-faschistische Organisation, die am 7. Oktober ein antisemitisches Massaker verübt hat. Uns davon zu distanzieren halten wir für ein zu schwaches Wort. Wir stehen der Hamas feindlich gegenüber und haben das auch immer so klargestellt. Ebenso positionieren wir uns ganz klar gegen jeden Antisemitismus, in linken Räumen und überall. Dass wir jetzt dennoch gezwungen sind, dies öffentlich klarstellen zu müssen, liegt an der bewusst manipulativen und verdrehten Darstellung der Ereignisse im oben genannten Text.

Unsere Kritik

Unsere Kritik richtet sich an die Personen, die ein Veto gegen eine Veranstaltung der Migrantifa Wien in der w23 eingelegt haben/unterstützen. Die Kritik basiert nicht auf ihren Positionen zu Nahost oder zu Antisemitismus, sondern auf:

1) Der Art und Weise wie mit Leuten in der w23 schon seit langem(!) und zugespitzt bei einem notwendig gewordenen Notfallplenum (und den darauf folgenden Plena; siehe unten) umgegangen wurde. Dabei geht es um ein Verhalten, das von Teilen der Vetogebenden seit Jahren ausgeübt wird. Jegliche Veränderung und jeglicher Widerspruch, selbst bei kleinsten organisatorischen To-Dos wird mit aggressionsgeladenem Verhalten beantwortet und Leute verlassen als Konsequenz seit Jahren den Raum oder ziehen sich aus der Organisation zurück.

2) Der Ignoranz gegenüber des rassistischen Ausschlusses der Migrantifa Wien aus der w23, der von einer kleinen Fraktion auf besagtem Notfallplenum durchgesetzt wurde. Auch der Forderung nach einer kollektiven Verantwortungsübernahme durch die gesamte w23 wurde bisher nicht nachgekommen.

Wir werden im Folgenden - so kurz wie möglich, aber so lang wie nötig - auf beide Punkte eingehen und darlegen, wie es dazu kam, dass wir die Anerkennung a) des Machtmissbrauchs auf besagtem Notfallplenum und b) des rassistischen Ausschlusses als Basis für eine weitere Teilnahme an gruppenübergreifenden Plena aufstellten.

Wir denken es ist notwendig an dieser Stelle auch öffentlich einen Einblick in die Diskussionskultur und in die konkrete Diskussion zu geben. Dieser Text soll weder eine Positionierung zum Nahostkonflikt darstellen noch ein Urteil über die Migrantifa Wien fällen - denn all das geht aus unserer Sicht am Grundkonflikt in der w23 vorbei.

Zur Chronologie der Ereignisse Teil I: Das Notfallplenum

Beginnen wir mit dem bereits angesprochenen Notfallplenum. Am Abend vor einer bereits seit Wochen durch die w23 zugesagten Veranstaltung der Migrantifa Wien zu Fred Hampton wurde jenes Notfallplenum einberufen. Anlass war ein Posting der Migrantifa Wien auf Instagram, in dem diese zu einer Demonstration in Solidarität mit Palästina aufrief, für die auch antisemitische Gruppen mobilisierten.

An dem Notfallplenum nahmen fast alle Gruppen der w23 teil. Bereits zu Beginn des Plenums wurde klargemacht, dass die Veranstaltung tags darauf nicht stattfinden soll: "naja, es ist ja bekannt, dass es ein Veto gibt". Auf diese Weise wurde sichtbar, was einige schon vermuteten: Es ging Einzelnen darum mit allen Mitteln die Veranstaltung der Migrantifa Wien zu verhindern.

Wir, die Gruppen die im Text angesprochen werden, bildeten zu diesem Zeitpunkt keine geschlossene Fraktion, sondern hatten unterschiedliche Positionen. In einem waren wir uns jedoch einig: Seit Langem sollte wieder einmal eine dezidiert antirassistische Veranstaltung von einer BIPOC und migrantischen antifaschistischen Gruppe in der w23 stattfinden, die seit Wochen zugesagt war. Wir wollten die Veranstalter:innen nicht am Vorabend aus dem Raum ausladen, ohne ein Gespräch mit ihnen zu führen. Entgegen ihrer jetzigen Darstellung zeigten sich die Vetogebenden wenig kooperativ und suchten mit immer weiterführenden Vorwänden ein Gespräch mit der Migrantifa Wien zu unterbinden. Diese hatten selbst im Vorfeld angeboten auf das Notfallplenum zu kommen - das lehnten die Vetogebenden jedoch ab. Dann boten einige von uns an, mit der Migrantifa Wien zu telefonieren. Auch das lehnten die Vetogebenden ab.

Trotz alledem bemühten wir uns nach wie vor, einen Konsens zu finden. Kurz vor einer möglichen Einigung wurde von den Vetogebenden plötzlich verlangt, dass die Migrantifa Wien in weniger als 24 Stunden ein öffentliches Statement schreiben muss. Im weiteren Verlauf gab es auch die Aufforderung, mit allen 8-10 Gruppen in der w23 und der Migrantifa ein gemeinsames öffentliches Statement zu formulieren.
Dass wir dies unabhängig vom Inhalt angesichts der knappen Zeit für logistisch unmöglich hielten, wird jetzt so dargestellt als wollten wir uns nicht von der Hamas distanzieren, obwohl immer klar und allen bekannt war, dass wir das selbstverständlich tun. Durch das Vorgehen der Vetogebenden wurde deutlich: Es gab keinen Willen zur Konsensbildung. Es schien das Ziel zu sein, die Veranstaltung durch unerfüllbare Bedingungen zu verunmöglichen.

Was die Vetogebenden in ihrem Text bewusst ausgelassen haben, ist unter Anderem, dass die Demonstration zum Zeitpunkt des Notfallplenums bereits polizeilich untersagt worden war. Auf diese Weise wäre erst recht Zeit entstanden, um mit der Migrantifa Wien in Dialog zu treten und über Bedenken hinsichtlich Antisemitismus zu sprechen und zuzuhören was die Migrantifa Wien zu ihrer bereits untersagten Demo bewegte. Aber: es gab wie oben ausgeführt durch die Vetogebenden kein Interesse an dem Dialog. Am Tag der geplanten Veranstaltung veröffentlichte die Migrantifa Wien von sich aus ein Statement, in dem die Hamas und das Massaker vom 7.10. verurteilt wurden. Nichts davon reichte aus, das Veto blieb bestehen.

Im Kontext jahrelanger Machtdynamiken

Mit der Darstellung des Ablaufs wollen wir deutlich machen wie der eskalative Umgang einer Gruppe von Einzelpersonen in der w23 ist, wenn sie ein Minimum an Kritik oder Widerspruch erfahren. Das äußert sich in ihrem Text auch durch eine bewusst falsche Darstellung von Geschehenem und haltlosen Vorwürfen nach außen. Die von uns kritisierte Machtdynamik, die zum Tragen kommt, wenn es ihnen nicht gelingt, ihren Willen intern durchzusetzen, wird hier durch angebliche Uneinigkeit und widerliche Vorwürfe getarnt. Wenn man zuvor zum Teil über ein Jahrzehnt lang teilweise in den selben Gruppen (z.B. der RAW) zusammengearbeitet hat, lässt das tief blicken und schmerzt.

Diese Art der Machtausübung Einzelner hat sich bereits in den Monaten und Jahren zuvor im Raum gezeigt: Immer wieder wurde durch die gleichen Personen verhindert, dass sich der Raum verändern darf. Im Zweifel sogar durch autoritäres Auftreten und einer macht- und aggressionsgeladenen Kommunikation, weit jenseits eines Gesprächs auf Augenhöhe.

Andere Meinungen werden nicht akzeptiert, selbst bei kleinen organisatorischen To-Dos. Wird dieses Verhalten angesprochen, werden Leute vereinzelt und persönlich angegriffen. Als Konsequenz haben über die Jahre Viele den Raum verlassen. Kurzum: Diese Art und Weise des Umgangs hat bei diesem Notfallplenum lediglich eine Zuspitzung erfahren. Das ist der Umgang in der w23 und dieser Umgang muss ein Ende haben. Jetzt gab es zum ersten Mal kollektiven Widerspruch gegen dieses Verhalten, reagiert haben die angesprochenen Personen mit einem manipulativen öffentlichen Text.

Chronologie Teil II: Zwei Bedingungen und ein Ausschluss aus der Entscheidungsfindung

Die Darstellung, die Vetogebenden hätten sich dialogbereit und lösungsorientiert gezeigt, entspricht nicht den tatsächlichen Geschehnissen.
In der auf das Notfallplenum folgenden Woche, bei einem der regulären Plena, wurde plötzlich uns von den Vetogebenden vorgeworfen, die gemeinsame Lösung verhindert zu haben - ein Verdrehen der Tatsachen, wie es in diesem Prozess viel zu oft vorgekommen ist.

Sämtliche Versuche in Ruhe das Geschehene zu diskutieren, wurden mit Aggression und persönlichen Angriffen gegen Einzelne von uns beantwortet. Nachdem wir mehrmals darauf hingewiesen hatten, dass eine Einsicht in das Geschehene und das eigene Machtverhalten eine notwendige Basis für weitere Zusammenarbeit sind (und dieses Bedürfnis kein Gehör fand), haben wir beschlossen, zwei Bedingungen für die weitere Teilnahme der Vetogebenden an den Entscheidungsstrukturen (dem regulären monatlichen Plenum) zu stellen. Angesichts der fortdauernden Eskalation sahen wir keine andere Lösung, ohne sich dem autoritären Verhalten Einzelner zu unterwerfen und/oder den Raum verlassen zu müssen. Und nochmal: Bis auf die Vetogebenden (und die RAW, die keinen Konsens zum Thema hatte), waren sich alle anderen Gruppen der w23 einig, dass trotz aller Differenz in der politischen Arbeit, dieser Machtmissbrauch Einzelner nicht so weitergehen kann!

Die beiden Bedingungen lauteten
1) Einsicht des gelegten Vetos als Machtmissbrauch
Der Einsatz von Vetos als Machtinstrument, um die Meinung von Einzelpersonen gegen den Willen aller anderen, ohne Debatte (und das ist zentral!) durchzudrücken, halten wir für inakzeptabel und forderten deshalb Einsicht. Eine wertschätzende Debatte und Entscheidungsfindung kann das Instrument des Vetos beinhalten - wer den Raum dieser politischen Kultur aber verlässt, sollte auch von diesem Instrument Abstand nehmen.

2) Anerkennung des Ausschluss der Migrantifa Wien als rassistischen Ausschluss
Wir denken auch weiterhin, dass der Ausschluss der Migrantifa Wien aus der w23 ein rassistischer Ausschluss war. Die Anerkennung des rassistischen Ausschlusses als Resultat des Plenums verlangen wir übrigens von uns allen, nicht nur von den Vetoteilenden.

Wir halten es für rassistisch, wenn einer migrantischen antifaschistischen Gruppe generalisiert Antisemitismus und Nähe zu Islamismus vorgeworfen wird. Wir werten die gesamte Diskussion auf dem oben beschriebenen Notfallplenum auch als rassistischen Ausschluss, weil hier ein weißer Raum auf Betreiben einiger weniger Personen einen Dialog auf Augenhöhe verweigert hat, es keinen Willen gab, inhaltlich mit den Genoss:innen der Migrantifa Wien zu debattieren, sondern ihnen von oben herab Dinge diktiert werden sollten, unter die sie ihre Unterschrift hätten setzen sollen. Um das noch einmal deutlich zu machen: ein klärender Dialog über einzelne Punkte ist nicht möglich, wenn Gruppen von vornherein ausgeschlossen werden.

Wir glauben natürlich nicht, dass eine Kritik an Inhalten oder Positionen der Genoss:innen der Migrantifa Wien per se rassistisch ist. Aber wir denken, dass der Umgang mit der Gruppe wie er hier stattfand rassistisch ist.

Diese Bedingungen wurden schlussendlich bis heute nicht eingesehen.

Abschließend

Als wir die Forderungen und die damit verknüpfte Konsequenz des Ausschlusses aus den Entscheidungsstrukturen kommuniziert haben, haben wir klar gemacht: wir würden diesen Konflikt gerne innerhalb unseres w23 Kollektivs lösen, wir brauchen dafür aber einen anderen Rahmen als die Entscheidungsplenas mit vielen Personen und jeder Menge alltäglicher Orga-Aufgaben. Unser Angebot Gespräche in kleineren Runden zu führen, wurde ignoriert und später als Einschüchterungsversuch geframed.

Dass statt einem persönlichen Gespräch nun ein öffentlicher Outcall gepostet wird und aberwitzige Anschuldigungen kommen, hat einmal mehr gezeigt, dass diejenigen, die dieses toxische Verhalten ausüben und befördern, kein Interesse an einer funktionierenden, kollektiven Selbstverwaltung haben. Unsere Kritik an manipulativer Machtpolitik wird als "entpolitisierend" gewertet und Rassismus wird ebenso unter Anführungszeichen gesetzt. Was ist da los?!

Mit den beiden Bedingungen, an denen wir festhalten, übernehmen wir Verantwortung: Sowohl für den Raum w23 und eine Entmachtung Einzelner im Kollektiv, als auch für einen rassistischen Ausschluss. Bis zu diesem call out waren wir keine definierte Fraktion im w23-Kollektiv, sondern einzelne Gruppen, die gemeinsam - auch weiterhin - diesen Raum verwalten möchten. Unsere geteilte Agenda war es, den Raum als Ort einer undogmatischen Linken zu erhalten, ein Raum für Menschen, die plenieren, Veranstaltungen organisieren und diskutieren wollen. Jetzt gilt es ihn wieder als solchen aufzubauen. Konsensprinzip und ein Respekt auf Augenhöhe untereinander sind unsere Grundorientierungen - und sollen das auch bleiben. Linksradikale Räume dürfen niemals zu Räumen Einzelner werden.

Wir haben natürlich weiterhin ein Interesse, uns sowohl mit Antisemitismus als auch Rassismus auseinanderzusetzen. Für uns als radikale Linke ist eine Auseinandersetzung mit Unterdrückungs- und Ausbeutungsformen sowie mit Macht(-dynamiken) im Großen wie im Kleinen zentral.

Wenn wir nicht einmal in der Lage sind, mit Widersprüchen in unseren eigenen Strukturen auf eine sinnvolle Weise umzugehen - wie wollen wir dann gesellschaftlich relevante Strukturen aufbauen?

 

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Ehem. Genoss*innen der RAW (bis zum Austritt vergangene Woche)

 

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