Antwort auf den Outcall aus Saalfeld
Zu aller erst möchten wir unsere unbedingte Solidarität mit den Betroffenen zum Ausdruck bringen! Wir möchten weiterhin anerkennen, dass es viel Mut braucht, die eigenen, sehr persönlichen Erfahrungen miteinander zu teilen und schließlich öffentlich zu machen. Nicht nur zeigen die Vorfälle erneut, dass die linke Szene kein Raum frei von Sexismus, Misogynie und Übergriffen ist, sondern auch, dass Betroffene in einem vermeintlich emanzipatorischen und progressiven Umfeld Angst vor Entsolidarisierung und mangelnder Unterstützung haben müssen, wenn sexuelle und sexualisierte Gewalt benannt und öffentlich wird. Diese Angst zeugt davon, dass sich in der linken Szene Saalfelds bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht mit den Übergriffen auseinandergesetzt, sondern das Geschehene ignoriert und Täter zum Teil aktiv geschützt wurden.
Es ist notwendig, dass Männer in linken Zusammenhängen ihren eigenen Sexismus reflektieren, sich gegenseitig in die Verantwortung nehmen und aktiv gegen Sexismus, Misogynie und Übergriffe arbeiten. Es ist nicht damit getan, sich selbst als antifaschistisch und feministisch zu bezeichnen und daraus keine tatsächliche Praxis gegen die eigene oder die Übergriffigkeit anderer Männer abzuleiten. Stattdessen ist das übliche „Antifa-Mackertum“(2) eben genau die Grundlage dafür, dass Übergriffe stattfinden (können) und sich nicht mit Sexismus und Übergriffigkeit auseinandergesetzt wird.
Aber auch die gesamte linke Szene in Saalfeld, Jena und der Region muss das Geschehene be- bzw. aufarbeiten und sich mit sexueller und sexualisierter Gewalt auseinandersetzen, damit Sexismus in linken Zusammenhängen nicht weiter fortbestehen kann. Die Klappe halten ist keine Alternative!
Das bedeutet konkret, dass für uns als Zusammenhang und Einzelpersonen eine nachvollziehbare Aufarbeitung der Geschehnisse Voraussetzung dafür ist, weiterhin mit den linken Strukturen aus Saalfeld politisch zusammenzuarbeiten. Wir fordern daher, dass sich die Täter und die linken Strukturen in Saalfeld, wie z.B. das Klubhaus, und insbesondere die Strukturen, in denen sich die Täter bewegen, zu den Geschehnissen verhalten und öffentlich Stellung beziehen.(3)
Wir möchten den Betroffenen schließlich unsere Unterstützung anbieten. Ihr könnt uns unter folgender Adresse erreichen: einige-linke-jena[at]riseup[dot]net
Für einen feministischen Antifaschismus!
Einige Linke aus Jena
(1) https://www.instagram.com/p/CFFRw5lj9yt/
(2) Ein Text zum „Antifa-Mackertum“: https://www.projektwerkstatt.de/index.php?domain_id=1&p=12007
(3) Das Haskala hat sich bereits in einem ersten Statement dazu
verhalten: https://haskala.de/2020/10/20/solidaritaet-mit-den-betroffenen/