Akten für Alle- Erste Schritte der Ermittlungsbehörden
Akten für Alle- Erste Schritte der Ermittlungsbehörden
finden wir eine informative Idee, um Ermittlungsakten und die Schnüffelei der Behörden anonym zu veröffentlichen. Wir sind Menschen, die öfters mal Akten in die Hände bekommen. Wir haben in dem vorliegenden Schriftstück versucht so gut wie möglich erste Ermittlungsschritte der Behörden darzustellen.
Dies ist eine Auswertung von Ermittlungsakten. Es geht dabei um Ermittlungen, die zwischen 2009 und 2016, jeweils nach linksradikalen/autonome Aktionen, bei denen Feuer großen Sachschaden verursachte, durchgeführt wurden. Im Folgenden geht es um die ersten Ermittlungsschritte der Cops.
Wichtig dabei ist, dass uns nur ein Teil der Akten zu Verfügung stand und dass auch in diesen Teilen nur das steht, was dieErmittlungsbehörden uns wissen lassen wollen. Zusätzlich sind die Aktionen, um die es geht, schon einige Jahre her. Das Beschriebene lässt sich deshalb nicht ohne weiteres auf heutige Ermittlungen übertragen. Auch sollte davon ausgegangen werden, dass Ermittlungsbehörden in verschiedenen Bundesländern teilweise verschieden vorgehen. Deshalb ist das Folgende nur eine Beschreibung dessen, was wir aus den unsvorliegenden Aktenteilen herauslesen können. Trotzdem erscheint es uns wichtig und hilfreich, diese Informationen über Ermittlungsschritte zu veröffentlichen.
Erste Schritte
Die Cops fotografierten als einen der ersten Schritte das jeweilige Gelände und sammelten Gegenstände ein, um diese auf Fingerabdrücke und DNA-Spuren zu untersuchen. Hier wurden sowohl Gegenstände eingesammelt, die als Tatmittel vermutet wurden, als auch Gegenstände, bei denen vermutet wurde, dass sie von den ‚Täter*innen‘ zurückgelassen wurden (wie Zigarettenreste). In einem Fall wurden nicht abgebrannte Brandsätze gefunden. Bei diesen wurde später der genaue Aufbau und die Mischung der brennbaren Flüssigkeit analysiert. Bei größeren Aktionen versuchten die Ermittlungsbehörden zu recherchieren wo einzelne Bestandteile der Brandsätze gekauft wurden, ebenso wurden Werkzeugspuren mit Spuren an anderen ‚Tatorten‘ abgeglichen.
Szeneorte
Bei einer Ermittlung wurden an den zwei folgenden Tagen nach der Aktion bekannte ‚Szeneorte aufgeklärt‘, dabei wurde überprüft welche Personen und Fahrzeuge sich dort aufhielten.
Hunde
In einem Fall wurde bereits eine Stunde nach Entdecken des Brands ein Fährtenhund angefordert, der dann noch am selben Tag das erste Mal eingesetzt wurde. Geruchsträger für den Hund war dabei eine Kompresse mit Abrieb eines Gegenstandes, bei dem vermutet wurde, dass er von den ‚Täter*innen‘ zurückgelassen wurde. Ziel des Einsatzes war es, Wege der ‚Täter*innen‘ zu finden und zu verhindern, dass Beweismittel übersehen werden. Hier ging es also eher um den Nahbereich. Etwa eine Woche später wurden dann Personen- und Vermisstenspürhunde (PSH) eingesetzt. Diese erhielten den gleichen Geruchsträger und starteten an der Stelle, an der mit dem ersten Hund aufgehört wurde. Hier ging es dann darum mögliche Fluchtwege der ‚Täter*innen‘ über den Nahbereich hinaus zu finden und zu verfolgen.
Videoauswertung
Teilweise noch während der Tatortauswertung wurden Videoaufzeichnungen verschiedener Handelseinrichtungen angefordert, bzw. wurden diese aufgefordert ihre Videoaufzeichnungen zu sichern. Ein besonderer Fokus lag dabei auf Tankstellen im Umfeld zum Zeitpunkt der Aktion sowie an einem anderen Tag, an dem Zeug*innen ‚auffällige‘ Personen in der Nähe beobachteten. Ausgewertet wurden die Videos nach Personen und Fahrzeugen (wobei hier Halter*innenabfragen stattfanden und teilweise Überprüfungen in den polizeilichen Informationssystemen). Sowie nach Besonderheiten (z.B. dem Nutzen von Kanistern). Auch die Aufnahmen von verschiedenen Banken, bzw. Geldautomaten wurden angefordert. Ein weiterer Fokus lag auf den Geschwindigkeitsmess- und Verkehrsüberwachungsanlagen. Die zentralen Bußgeldstellen mehrerer Bundesländer wurden nach allen Blitzer-Fotos bestimmter Zeiträume angefragt. Diese Fotos wurden ausgewertet. Auch hier wurden die Halter*innendaten angefordert und im polizeilichen Recherchesystem überprüft, ob Erkenntnisse zu den jeweiligen Personen vorlagen. Auch wurde ein Abgleich der Halter*innendaten mit den Daten aus der Funkzellenauswertung vorgenommen. Wenn die Personen bereits polizeilich bekannt waren und besonders wenn staatsschutzrelevante Informationen vorlagen, wurden sie intensiver überprüft. Blieb den Cops unklar warum sich eine Person in dem bestimmten Zeitraum in der Gegend aufhielt, wurden sie vernommen. Die Blitzer-Bilder und -Daten wurden auch mit anderen Spuren abgeglichen. Wurde z.B. von Zeug*innen ein Auto mit einer Auffälligkeit beobachtet, wurden die Bilder nach einem Auto mit dieser Auffälligkeit durchsucht. Oder es wurden Bilder von Blitzern mit Videos von Tankstellen verglichen.
Funkzellenauswertung
Bei einer Funkzellenauswertung werden Verkehrsdaten zu einer bestimmten Zeit in einer bestimmten Funkzelle erfasst. In den vorliegenden Akten wurden Funkzellenerhebungen zu den jeweiligen ‚Tatzeiten‘ sowie zu Zeiten in denen Zeug*innen ‚Auffälliges‘ beobachteten durchgeführt. Die Datensätze geben Auskunft über Telefongespräche, Verbindungsversuche, versendete SMS, Verbindungen mit dem Internet und Verbindungen mit sogenannten Servicenummern. Dabei werden sowohl die Telefonnummern als auch die Gerätenummer übermittelt. Zumindest bei einigen der Aktionen fand ein Abgleich mit anderen Aktionen auf gleiche Unternehmen in anderen Städten statt. Dabei wurde nach Nummern gesucht, die an mindestens zwei der Aktions-Orte in den zugeordneten Funkzellen eingebucht waren oder aus diesen Funkzellen angerufen wurden.
Wahrnehmbarkeitsbereich - Zeug*innen
Mit dem Begriff des Wahrnehmbarkeitsbereich wird das Beschrieben was Zeug*innen (z.B. Anwohner*innen oder Wachleute) in Bezug auf eine Aktion eventuell wahrnehmen konnten, also Zeug*innenbeobachtungen. Befragt werden Menschen die sich zum ‚Tatzeitpunkt‘ in der Nähe aufhielten (z.B. auf einem Fest), Wachleute, Anwohner*innen oder Taxiunternehmen. Teilweise meldeten sich Zeug_innen von sich aus um eine Aussage zu machen. In den vorliegenden Akten wurden in einem Fall am Tag nach einer Aktion über 40 Anwohner*innenbefragungen durchgeführt. Die Aktion, um die es geht, wurde in einer Kleinstadt durchgeführt. Mehrere Zeug*innen gaben an, an verschiedenen Tagen vor der Aktion ‚auffällige‘ Personen in der Nähe des späteren ‚Tatorts‘ beobachtet zu haben. Als ‚auffällig‘ wirddabei sowohl einfach das anwesend sein von unbekannten Personen beschrieben, als auch Verhalten wie sich hinter Büschen zu ducken, oder das Nutzen ungewöhnlicher Wege durch Gestrüpp. Die Beschreibungen blieben vage und auf Nachfrage betonten die Zeug*innen meist, die beobachteten Menschen nicht Wiedererkennen zu können. Mehrmals wurde durch Zeug*innen auch auf ‚auffällige‘ Autos hingewiesen, die beispielsweise an Stellen parkten an denen normalerweise keine unbekannten/auswärtigen Autos parken. In einem Fall notierte sich ein
Zeuge sogar das Kennzeichen eines solchen Fahrzeugs. Auch Autos, die zum Zeitpunkt der Aktion unterwegs waren, wurden von Zeug*innen später beschrieben. Die Cops betrieben im Laufe der Ermittlungen teilweise großen Aufwand diese Autos zu finden, bzw. Menschen zuordnen zu können. Alle Zeug*innenbeobachtungen, die den Cops irgendwie relevant erschienen, wurden als einzelne Spuren verfolgt.
Krankenhäuser
Da die Cops nach einer Aktion nicht abgebrannte Brandsätze fanden, folgerten sie, dass es ja sein könnte, dass sich Menschen bei der Aktion verletzt hätten. Aufgrund dieser Annahme führten sie auf der Suche nach Menschen mit Brandverletzungen Befragungen von Mitarbeiter*innen mehrere Notaufnahmen von Krankenhäusern in der Umgebung durch.
Nach den ersten hier beschriebenen Ermittlungsschritten folgten laut den vorliegenden Akten viele weitere: u.a. Observationen, erneutes Einsetzen von Hunden, Telekommunikationsüberwachungen. Wobei keine der vermeintlichen Spuren ausreichte um Menschen für die durchgeführten Aktionen anzuklagen.