Queer-anarchistischer Vorfrühlings-Maskenball
Der erste queer-anarchistische Maskenball im Januar hat gezeigt, dass
viele Queers Orte zum Austausch genauso vermissen wie die Möglichkeit,
mit anderen Musik zu hören und sich zu treffen. Viele haben das Open-Mic
genutzt, um zu erzählen, wie es ihnen in der Pandemie geht und an
welchen Zuständen sie Kritik haben.
Deshalb machen wir eine weitere feine, queere Kundgebung am 6.3. ab 13
Uhr, wieder am Mariannenplatz. Niemand soll sich anstecken, das Virus
und seine Mutationen nehmen wir ernst. Dennoch können wir uns nicht
nicht organisieren. Also tragt bitte wieder Masken, wir werden wieder
Abstandsblasen aufmalen, Kreide bereithalten für weitere Markierungen
und Stühle.
Stay home, stay healthy – das ist leicht gesagt für Leute mit
entsprechenden Ressourcen. Die Pandemie und die damit einhergehenden
staatlichen Maßnahmen haben soziale Unterschiede noch größer gemacht.
Alte, einsame, kranke, geflüchtete Menschen, Menschen im Knast, Menschen
die ableistisch diskriminiert werden und Wohnungslose trifft die
Pandemie besonders hart.
Das Zuhause bedeutet für viele nicht unbedingt einen sicheren Ort:
Häusliche Gewalt hat zugenommen. Viele haben gar kein Zuhause, in das
sie sich zurück ziehen können (Menschen in Sammelunterkünften, in
Psychiatrien, Knästen oder in Pflegeheimen, etc.). Sie können sich
schwerer schützen und werden oft allein gelassen.
Für Menschen, die sich nicht in heteronormativen Zusammenhängen bewegen,
die z.B. Sexualität nicht in einer (heterosexuellen) Zweierbeziehung
leben, ist das Leben mitunter komplizierter und einsamer geworden. Sich
draußen zu treffen ist oft die einzige Möglichkeit, unter den momentanen
Bedingungen sozial nicht zu vereinsamen. Und manchmal geht noch nicht
einmal das, wenn Personen zusätzlich zu Risikogruppen gehören.
Dazu kommt, dass sozial marginalisierte Personen häufiger von
ökonomischen Einbußen betroffen sind als andere. BIPoC´s, Frauen und
Queers arbeiten oft in prekären Beschäftigungen, bzw. im
Dienstleistungssektor und sind stärker von Arbeitslosigkeit betroffen.
Hartz 4-Empfänger*innen und Wohnungslose haben jetzt noch weniger als
vorher, da viele soziale Einrichtungen und Schulen schließen mussten und
so oft das regelmäßige Essen wegbricht.
Vereinzelung und Depressionen nehmen zu. Beratungsstellen können sich
vor Anfragen nicht retten und bieten gerade weniger Beratung an.
Viele sind wütend und frustriert. Viele wissen oft nicht, was sie gegen
all diese Dinge tun können. Viele würden gerne unsere Community-Räume
aufsuchen, um sich auszutauschen und um Gemeinschaft zu leben. Aber
diese Räume sind gerade geschlossen oder geräumt. Wir würden uns gerne
weiter vernetzen und unsere Wut auf die gesellschaftlichen Zustände
rauslassen. Dafür nutzen wir diese Kundgebung. Wir nutzen sie auch als
einen Ort, an dem wir uns aneinander freuen - mit sicherem Abstand, aber
gemeinsam. Wir wollen unsere Gedanken miteinander teilen:
• Was macht das Virus mit uns, bzw. die Verordnungen dazu?
• Welche Beschränkungen machen uns zu schaffen?
• Wie verhalten sich Freund*innen? Welchen Stress gibt es in den
Wohnkollektiven?
• Wie gehen wir mit der Digitalisierung von zwischenmenschlichen
Kontakten und der damit einhergehenden Vereinzelung um?
• Wie verstehen wir Solidarität in Zeiten von Corona?
• Wie erleben wir Corona und die Verordnungen als queere Personen?
• Wie sieht es mit dem eh schon prekären Lebensunterhalt aus, der
bei vielen weggebrochen ist?
• Wie kann eine politische Praxis aussehen, die die Pandemie und
deren Gefahren ernst nimmt, aber handlungsfähig bleibt im Hinblick auf
Kritik an staatlichen Maßnahmen?
• Wie können wir solidarisch sein – welche Widersprüche ergeben sich?
• Wie können wir uns in diesen Zeiten intersektional vernetzen und
für ein gutes Leben für alle kämpfen? Und was kann das überhaupt aus
queer-anarchistischer Perspektive bedeuten?
Überlegt euch kleine Beiträge zum Thema. Kurz. Knackig. Short and sweet.
Nur Mut. Jede kleine Geschichte ergibt ein Puzzlestück, wie unser Leben
sich gerade inmitten dieser Pandemie abspielt. Jedes Puzzlestück ergänzt
ein Bild von unserer Situation und durchbricht die Isolation. Das ist
für sich schon ein politischer Akt.
Das Mikrophon ist politisch moderiert. Das heißt, wenn wer Sachen sagt,
die gegen den Charakter der Kundgebung gerichtet sind, intervenieren
wir. Aber davon wollen wir nur im äußersten Fall Gebrauch machen.
Hinweis zur Zugänglichkeit: Das Rondell auf dem Mariannenplatz hat drei
breite Stufen, ansonsten ist das Gelände von Muskauerstraße aus (kleine
Steigung) und Waldemarstraße aus rollibefahrbar und gepflastert. Es gibt
dort leider kein Klo mehr. Wir haben eine kleine Anzahl Stühle, die zur
Rast genutzt werden können.
Wer nicht kommen kann, aber etwas zu sagen hat, kann uns einen Text
schicken, den wir verlesen (1 DinA 4-Seite, ca. 3 Minuten).
Ansonsten: achtet aufeinander, haltet Abstand, tragt schöne Masken,
tanzt und lasst es glitzern!