Mit Flinta* Power durch die Knastmauer - Feministische Kundegebung vor der JVA Chemnitz
Der Frauenknast als repressiver Staatsapparat
Mit Staatsgewalt werden die Insass*innen aus ihren Familien und sozialen Zusammenhängen heraus gerissen. Mütter und Kinder werden voneinander getrennt, von Informationen und Wissen isloiert. Eine Zelle, in der die Wände nicht mit den Zeichnungen der Kinder, der Fotos oder Postkarten von den geliebten Menschen oder einfach nur Poster von Bands behängt werden können, damit sich bloß Keine zu heimisch fühlt, sind genauso Ausdruck der Repression, wie der fast ganztätige Einschluss in U-Haft. Der strafende Charakter soll 24/7 spührbar sein.
Der Frauenknast ist die repressive Antwort des bürgerlich-kapitalistschen Staates auf das Handeln seiner Subjekete. Sie werden durch ihn konstituiert, d.h. erzogen und geformt und ebenso reglementiert, wenn sie sich nicht an seine Rechtsnormen halten. So ist die Freiheit zugleich auch immer Unfreiheit. (Menschen-)rechte werden durch den repressiven Staatsapparat in Gestalt des Frauenknasts ausgehebelt. Die Freiheitsstrafe bestraft übermäßig, da sie die Würde der Insassinnen verletzt. Sie entzieht nicht nur die Freiheit, sondern unterwirft die Insass*innen dem Anstaltsregime und beschneidet diverse (Menschen-)rechte. Wir nennen Knäste im Allgemeinen und den Frauenknast im Besonderen zynisch. Er ist zynisch, weil die Gesellschaft der er innewohnt die sozialen Widersprüche selbst produziert und in Form von Strafen reglementiert, um sich selbst wieder herzustellen. Gleichzeitig propagiert er Rechte und Freiheiten für all seine Insass*innen, welche jedoch nicht für Alle gelten.
Ökonomie der Geschlechterbinarität
Frauen – vielmehr Frauen, Lesben, Inter- und nicht binäre, sowie trans Personen – erfahren im Laufe ihres Lebens konstante Mehrfachbelastungen, Diskriminierungen und Gewalt. Sie sind nicht nur deutlich häufiger von Armut bedroht, sondern befinden sich häufig in (ökonomischen) Abhängigkeitsbeziehungen zu cis-Männern. Insbesondere im Alter macht sich dies bemerkbar. Die sog. Gender Pension Gap liegt in Deutschland im Schnitt bei 53%. D.h. Frauen haben ein halb so großes Alterssicherungseinkommen wie cis-Männer. Abseits von heteronormativen Konstellationen sind Lesben, Inter- und nicht binäre, sowie trans Personen spezifischen Ausgrenzungsmechanismen unterworfen, welche in Teilen staatlich institutionalisiert sind. Mit dem sog. Transsexuellengesetz wird über Geschlechtlichkeit nicht nur staatlich entschieden, sondern eine Reihe an Anforderungen und Bedingungen festgeschrieben. So müssen 2 Sachverständige darüber entscheiden, dass das Zugehörigkeitsempfinden der*des Antragsteller*in sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird. Das Rechtssystem in der bürgerlich-kaptialistischen Gesellschaft zwingt zu Geschlechterbinarität – so auch der Frauenknast.
In ihm sitzen FLINTA*, die als Lesben, Inter- und nicht binäre, sowie trans Personen unsichtbar gemacht werden und in vielen Fällen Straftaten aufgrund von ökonomischer Armut begehen. Sie werden auch zumeist wegen Diebstahl, Unterschlagung und anderer Vermögensdelikte verurteilt. Wenn FLINTA Gewaltdelikte begehen, sind es überwiegend Konflikttaten – sprich Folgen einer aus der Sicht der FLINTA* ausweglosen Situation. Sie ereignen sich meist im familiären Umfeld und sind häufig Reaktionen auf Bedingungen, die den FLINTA* unerträglich erscheinen und für die sie keinen sinnvollen Ausweg finden.
Im Knast sind sie weiterhin von existenziellen Menschenrechten, wie dem Recht auf Freiheit, Gleichheit, Schutz vor Diskriminierung, Schutz der Familie und Meinungs- und Informationsfreiheit abgeschnitten. Vielleicht ist der Kanst für Einzelne gar ein Schutzraum im Vergleich zu dem Leben draußen. Strukturell gesehen ist der Frauenknast eine Fortführung der patriarchalen Gewalt an und Unterwerfung von FLINTA. Die Abschaffung des Frauenknast und der systemischen Ursachen und Bedingungen, die diesen ermöglichen ist unser Ziel!
In anderen Teilen der Welt werfen feministische soziale Bewegungen aktuell einen Hoffnungsschimmer in düsteren Zeiten. Frauen, wie derzeit im Iran, stehen in der ersten Reihe in den Kämpfen um Rechte, Anerkennung und Freiheit. Gleichzeitig finden dort täglich Feminizide statt, d.h. Femizide bei denen der Täter der Staat ist. Zahlreiche FLINTA nehmen Inhaftierung, also schlimmste Gewalt, Folter und auch den eigenen Tod in Kauf, um für ihre Forderungen nach einem befreiten Leben einzustehen.
In Solidarität mit all diesen Kämpfer*innen (in Haft) wollen wir mit einem Nachmittag gefüllt mit Kultur und Politik jede Menge FLINTA*-Power durch die Knastmauern senden und den Gefangenen zeigen: Ihr seid nicht alleine!
Kungebung vor der JVA Chemnitz (Thalheimer Straße 29), Samstag 17.12.22, 16 Uhr bis 18 Uhr, Zugtreffunpkt aus LE wird organisiert!