Hamburgs Baseballschlägerjahre
Unter dem Stichwort „Baseballschlägerjahre“ ist die Explosion rechter und rassistischer Gewalt in den 1990er Jahren im wiedervereinigten Deutschland bekannt geworden. In Hamburg spielte sich diese Entwicklung allerdings schon ein Jahrzehnt zuvor ab. Damit zeigt sich, dass rechte Gewalt bis hin zu Tötungsdelikten kein Phänomen ist, das hauptsächlich durch den aggressiven Nationalismus seit 1989, oder gar durch spezifische Ursachen in der ehemaligen DDR erklärt werden kann.
Dass Hamburgs Baseballschlägerjahre weitgehend vergessen sind, liegt an der damals kaum betriebenen staatlichen Erfassung rechter Gewalt, an einer heutigen Recherche die fast ausschließlich virtuell stattfindet sowie daran, dass antifaschistische Archive und Zeitschriften meist erst um 1990 entstanden und Wissen zu wenig tradiert wurde.
In den 1980er Jahren gab es mindestens acht Tötungsdelikte an Hamburger*innen mit möglichem rechtem/rassistischem Hintergrund und mindestens 13 Bomben- und Brandanschläge, sowie über sechzig vollendete Körperverletzungsdelikte mit zum Teil mehreren Opfern und zum Teil schweren Verletzungen, über welche Medien berichteten. Erschreckende Zahlen, die mit Abstand weder davor noch danach wieder erreicht wurden. Es begann mit einem Bombenanschlag der - wenig später auch mordenden - „Deutschen Aktionsgruppen“, auf eine Gedenkstätte im April 1980 und endeten im Juni 1989 mit der elektoralen Bestätigung der Rechtsentwicklung durch knapp 8% für Parteien rechts der CDU bei den Europawahlen.
Die gesellschaftlichen Bedingungen müssen einerseits in einem bundesweit erstmalig sich formierenden Neonazismus neuen Typs gesucht werden. In einer in Hamburg traditionell sehr rechten SPD, die jeglichen Rassismus versuchte auszublenden. Und im duldsamen Umgang von Polizei und Justiz mit einem Problem, dass in erster Linie als Gewalt- und Jugendphänomen erklärt wurde und die rechten Schläger eher noch in ihrem Handeln bestärkte.