(H) Nächtliche Versammlung und erneuter Protest gegen Ausgangssperre

In Hannover haben sich den dritten Abend in Folge Menschen an der Lutherkirche in der Nordstadt getroffen, um zu diskutieren, sich zu organisieren und gemeinsam gegen die Ausgangssperre zu protestieren.

Dies ist ein subjektiver Bericht des gestrigen Geschehens und eine erste Einschätzung:

Nachdem bereits am späten Donnerstagabend (01.04.21) nach Inkrafttreten der Ausgangssperre 70 Menschen selbstbestimmt, unangemeldet und laut durch die Nordstadt demonstrierten, kam es am gestrigen Samstag erneut zu Protesten. Bereits die Demonstration am Donnerstag ist aus der spontanen Absprache zwischen den anwesenden Menschen gemeinsam entstanden und brauchte keine umfassende Vorbereitung oder weitere Organisation. Vielmehr zeigte sich, dass die Wut der Menschen auf die autoritären polizeistaatlichen Maßnahmen ausreichte, um diese gemeinsam auf die Straße zu bringen. Die Polizei Hannover zog sich nach ersten Pöbeleien zurück und besetzte erst nach Auflösung der Demonstration und dem Zusammenziehen starker Kräfte zentrale Punkte des Viertels ohne jedoch Teilnehmer*innen der Demonstration abgreifen zu können. Diese Schmach wollte sich die Polizei Hannover offensichtlich nicht noch einmal gefallen lassen und belagerte bereits ab Freitag mit Bereitschaftspolizei und BFE in den Abendstunden das Viertel. Trotzdem versammelten sich an den darauffolgenden Abenden wieder Menschen auf dem zentralen Platz der Nordstadt an der Lutherkirche und diskutierten gemeinsam ein weiteres, geeignetes Vorgehen gegen die Ausgangssperre und für angemessenen Corona-Schutz.

Am Samstagabend wurde diese Versammlung von ca. 20 bis 25 Personen, die Masken trugen und ausreichend Abstand einhielten, mehrmals von der Polizei schikaniert und musste daher die Orte für gemeinsame Absprachen immer wieder wechseln. Die Polizei durchstreifte währenddessen mit vielen Einsatzkräften das Viertel und versuchte die Menschen zu zerstreuen bzw. diese wegen vermeintlicher Verstöße gegen die Corona-Auflagen und die Ausgangssperre zu belangen. Trotzdem gelang es, sich kollektiv auf ein Vorgehen zu einigen, um den Widerspruch gegen die Maßnahmen und den autoritären Polizeistaat sichtbar zu machen. Im weiteren Verlauf wurde eine Spontandemonstration angemeldet. Eine Anmeldung nach Inkrafttreten der Ausgangssperre ermöglicht es die Grenzen dieser autoritären Maßnahmen auszuloten und die Bewegung im Viertel auch während der Ausgangssperre für die Teilnehmer*innen der Demo sowie alle Menschen auf dem Weg zu oder von der Demonstration zu ermöglichen.

Die Polizei reagierte auf die angemeldete Spontandemonstration nach Inkrafttreten der Ausgangssperre durch ein Zusammendrängen der Demonstrant*innen durch ca. 50 BFE-Bullen auf engsten Raum, wodurch die notwendigen Mindestabstände zum Corona-Schutz zwischen den Teilnehmer*innen nicht mehr eingehalten werden konnten. Auch eine Bewegung sowie ein politischer Ausdruck wurde von der Polizei durch einen engen Polizeikessel verhindert und eine Kundgebung ohne Begründung auf 20 Minuten begrenzt. Nachdem lautstark Parolen gegen die Polizei, die Ausgangssperre und für die Freigabe der Impfpatente gerufen wurden, löste sich die Kundgebung auf. Während der Kundgebung wurden von Anlieger*innen als support Lautsprecher auf die Fensterbank gestellt und laut Musik gegen die Bullen abgespielt.

Die Selbstorganisation der Menschen in der Nordstadt ohne zentrale Aufrufe sowie der fortlaufende nächtlichen Protest gegen die Ausgangssperre machen Hoffnung auf weiteren Widerstand gegen den autoritären Polizeistaat und für einen angemessenen und solidarischen Umgang mit der CoronaKrise.

Wir hoffen, dieser kurze Bericht ermutigt weitere Menschen, sich gegen die Ausgangssperre zur Wehr zu setzen und soll unsere bisherigen Erfahrungen mit dem Widerstand gegen diese in Hannover transparent machen.

Wir sehen uns auf den zentralen Plätzen

webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen