Ein Überblick über die Mobilisierungen gegen den Grünen Pass in Triest
Über die Mobilisierungen gegen den Grünen Pass in Italien wurde hierzulande zuletzt fast ausschließlich im Zusammenhang mit dem Angriff von Faschisten auf die Gewerkschaftszentrale der CGIL am 9. Oktober in Rom berichtet, auch in linken Zusammenhängen. Diese Fokussierung wird weder der Heterogenität der Bewegung noch der Komplexität der Situation gerecht. Während u.a. Basisgewerkschaften zu Arbeitsniederlegungen und Proteste gegen die Ausdehnung des Regelungen des Grünen Passes auf alle abhängig Beschäftigten mobilisierten, organisierte eine staatstragende Linke “antifaschistische Kundgebungen” auf denen der Schulterschluss mit der Regierung und den Unternehmensverbänden gesucht wurde. Wie es dagegen möglich ist, innerhalb dieser komplexen Situation antagonistische Prozesse voranzutreiben, beschreibt dieser von uns übersetzte Bericht von Genoss*innen aus Triest vom 14. Oktober, wo es zu einer mehrtägigen Blockade des Hafens durch Hafenarbeiter*innen und Unterstützer*innen kam, die am 19. Oktober (also nach der Veröffentlichung dieses Textes) durch die Bullen in einem den ganzen Tag andauernden Angriff mit Tränengas und Wasserwerfern gebrochen wurde.
Vorwort
Wir schreiben diesen Beitrag, um zu versuchen, die Erfahrungen zu Papier zu bringen, die wir seit April und insbesondere in den letzten anderthalb Monaten im Rahmen der Bewegung gegen den Grünen Pass in Triest gemacht haben, in der Hoffnung, dass sie für die Debatte nützlich sein werden.
Es handelt sich um einen Weg, der, soweit wir wissen, eine Reihe von Besonderheiten aufweist, die ihn von einigen anderen Brennpunkten im übrigen Italien oder ihn zumindest von einer eindeutigen Lesart, insbesondere aus militanter Sicht, unterscheiden. Nach den jüngsten Ereignissen in Rom ist der Schatten einer faschistischen Hegemonie, oder zumindest ihre Interpretation als kleinbürgerliches Phänomen, vergleichbar mit den “Plätzen” der Händler für die Wiedereröffnung, die vor anderthalb Jahren organisiert wurden (siehe dazu unsere damalige Übersetzung in der Sunzi Bingfa), zurückgekehrt, um sich der gesamten Bewegung gegen den Grünen Pass aufzuzwingen.
Hier in Triest hingegen haben wir neue Potenziale erahnt und in der Praxis überprüft, die einer Bewegung Gestalt geben, die in gewisser Weise den französischen Gilets Jaunes ähnelt, mit einer starken klassenbezogenen Konnotation und weit entfernt von den rechtsgerichteten Strömungen, die die Medienberichterstattung beherrschen. Es geht nicht darum, die – potenzielle – Existenz dieser Strömungen zu leugnen, sondern im Gegenteil darum, die Komplexität dieser Bewegung zu erschließen, ohne sie auf eine verworrene Masse egoistischer Impulse zu reduzieren, die eine leichte Beute für neofaschistische Gruppen und die ihnen gegenüber aufgeschlossene Rechte darstellen.
Entstehung
Seit dem Frühjahr 2021 und während des gesamten Sommers fanden in Triest mehrere Kundgebungen statt, die “die Wahrheit über Impfstoffe“ verbreiteten und sogar die Existenz – oder Schädlichkeit – des Sars-Cov 2-Virus in Frage stellten. Diese hauptsächlich über Chat-Nachrichten verbreiteten Demonstrationen wurden von Zeit zu Zeit von Gruppen wie dem Movimento 3v (einer Partei, die sich gegen die Impfpflicht einsetzt und hier in Triest bei den jüngsten Kommunalwahlen mit 4,5 % der Stimmen ihr bestes Ergebnis erzielte – allerdings bei einer sehr geringen Wahlbeteiligung von 45 %) oder von der Vereinigung Alister, einer historischen lokalen Gruppe, die sich gegen Impfungen engagiert, organisiert.
Einige dieser “Plätze” (eine italienische Benennung von Versammlungen, die nicht anders zu übersetzen ist, d.Ü.) fielen uns jedoch durch ihre Zusammensetzung und Reden bei der Durchführung auf, auch weil sie von teilweise unterschiedlichen Realitäten einberufen wurden und sich nicht vollständig mit den beiden genannten Gruppen überschnitten. Um nur einige zu nennen: der „No Fear Day“ in Triest am 2. Mai 2021, die verschiedenen Demonstrationen des Gesundheitspersonals gegen die Impfpflicht für das Gesundheitspersonal (an den Samstagen zwischen April und Mai), der “Platz für die häusliche Pflege” am 19. August und schließlich, wenn auch nicht chronologisch, die Spaziergänge/Protestversammlungen gegen die Ausgangssperre im April-Mai 2021, bei denen mehrere hundert Menschen beschlossen, diese militärische Staatsmaßnahme in Frage zu stellen. Dies waren Momente, in denen wir eine transversale Zusammensetzung, eine insgesamt sehr große Beteiligung (in der Größenordnung von teilweise Tausenden von Menschen: eine sehr bedeutende Zahl für eine Stadt wie Triest) und eine Reihe von Argumenten (natürlich nicht alle) bemerkten, die sehr ernsthaft und artikuliert waren und sicherlich nicht darauf abzielten, den Diskurs über die Pandemie und ihre Bewältigung „in den Wind zu schießen“, sondern vielmehr versuchten, sich auf einige – unserer Meinung nach mehr als berechtigte – Kritikpunkte in Bezug auf die einzelnen Gedanken zu Covid und dem Impfstoff zu konzentrieren.
Gleichzeitig stellten wir fest, dass die Teilnehmer an diesen “Plätzen” in vielen Fällen nicht die unwissenden Novizen waren, von denen wir in den Zeitungen gehört hatten, sondern dass sie sehr zum kritischen Nachdenken neigten und den Reden mit großer Aufmerksamkeit zuhörten: Kurz gesagt, sie waren auch da, um sich auf alternativen Wegen zu informieren, und mit ihnen auch wir, die wir dabei waren. Diese Demonstrationen wurden von den lokalen Medien in noch nie dagewesener Weise zensiert, was einen ebenso nie dagewesenen Hass auf diese Medien schürte. Selbst an Tagen, an denen “die Plätze” oder die Umzüge, die die Ausgangssperre durchbrachen, überfüllt waren, gab es am nächsten Tag kaum einen Absatz, in dem dies erwähnt wurde. Am nächsten Tag gab es stattdessen vielleicht nur einen lapidaren Kommentar, der die Demonstranten als NoVax einstufte, in einigen markanten Fällen gab es nicht einmal das.
Hinzu kommt, dass wir bei all den genannten Gelegenheiten nie die Anwesenheit organisierter faschistischer Gruppen feststellen konnten, die wir erwartet hätten: vielleicht ein paar bekannte Gesichter, aber diese von untergeordneter Bedeutung innerhalb der extremen Rechten.
Mit dem Ende des Sommers wurden “die Plätze” dank der immer intensiver werdenden Aktivitäten von Alister und 3V häufiger und begannen, sich auf das Thema des Grünen Passes zu konzentrieren, das in der Zwischenzeit in den Regierungsmaßnahmen Gestalt annahm.
Die jüngsten Ereignisse
Am 31. August 2021 – nach einigen Diskussionen mit den wenigen Genossen der militanten Stadtrundgänge, die diese “Plätze” besucht hatten (immer individuell und außerhalb der „offiziellen“ Organisationen in Triest) und nach einer von einem städtischen Kollektiv organisierten Veranstaltung über das Trinom Wissenschaft/Macht/Kapitalismus – beschlossen wir, unsere Stimme zu erheben.
Wir organisieren ein Meeting auf der Piazza della Borsa mit einem einfachen Flugblatt, in dem wir unsere Opposition gegen den Grünen Pass und die Impfpflicht bekräftigen (eine Opposition, die sich in verschiedenen Punkten artikuliert, von der Kritik an der Digitalisierung und der daraus resultierenden kapitalistischen Umstrukturierung bis hin zur Frage der “Hühnerstallhaltung” der Werktätigen). Wir verteilen das Flugblatt auf den oben genannten Plätzen, klebten Plakate an die Wänden der Stadt und posteten den Text in den verschiedenen Telegram-Chats, die zu diesen Themen aktiv sind. (Kleine Anmerkung am Rande: Wir finden es interessant, dass die Verbreitung von Aufrufen und “Plätzen” fast ausschließlich über Telegram- und Whatsapp-Gruppen erfolgt, in denen wir einen starken Bedarf an Gegeninformationen feststellen, auf den wir, wie wir feststellen, nicht zeitnah reagieren können. Dies ist ein Problem, das uns angesichts der großen Menge an Videointerviews, Sprachnachrichten und Inhalten, die diese Gruppen füllen – oft unbekannter Herkunft und ebenso oft mit fragwürdigem Inhalt – direkt in Frage stellt.)
Deshalb haben wir uns auf „unserer“ Veranstaltung mit einer Reihe von sorgfältig vorbereiteten Reden vorgestellt: von der Bewältigung der Pandemie, der territorialen Gesundheit, der Frage der “Klasse im Hühnerstall”, der Digitalisierung und der Nicht-Neutralität der Wissenschaft bis hin zu den Ursachen des Extraktivismus und des kapitalistischen Developmentalismus bei der Ausbreitung des Virus und der Erpressung der Werktätigen, die mit der Einführung des Grünen Passes, mit der von den Regierungen systematisch betriebenen Abwälzung der Verantwortung, in diesen anderthalb Jahren Gestalt angenommen hat.
Das Forum war ein Erfolg, denn viele Menschen haben sich bereits an diese Initiativen gewöhnt, und es kamen neue hinzu, die von den Plakaten an den Wänden angezogen wurden. Die große Mehrheit der „sozialen Linken“, die normalerweise mobilisiert, fehlte. Nach den vorbereiteten Reden kamen dank des offenen Mikrofons weitere Personen zu Wort (Lehrer und Schüler gegen den Grünen Pass, ein Alister-Exponent und einer von der 3v – solange sie keine eigene Agenda innerhalb der Versammlungen initiierten); wir erhielten viele Komplimente für die Inhalte und die Anwesenden zeigten ihre Absicht, mit uns in Kontakt zu bleiben.
Vor Abschluss des Meetings haben wir einen Termin für eine Bürgerversammlung vereinbart. Wir waren überrascht, denn in Triest sieht man bei solchen Anlässen nur selten eine so große Anzahl von Menschen. Es ist klar, dass sich im “Bauch des sozialen Körpers” etwas Großes bewegt, das von den Mainstream-Medien verspottet und sogar zensiert wird.
Wie ich bereits sagte, gab es in den vergangenen Monaten Dutzende von mehr oder weniger großen Demonstrationen, die alle dazu beigetragen haben, eine Basis, Verständigungen, Bekanntschaften, ja sogar – wenn wir wollen – eine Kultur und gemeinsame Bezugspunkte zu schaffen: Es handelt sich um die Bildung eines Völkchens jenseits der üblichen Realitäten, das äußerst vielschichtig und reichhaltig ist.
Es ist nicht alles rosig und blumig, es ist nicht immer ein Umfeld, das uns allen entgegenkommt, es ist oft sehr kritisch gegenüber dem Impfstoff (und sogar die wenigen anwesenden Genossen haben unterschiedliche Positionen zu diesem Thema), reduktionistisch gegenüber dem Virus, manchmal überraschend für die Reife der Positionen, die sie zum Ausdruck bringen können. Die grundsätzliche Frage, die uns durch den Kopf geht, lautet: Warum sollte im Spektrum der möglichen Positionen zum Virus und zum Impfstoff vieles von dem, was in diesen Kreisen diskutiert wird, notwendigerweise weiter von der tatsächlichen Realität des Virus entfernt sein?
Warum sollte so viel von dem, was in diesen Kreisen diskutiert wird, notwendigerweise weiter entfernt sein vom Einheitsdenken der Medien und dem politischen Management der Regierung Draghi und der offiziellen Wissenschaft?
Die Konsequenzen dieser Frage überzeugen nicht alle, sie spalten sogar das lokale antifaschistische Milieu, und selbst wir fühlen uns, um ehrlich zu sein, oft unwohl in dieser Position. Dennoch erkennen wir in diesen Kreisen auch eine weit verbreitete Linke, die zu uns kommt und einfach „Danke“ sagt, weil sie zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie spürt, dass sich ein Raum öffnet, in dem sie sich ausdrücken und treffen kann. Mehr noch, einige von uns sind nicht einfach nur da, um zu beobachten, was sich bewegt, sondern haben – umgekehrt – viel zu sagen, sie haben Kritik und Praktiken, die sie auf diese Plätze bringen wollen (in einigen Fällen dieselben, die wir auf den Plätzen von 2020 – den Io apro- Demonstrationen (für die Öffnung der Geschäfte und Lokale) – hätten einbringen wollen, wo jedoch jede Aktion unmöglich schien: die Ränder dieser Mobilisierungen waren in der Tat von der hinderlichen faschistischen Präsenz und der um die Figur des Händlers mobilisierten sozialen Zusammensetzung besetzt.
Die Sitzungen des im Entstehen begriffenen Ausschusses „No Green Pass Trieste“ sind sehr gut besucht, lang und anstrengend und beruhen auf einem sehr fragilen Gleichgewicht. Wir sorgen dafür, dass die Redner abwechselnd das Wort ergreifen, begrenzen die Länge der Redebeiträge und versuchen, die Diskussionen zu moderieren, um einen Konsens oder Mehrheitsentscheidungen zu erreichen, die ausschließlich zur Lösung der dringendsten praktischen Fragen gefordert werden. Wir erkennen auch etwas besser organisierte Gruppen in der Koordination, die legitimerweise ihr eigenes Spiel spielen, aber fast immer innerhalb der auferlegten Regeln (keine Wahlpropaganda, Festhalten an gemeinsamen Kritikpunkten). Nicht einmal ein Schatten der Faschisten.
Mit der Zeit entwickelt sich ein gewisses Vertrauen zwischen den Teilnehmern der Versammlungen: Mit jedem neuen Treffen, auch wenn immer mehr Personen hinzukommen, verbessert sich die Fähigkeit aller, in diesem Umfeld zu sein, und jeder fühlt sich wirklich als Sprecher dieser Bewegung. Wir sind sehr überrascht, wie sehr alle praktischen Aufgaben (Vorbereitung, Druck, Kleben, Verteilen der Flugblätter, Übersetzung ins Slowenische, Verteilung in den Chatrooms) wirklich auf alle verteilt sind, was zu einer großen Verbreitung der Initiativen führt.
Die Koordination beschließt daher, am Montag, den 13. September, eine Demonstration zu starten. Das Faltblatt wird von einigen Mitarbeitern der Koordinierungsstelle erstellt: Es ist in Word verfasst, die Grafiken sind im „Gemeindeformat“. Aber darum geht es nicht: Es ist der Inhalt, der ankommt, und dabei spielt es keine Rolle, ob er eine coole Grafik hat oder nicht. Im Mittelpunkt stehen die Worte „Gemeinsam – geimpft und ungeimpft“ und unmittelbar darunter die wenigen Punkte, die die Koordinierung als gemeinsamen Nenner wählt: die Ablehnung des Grünen Passes, der Widerstand gegen die Impfpflicht, die Anprangerung der Erpressung von Arbeitskräften, die Bekräftigung des Rechts auf Studium, die Förderung der häuslichen Pflege. Auf der Rückseite einige weitere Inhalte: die Ablehnung der diskriminierenden Digitalisierung, die Ablehnung sinnloser Einschränkungen des sozialen und kulturellen Lebens, die zentrale Bedeutung von Demokratie und Verfassung. Die italienische Verfassung ist für viele Teilnehmer an der Koordinierung ein unausweichlicher Eckpfeiler, trotz der Versuche einiger Genossen, ihren widersprüchlichen Charakter hervorzuheben.
Die in dem Merkblatt dargelegten Punkte sind sehr komplex, aber sie fassen die allgemeine Argumentation innerhalb der „No-green-pass“-Koordinierung in ihrer Vielfalt an Positionen am besten zusammen. Es gibt auch eine wichtige gemeinsame Opposition, nämlich die gegen die Diskriminierung, die es ermöglichen wird, aus einigen Sackgassen in den Diskussionen über Faschisten herauszukommen, die nie ganz aufgelöst werden können.
Am 13. September, nach einigen kurzen Interventionen, marschierten rund 1500 Menschen bei einem Umzug: die Parole lautete nun NEIN zum GRÜNEN PASS.
Auf diese Demonstration folgte am 20. September eine weitere, die vom gleichen Platz aus gestartet und in einer Versammlung weitergeführt wurde. Hier ist etwas Neues passiert: ein Qualitätssprung. Nachdem das Eis durch den ersten Umzug gebrochen war, kamen Tausende von Menschen auf den Platz: Es war alles dabei, man konnte Teile der Unabhängigkeitsbewegung in Triest erkennen, die zerstreute Linke, Ladenbesitzer, Arbeiter, bekannte Gesichter von der extremen Rechten und aus dem Stadion, zusammen mit all den Menschen, die in den Monaten zuvor mobilisiert hatten.
Der “Platz”, der zuvor durch die Impfstoffproblematik geplättet war, öffnete sich zu einer Komposition, die ihn zu einem “Platz der Masse” machte. Es handelt sich um eine volkstümliche Prozession, bei der wir uns trotz der äußerst riskanten Bewegungen und Auftritte relativ wohl fühlen. Bald startet die Koordination, die einen großen Wunsch nach Mobilisierung sieht, eine neue Demonstration. Der Tag (nicht mehr der Montag) und die Uhrzeit (nicht mehr der Abend) wurden geändert: Am Samstag, den 25. September, wird ein neuer, großer Umzug stattfinden. Zum ersten Mal wurden auch die Medien aufmerksam und sahen sich gezwungen, über Demonstrationen zu berichten, an denen eine Vielzahl von Menschen teilnahm, wie es sie in der Stadt seit langem nicht mehr gegeben hatte (bis zum vorangegangenen Montag hatte der Umzug zwar mindestens 8.000 Menschen mobilisiert, doch die Zeitungen sprachen von kleinen Initiativen, an denen einige hundert NoVax teilgenommen hätten).
Mit dieser Feststellung stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der Bewegung zu den Medien. Zu den Zielen, die von den Demonstranten sofort ausgemacht wurden, gehören der Sitz von RAI und die Lokalzeitung Il Piccolo. Dort konzentrieren sich die größten Spannungen während der Märsche: Es ist eine Bewegung, die die traditionelle Information, ihre Arroganz, ihre Unterdrückung von Nicht-Regierungspositionen nicht ertragen kann. Vor allem aber ist es eine Bewegung, die die Zensur der Medien und die Etikettierung nicht erträgt, die für die Dissidenten der hegemonialen Version von Covid zu zwei großen Feinden geworden sind. Dies ist ein zentrales Element, das „unser“ Bereich in letzter Zeit wahrscheinlich unterschätzt und dann aufgegeben hat: Waren wir nicht immer diejenigen, die Gegeninformation betrieben haben?
Der folgende Freitag, der erste Oktober, liegt kurz vor den Kommunalwahlen, die am selben Wochenende stattfinden. Das Risiko der Instrumentalisierung ist sehr hoch, und mehrere Kandidaten stürzen sich auf der Suche nach ein paar Stimmen in die Menge. Und wieder einmal gibt es eine große Prozession ohne Fahnen, die niemand für sich beanspruchen kann. Auch deshalb, weil bei dieser Gelegenheit, nach den dezenten Teilnahmen bei den vorangegangenen Anlässen, die Hafenarbeiter massenhaft intervenieren, angetrieben vor allem von der CLPT, der autonomen Gewerkschaft des internationalen Hafens von Triest. Die CLPT hatte bereits begonnen, an den Koordinierungssitzungen teilzunehmen, um das Bedürfnis, das in allen von ihnen gewachsen war, in die nächste Phase zu bringen: die Wirtschaft zu stoppen, um gehört zu werden. Sie riefen dann zu einer Versammlung der Hafenarbeiter auf, die unter der Überschrift stand: „Wenn auch nur einer von uns nicht in den Hafen gelangen kann, weil wir keinen grünen Pass haben, dann kann das niemand“. An der Versammlung nehmen auch Personen teil, die in der Koordination tätig sind, und und es gibt (wenn auch nicht explizit formulierte) Standpunkte, die eindeutig auf Solidarität beruhen. Als die Hafenarbeiter aus heiterem Himmel gefragt wurden, ob sie, wenn sie von der Hafenbehörde kostenlose “Spielausweise” erhalten hätten, trotzdem zu allen anderen Arbeitern gestanden hätten, war die Antwort eindeutig: „Die Hafenarbeiter sind eine Kategorie der Solidarität, wenn der grüne Ausweis am 15. nicht abgeschafft wird, ist der Hafen blockiert“.
Das ist ein Ausdruck von Klassensolidarität, das ist uns klar. Es wurde in das Protokoll der Versammlung aufgenommen, dann in den Medien veröffentlicht und so begann eine Synergie zwischen der „No Green Pass“-Koordination und den Hafenarbeitern, die die Ankündigung einer zweiten Gewerkschaftsversammlung während der Stunden der Prozession (damit sie der Arbeit fernbleiben konnten) als ersten konkreten Moment ansahen.
Ihre Anwesenheit ist sichtbar, sie bilden eine große, wütende Gruppe, mit Rauchbomben und Stadiongesängen. Es handelt sich um eine große und gleichzeitig schwerfällige Präsenz, die aber noch mehr dazu beiträgt, die Zusammensetzung der Bewegung auf der Ebene einer Klassendimension zu artikulieren. Es ist die lebendige Arbeit gegen die Regierung. Die Schlagworte lauten seit einiger Zeit „Hände weg von der Arbeit“, „Generalstreik“, „Nein zur Erpressung durch die Gewerkschaften“ sowie der immer lauter werdende Ruf „No Green Pass“. Der nächste Termin ist daher der von den Basisgewerkschaften für den 11. Oktober ausgerufene Generalstreik. In der Zwischenzeit bildeten sich weitere Gruppen von Arbeitern aus verschiedenen Unternehmen und Branchen, wir trafen uns, hielten Versammlungen ab und behielten den Streik und den 15. Oktober im Hafen gemeinsam im Auge. Die Basisgewerkschaften selbst, auch wenn ihre Positionen noch weit von der Koordinierung und allgemeiner von der Massenbewegung in Triest entfernt sind, sind gezwungen, miteinander zu reden, auch wenn die Beziehung kompliziert ist und sich mehrere Personen in der Koordinierung mit einer nicht sehr begründeten Bevormundung behandelt fühlen. Sie beschließen, sich nicht gegenseitig auf die Füße zu treten, und berufen zwei getrennte Umzüge ein, wobei sie die Forderungen des jeweils anderen respektieren, aber die gegenseitige Ansteckung ist offensichtlich. An der morgendlichen Demonstration, zu der die Basisgewerkschaften aufgerufen hatten, nahmen etwa tausend Personen teil, die sich gegen die Regierung Draghi und ihre Politik wenden, und auch die Forderung nach dem Aus des Grünen Pass wurde laut. Der nachmittägliche Demonstrationszug gegen den Grünen Pass war wieder riesig, wenn nicht sogar noch größer als die vorherigen: Schätzungen sprechen von 20.000 Menschen, mit der sichtbaren Anwesenheit der in der Opposition gegen den Grünen Pass selbstorganisierten Arbeiterkategorien: Lehrer, Eltern und Studenten, Fahrer, Bahnarbeiter, Taxifahrer, Arbeiter von Wartsila, Flex, Fincantieri, Illy (um nur die größten Unternehmen und Fabriken der Stadt zu nennen).
Fast alle beklagen die Abwesenheit, wenn nicht gar den Widerstand der Gewerkschaften beim Schutz der Arbeitnehmer unter der Erpressung durch den Grünen Pass. Zusammen mit ihnen dominieren die Hafenarbeiter nun zunehmend das Gesamtbild. Hier versuchen die faschistischen Gruppen zum ersten Mal, wahrscheinlich angestachelt durch den römischen Präzedenzfall vom 9. Oktober, sich konkret in die heißesten Teile der Prozession einzumischen. Es gab auch einige Missverständnisse innerhalb des Zuges über die politische Botschaft, die durch die Koordination gegen den grünen Pass nie geändert worden war und die dennoch auch auf Kontroversen stieß. Das soll nicht heißen, dass es nicht schon vorher zu Spannungen gekommen wäre: Man denke nur an den ersten Massenaufmarsch, als die Spitze des Zuges mit dem Ruf „Kein Faschismus, kein grüner Pass“ auf die Piazza Unità einmarschierte, nachdem einige bekannte Gesichter an der Spitze des Zuges verdächtige Bewegungen gemacht hatten. Der Refrain wurde bei dieser Gelegenheit spontan von einem Teil des Zuges aufgenommen, da die Maßnahme des grünen Passes auf natürliche Weise mit dem historischen Faschismus und dem Autoritarismus der Regierung assoziiert worden war. Aber es stimmt auch, dass beim Umzug am 11. Oktober eine Gruppe an der Präfektur von Triest die Hymne von Mameli unter drei Trikolore-Rauchbomben gesungen hat, ein offensichtliches Symptom für eine organisierte Präsenz von Gruppen, darunter auch Faschisten, mit der unvermeidlichen Szene, in der die Bereitschaftspolizei ihre Helme abnimmt, gefolgt vom Beifall der Rowdys, die noch kurz zuvor die Polizei für Verteidigung der Macht beleidigt hatten (alles symbolische Momente, die unserer Rechten sehr am Herzen liegen).
Dies sind einige der Widersprüche, die sich bei der Verallgemeinerung des Konflikts um den Grünen Pass auftun, der unweigerlich auch über das Vorhandensein einer rechten Kultur stolpert, die sich im Laufe der Jahre in dem gesellschaftlichen Körper ausgebreitet hat. Wir können es nicht leugnen, aber wir können es kontextualisieren, insbesondere innerhalb der komplexen Schichtung der Bewegung gegen den Grünen Pass in Triest und die ozeanischen Paraden, wo von dieser Episode nur sehr wenige Teilnehmer, aber viele Kameras Notiz nahmen. Es war der Moment, in dem die Delegationen der Arbeitnehmervertreter und der Koordination von der Sitzung in der Präfektur herunter kamen, die von den Hafenarbeitern beantragt worden war, um offiziell ihre totale Ablehnung des Grünen Passes mitzuteilen.
Wir sind der Meinung, dass das, was und wie es sich durchsetzt, nicht von vornherein entschieden ist, wie es ein gewisser linker Flügel, der sich in der Angst vor den Menschen da draußen verbarrikadiert hat, gerne hätte, sondern davon, wer und was sich darin einmischt. Die Bewegung gegen den grünen Pass ist in ihrer Komplexität und Breite ein offenes Feld von Kräften, eine neue Energie, sicherlich kein homogenes Gebilde, und dies ist vielleicht einer der Gründe für unser leidenschaftliches Engagement in den letzten anderthalb Monaten.
Zusammensetzung und Potenzial
Auffallend bei den Umzügen in Triest ist das völlige Fehlen von Trikolore-Fahnen, einem untrüglichen Symbol, das das Territorium der lokalen rechten Sektoren markiert, insbesondere in einer Stadt wie Triest. Von Anfang an war einer der Hinweise, die in der Koordination entwickelt wurden, dass es überhaupt keine Fahnen geben sollte, aber die Leichtigkeit, mit der diese Regel durchgesetzt wird, ist auch ein Symptom dafür, wie wenig faschistische Gruppen innerhalb der Bewegung verwurzelt sind. Es ist daher auch eine der Maßnahmen, anhand derer wir die Art der Verallgemeinerung bewerten, die im Kampf gegen den Grünen Pass in der Stadt Triest stattgefunden hat. Ein Volk, das nicht unbedingt nach rechts orientiert ist, aber tief mit der Dimension der Arbeit verbunden ist und in starker Opposition zur Regierung des Bankiers Draghi steht („Lieber Draghi, der gesellschaftliche Reichtum wird von den Arbeitern in diesem Land geschaffen“ ist oft aus der Anlage am Kopf der Demos zu hören), alles verbunden mit einer weit verbreiteten Kritik an der Macht der Informationspolitiken (auch in Bezug auf den Impfstoff, unbestreitbar), Autoritarismus, und daher, ganz allgemein, äußerst kritisch gegenüber der politischen und gesundheitspolitischen Bewertungen der konstituierten Macht. Es ist klar, dass es sich um eine Bewegung handelt, die sich aus verschiedenen kulturellen Linien speist: die Kritik an dem experimentellen Impfstoff, die Entlarvung einer pandemischen Verschwörung, das Misstrauen in die Institutionen, die Verwechslung der Impfkampagne mit der Einführung des Grünen Passes, eine allgemeine soziale Unzufriedenheit sowie – was immer wieder angeführt wird – die Frage der Erpressung der Arbeitnehmer.
Wir sind der Meinung, dass das, was und wie es sich durchsetzt, nicht von vornherein entschieden ist, wie es ein gewisser linker Flügel, der sich in der Angst vor den Menschen da draußen verbarrikadiert hat, gerne hätte, sondern davon, wer und was sich darin einmischt. Die Bewegung gegen den grünen Pass ist in ihrer Komplexität und Breite ein offenes Feld von Kräften, eine neue Energie, sicherlich kein homogenes Gebilde, und dies ist vielleicht einer der Gründe für unser leidenschaftliches Engagement in den letzten anderthalb Monaten.
Wir können also vorläufig eine Entwicklung dieser Bewegung verfolgen, die uns einen Ausblick auf mögliche Entwicklungen erlaubt. Wenn es von Anfang an den Anschein hatte, dass die Menschen, von denen sie sich ernährte, von transversaler Herkunft waren, hat sich in ihrer sozialen Zusammensetzung sicherlich etwas getan. Bei den jüngsten Demonstrationen, insbesondere im Hinblick auf den Stichtag 15. Oktober (der die Kategorien von Arbeitnehmern verallgemeinert, die verpflichtet sind, einen Ausweis vorzulegen, um arbeiten zu können), hat die Anwesenheit von männlichen und weiblichen Arbeitern an Bedeutung gewonnen, wenn auch nicht in quantitativer, so doch in politischer Hinsicht, in Bezug auf die Botschaft, die sie zum Ausdruck bringen, und die Art und Weise, wie sie sie gestalten. Die Intervention der Hafenarbeiter hat, wie bereits erwähnt, sicherlich zu diesem Prozess beigetragen, ist aber nicht das einzige Element. Zur gleichen Zeit, als die Hafenarbeiter begannen, sich zu mobilisieren, geschah dasselbe auf selbstorganisierte Weise unter Gruppen von Arbeitern in ihren eigenen Unternehmen.
Das ist etwas, das uns sehr wichtig erscheint, und wir denken, dass der Beitrag der Koordinierung auch darin bestand, eine gemeinsame Plattform auf der Straße zu schaffen, auf der die Menschen sich ausdrücken, sich selbst erkennen, sich organisieren und nicht in Isolation und (Selbst)Zerstörung versinken müssen. In Richtung einer Blockade des Hafens? Das Versprechen wurde bereits mehrfach öffentlich gegeben. Von Triest aus versuchen wir, bereit zu sein, denn die Wahrnehmung (und die Verantwortung) ist hier, wahrscheinlich verzerrt im Vergleich zu den nationalen Maßstäben, diejenige, dass man nur wenige Meter von der Ziellinie entfernt ist. Wir stellen uns vor, dass viele Menschen bis zum bitteren Ende, oder bis zur Abschaffung des Grünen Passes, in einem Moment des allgemeinen Konflikts an den Toren des Hafens stehen.
Wir möchten hier zwei Punkte hervorheben:
1) Es werden viele Menschen an diesem Tag kommen, auch von außerhalb der Stadt, das Risiko, dass jemand kommt, um seinen Hut in den Ring zu werfen, wie in Rom, besteht und kann sogar mit einer gegenteiligen Präsenz begegnet werden, in der Perspektive, dass es ein wirklich populärer Moment sein wird, dank der Intelligenz derer, die dabei sein wollen.
2) Wir wissen, dass ein Sieg oder eine weitere Entwicklung dieser sozialen Bewegung nur mit einem weit verbreiteten Widerstand und einer breiten Präsenz möglich ist, und zwar nicht nur in der Stadt Triest.
Einige Genossinnen und Genossen aus Triest
https://sunzibingfa.noblogs.org/post/2021/11/15/ein-ueberblick-ueber-die...