Keine Abschiebung von Sandrine M.! Bleiberecht für Sandrine!
Sandrine M. steht für die vielen Frauen, die trotz frauenspezifischer
Fluchtgründe wie z. B. Zwangsheirat und Vergewaltigung rücksichtslos
abgeschoben werden sollen.
Frauenverband Courage
Ulrike Held vom Frauenverband Courage, Gruppe Tübingen/Reutlingen:
"Sandrine will teilnehmen am Frauenpolitischen Ratschlag und sich mit
uns austauschen. Sie kann uns viel über Kamerun und die dortige
Situation berichten. Der Frauenpolitische Ratschlag steht für die
gegenseitige internationale Solidarität und den gemeinsamen Kampf gegen
die besondere Unterdrückung der Frau. Sorgen wir mit unserer Solidarität
dafür, dass sie in Deutschland bleiben kann und wir sie auf dem
Ratschlag begrüßen können."
Ihr Asylantrag wurde gar nicht geprüft!
Die Frauen von Courage Tübingen/Reutlingen schreiben in einer aktuellen
Pressemitteilung: "Mit Empörung und Entsetzen haben wir erfahren, dass
unsere Freundin Sandrine M. auf Anordnung des dem Bundesinnenminister
Horst Seehofer (CSU) unterstehenden Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge am 29. September nach Italien abgeschoben werden soll. Wegen
der sogenannten Dublin-III-Verordnung wurde ihr Asylantrag wegen
Unzulässigkeit nicht geprüft. Sandrine M. ist 2017 aus Kamerun geflohen
und lebt seit etwas mehr als zwei Monaten in Tübingen in einer
Flüchtlingsunterkunft.
Erbitterter Bürgerkrieg
Sandrine M. ist zum einen aus geschlechtsspezifischen Gründen geflohen,
zum anderen vor dem im Nordwesten Kameruns herrschenden Bürgerkrieg.
Kaum jemand in Deutschland weiß, dass dort dieser erbitterte Bürgerkrieg
herrscht, ein Erbe des Kolonialismus. Nach einem langjährigen
Befreiungskampf erlangten 1960 die ehemals französischen und englischen
Kolonien die Unabhängigkeit, und die Republik Kamerun wurde gegründet.
Aufgrund andauernder Repression und Benachteiligung durch die
diktatorische Regierung entwickelten sich Unabhängigkeitsbestrebungen
der englischsprachigen Minderheit für ein freies Ambazonien in den
nordwestlichen und südwestlichen Regionen, die blutig durch die
Regierung unterdrückt werden. Mit Unterstützung Frankreichs, der USA und
auch der deutschen Regierung werden Oppositionelle liquidiert, gefoltert
und eingesperrt, Dörfer überfallen und niedergebrannt, Frauen
vergewaltigt und mit ihren Kindern erschossen.
Opfer einer Zwangsheirat
Sandrine ist Opfer einer Zwangsheirat mit einem wesentlich älteren Mann.
Sie entkam dieser Zwangsehe und lebte mit ihrem Lebensgefährten und
ihren Kindern zusammen. Aufgrund der Zwangsehe konnte sie nicht
offiziell heiraten. Ihr Lebensgefährte wurde Opfer des Bürgerkriegs. Sie
selbst konnte bei dem Überfall mit ihrer Tochter fliehen. Die Familie
ihres Mannes gab ihr die Schuld an seinem Tod und drohte, sie zu
ermorden. Ebenso bedroht sie die Familie des ersten Mannes mit dem Tod.
Um zu überleben, musste sie fliehen.
Sandrine muss in Tübingen bleiben!
Auf der Flucht war sie in Libyen im Gefängnis massiver Gewalt und
Vergewaltigung ausgesetzt. Bei der Überfahrt nach Italien sah sie andere
Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken. In Italien wurde ihr keine Hilfe
gegeben und sie wurde auf die Strasse gesetzt. Im Kampf ums Überleben
floh sie weiter nach Deutschland.
Sandrine M. ist durch ihre Erlebnisse schwer traumatisiert und braucht
dringend einen sicheren Ort und psychotherapeutische und psychiatrische
Hilfe. Nichts davon ist in Italien gegeben. Seit den neuen Gesetzen vom
1. Dezember 2018 gibt es keine Garantie für Hilfe, Unterkunft und
Therapie für Flüchtlinge. Daher empfiehlt z. B. die Schweizer
Flüchtlingshilfe (11. Januar 2019), keine – besonders keine
verletzlichen - Personen nach Italien abzuschieben.
Wir fordern: Sandrine muss in Tübingen bleiben! Tübingen muss seinen
Ruf, besonders frauenspezifische Fluchtgründe zu achten, wahr machen und
ihr einen sicheren Platz bieten!
Kommt zur Solidaritätskundgebung am 19. September um 17.00 Uhr auf dem
Holzmarkt in Tübingen!