Die Breite Straße 28 in Halle ist nun besetzt!
In Halle (Saale) ist heute nacht ein Haus besetzt worden. Um die Breite Straße 28 ist in den letzten drei Jahren vor Gericht und auf der Straße gekämpft worden. Am Ende hat der neue Eigentümer "Wohnprojekte Herold" die Bewohner*innen rausschmeißen können. Damit ist auch ein wichtiger Freiraum für Kunst, Kultur und Politik verloren gegangen. Wir haben der Stadt diesen Raum heute nacht zurückgeholt. Die Breite Straße ist nicht das einzige Haus, das schon verloren oder noch bedroht ist. Wir fordern: Die Häuser, denen die darin wohnen.
Wir finden überhaupt: Wohnen ist ein Grundrecht, Häuser dürfen nicht der Profitlogik unterliegen!
Das "Schiefe Haus" ist nun besetzt!
Die Breite Straße 28, das sogenannte "Schiefe Haus", wird seit 2008 von verschiedenen WGs bewohnt. Seitdem ist es nicht nur Wohnort, sondern auch ein Ort für Kulturveranstaltungen.
So wurden im Haus Lesungen, Konzerte und Kunstausstellungen realisiert, zudem galt das Wohnzimmer als ein offener Raum des Zusammenfindens. In der Breiten Straße 28 wurden Freund*innenschaften geknüpft und Pläne geschmiedet, hier entstand zum Beispiel die Idee für den Film "972 Breakdowns- auf dem Landweg nach New York".
Seit dem 30. April 2022 ist das "schiefe Haus" mit allem was dazu gehört Geschichte. An diesem Tag endete offiziell der Mietvertrag, alle Bewohner*innen mussten raus. Schuld daran ist der neue Eigentümer, das Wohnungsunternehmen „Wohnprojekte Herold“. Das stellt sich auf seiner Homepage unter dem Motto „wohnen gut alles gut“ vor. Zum Eigentum des Unternehmens gehören etwa zehn Immobilien in Halle und Umgebung.
2018 hatte "Wohnprojekte Herold" die Breite Straße 28 gekauft. Als neuer Vermieter trat ab da Dirk Herold auf. Als Mitglied des AK Innenstadt und Sprecher der Anwohner*inneninitiative August Bebel Platz legt Herold Wert auf sein gutes Image.
Als Vermieter zeigt er ein anderes Gesicht und versuchte über Jahre die Bewohner*innen aus dem Haus zu ekeln. Im Frühjahr 2019 ließ er sie monatelang mit einer kaputten Heizung frieren, im Herbst 2020 ließ er illegal für zwei Wochen das Wasser abstellen. Er überzog sie mit Abmahnungen und willkürlichen Kündigungen.
Schließlich meldete Dirk Herold "Eigenbedarf" an, angeblich für seine Töchter. Eine der beiden wohnt mittlerweile nachweislich in einer anderen Wohnung. Der zähe Rechtsstreit zwischen den Bewohner*innen endete damit, dass sie schließlich entschieden zu gehen. Sie hatten keine Kraft mehr, andauernd um das eigene Zuhause zu kämpfen. Von Freiwilligkeit kann da keine Rede sein.
Die Breite Straße ist nicht das einzige verlorene Zuhause - Vermieten ist ungerecht!
Am Beispiel der Breiten Straße 28 wird das eigentliche Problem sichtbar: das Mietsystem ist ungerecht! Die Vermieterin besitzt im Kapitalismus das, was die Mieterin zum Leben braucht.
Während Mietende im Schnitt fast die Hälfte des Monats lohnarbeiten müssen, nur um irgendwie ihre Miete bezahlen zu können, erhalten Vermietende ohne viel Zutun ein passives Einkommen. Am Beispiel der Breiten Straße wird dies besonders deutlich. Trotz gültigem Mietvertrag hat sich der Vermieter "Wohnprojekte Herold" kaum um Instandhaltungsmaßnahmen gekümmert.
Die Breite Straße ist aber absolut kein Einzelfall. Halle ist noch nicht Berlin, aber auch hier steigen die Mieten.
Davon mal abgesehen ist das Mietsystem an sich schon ungerecht und scheiße. Ein Dach über dem Kopf und ein eigenes Zuhause ist ein wichtiges Grundbedürfnis. Doch im Kapitalismus wird Wohnraum zur Ware und immer mehr Menschen werden aus ihrem Zuhause verdrängt. Manchmal mit unmittelbarem Zwang: 2020 gab es in Halle 121 Zwangsräumungen, das ist im Schnitt eine Zwangsräumung alle drei Tage.
Besonders aktuell und krass ist auch das Beispiel der Großen Steinstraße 34. Hier versucht der neue Vermieter Jonas Bien die Mietenden aus dem Haus zu bekommen, indem er ihnen ihren Rückzugsort zur persönlichen Hölle macht. Unangekündigte Bauarbeiten, eine ungesicherte Baustelle, Schikane, Einschüchterungen und Lügen inklusive.
Ebenfalls in dieser Stadt von Entmietung betroffen sind aktuell die Bewohner*innen der Reilstraße 48, des Joliot-Curie-Platzes 1b, der Reideburger Straße 5 und viele mehr.
Wir fordern Wohnen für Alle!
Im Namen aller bedrohten Häuser haben wir die Breite Straße 28 besetzt. Wir wollen der Verdrängung in Halle etwas entgegensetzen und das Wohnzimmer des "schiefen Hauses" in eine autonome Mieter*innenberatung umwandeln! Alle, die Stress mit der Vermietung haben, sollen dort beraten und unterstützt werden.
Egal ob ein Haus einer Privatperson oder einem großen Unternehmen gehört, wir fordern langfristig: Wohnraum darf keine Ware sein! Guter Wohnraum ist Grundrecht und keine Kapitalanlage!
Mietende aller Häuser vereinigt euch! Kampf dem Kapitalismus in Halle und überall! Für die befreite Gesellschaft!