Kein Vergeben, kein Vergessen: Stolpersteine putzen am 9. November

Event: 

 

Der Verein Erich-Zeigner-Haus e.V. organisiert Veranstaltungen und Aktionen rund um den 9. November, darunter auch das Putzen der in Leipzig verlegten Stolpersteine. (http://erich-zeigner-haus-ev.de/neunter-november/)

Wir haben für die Stolpersteine in der Dietzgenstraße 13, 04157 Leipzig, welche der Ermordung Ruth, Rosa und Salomon Gutters durch die Nazis erinnern und mahnen, eine Patinnenschaft übernommen.

 

Der Verein Erich-Zeigner-Haus e.V. organisiert Veranstaltungen und Aktionen rund um den 9. November, darunter auch das Putzen der in Leipzig verlegten Stolpersteine.

Wir haben für die Stolpersteine in der Dietzgenstraße 13, 04157 Leipzig, welche der Ermordung Ruth, Rosa und Salomon Gutters durch die Nazis erinnern und mahnen, eine Patinnenschaft übernommen.


Ruth Gutter wurde am 01.09.1922 in Leipzig geboren.

Sie wuchs jüdischen Glaubens bei ihren Eltern und den jüngeren Geschwistern Rosa und Salomon in der Metzerstraße 13 (heute: Dietzgenstraße 13) auf.

Als sie 12 Jahre alt war, wurde ihr Vater, Josef Gutter, im Jahre 1934 aus Deutschland ausgewiesen. Er war Jude und aktives Mitglied der KPD und der “Roten Hilfe”. Die Familie musste Hausdruchsuchungen durch die Gestapo über sich ergehen lassen, auch wurde der Vater mehrmals verhaftet. Nach seiner Ausweisung ging er im Auftrag der Kommunistischen Partei nach Prag und scheinbar weiter nach Russland. Auf bisher ungeklärtem Weg ist Josef Gutter nach Londin gekommen, von wo aus er 1960 erfolglos nach seiner Familie sauchte. Er verstarb 1967 in London – im gleichen Jahr wie seine geschiedene Ehefrau, Hedwig Erna Gutter, in Leipzig.

Frau Gutter konvertierte als Nichtjüdin zum Judentum und musste nach der Ausweisung des Vaters die drei Kinder allein versorgen. Im Jahr 1939 stellte man sie vor die Wahl, entweder die Scheidung von ihrem Mann oder die Ausweisung aus Deutschland. Sie beugte sich dem Druck und trat gemeinsam mit ihren Kindern aus der Jüdischen Gemeinde aus. Durch den Übertritt zum protestantischen Glauben hoffte Frau Gutter, ihre Familie retten zu können.

Am 16.03.1942 brachte Ruth Gutter ihren Sohn, Karlheinz, zur Welt. Nur ein halbes Jahr später, am 11.09.1942, wurde sie wegen “Vergehens gegen die Judenkennzeichung und gegen die Kriegswirtschaftsverordnung” verhaftet. Ihr Anwalt Martin Drucker erwirkte in dem darauf folgenden Prozess einen Freispruch.

Trotzdem wurde Ruth Gutter mit dem Verlassen des Gerichtssaals von der Gestapo wieder verhaftet und am 05.12.1942 nach Auschwitz deportiert. Kaum einen Monat später wurde Ruth Gutter (20 Jahre) am 02.01.1943 ermordet. Ihr Sohn wuchs bei ihrer Mutter auf und lebt heute in Norderstedt.

Die jüngeren Geschwister befürchten ein gleiches Schicksal vor sich zu haben. Dazu kam der ständige Druck wegen ihrer jüdischen Herkunft. Salomon Gutter, geboren am 26.11.1928, hielt diesen Spannungen nicht mehr stand. Etwa 5 Wochen nach der Verhaftung der Schwester sprang er aus dem Fenster der Wohnung in der 4. Etage. Er starb im Alter von 13 Jahren am 21.10.1942 um 20 Uhr auf dem Weg ins Krankenhaus Sankt Georg.

Angesichts der familiären Schicksalsschläge wusste die mittlere Schwester Rosa Gutter, geboren am 23.07.1927, ebenfalls keinen Ausweg mehr. Sie war 15 Jahre alt, als sie sich am 13.05.1943 auf die gleiche Art wie ihr Bruder in den Tod stürzte.”

– Quelle: http://stolpersteine-leipzig.de/index.php?id=175


Im Rahmen einer Mahnwache haben wir die Stolpersteine geputzt, damit die widerlichen Gewalttaten der Nazis wieder sichtbar werden.

An diesem 9. November jährte sich zum achzigsten Mal die Reichspogromnacht, welche den Auftakt der systematischen und millionenfachen Ermordung von in Europa lebenden Jüd*innen bildete.

Außerdem haben wir in einer Gedenkminute den unzähligen durch die Nazis ermordeten Menschen gedacht.

Doch Antisemitismus, Hass und Faschisierung sind 80 Jahre später nicht nur Geschichte, sondern immer auch Gegenwart: Stolze Deutsche, die mit Hitlergruß durch die Straßen marschieren und Jüd*innen und Geflüchtete angreifen, auch nach Jahren keine Aufklärung des NSU, die Polizei wird militarisiert und bekommt noch mehr Befugnisse.

Erinnern heißt Kämpfen:

Wut und Trauer zu Widerstand!

Für eine solidarische Gesellschaft!

Rote Hilfe Leipzig am 9. November 2018

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