Nationalismus. Patriotismus. Rassismus. Deutschland ist tödlich!
Nationalismus. Patriotismus. Rassismus.
Deutschland ist tödlich!
Wie jedes Jahr am 3. Oktober feiert sich die deutsche Nation unter dem historischen Vorwand des Mauerfalls und der Wiedervereinigung selbst. Während die etwa 500.000 Besucher_innen der nationalen Feierlichkeiten in Hannover Fahnen schwenkend und unreflektiert dem kollektiven „Wir“-Gefühl frönen, müssen wir bei Deutschland an Nationalismus, Patriotismus und Rassismus denken.
Konkret kritisieren wir Folgendes:
Nationalismus
Der Begriff der Nation bezieht sich auf einen geographisch abgesteckten Rahmen. Dadurch wird eine kulturelle und oft auch rassische Identität konstruiert. Der Bezug auf eine gemeinsame Nation mit gemeinsamer Sprache und vermeintlich selben Werten schürt ein gruppendynamisches Bewusstsein. Ein Auseinanderdividieren, wie es dadurch geschieht, ein sich dem „Anderen“ als Kollektiv Gegenüberstellen, birgt eine Gefahr von sozialen Konflikten. Doch spätestens zu Zeiten internationaler kriegerischer Handlungen nutzt dies den Regierenden eines jeweiligen Landes, da dadurch ein erhebliches Mobilisierungspotential in der eigenen Bevölkerung vorherrscht. Das kapitalistische Wirtschaftssystem beruht auf dem Prinzip der Konkurrenz, es geht um die bestmögliche Ausgangsposition zur Erzielung des größtmöglichen Profits. Ausbeutung und Expansion sind dem Kapitalismus deshalb inhärent. Das Nutzen militärischer Mittel, um die eigene wirtschaftliche Position zu verbessern, den Zugang zu Ressourcen zu sichern und ihre Ausbeutung zu ermöglichen, ist eine Konsequenz der kapitalistischen Logik.
Weiter reduziert das Konstrukt der Nation Menschen aufgrund von Pässen, Hautfarben, Sprachen sowie Herkunft und bewertet sie auch nach diesen Kriterien. Das bedeutet meist Benachteiligung und Ausgrenzung in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Dies kann darüber hinaus in verbalen oder körperlichen Angriffen gegenüber allem, was nicht in eine völkische Ideologie passt, münden. Seit der Wiedervereinigung hat dies zu mindestens 184 Todesopfern durch rechte Gewalt geführt. Als jüngstes Beispiel dient der Nationalsozialistische Untergrund (NSU), welcher mit Unterstützung des Verfassungsschutzes 10 Menschen ermordete, mehrere Sprengstoffattentate und diverse Banküberfälle verübte. Derartige rassistisch motivierte Übergriffe werden nicht nur von sich politisch eindeutig rechts positionierenden Menschen, sondern auch aus der bürgerlichen Mitte heraus begangen. So äußerten sich vermeintlich besorgte Bürger_innen im Rahmen einer Info-Veranstaltung bezüglich der Eröffnung eines Lagers für Asylsuchende in Berlin-Hellersdorf, dass sie Angst um die Sicherheit ihrer Kinder hätten, die neben einer Flüchtlingsunterkunft aufwachsen "müssen": "Unsere Kinder sind wichtig und nicht das, was hier her kommt." (rbb aktuell berichtete). Über dies hinaus richten sich Attacken aus dem rechten Spektrum allgemein nicht nur gegen vermeintlich „Fremde“, sondern auch „Andersartige“ wie sexuelle oder religiöse Minderheiten.
Patriotismus
Während dem Nationalismus ein aggressiver Charakter zukommt, erscheint Patriotismus oft als gesunder Nationalismus im Nadelstreifenhemd. Nach einer 2006 durchgeführten Studie einer Forschungsgruppe der Philipps-Universität Marburg ist im „Umgang […] mit Patriotismus große Vorsicht geboten […]. Kampagnen, die darauf abzielen, nationalistische oder patriotische Einstellungen zu schüren, bergen die Gefahr, die Abwertung von anderen Gruppen zu fördern.“ Dies wird vor allem bei nationalen Massenveranstaltungen wie beispielsweise der Männer-Fußball-WM ersichtlich. So wurden 2006, in der Folge des Sieges der DFB-Auswahl gegen die türkische Mannschaft, mehrere Dönerläden, als vermeintlich türkische Geschäfte, attackiert.
Laut der Sozialpsychologin Dagmar Schediwy sei die nationale Überhöhung des Fußballevents auf die zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit der Bevölkerung seit Hartz IV und Agenda-Politik zurückzuführen. Dabei beruft sie sich auf Theodor W. Adorno: „Wer im Alltag gedemütigt wird, sucht Zuflucht im Opium des Kollektivstolzes“. Anstelle in Zeiten einer florierenden Wirtschaft die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich kritisch und reflektiert zu hinterfragen, suchen große Teile der bürgerlichen Mitte nach Verantwortlichen. Aktuell stellen in diesem Kontext oftmals Migrant_innen und Geflüchtete die vermeintlichen Sündenböcke, als „Sozialschmarotzer“ degradiert, dar. Der Stolz auf die eigene Nation, sowie die damit implizierte Abwertung anderer Gruppen erklärt wahrscheinlich auch den Zuspruch vieler Menschen für rechtspopulistische Parteien wie der Alternative für Deutschland (AfD) oder der antimusslimischen, um den Populisten Stürzenberger formierten Partei Die Freiheit.
Rassismus
Ein aktuelles Beispiel für staatlichen und durch etablierte Parteien gebilligten Rassismus stellt die Entscheidung des Bundesrats vom 19.09.2014 dar. Dabei wurde in letzter Minute durch die Zustimmung des Grün-Rot regierten Bundeslandes Baden-Württembergs, allen voran durch den grünen Ministerpräsident Winfried Kretschmann, ein Gesetzesentwurf verabschiedet, welcher die Balkanstaaten Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ einstuft. In der Praxis bedeutet dies, dass Asylanträge aus diesen Ländern grundsätzlich als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden. Die Chance auf eine positive Bewertung des Asylantrags für Menschen aus dieser Region ist somit faktisch nahezu ausgeschlossen. Abschiebungen in diese Länder können demnach leichter und schneller durchgeführt werden. In diesen Staaten ist es jedoch auf keinen Fall so, dass die Lebensbedingungen als „sicher“ eingestuft werden könnten. So stellt die Verfolgung und Diskriminierung von Sinti und Roma und anderen Minderheiten den Normalfall dar.
Kretschmann ist damit verantwortlich für eine weitere Aushöhlung des Asylgesetzes und führt somit die flüchtlingsfeindliche Politik der Grünen weiter. Ein weiteres Beispiel dafür ist der Umgang mit den protestierenden Flüchtlingen in der Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin. In diesem Fall veranlassten Politiker_innen der Grünen einerseits aggressive Polizeieinsätze und machten andererseits Zugeständnisse wie eine wohlwollende Prüfung der Asylanträge und beschleunigten Verfahren, die im Nachhinein nicht eingehalten wurden. Viele der damals Protestierenden sind nach wie vor von Abschiebdung bedroht oder wurden bereits abgeschoben. Anhand des gebilligten Gesetzesentwurfs wird deutlich, dass Menschenrechte gegen finanzielle Einsparungen abgewogen wurden. Auf diese Art und Weise wird Rassismus geschürt und weiter ausgebaut. Eine derart fremdenfeindliche Politik führte bereits 1992 zu einem rassistischen Pogrom gegen ein Asylbewerber_innenheim in Rostock-Lichtenhagen. Die gleiche Politik ist es, die in diesem Jahr zu 155 flüchtlingsfeindlichen Kundgebungen /Demonstrationen sowie zu 18 tätlichen Übergriffen auf Flüchtlinge und 18 Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte geführt hat (Stand 12.09.2014, Amadeo Antonio Stiftung).
Das Konstrukt Nation dekonstruieren!
Solidarität mit von Flucht Betroffenen!
Kommt zur antinationalen Demonstration zum Tag der deutschen Einheit!
Freitag // 03. Oktober 2014 // 14:00 Uhr // Hauptbahnhof Regensburg