Alle Zeichen stehen auf Krieg

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Eine Analyse von Sara Ronahî zu der aktuellen Situation in Kurdistan

Vor den Wahlen in der Türkei, die am 14. Mai stattfanden, zeigte die kurdische Bevölkerung in der Türkei und im Norden Kurdistans ihren Willen sich im Zuge der Wahlen über die neu gegründete Grüne-Linke Partei endlich vom Faschismus des AKP-MHP Regimes zu befreien. Überall wurden Wahlbüros feierlich eröffnet und die Bevölkerung zeigte voller Hoffnung und Motivation, dass sie ihren Widerstand, trotz der massiven Repression und Angriffe durch die faschistische Mentalität in der Türkei, nicht aufgegeben haben.

Die Wahlen waren für alle eine große Hoffnung, doch das Ergebnis der Wahlen machte deutlich, dass diese faschistische Diktatur zwar durch Wahlen gewählt, aber nicht durch Wahlen abgewählt werden kann. Ok, es mag Fehler gegeben haben, es mag Schwächen gegeben haben, doch es wurde auch deutlich, dass das Regime in der Türkei viele Stimmen die der Grünen-Linken-Partei gegolten haben, unter anderem der MHP zugespielt hat.

Nach den Wahlen ist vor den Wahlen, so bekommt das Wahl Lied der Grünen Linken Partei "Disa em" (Wieder wir) nochmal eine ganz andere Bedeutung. Dieses Mal zeigt das türkische Regime noch deutlicher, dass sie planen durch ihre Völkermord-Politik an der kurdischen Gesellschaft, den Widerstand der Bevölkerung vollends im Keim zu ersticken.

Nicht nur, dass der türkische Faschist und Innenminister Süleyman Soylu offen im türkischen Fernsehen die Pläne der Besatzung Rojavas und Syrien (bis in die Stadt Aleppo) präsentiert, sondern auch das die Angriffe auf politische Vertreterinnen und Vertreter, Menschen die für die freie Presse arbeiten, kurdische Jugendliche die sich kurdischer Kunst und Kultur verstärkt werden. Jetzt versucht das türkische Besatzungsregime in niederträchtiger Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung und der KDP im Süden Kurdistans, das Flüchtlingslager Mexmûr, in dem die Menschen die vor 30 Jahren aus ihren Dörfern im Norden Kurdistans fliehen mussten und in einer steinigen Wüste die nichts anderes als den Tod versprach, neues Leben erschaffen haben, dem Erdboden gleich zu machen. Das Lager ist schon seit mehreren Jahren einem starken Embargo ausgesetzt, indem verhindert wird das die Menschen aus dem Lager gehen können und in das Lager kommen.

Im Lager leben über 12.000 Menschen die mit ihrer stolzen Haltung ihren Widerstand, trotz der massiven Angriffe und Grausamkeit des türkischen Besatzerregimes, sowie des Verrats der KDP, beibehalten. 12.000 Menschen die die Realität des Feindes schon ihr ganzes Leben lang zu spüren bekommen haben und genau wissen, dass sie, wenn sie keinen Widerstand leisten würden, nicht mehr leben könnten. Denn das faschistische Regime verspricht ihnen nichts anderes als Tod.

Stolze Frauen und Mütter, die mutig auf die irakische Armee zuschreiten und ihren Protest gegenüber den Versuchen ihre Heimat zu umzingeln und zu einem Gefängnis zu machen, verdeutlichen. Was es heißt, trotz aller Widrigkeiten, trotz der grausamsten Angriffe und dem psychologischen Krieg, seine Würde nicht zu verlieren, standhaft zu bleiben und auf die eigenen Rechte zu pochen, zeigen uns die Menschen im Flüchtlingslager Mexmûr.

Viel haben sie opfern müssen, ihre Heimat verlassen, ihre Kinder im Widerstand als Şehîd geopfert, ohne Pass, ohne das ihre Rechte anerkannt werden, haben sie in einer Wüste aus dem Nichts Leben erschaffen. Ein alternatives Leben erschaffen, eigene Schulen und eine Universität gebaut, ein eigenes Krankenhaus gebaut, in autonomer Selbstverwaltung. Sie schützen sich auch selbst, denn sie wissen, dass weder die KDP, noch die irakische Armee, noch die UN für ihren Schutz aufkommt. Weil sie ihre Würde nicht verloren haben, weil sie an ihrem Widerstand festhalten, an ihrer Kultur, ihrer Sprache, ihrer Identität als Kurdinnen und Kurden aus dem Botan-Gebiet, sind sie dauerhaftes Ziel der Angriffe des türkischen Besatzerstaates.

Wir erinnern uns noch gut, an die vergangenen Drohnenangriffe des türkischen Besatzerstaates, bei dem zuletzt gezielt ein kurdischer Welatparêz in seinem Haus ermordet wurde. Wir erinnern uns noch gut, an die Angriffe des IS auf das Kamp, die durch den Widerstand der Bevölkerung jedoch schnell abgewendet werden konnten.

Neben dem was wir in Europa von dieser Bevölkerung in Sachen Widerstand und würdiger Haltung lernen können, sollte man sich aber auch die Realität des Feindes genauer vor Augen führen. Was es eigentlich heißt mit gepanzerten Fahrzeugen, Baggern und einer bewaffneten Armee gegen ein Flüchtlingslager vorzugehen. Ein Lager mit Menschen die geflohen sind, Menschen die in der Gesellschaft am hilfsbedürftigsten sind, weil sie Heimat, Haus und Familie verloren haben. Menschen die nichts haben, außer das was in ihren Händen ist. Gegen diese Menschen geht die Mentalität des Staates mit ihrer Armee vor. Eine Armee die angeblich zum Schutz der Gesellschaft eingesetzt werden soll, in Wirklichkeit aber gegen die Gesellschaft, zum Schutze der Interessen des Staates, der Herrschenden eingesetzt wird.

Eine Armee, bestehend aus den Kindern der Gesellschaft, die in der Hand des Staates die eigene Gesellschaft, oder eine andere Gesellschaft angreift. Aber ein Soldat, der seine Waffe auf hilfsbedürftige Menschen, wie Flüchtlinge richtet, kann nichts anderes sein als ein Mörder. Ein Soldat der seine Waffe auf Jugendliche richtet, die versucht sich vor gepanzerten Fahrzeugen mit ein paar Steinen zu verteidigen.

All diejenigen die auf der Suche nach einer Alternative sind, die auf der Suche nach einem menschlichen Leben, einem Leben in Selbstverwaltung, in Autonomie, in Gleichberechtigung und in Einklang mit der Natur sind, sollten ihren Hut ziehen, vor dem Widerstand dieser kleinen Gruppe von Menschen, die sich, mit nichts anderem bewaffnet als ihrem Mut, ihrem Glauben an eine bessere Welt und ihrer Entschlossenheit für ihre Rechte zu kämpfen, vor eine Armee postiert und was auch passiert, den Weg nicht freimacht, um ihren Zufluchtsort zu schützen und nicht noch einmal vertrieben zu werden.

All diejenigen die an die Institution des Staates glaubten, die dachten, dass der Staat auch gut sei, sollten sich die Realität des Staates vor Augen führen, wie sie derzeit in der Türkei, im Irak und im Iran sichtbar wird. Diese Staaten im Mittleren Osten agieren mit der selben Mentalität, wie die Staaten in Europa oder anders wo auf der Welt. Ja, sie nutzten andere Mittel, wenden andere Methoden an, aber die Mentalität, die Mentalität des Staates ist die selbe und sollte es nötig sein, werden die Staaten überall auf der Welt auch ihre Waffen gegen die eigene Bevölkerung richten, um ihre eigenen Interessen zu schützen.

Eine Realität die alle betrifft, eine Realität die durch den Widerstand der Menschen im Mittleren Osten, ob in Bakur, Rojava und Rojhilat Kurdistan, durch den Widerstand der Frauen in Afghanistan, den Widerstand der Menschen im Iran, insbesondere der Studentinnen im Iran und Rojhilat, durch den Widerstand der Guerilla Kurdistans deutlich wird.

Wie schon Şehîd Andok Özgür sagte, lasst uns dafür sorgen, dass das Wahre Gesicht des Staates hervor kommt. Sorgen wir dafür, dass sie uns nicht mehr mit ihren wohlwollenden Worten, mit ihren Medien, mit ihren Spielchen täuschen können. Machen wir uns nichts vor. Mit Wahlen werden wir uns nicht von diesem faschistischen Regime befreien können, der blutrünstig seine Krallen nach der widerständigen Bevölkerung Kurdistans ausgestreckt hat. Alle Zeichen sprechen dafür, dass sich der Krieg in Kurdistan intensivieren wird. Ein Krieg um Existenz und Nicht-Existenz. Ein Krieg in dem es heißt, alles gewinnen oder alles verlieren.

Nicht nur für die kurdische Bevölkerung, sondern auch für die Menschen weltweit, für die der Widerstand der Kurdinnen und Kurden, für die die Philosophie und die Gedanken Rêber APOs eine große Hoffnung geworden sind. Eine Hoffnung darauf, dass ein alternatives Leben ohne kapitalistisches System, ohne Macht, Staat und Gewalt möglich ist. Die an die Gedanken Rêber APOs glauben und durch die Revolution in Rojava angesteckt überall auf der Welt dafür arbeiten, dass es nicht nur 1,2 sondern in Zukunft viele Rojavas geben wird.

 

Quelle: https://www.nuceciwan121.xyz/de/2023/05/23/109594/

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